Der ‹Dorfkönig› Otto Wenk-Faber (1872–1935)
Stefan Hess
Vor 150 Jahren wurde Otto Wenk-Faber geboren. Als langjähriger Gemeindepräsident hat er die Entwicklung Riehens geprägt wie kein Politiker vor und nach ihm. Auch als Architekt und Baumeister hat er in seiner Heimatgemeinde Spuren hinterlassen.
Otto Wenk wurde am 22. März 1872 geboren als jüngstes von drei Kindern von Johannes (1844–1875) und Anna Maria Wenk-Unholz (1845–1915). Er stammte aus der als besonders vornehm geltenden Untervogts- und Meierhoflinie dieses 1608 eingebürgerten Riehener Geschlechts. Im 19. Jahrhundert bekleideten seine Vorfahren weiterhin wichtige Ämter in der Gemeinde und im Kanton. Sein Urgrossvater Johannes Wenk-Singeisen (1782–1842) war Gemeindepräsident in Riehen sowie Gross- und Kleinrat in Basel, ebenso sein Grossvater mütterlicherseits, Heinrich Unholz-Sieglin (1809–1874).
Otto Wenks Eltern führten seit 1870 vom ‹Haus bei der Dorflinde› eingangs der Kirchgasse aus einen grösseren Landwirtschaftsbetrieb. Bereits im Herbst 1875 starb jedoch der Vater, worauf sich die Mutter dazu entschloss, den Bauernbetrieb aufzugeben.1 Über Kindheit und Jugend von Otto Wenk sind kaum gesicherte Einzelheiten überliefert. Von seinen beiden Geschwistern überlebte nur der ältere Bruder Jonathan Wenk-Weber (1869–1927). Dieser übernahm nach einer Ausbildung zum Kaufmann 1894 von seinen Schwiegereltern den Einkaufsladen an der Ecke Baselstrasse/Schmiedgasse, der unter dem Namen ‹Wenk Haushalt-Center› bis heute weiterbesteht.2
DER ARCHITEKT UND BAUMEISTER
Gemäss Familienüberlieferung absolvierte Otto Wenk in München eine Ausbildung zum Architekten, doch ist dies nicht gesichert. Als Entwerfer ist er in Riehen erstmals am 30. September 1901 fassbar, als er das Baubegehren für sein privates Wohnhaus am damaligen Zehnjuchartenweg 8, der heutigen Bahnhofstrasse, einreichte. Gut sechs Wochen später, am 14. November, heiratete er Mathilde Margaretha Faber (1878–1941) von Basel. Seine künstlerisch begabte Frau stammte aus einer im 17. Jahrhundert in Württemberg eingewanderten Hugenottenfamilie, deren ursprünglicher Name Favre eingedeutscht worden war. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor, vier Töchter und zwei Söhne, die alle das Erwachsenenalter erreichten. Da die Wohnverhältnisse angesichts der wachsenden Familie beengt wurden, liess Otto Wenk das Haus zwischen 1909 und 1922 mehrfach durch Anbauten vergrössern.
An seinem Wohnsitz hatte Wenk auch sein Büro eingerichtet. Anfangs arbeitete er als selbstständiger Architekt, wie zwischen 1902 und 1904 verschiedene Baugesuche mit dem Stempel ‹OTTO WENK / ARCHITECT / RIEHEN BASEL› belegen. Danach trat er in das Büro des Basler Architekten Wilhelm Bernoulli (1869–1909) ein, das Wenk Ende 1905 die Prokura erteilte. Gemäss Handelsregister nach Bernoullis Tod 1909, den Plänen nach jedoch bereits 1908,3 wurde Wenk zum Partner des Architekturbüros, das nun als Bernoulli, Wenk & Cie. firmierte. 1910, als Karl August Burckhardt (1879–1960) vom Kommanditär zum gleichberechtigten Partner aufstieg, erhielt das Büro den Namen ‹Burckhardt, Wenk & Cie.›, den es nach der Fusion mit dem Büro La Roche, Stähelin & Co. im Jahr 1928 beibehielt.
