Der Kunstbesitz der Gemeinde Riehen – Kunst für alle

Jana Leiker

Architektonische Denkmäler, charmante Gärten und Parkanlagen prägen das von malerischen Weinrebenfeldern und märchenhaften Brunnen umgebene Dorf Riehen. Die harmonischen Plätze im öffentlichen, halböffentlichen und privaten Raum würden ohne die vielfältigen Kunstobjekte – die Bronzeplastiken, Stein- und Marmorskulpturen, Wandmalereien, Gemälde, Fotografien und Fassadenreliefs – aus dem Kunstbesitz der Gemeinde Riehen jedoch nur halb so eindrucksvoll wirken und ihre Funktion als künstlerische Begegnungsorte verlieren.

DIE ANFÄNGE
Die Besonderheit des Ortes, der auch von den Besuchenden aus dem angrenzenden Basel geschätzt wird, ist untrennbar mit dem Kunsterwerb der Gemeinde Riehen verbunden. Dieser begann nach offiziellen Angaben 1948, als erstmals für den Neubau des Niederholzschulhauses Bilder zur Verschönerung des Gebäudes angekauft wurden. Mit der Schenkung der Bronzeplastik ‹Die Säerin› von Jakob Johann Probst im Jahre 1934 kann der Beginn sogar noch früher datiert werden. 

Dabei war es nie die Intention der Gemeinde Riehen, eine kontinuierliche und thematische Sammlung anzulegen. Vielmehr sollten gezielte Ankäufe getätigt, die Fassadenwände, das Gemeindespital, Parks, Anlagen, Friedhöfe, Schulen und Innenräume der Gemeinde verziert und junge Künstlerinnen und Künstler unterstützt werden, indem ihnen eine Plattform geboten wurde. 

Dieser Anspruch ist heute im Kulturleitbild der Gemeinde Riehen festgeschrieben. Mit Ankäufen und Ausstellungen soll der Kontakt des Publikums mit Kunstwerken aus der zeitgenössischen, regionalen Szene gefördert, ein reger Austausch angekurbelt und auf diese Weise ein vertieftes Verständnis für aktuelle Formen der Kunst evoziert werden. Zudem ist es ein Bedürfnis der Gemeinde, sich zunehmend mit unterschiedlichen Institutionen und Kunstschaffenden zu vernetzen und auf diese Weise das reiche kulturhistorische Erbe der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Als eigener Ausstellungsort steht der Kunst Raum Riehen als Vermittlungsplattform zur Verfügung. Zur Förderung der Kunstschaffenden werden subventionierte Atelierräumlichkeiten angeboten. Seit 1982 vergibt die Gemeinde Riehen ausserdem einen jährlichen Kulturpreis an Kunstschaffende aus verschiedenen Kultursparten wie Literatur, Musik, Bildende Kunst und Architektur, um besondere kulturelle Leistungen zu würdigen. Seit 2015 wurde ein weiterer Förderpreis ins Leben gerufen. Der Kunst Preis Riehen wurde bisher jeweils vom Architekturbüro Burckhardt + Partner gestiftet und an eine Künstlerin oder einen Künstler, der in der jeweiligen Regionale-Ausstellung im Kunst Raum Riehen vertreten ist, verliehen. 

Mittlerweile umfasst der öffentliche Kunstbesitz der Gemeinde Riehen 1110 Werke, darunter grösstenteils Gemälde und, in absteigender Reihenfolge, Fotografien, Plastiken, Kleinkunstwerke und Textilien, Stiche, Grundrisse und Pläne, Wappen sowie Brunnen. Die Werke sind grösstenteils archiviert, viele sind gar im öffentlichen und halböffentlichen Raum sichtbar. Neben dem Niederholzschulhaus wurden auch die Schulen am Erlensträsschen und an der Burgstrasse, das Hebelschulhaus und das Schulhaus Wasserstelzen mit neuen Kunstwerken verziert. Im und am Gemeindehaus, in Gebäuden der Gemeindeverwaltung, im ehemaligen Spital, in Parks, im Lüscherhaus, auf dem Gottesacker, in der Musikschule und im Dorfzentrum trifft man auf Werke des Kunstbesitzes. 

