Aus der Arbeit der Riehener Planungskommission

Richard Beglinger

Das schnelle Wachstum unseres Dorfes in den letzten zwei Jahrzehnten, die damit verbundene «planlose» überbauung weiter Gebiete und die fortschreitende überbauung der noch freien Flächen, hat die Behörden veranlaßt, das Problem Ortsplanung ernsthaft an die Hand zu nehmen.

 

Um die planerischen Aufgaben und Möglichkeiten in etwas größerem Rahmen sehen, beurteilen und diskutieren zu können, hat der Engere Gemeinderat vor einigen Jahren eine Planungskommission als beratendes Organ ins Leben gerufen. Sie ist neben Vertretern des Engeren Gemeinderates aus Mitgliedern des Weiteren Gemeinderates und Fachleuten zusammengesetzt.

 

Wer aber von Planung spricht, denkt an die Zukunft. Der Blick in die Zukunft ist zwar notwendig und faszinierend — aber nicht ungefährlich. Jede Voraussage über die zukünftige Entwicklung — und sei sie noch so seriös erarbeitet — ist demnach belastet mit einer Vielzahl von Unbekannten. Wir haben die Möglichkeiten klar abzuschätzen und die Ziele realistisch festzulegen. Jede Prognose ist fragwürdig. Es gilt daher nicht, eine übertriebene Genauigkeit zu suchen, sondern wesentliche Fehler zu vermeiden. Der Plan muß in seiner Zielsetzung klar und eindeutig sein. Die Wege zur Verwirklichung des Planzieles aber sind reich an Etappen, sind mannigfaltig und haben sich laufend den jeweiligen Gegebenheiten und den sich ändernden Verhältnissen anzupassen.

 

Die Ortsplanung in ihren Grundlagen ist zum Teil wiederum abhängig von Entscheidungen auf regionaler Ebene (vielleicht sogar umgekehrt). Bei den Zonen-, Verkehrs- und Versorgungsplänen etc. überschneiden sich zudem verschiedene Interessen und Sachgebiete. Ein Plan ist nur dann sinnvoll, wenn er die verschiedenen Bereiche erfaßt und berücksichtigt.

 

Ausgangspunkt für die Planung in unserer Gemeinde bilden einmal die natürlichen Gegebenheiten, dazu die Bevölkerungsstruktur, die bisherige bauliche Entwicklung und der bestehende Zonenplan. Eine realistische Neuplanung hat auf das Bestehende Rücksicht zu nehmen.

 

Riehen ist trotz seiner 21 000 Einwohner noch immer eine «grüne» Gemeinde in einer landschaftlich ausgesprochen reizvollen Gegend. Noch ist unser Dorfbild frei von dominierenden Hochbauten. Diese Besonderheiten wollen wir nicht mutwillig verscherzen.

 

Eine Hypothek bilden die bestehenden Verkehrsadern. Die Aufteilung in Durchgangs-, Sammel- und Wohnstraßen ist keine leicht zu lösende Aufgabe; sie wird aber zu einer differenzierteren Straßenplanung führen. Abgesehen von den Aufgaben der Kantonsstraßen und der längst fälligen Umfahrungsstraße, hat sich die Gemeindestraßen-Planung auf die Sicherstellung guter Verkehrsverbindungen zur Stadt, ins Dorfzentrum und der Quartiere unter sich auszurichten. Daneben ist der Schaffung reiner Fußgängerwege, die, frei von jeglichem Fahrverkehr, durch Wohnquartiere, Anlagen und Grünzonen führen, besondere Beachtung zu schenken.

 

Der Weitsicht «älterer und ehemaliger» Gemeindeväter verdankt Riehen die Erhaltung seines Dorfkerns. Was andere Gemeinden leichtfertig versäumten — was wieder andere sich jetzt mühsam zu schaffen versuchen, Riehen besitzt es in reichem Maße: Riehen besitzt ein Dorfzentrum, das jeden Bürger mit Freude und — es sei frei ausgesprochen — mit Stolz erfüllt. Zu diesem Herzen unseres Dorfes aber gilt es Sorge zu tragen.

 

Die knappe und keineswegs etwa vollständige Aufzählung mag zeigen, wie stark eine Ortsplanung dem Bestehenden verhaftet bleibt. Aber erst die umfassende Aufnahme des Bisherigen gibt der Neuplanung das sichere Fundament und die reale Ausgangsbasis.

 

Eine Subkommission unter der Leitung des Stadtplanchefs, Herrn Fritz Peter, ist deshalb daran, die notwendigen Strukturuntersuchungen vorzunehmen und aufzuzeichnen. Die Arbeiten stehen vor ihrem Abschluß. Sie werden für die Arbeit der Planungskommission Grundlage und Ausgangspunkt bilden. Herr Peter hat sich freundlicherweise bereiterklärt, im nächsten Jahrbuch die wichtigsten Untersuchungsergebnisse darzulegen und zu erläutern.

 

Planung kann ihrem ganzen Wesen nach niemals Legitimation der grenzenlosen Freiheit bedeuten. Jede Planung bringt Einschränkungen für Einzelne zum Wohle der Gemeinschaft.

 

Es hängt stark von der Bereitschaft der Landeigentümer ab, ob eine sinnvolle Gestaltung tatsächlich zustande kommt. Oft ist der Weg zur Verwirklichung steinig und mühsam. Aber auch hier können beharrliches Bemühen und guter Wille zu schönen Resultaten führen.

 

Es ist meine feste überzeugung, daß nur ein harmonisches Wachstum unserer Gemeinde die notwendige Eingliederung der Zuzüger in die Dorfgemeinschaft gewährleistet. Auf lange Sicht wird Unterkunft allein nicht genügen: der Mensch muß sich «zu Hause» fühlen.

 

Denken wir daran, daß Planung nicht Selbstzweck werden darf, sondern Grundlage bilden soll, um die Zukunft einer Gemeinde, einer Region oder eines Landes harmonisch zu entwickeln. Die Güte einer Planung mißt sich am zukünftigen Wohlbefinden der Bevölkerung in ihrer Gesamtheit.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1968

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