Die Firma mit Sitz am Clarahofweg 25 und ab 1928 an der Malzgasse 16 in Basel betätigte sich als Architekturbüro und gleichzeitig als Baugeschäft, das auch Entwürfe anderer Architekten ausführte. Im Lauf der Jahre entwickelte sie sich zu einem der grössten Unternehmen der Branche in der Region Basel. Dabei dürfte das persönliche Beziehungsnetz von Otto Wenk eine wichtige Rolle gespielt haben. Dafür spricht der Umstand, dass in einer von der Firma 1939 herausgegebenen Broschüre rund 40 Prozent der vorgestellten Projekte in Riehen lokalisiert sind.4
Otto Wenks Wirken als Architekt wurde noch nie untersucht. In Riehen tragen die Baueingaben zu einigen markanten Bauten seine Unterschrift, etwa das Doppelhaus Schmiedgasse 33 / Wendelinsgasse 2 (1908), das später erweiterte Schulhaus an der Burgstrasse (1911) oder das 2008 abgebrochene Vereinshaus des ‹Vereins für christ-liche Evangelisation und Gemeinschaftspflege› am Erlensträsschen (1914). Die genannten Beispiele vertreten alle den sogenannten Heimatstil. Dabei handelt es sich um einen Historismus und Jugendstil überwindenden Reformstil des frühen 20. Jahrhunderts, für den Otto Wenks selbst entworfenes Wohnhaus an der Bahnhof-strasse ein besonders frühes Beispiel darstellt.5 Wieweit Wenk innerhalb der Bürogemeinschaft vorzugsweise Projekte in einem ländlichen Kontext betreute, wäre genauer zu untersuchen.
DER POLITIKER
Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Architekt begann sich Otto Wenk früh auch politisch zu engagieren. Bereits Anfang 1900, also noch vor seiner Heirat und dem Bau eines eigenen Hauses, wurde er von der Einwohnergemeindeversammlung in den Gemeinderat gewählt. Am 23. September 1906 erfolgte seine Wahl zum Gemeindepräsidenten. In der Folge wurde er – zuerst an der Gemeindeversammlung, dann an der Urne – insgesamt neunmal in diesem Amt bestätigt.
Als Otto Wenk am 26. September 1935 starb, hatte er 29 Jahre lang den Gemeinderat und gleichzeitig den Bürgerrat präsidiert. In dieser Zeit konnte er der Riehener Exekutivbehörde weitgehend den Stempel aufdrücken. Auf grösseren Widerstand stiess er zuweilen in der Gemeindeversammlung, doch ging er auch hier in den Abstimmungen meist als Sieger hervor. So verglich Edwin Strub (1881–1971) in der ‹National-Zeitung› das Zusammensinken des Höhenfeuers am ersten Tag der ‹Vierhundertjährigen Vereinigungsfeier von Riehen und Basel› im Jahr 1923 mit den Gegnern «in der Gemeindeversammlung, wenn der Präses energisch das Wort ergreift».6 Wenk bekleidete noch weitere öffentliche Ämter: Er gehörte von 1902 bis zu seinem Rücktritt im Jahr 1935 dem Grossen Rat an und war überdies Einzelrichter, Gescheidspräsident, Mitglied und zeitweise Präsident der Schulinspektion, zwölf Jahre lang Kommandant der Feuerwehr und Mitglied der evangelisch-reformierten Kirchensynode. Zudem war er von 1900 bis 1906 Präsident des Verkehrsvereins Riehen und danach jahrelang dessen Vizepräsent. Otto Wenks Beziehungsnetz reichte aber über die Region Basel hinaus. So hatte er eine militärische Laufbahn eingeschlagen, die ihn bis zum Rang eines Majors führte. Überdies wurde er 1929 in die Zentralleitung des Schweizerischen Baumeisterverbands gewählt.7
In diesen zahlreichen Ämtern und Funktionen prägte Otto Wenk Riehens Wandel vom Bauerndorf zur grossen Vorortsgemeinde massgeblich mit. Dazu trug der Umstand bei, dass er einerseits durch seine Herkunft der traditionellen Dorfelite angehörte, sich andererseits durch seine unternehmerische und politische Tätigkeit in Basel auch den Respekt der aus der Stadt Zugezogenen sicherte, deren Anteil an der Riehener Gesamtbevölkerung stetig wuchs.