Eine Kommission für Bildende Kunst berät seit 1970 über den Erwerb von Kunstwerken und die Übernahme von Nachlässen und ist für das Ausstellungsprogramm der Gemeinde verantwortlich. Die Kommission – eines der Gründungsmitglieder war Ernst Beyeler – wird vom Gemeinderat gewählt und setzt sich 2022 wie folgt zusammen: Stefan Suter (Präsident), Claudia Pantellini (Leitung Kunst Raum Riehen), Martin Chramosta (Künstler), Jean-Claude Freymond-Guth (freier Kurator und Publizist), Matthias Liechti (Künstler), Noëlle Pia (Kunsthistorikerin) und Kiki Seiler-Michalitsi (Kunsthistorikerin, Kuratorin). Die Kommission berät die Gemeinde bei der Programmplanung und kümmert sich um eine Vernetzung mit regionalen Kunstschaffenden und Institutionen; sie entscheidet auch über die Vermietung der Ateliers und gibt Empfehlungen bei der Erteilung der Aufträge für Kunst- und Bauwettbewerbe.

WETTBEWERBSKULTUR
Zu den ersten Erwerbungen der Gemeinde Riehen gehört die Bronzeplastik ‹Die Säerin› von Jakob Johann Probst (1880–1966). Der europaweit bekannte Bildhauer Probst stammte ursprünglich aus Reigoldswil. Obwohl er sich immer zur Architektur hingezogen fühlte, musste er zuerst den Zimmermannsberuf erlernen, bevor er sich seiner eigentlichen Berufung widmen und mit 31 Jahren für das Studium nach Paris ziehen konnte. Er studierte im Louvre die archaischen und altägyptischen Statuen und begeisterte sich für Mythologie, Porträts und Masken. Anlässlich der internationalen Ausstellung 1965, bei der er eine Goldmedaille gewann, erlangte Probst europaweite Anerkennung. Sein Hauptwerk, das ‹Dornacher Schlachtendenkmal›, das an den Schwabenkrieg vor 500 Jahren erinnert, steht vor dem Kloster Dornach.

In den Kunstbesitz der Gemeinde Riehen gelangte sein Werk durch einen Wettbewerb, der 1933 zur Neugestaltung der Grünfläche der Mohrhaldenanlage durch die staatliche Kunstkreditkommission (Kunstkredit Basel-Stadt) ausgeschrieben wurde. Der ehemalige alte Gottesacker, der von 1828 bis 1926 der zentrale Friedhof Riehens war und ab 1930 in eine Parkanlage umgewandelt wurde, sollte eine kreative Umgestaltung erhalten. Schliesslich wurde aus drei Arbeiten ‹Die Säerin› (auch ‹Die Schreitende› genannt) von Jakob Johann Probst ausgewählt und 1934 der Gemeinde Riehen geschenkt. Die Skulptur zeigt eine stolze, selbstbewusste Bauersfrau in schlichter Bekleidung und mit überproportional grossen Händen und Füssen, die im schreitenden Gang Samenkörner aus ihrer rechten Hand fallen lässt. Als Modell diente Probst eine Frau, die er aus seiner Jugendzeit kannte: die Näherin Emma Margaretha Martin (1894–1996). Emma und ihre Schwester Maria Louise wurden als die schönsten Frauen Riehens angesehen. Emma wurde 103 Jahre alt – in der Skulptur von Probst erlangte sie jedoch Unsterblichkeit. Sie stellt das Urbild neuer Schöpfung dar und sät Leben und Hoffnung an der Stelle, wo früher Tod und Trauer herrschten.

