Ausgezeichnete Kultur in Riehen


Michèle Faller

 

Kulturpreis der Gemeinde Riehen, Kulturförderpreis der Alexander-Clavel-Stiftung, Kunstpreis Riehen – trotz Sparmassnahmen wird die Kultur in Riehen nicht nur gelobt, sondern auch ausgezeichnet.


 

 

 

Haben Sie im Frühjahr nichts vermisst? Fehlte da nicht etwas im Kulturkalender? Tatsächlich wurde dieses Jahr der Kulturpreis der Gemeinde Riehen nicht verliehen. Der für das Jahr 1982 erstmals ausgerichtete Preis zur Förderung kultureller Tätigkeiten und zur Anerkennung bedeutender kultureller Leistungen in der Höhe von 15 000 Franken wurde bisher jährlich vergeben, jeweils im Frühling oder Sommer für das vergangene Jahr.


 

 

 

Vier Kulturschaffende – ein Preis


 

Der Unterbruch dieser Tradition ist nicht etwa Sparmassnahmen geschuldet, denn die Jury für den Kulturpreis der Gemeinde Riehen möchte nicht weniger, sondern sogar mehr Leute ehren. Deshalb hat sie beschlossen, die Preissumme für die Jahre 2016 und 2017 zu kumulieren und als Förderpreis zu gleichen Teilen an vier junge Kulturschaffende unterschiedlicher Sparten zu verleihen. Die achtköpfige Jury, die von Liselotte Kurth präsidiert wird, möchte dem Quartett damit ein Podium für ein gemeinsames Projekt bieten, das der Öffentlichkeit anlässlich der Preisverleihung im nächsten Jahr vorgestellt wird.


 

Die Preisträgerin und die drei Preisträger sind die 1984 geborene Tänzerin und Choreografin Ursula Nill, der Filmwissenschaftler und Regisseur Ares Ceylan, geboren 1989, der Musiker David Fretz alias ‹Skinny Fresh› mit Jahrgang 1991 sowie der 1983 geborene Grafiker und Fachmann für Visuelle Kommunikation Martin Stoecklin. Die vier Auszuzeichnenden für die Jahre 2016 und 2017 sind alle in Riehen aufgewachsen und haben die hiesigen Schulen durchlaufen. Für die Kulturpreisverleihung im Sommer 2018 darf man sich also auf einen Blick auf das spartenübergreifende Schaffen einer jungen Künstlergeneration freuen.


 

 

 

Kulturförderung als Stiftungszweck


 

Die nächstes Jahr doppelt – konkret sogar vierfach – erwiesene Ehrerbietung ist aber nicht der einzige Riehener Förderpreis für Kulturschaffende. Genauso etabliert, gleich alt und ähnlich weitgefasst wie der Kulturpreis der Gemeinde ist der 1983 gegründete und mit 35 000 Franken dotierte Kulturförderpreis der Alexander-Clavel-Stiftung. Er geht an Künstlerinnen, Künstler oder Kulturinstitutionen und ist verbunden mit einer Plattform, damit sich diese der Öffentlichkeit präsentieren können.


 

Im Juni 2017 wurde er an den 1979 im sanktgallischen Bütschwil geborenen, in Basel lebenden und international wirkenden Künstler Kilian Rüthemann verliehen; wie immer auf der lauschigen Terrasse der Villa Wenkenhof. «Es entspricht dem Stiftungszweck und dem ausdrücklichen Willen von Alexander und Fanny Clavel, dass hier Kultur stattfindet», sagte Samuel Schulze, Vizepräsident der Alexander-Clavel-Stiftung, zur Begrüssung. Danach wies er auf die omnipräsenten Sparmassnahmen hin, die insbesondere die Kultur beträfen. Doch schon seine Erinnerung an den Stiftungszweck machte deutlich, dass kulturelle Anlässe – insbesondere in schöner Umgebung – des Öfteren im Verdacht stehen, unnötig Geld zu kosten.