An dieser Stelle können nur wenige Grundzüge von Otto Wenks politischem Wirken herausgehoben werden.8 Sein Einstieg in die Politik war vermutlich vor allem durch die Opposition gegen Bestrebungen zur Eingemeindung Riehens durch Basel motiviert, die vom Freisinn, namentlich vom Gemeindepräsidenten Heinrich Weissenberger (1840–1908), ausgingen. Als Gemeindepräsident und als Grossrat war Otto Wenk stets darum bemüht, sich gegen die Bevormundung durch den Kanton zu wehren und den Interessen der Gemeinde in Basel Gehör zu verschaffen. Wie seine Vorfahren war er politisch konservativ eingestellt; nach seiner Wahl in den Grossen Rat schloss er sich der vom alten Basler Patriziat geprägten Liberaldemokratischen Partei an, die in Riehen erst 1925 offiziell eine eigene Sektion gründete. Wenk vertrat eine traditionelle, paternalistische Dorfpolitik, die sich auch auf überlieferte Machtstrukturen stützte, und war darum bemüht, den ländlichen Charakter der Gemeinde zu bewahren. So erreichte er etwa im Einvernehmen mit dem Kanton Bauvorschriften, die den Bau von Mietskasernen und Fabriken verhinderten oder zumindest erschwerten.
Gleichzeitig setzte sich Otto Wenk aber auch dafür ein, dass die Gemeinde von der modernen Infrastruktur und vom städtischen Verkehrsnetz profitieren konnte, jedoch so, dass dabei die Interessen der Landwirte, etwa bei der Beteiligung der Grundbesitzer an den Kosten des Strassenbaus, ebenfalls berücksichtigt wurden. Selbst für Anpassungen des politischen Systems angesichts der rasanten demografischen und sozialen Entwicklung zeigte er sich aufgeschlossen. Er setzte etwa der vom Kanton ausgehenden Einführung eines Gemeindeparlaments im Jahr 1924 keinen Widerstand entgegen, obwohl dies das Ende der seit 1875 durchgeführten Einwohnerversammlungen bedeutete.
Ein zentrales Anliegen war für Otto Wenk ein ausgeglichener Finanzhaushalt. Dieses Ziel suchte er durch eine Zurückhaltung bei den Gemeindeausgaben, aber auch durch das Anlocken guter Steuerzahler aus der Stadt zu erreichen, etwa dank einer Reform des Steuerwesens oder durch Forcierung des Strassenbaus. Weniger Verständnis hatte er dagegen für die Anliegen der Arbeiter. Dies zeigte sich insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg, der für weite Teile der städtischen Arbeiterschaft Verarmung, zeitweise sogar Mangelernährung, bedeutet hatte: Anlässlich des Landesstreiks von 1918 ordnete Wenk die Bildung einer Bürgerwehr an, worin die Sozialdemokraten – wie sich später einer ihrer Vertreter an der Gemeindeversammlung äusserte – «eine gegen sie gerichtete Spitze» sahen.9 Und nach dem Basler Generalstreik von 1919 entliess der Gemeinderat auf seinen Antrag hin fünf Gemeindearbeiter, die sich am Streik beteiligt hatten. Hinter dieser Haltung verbarg sich die im Bürgertum weit verbreitete Angst, dass wie in Russland und teilweise in Deutschland ein kommunistisches Regime die Macht ergreifen könnte. So beantragte Otto Wenk 1919 im Gemeinderat für «den Fall, dass in der Stadt Basel die Räterepublik ausgerufen würde», Riehen «davon unabhängig zu erklären», was zum einstimmigen Beschluss erhoben wurde.10
DER DORFKÖNIG
Dass Otto Wenk mit seiner Weltanschauung und aufgrund seiner Machtfülle, zumal in einer von sozialen Spannungen und politischen Kämpfen geprägten Zeit, auch heftigen Angriffen ausgesetzt war, erstaunt wenig. «Kein Präsident vor und nach ihm hat sich derart häufig seiner Haut wehren müssen», schreibt dazu der Lokalhistoriker und Politiker Michael Raith (1944–2005).11 In einer im Wahljahr 1912 verbreiteten Broschüre wird Wenk etwa als Person beschrieben, «deren Einbildung, welche durch das habgierige befehlerische Auftreten bis zum tierischen Wahnsinn in ihr Blut übergegangen ist, im Laufe der Zeit Untertanen anzusammeln, die ohne zu merken sich ihr Joch derart über den Hals wachsen lassen, dass sie gar nicht mehr daran zu denken getrauen, solches abzuschütteln».12 Zudem wirft ihm der anonyme Verfasser vor, im Liegenschaftshandel eine gutgläubige Landbesitzerin übervorteilt zu haben. In einem anderen damals verbreiteten Flugblatt ist von «Privatsackpolitik» die Rede. Auch sonst wurde Wenk wiederholt vorgehalten, dass die Firma Burckhardt, Wenk & Cie. Gemeindeaufträge erhielt, etwa bei der Erweiterung des damaligen Gemeindehauses, des heutigen Hauses der Vereine.