FRIEDHOFSGESTALTUNG 
Ein weiteres Werk auf dem Friedhof der Mohrhaldenanlage wurde vom Basler Künstler Niklaus Stoecklin (1896–1982) geschaffen. Im Zuge der Neugestaltung der gesamten Fläche sollte auch eine neue Einfriedungsmauer mit öffentlichem Toiletten-Häuschen gebaut werden. Die gestalterische Umsetzung einer Sonnenuhr wurde Stoecklin als Auftragsarbeit übertragen. Die Uhr wird von einem Wiedehopf, auch Holzhüpfer genannt, einem in der Basler Gegend als ausgestorben geltenden Vogel, geziert. Dem Vogel wurden Wunderkräfte nachgesagt. So soll sein Herz unter dem Kopfkissen dem Schlafenden im Traum den Weg zu einem verborgenen Schatz weisen; ein Getränk aus Wiedehopf-Asche soll bei Bauchschmerzen helfen und Kopf, Auge, Herz und Zunge Glück im Spiel bringen. Der Wandmalerei Stoecklins schenkte der Vogel allerdings in erster Linie eine wunderbare Farb- und Leuchtkraft. 26 weitere Gemälde von Stoecklin sind im Besitz der Gemeinde Riehen und teilweise im Lüscherhaus und der Gemeindeverwaltung ausgestellt. 

Stoecklin trat nach der Schulzeit zuerst eine Lehre als Flach- und Deckenmaler an. Sein Onkel, Heinrich Müller, ist ein bekannter Basler Maler, bei dem Stoecklin auch die ersten Handgriffe eines Kunstmalers erlernte. Von 1912 bis 1914 wurde er in München an der Kunstgewerbeschule unterrichtet. Der Erste Weltkrieg zwang ihn, München in Richtung Basel zu verlassen und dort sein Gewerbestudium fortzusetzen. Sein Interesse galt immer wieder der Natur, aus der er die Inspiration zu seinen Zeichnungen und Malereien gewann. Der Maler und Grafiker konnte dank seines frühen Ruhms bereits im Alter von 32 Jahren den Bau eines eigenen Atelierhauses veranlassen. Am Rande des Hochplateaus zwischen Riehen und Basel kaufte er ein Grundstück, das Teil eines grösseren Projekts des Basler Architekturbüros Becher & Tamm war. Stoecklins Bilder fanden vor allem in seiner Heimatstadt, die er oft zum Motiv machte, grossen Anklang. In die Geschichte geht er jedoch vorwiegend als Begründer der ‹Neuen Sachlichkeit› ein. 

PARKANLAGEN
Die Neugestaltung von Friedhöfen, Verschönerung von Parkanlagen und anderen Grünflächen hat in der Geschichte der Bildenden Kunst eine lange Tradition. So überrascht es nicht, dass sich im Raum Riehen Skulpturen, Plastiken, Fassadenverzierungen und Wandgemälde in Parks finden und den natürlichen grünen Raum kreativ ergänzen. So fand auch eines der Werke des bekannten Künstlers Otto Roos (1887–1945) einen Aufstellungsort in einem öffentlichen Park in Riehen. 1933 hatte Roos die Skulptur ‹Schäfer mit Hund› in Gips für den Kunstkredit-Wettbewerb entworfen und damit den zweiten Platz gewonnen. Heute ist die Skulptur zwischen Bäumen und Blättern auf der Wiesenfläche des Gemeindeparks im Riehener Dorfzentrum zu finden.

Der Basler Künstler begann bereits als 14-Jähriger eine Holzbildhauerlehre und besuchte anschliessend die Kunstgewerbeschule in Basel und Berlin. Ab 1908 unterrichtete ihn der berühmte Bildhauer Aristide Maillol in Paris, der ihn auch in seinem Vorhaben unterstützte, in demselben Metier tätig zu werden. Ab 1927 lebte Roos mit seiner Ehefrau in Riehen. 13 Jahre lang war er Vorstandsmitglied des Basler Kunstvereins. Seinen künstlerischen Durchbruch erlebte Roos 1917 mit einer Ausstellung in der Kunsthalle Basel. Der Zweite Weltkrieg hinterliess jedoch schwere seelische Wunden, sodass er kurzzeitig Ruhe am Bielersee suchte, aber später mit seiner Frau wieder nach Riehen zurückkehrte. 