 

Wer einen Blick auf die Werke Rüthemanns wirft, muss aber zum Schluss kommen, dass dieses Geld gut angelegt ist. Die drei Skulpturengruppen, die der Künstler in den drei Räumen im Parterre der Villa Wenkenhof ausstellte, standen in ihrer Reduziertheit und ihrer ‹Coolness› bezüglich Form und Material im Gegensatz zum barocken Interieur. Und doch passten sie sich auf wundersame Weise ein, sodass der Eindruck entstand, sie seien eigens für diese Räume geschaffen worden.


 

Während die im grünen Saal ausgestellte Skulpturengruppe ‹Cold Roll› – vier kalt gewalzte Stahlbleche, die von Hand zu Röhren geformt wurden – im grün-golden gehaltenen Raum zunächst als Fremdkörper erschienen, stellte die streng symmetrische Anordnung und das ans Architekturelement der Säulen Gemahnende eine stilistische Verbindung her. Im Gartensaal schufen ‹Untitled 1 + 2› zahlreiche Querbezüge: Die geschälten Baumstämme und sehr dünnen Holzplatten – der Herstellungsprozess entspricht jenem von Furnier – wirkten wie ausgerollte Teppiche, spielten farblich auf die Steinpilaster an und thematisch auf die Wandteppiche, auf denen wiederum Baumstämme zu finden sind.


 

 

 

Gegengewicht zu Sparübungen


 

Ein neuerer Förderpreis ist der 2015 erstmals verliehene Kunstpreis Riehen in der Höhe von 6000 Franken, der vom Architekturbüro Burckhardt + Partner gestiftet wird und jährlich an eine Künstlerin oder einen Künstler geht, der oder die im Rahmen der Regionale im Kunst Raum Riehen ausstellt. Die Auszeichnung ist explizit als Anerkennung für das Kunstschaffen der Region angelegt und soll auch die Bedeutung betonen, die der Kunst Raum Riehen als Plattform für das künstlerische Geschehen hat. Jurypräsidentin Kiki Seiler-Michalitsi machte aber bereits bei der ersten Verleihung keinen Hehl daraus, dass der neue Preis auch ein Gegengewicht zu den zunehmenden Streichungen im kulturellen Bereich darstellt.


 

Die Sparübungen von Gemeinwesen in Sachen Kultur erwähnte auch Gemeinderätin Christine Kaufmann anlässlich der Verleihung des zweiten Kunstpreises Riehen im Dezember 2016 und betonte, wie wichtig es sei, der Öffentlichkeit die hohe Qualität des regionalen Kunstschaffens vorzuführen. Geehrt wurde der 1982 in Zürich geborene und in Basel wirkende Künstler Martin Chramosta, der medienübergreifend in Bereichen zwischen bildender Kunst, Literatur, Film, Musik und performativen Kunstformen arbeitet. Hinzu kommen das Mitwirken in Künstlerkollektiven und das musikalische Engagement in verschiedenen Bands.


 

An der Regionale im Kunst Raum Riehen war Chramosta mit plastischen Arbeiten und Reliefs vertreten. Von rätselhafter Schönheit ist seine Gipsrelief-Serie ‹Mésozoïque›, die irgendwo zwischen versteinerten Spuren von Urzeitwesen und in Gips gegossenen Zeichen und Botschaften des menschlichen Lebens anzusiedeln ist. ‹Brigade›, eine Gruppe von abstrakten Terrakotta-Miniaturen, wirkt wie eine Versammlung eigenwilliger Schachfiguren. Zusammen mit den speerartigen Elementen dieser Skulpturen erschliesst sich auch der Titel des Werks.


 

Ob kämpferisch oder sanft: Beruhigt darf man feststellen, dass die Kultur in Riehen lebt – und die Kulturförderung trotz vieler Gegenstimmen ebenfalls.

 

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2017

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