Anlässlich der Vereinigungsfeier von 1923 wurde Otto Wenk, der als Präsident des Organisationskomitees die treibende Kraft dieser Grossveranstaltung war, der Titel eines ‹Königs von Riehen› verpasst.13 In der Fasnachtszeitung
der Olympia-Clique von 1924 wird er, alias «O. Weh, Rex», verspottet als tölpelhafter Dorfkönig, der die Riehener Vereinigungsfeier als royale Krönungszeremonie für sich inszeniert habe. An einer Einwohnergemeindeversammlung Anfang 1923 soll ihn sogar ein bürgerlich gesinnter Akademiker «wörtlich als preussischen Diktator (auf Schweizerart Landvogt)» bezeichnet haben.14 In den folgenden Jahren sah sich Wenk vor allem massiven Angriffen vonseiten der Basler Kommunisten ausgesetzt. Ihr Medienorgan, der ‹Basler Vorwärts›, spricht etwa in seiner Ausgabe vom 21. Oktober 1924 vom «Königreich Wenk, das sich allerdings so langsam zu einer Grafschaft Don Quichotes auswächst», und bezeichnet Otto Wenk als «gut schweizerische[n] Faschistenhäuptling».15
Solche Anfeindungen vermitteln natürlich ein völlig einseitiges Bild: Otto Wenks Bestreben, dem Gemeindewohl zu dienen beziehungsweise dem, was er dafür hielt, ist offenkundig. Er engagierte sich, wie Caspar Rudolf Wackernagel (1879–1945) als Vertreter der Bürgerlichen Vereinigung Riehen an der Abdankungsfeier ausführte, «für gesundes Bürgertum, bewahrte Riehens ländlichen Charakter und vermittelte ihm trotzdem die Errungenschaften modernen Fortschritts».16 Damit hatte er grossen Anteil an wichtigen Weichenstellungen und Entwicklungen des frühen 20. Jahrhunderts, die für Riehen bis heute prägend sind. Dass er dabei nicht die Interessen und Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen in gleichem Masse berücksichtigte, war letztlich unvermeidlich.