Nach dem Tod des Künstlers erwog der Gemeinderat 1957 erstmals den Ankauf der Skulptur für den Gemeindepark, und seit 1968 ist ‹Schäfer mit Hund› im Besitz der Gemeinde Riehen. Ursprünglich sollte das Werk in rotem Sandstein ausgeführt werden. 1967 liess die Witwe für die Aufstellung im Park der Gemeinde die Skulptur aber in Bronze giessen. 

Seit 1937 ist ein weiteres Werk von Roos im Kunstbesitz der Gemeinde Riehen. Der ‹Wasserschmecker-Brunnen› steht am Übergang vom Lachen- in den Grenzacherweg. Insgesamt 13 weitere Kunstwerke des Künstlers, vorwiegend Gemälde, befinden sich heute in Riehens Kunstbesitz. In seinen Gemälden bevorzugt Roos meist regnerische, graue Landschaften und stimmungsvolle, lichtdramatische Innenszenerien.

FREIZEITANLAGEN UND VERSPIELTE KUNSTSCHÄTZE
Parkanlagen, Spielplätze, Rasenflächen und Naturbäder bieten nicht nur natürliche Präsentationsflächen für die Werke der Gemeinde Riehen. Sie sind auch Räume der Begegnung, wo Personen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Alters und mit ganz eigenen Geschichten zusammentreffen und eine Gemeinschaft werden. So sind die Werke des Kunstbesitzes Riehen gleichzeitig auch verbindendes, beobachtendes Element und werden auf diese Weise Teil einer Geschichte, aus der sie nicht mehr wegzudenken sind. 

Am Fuss des Riehener Weinbergs Schlipf liegt eines der beliebtesten Freibäder der Region: das Naturbad Riehen. Das ehemalige Riehener Bad musste aufgrund der Realisierung der Zollfreistrasse 2007 abgerissen werden. Das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron erhielt den Auftrag für die Neugestaltung des Badehauses am Rande des Landschaftsparks Wiese. Im Inneren wartet am Wasserrand, nahe dem Schilf gelegen, ein weiteres Kunstobjekt des Kunstbesitzes Riehen auf die Besuchenden. Ein Bronzepelikan von Elly Iselin-Boesch (1910–1999) zierte bereits das alte Riehener Schwimmbad und hat beim Umzug ins Naturbad 2014 erneut ein schattiges Plätzchen erhalten, wo es in stiller Manier über seine Reise von einem in das andere Freizeitbad berichtet. In Zürich aufgewachsen, besuchte Iselin-Boesch die Modellierkurse für Architekten an der ETH Zürich und wurde vom Bildhauer Hans Gisler zur Bildhauerei ermuntert. Nach der Heirat mit dem Künstler Christoph Iselin 1936 gab sie ihre Tätigkeit als Bildhauerin fast vollständig auf. Den wenigen Werken, die sie geschaffen hat, ist jedoch eine ausgeprägte Ruhe, Sachlichkeit und Nüchternheit eigen – so auch dem ‹Pelikan› im Naturbad. Ein weiteres ihrer Werke, ‹Stehende Frau›, befindet sich in der Gemeindeverwaltung. Zudem hat die Künstlerin im Auftrag der Gemeinde Riehen den ‹Böckligumper-Brunnen› mit der vergnüglichen Kindergruppe gestaltet, der heute dem Otto Wenk-Platz beim Friedhof am Hörnli eine Heiterkeit und Ungezwungenheit verleiht.

ÖFFENTLICHE INSTITUTIONEN ALS BEGEGNUNGSORTE MIT DER KUNST
Neben Freizeitorten bieten auch Schulen und andere öffentliche Einrichtungen wie das Riehener Gemeindehaus zentrale Orte der Auseinandersetzung mit Kunstschaffenden und künstlerischen Positionen an. 