Zweifellos war Otto Wenk darauf bedacht, dass bei seinen Amtsgeschäften auch seine privaten Interessen, namentlich hinsichtlich Bauaufträge und Liegenschaftshandel, nicht zu kurz kamen. Dies war zu dieser Zeit nichts Ungewöhnliches, wie Daniel Hagmann in Bezug auf einen langjährigen Gemeindepräsidenten in Reinach, einer anderen Basler Vorortsgemeinde, schreibt: «Im 19. und im frühen 20. Jahrhundert beruhte die Macht von Lokalpolitikern immer auf einer Verbindung von Gemeindewohl und Eigennutz, auf einer Mischung von Dienstweg und Willkür, Verwandtschaft und Konkurrenz. Gemeindepolitik verlief nicht ausschliesslich auf legalen Wegen, als legitim wurde solches Handeln jedoch offenbar empfunden. Obwohl und gerade auch weil es immer wieder Beschwerden dagegen gab.»17 Die sozialdemokratische ‹Basler Arbeiter-Zeitung› machte etwa 1923 unter dem Titel ‹Eine Niederlage des Königs von Riehen› einen Fall publik, bei dem eine von Otto Wenk forcierte Einbürgerung vom Politischen Departement des Bunds wieder rückgängig gemacht wurde, weil die fragliche Person gar nicht in der Schweiz wohnte.18
In der Politik war Wenk – wie Gemeinderatsprotokolle mehrfach belegen – in der Regel auf die Einhaltung korrekter Abläufe bedacht, selbst wenn dies seiner persönlichen Haltung entsprechende Entscheidungen erschwerte. Zudem wurde ihm attestiert, dass er das Gespräch mit politischen Gegenspielern suchte – auch mit solchen, die ihn zuvor angegriffen hatten. In gewisser Weise war er in der Umbruchsphase des ersten Drittels des letzten Jahrhunderts, als sich Riehen mit neuen Bevölkerungsgruppen, neuen ökonomischen Verhältnissen und neuen Formen sozialer Interaktion konfrontiert sah, geradezu prädestiniert für das Amt des Gemeindepräsidenten. Denn «in Otto Wenks Charakter wurde» – wie sich Wackernagel in seiner Ansprache an der Abdankungsfeier ausdrückte – «Bauer und Städter zur Einheit».19
DAS NACHLEBEN
Am 26. September 1935 verschied Otto Wenk nach längerer Krankheit. Obwohl er seit einem halben Jahr an den meisten und seit dem 7. Juni gar an allen Sitzungen des Gemeinderats gefehlt hatte, war er als Gemeindepräsident nicht zurückgetreten, starb also im Amt. Zwei Tage später fand die Abdankungsfeier in der Dorfkirche statt, die nicht alle Trauergäste zu fassen vermochte. «Wohl nie hat Riehen eine solche Trauerkundgebung gesehen», schreibt dazu die ‹National-Zeitung›.20 Und gemäss der ‹Riehener Zeitung› habe die Trauerfeier «Leute verschiedenster Richtung und Weltanschauung» vereinigt, «wie sie sich sonst wohl bei keiner Gelegenheit zusammengefunden hätten».21
Bereits drei Jahre später, am 28. August 1938, wurde im damaligen Gemeindehaus eine bronzene Gedenktafel mit einem Porträtrelief des Verstorbenen enthüllt, die heute im Foyer des neuen Gemeindehauses angebracht ist. Otto Wenk war der erste und bisher einzige Riehener Gemeindepräsident, dem diese Ehre zuteilwurde. Dies war Ausdruck besonderer Verdienste, aber auch eines ungewöhnlich dichten Netzwerks, das Wenk im Lauf seines tätigen Lebens geknüpft hatte. Bezeichnenderweise ging die Initiative dazu vom Verkehrsverein Riehen aus, der wohl wichtigsten überparteilichen Lobby im damaligen Riehen.22
Otto Wenks Andenken lebte auch in der von ihm mitgegründeten und mitgeleiteten Firma Burckhardt, Wenk & Cie. weiter, in der sein ältester Sohn Wolfgang (1906–1972) 1936 als unbeschränkt haftender Gesellschafter einstieg. 1951 wurde das Unternehmen in das bis heute bestehende Architekturbüro Burckhardt & Partner und in die Baufirma Wenk & Cie. aufgespaltet. Letztere wurde von Wolfgang Wenk und dessen jüngerem Bruder Siegfried (1909–1991) geleitet. 1980 erfolgte die Überführung der Firma in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen ‹Wenk & Cie. AG› und Sitz am Rüchligweg 101 in Riehen. Bereits drei Jahre später fusionierte das Unternehmen mit der Baufirma Züblin und firmierte fortan als Züblin + Wenk Cie. AG. 1999 stellte es seinen Betrieb in Riehen ein, nachdem es neun Jahre zuvor den Namen in Züblin AG geändert hatte.23
Ende 1983 erhielt der zuvor namenlose Platz bei der Einmündung der Hörnliallee in den Kohlistieg den Namen ‹Otto Wenk-Platz›, der später auch auf die dortige Bushaltestelle übertragen wurde.24 Drei Jahre zuvor hatte der nachmalige Gemeindepräsident Michael Raith noch die Frage gestellt: «Und wenn der verdienstvolle Jakob Mory (1832–1916) für drei Jahre Gemeindepräsidium eine Stras-se von 700 Metern Länge (übrigens noch zu Lebzeiten!) gewidmet erhielt, wieviele Meter hätte dann Otto Wenk (1873–1935) für 29 Jahre Präsidium zugut?»25
2011 erhielt Otto Wenk auch als Architekt Anerkennung, als das von ihm entworfene eigene Wohnhaus an der Bahnhofstrasse, der Sieglinhof, auf Betreiben seiner Enkelin Verena Wenk «wegen seines erheblichen Zeugniswertes aus insbesondere wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen als schutzwürdiges Baudenkmal» eingestuft und ins Denkmalverzeichnis eingetragen wurde.26 Eine eingehendere Würdigung seiner Bedeutung als Architekt steht jedoch weiterhin aus.
1
Albin Kaspar et al.: Häuser in Riehen und ihre Bewohner. Heft III, Riehen 2017, S. 62.
2
Ebd., S. 180.
3
Vgl. Hans Eppens: Der Basler Architekt Wilhelm Bernoulli. Die Jugendstilhäuser an der Arnold Böcklinstrasse 38–42, in: Jurablätter, 1979,
Bd. 40, S. 153–163, hier S. 154.
4
Burckhardt, Wenk & Cie., Basel. 1909–1939, Basel 1939.
5
Basler Denkmalpflege, Erweitertes Inventar, Bahnhofstrasse 48, 2009.
6
National-Zeitung, 24. Juni 1923.
7
Schweizerische Bauzeitung 1931, Bde. 97/98,
S. 195.
8
Vgl. dazu Hans Adolf Vögelin: Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart (1798–1970), in: Riehen. Geschichte eines Dorfes, Riehen 1972, S. 319–410; Michael Raith: Zweihundert Jahre gelebte Demokratie, in: z’Rieche 1999, S. 4–36 sowie das Dossier zu Otto Wenk in der Zeitungsartikelsammlung der Dokumentationsstelle Riehen.
9
StABS, Gemeindearchiv Riehen A 1,16, p. 209: Protokoll der Einwohnergemeindeversammlung vom 6. Mai 1919.
10
Ebd., p. 242f.: Gemeinderatsprotokoll vom
12. August 1919.
11
Raith, Gelebte Demokratie, S. 21.
12
Zit. nach ebd., S. 22.
13
Vgl. Stefan Hess: Von der Krisenstimmung zum Festrausch. Die «vierhundertjährige Vereinigungsfeier von Riehen und Basel» im Jahre 1923, unveröffentlichte Lizentiatsarbeit, Universität Basel, 1995; ders.: Die ‹Vierhundertjährige Vereinigungsfeier von Riehen und Basel› im Jahre 1923, in: ders. (Hg.): Basel und Riehen. Eine gemeinsame Geschichte. Basel 2021, S. 107–122.
14
Basler Arbeiter-Zeitung, 19. Januar 1923.
15
Zit. nach Vögelin, Französische Revolution,
S. 350.
16
Basler Nachrichten, 30. September 1935.
17
Daniel Hagmann: Der letzte Dorfkönig: Xaver Feigenwinter (1842–1915). Zum Wandel politischer Macht in der Gemeinde Reinach BL, in: Baselbieter Heimatblätter 2005, Bd. 70,
S. 81–88, hier S. 82.
18
Basler Arbeiter-Zeitung, 7. Juli 1923.
19
Riehener Zeitung, 4. Oktober 1935.
20
National-Zeitung, 30. September 1935.
21
Riehener Zeitung, 4. Oktober 1935.
22
Riehener Zeitung, 2. September 1938.
23
Rolf Spriessler-Brander: Vom Gärtnerei- und Gewerbeviertel zum Wohnquartier, in: z’Rieche 2016, S. 24–31, hier S. 30.
24
Riehener Zeitung, 6. Januar 1984.
25
Michael Raith: Die Familie Unholz von Riehen, in: z’Rieche 1980, S. 22–37, hier S. 23.
26
www.tiefbauamt.bs.ch/nm/2011-02-28-rrbs-001.html, Zugriff: 02.07.2022.