Der in Riehen geborene Künstler Christoph Iselin (1910–1987), Ehemann von Elly Iselin-Boesch, verzierte zur Einweihung des Gemeindehauses 1961 den Eingangsbereich mit seinem Werk ‹Die Jugend, die Landwirtschaft, Arbeit und Familie›. 1959 wurde Iselin beauftragt, ein Mosaik mit dem Thema ‹Handel, Landwirtschaft und Erziehung› zu erarbeiten. Bei seiner Umsetzung wählte er die neue Technik des Majolika-Mosaiks, das Mosaiksteine aus Keramikplatten verwendet, aber nach dem Prinzip von Glasscheiben funktioniert. Das Mosaik links trägt den Namen ‹Die Jugend› und zeigt einen Schulausflug oder eine naturkundliche Exkursion. Das mittlere Bild ist der ‹Landwirtschaft› gewidmet. Ganz rechts, im Mosaik ‹Arbeit und Familie›, werden drei Männer in Arbeitskleidung von einer Frau, die einen Laib Brot bringt, begrüsst. Die Farbenpracht der Majolika-Mosaike ist charakteristisch für Iselins Werke. Sie zieren auch zahlreiche Schulhäuser in Basel und Umgebung. 25 seiner Gemälde sind im Kunstbesitz der Gemeinde Riehen.

Iselin musste, wie viele Kunstschaffende im 20. Jahrhundert, seinen Traum, Kunstmaler zu werden, auf Wunsch der Eltern zurückstellen und zuerst einen ‹angesehenen Beruf› ausüben. So absolvierte Iselin eine Drogistenlehre, bevor er die Grafikfachklasse der Basler Allgemeinen Gewerbeschule besuchen konnte. Auslandsaufenthalte in der Toskana, Korsika und Paris prägten Iselin massgeblich. In Paris lernte er auch seine Frau Elly Boesch kennen.

HULDIGUNG AN DEN RIEHENER WEINBAU
Der Basler Alexander Zschokke (1894–1981) hat ebenfalls ein Werk zur Einweihung des Gemeindehauses gestaltet. Zschokke studierte 1913 in München Architektur, wandte sich dann aber als Autodidakt der Malerei zu, bevor er sich, ohne eine akademische Ausbildung abgeschlossen zu haben, mit 25 Jahren der Bildhauerei widmete. Von 1931 bis 1937 wirkte er als Professor für Bildhauerei an der Akademie in Düsseldorf und kehrte anschliessend wieder nach Basel zurück. 

Der Architekt des Gemeindehauses, Giovanni Panozzo, beauftragte Zschokke 1960, die Steinmauer an der Nordseite des Gemeindehauses zu bearbeiten. Das Relief ‹Weinlese, Hommage au Schlipfer› wurde in grauem Sandstein gehauen und hebt sich farblich vom Rot der Fassade ab. Zur Einweihung des Gemeindehauses 1961 war das Relief bereits vollendet. Dargestellt ist das Zerdrücken der Weintrauben mit den Füssen – eine Form der Traubenpresse, die auch den Riehener Winzern bekannt war. Ursprünglich wurde diese Arbeit von Knaben ausgeführt. Das Sandsteinrelief zeigt zwei männliche Figuren, ein Kind und einen erwachsenen Mann, in einer tänzerischen Bewegung, die mehr Vergnügen als Arbeit auszudrücken scheint. Einige Tage später würde das Keltern in der Trotte vorgenommen werden. Das Relief hält diese Winzertradition und den alten Brauch fest und huldigt gleichzeitig dem Riehener Rebberg Schlipf und seinem vorzüglichen Wein.

DIE STIMMEN AN DER GEMEINDEHAUSFASSADE
An der seitlichen Fassadenwand des Gemeindehauses befindet sich ein weiteres Einweihungsgeschenk – fünf Sandsteinbosse von Hans Geissberger (1921–1999), ‹Das Schweigen, das Lauschen, das Denken, das Reden, das Sehen›. Die Personifikationen der fünf Fähigkeiten und Sinne des Menschen werden durch geschlechtsneutrale Gesichter wiedergegeben. Nur überproportional grosse Hände und Finger dienen als Werkzeuge, führen unterschiedliche Aktionen aus und lassen die fünf Handlungen erkennen. Hinter der Fassade befindet sich der Riehener Parlamentssaal. Durch die Sandsteine wird auf die Funktion des Gebäudes als Ort der Vermittlung, Verwaltung und Schnittstelle der Kommunikation mit dem Bürger hingewiesen.

Der gebürtige Basler Hans Geissberger erlernte auf Wunsch des Vaters zuerst den Beruf des Maschinentechnikers, bevor er mit 22 Jahren seinen Traum als Künstler wahr werden liess. Er war in der Bildhauermeisterlehre bei Germaine Richter und Ernst Suter, dem Schüler des berühmten französischen Bildhauers Aristide Maillol. Geissberger hielt sich nach dem Studium längere Zeit in Italien und Frankreich auf, was zur Ausbildung seines persönlichen Stils und Umgangs mit dem Material Bronze führte. Die Modelle schuf er aus Ton und liess sie anschliessend in der Giesserei von Rudolf Schultess in Münchenstein giessen. Das dichterische Element ist in seinen Werken sehr ausgeprägt. 1948 erhielt Geissberger eine Anstellung als Kunstlehrer in Basel und nahm parallel an Wettbewerben des Kunstkredits Basel-Stadt teil. Aus gesundheitlichen Gründen ging Geissberger ab 1967 zur Malerei über. Eine Vielzahl seiner Plastiken und Reliefs schmücken öffentliche und sakrale Gebäude in Basel. Die fünf Reliefs am Gemeindehaus in Riehen gehören wohl zu seinen bedeutendsten Werken.

DAS TIERREICH AUF DEN PAUSENHÖFEN
Kätzchen, Fische, Frösche, Seerobben – die Pausenhöfe der Schulen und Kindergärten haben ein klares Thema. Begegnungen mit der Tierwelt finden sich in erster Linie dort wieder, wo Kinder und Jugendliche Wissen und Kenntnisse über die Welt erlangen.

Für den vergrösserten südlichen Pausenhof des Hebelschulhauses entwarf ebenfalls Hans Geissberger eine Brunnenanlage mit Tierplastiken, den ‹Wildentenbrunnen›. Auch hier spürt man intensiv die erzählerische Komponente seiner skulpturalen Interpretationen, die die Betrachtenden zum Mitdenken und Weitererzählen animiert. Die Kreativität wird vom Klassenzimmer auf den Pausenhof mitgenommen und weitergeführt. Weitere Werke des Kunstbesitzes Riehen mit erzählerischer Tierthematik finden sich auf dem Pausenhof des Schulhauses Erlensträsschen (Emil Knöll) und im Niederholzschulhaus (Otto Abt). Die erzählerische Sprache ist ihnen dabei genauso inne, wie die Auseinandersetzung mit der Welt der Tiere. 

WIDERWILLE UND ABLEHNUNG
Nicht alle Skulpturen wurden im ersten Moment des Erwerbs und der Präsentation wohlwollend aufgenommen. Kunst im öffentlichen Raum ist auch immer Grund zu Debatten gewesen. Nicht nur der Standort bietet Raum für Diskussionen, sondern auch die ästhetische Ausprägung eines Kunstobjektes. So verhielt es sich beispielsweise mit der Bronzeplastik von Giuliano Pedretti (1924–2012) ‹Nostalgie›, auch ‹Die Kuh› genannt, die heute auf der kleinen Grünanlage hinter der S-Bahn-Station Riehen steht. Das Riehener Kunstwerk erinnerte mit den tiefen konkaven Formen, den dürren Beinchen und den hervorstechenden Augen an ein abgemagertes, gebrechliches Tier, was dem Werk die Namen ‹bronzener Kadaver›, ‹Jammerkuh› oder ‹Zombie-Kuh› bescherte. Das Werk erfuhr so viel Widerwillen und Ablehnung, dass sogar weltweit in der Presse davon berichtet wurde. Mittlerweile ist diese Arbeit aus Riehen aber nicht mehr wegzudenken. 

Das Kunstwerk wurde 1974 für den Wettbewerb zur Gestaltung der Essiganlage geschaffen und belegte den zweiten Platz. Der in Basel geborene Künstler Giuliano Pedretti besuchte in den 1940er-Jahren eine Kunstgewerbeschule in Zürich. Sein Vater, ebenfalls Bildhauer, führte ihn in die grundlegenden Techniken ein. Die Kuh war seit seinen Kindertagen ein wiederkehrendes Motiv in Pedrettis Œuvre. Die berühmt-berüchtigte Riehener Kuh offenbart auf den zweiten Blick eine weitere Betrachtungsmöglichkeit. Der stolz erhobene Kopf, die langen, zarten Wimpern und die grazile Haltung brechen mit dem ersten Eindruck eines leidenden Tieres. Die Asymmetrie des Körpers und das Prinzip der Sonnen- und Schattenseite – Pedretti gestaltete für die Sonnenseite starke, herausgreifende Formen und für die Schattenseite tiefe Antiformen – zeigen seinen einzigartigen Stil. Der Künstler stellt hier kein naturgetreues Abbild einer Kuh dar, sondern schafft ein Mahnmal für alle Kühe, die den verheerenden Machenschaften des Menschen ausgesetzt sind. Damit trifft sein Werk auch heute noch den Zeitgeist. Der Stil der Bronzeplastik erinnert auf den zweiten Blick auch an die dünnen, langen Figuren des Schweizer Künstlers Alberto Giacometti. 1943 lernten sich die beiden Künstler kennen und wurden Freunde. Giacometti war Vorbild, Mentor und Inspiration für Pedretti.

STANDORTVERSCHIEBUNGEN
Neben stilistischen Diskussionen und persönlichem Ästhetikempfinden stellten auch die Ortsbestimmungen eine Herausforderung an das Publikum und den öffentlichen Raum. Der Wahlbasler Theo Lauritzen (1911–1978) ging 1974 als Sieger aus dem Wettbewerb zur Gestaltung der Essig- und Kilchgrundstrasse hervor, an dem fünf Kunstschaffende teilgenommen hatten. Im Juli 1975 wurde das Gewinnerwerk im Park des Spielplatzes der Essiganlage (Tramhaltestelle Burgstrasse) installiert. ‹Spiel mit zwei Quadraten› ist Lauritzens letzte grosse Arbeit. Er studierte an der Genfer École des Beaux Arts Malerei und Grafik und war ein Mitbegründer des Kreis 48, einer Basler Künstlergruppe, die erstmals 1948 in der Galerie Beyeler und 1950 in der Basler Kunsthalle an die Öffentlichkeit trat.

Bei dem Werk, das jetzt im Riehener Kunstbesitz ist, handelt es sich um zwei ungleich grosse, zwei Zentimeter dicke Metallquadrate. Diese sind in der Diagonale in zwei Teile zerlegt und so gefaltet, dass daraus flache oder aufragende Dreiecke entstanden sind. Die rhythmische Gliederung der Metallseiten suggeriert eine Bewegung und lässt dadurch an auffliegende Vögel oder flatternde Schmetterlinge denken. Immer wieder gelingt Lauritzen so in seinen Arbeiten der Triumph der Leichtigkeit über die starre Materie. Trotz der poetischen Symbolsprache und Eleganz der Formen hatte die Metallplastik einen schweren Start in Riehen. Als ‹abgestürztes Flugzeug› verschmäht, wurde es wegen der spitzen Ecken und Kanten mehr als Last und Gefahr denn als Bereicherung für das Spielplatzgelände verstanden, und im Dorf wurden kritische Stimmen zum Thema funktionaler und künstlerischer Gebrauch einer Skulptur laut. 2015 mussten die Quadrate schliesslich zugunsten eines Kindergarten-Provisoriums weichen und stehen seitdem im Park der Wettsteinanlage. 

BRUNNENPLASTIKEN – NUTZEN UND ÄSTHETIK
Eine Riehener Besonderheit sind die zahlreichen Trinkwasserbrunnen, die auch zum Bekanntheitsgrad des Ortes beigetragen haben. Die Anzahl und Vielfalt der Brunnen in Riehen ist eng mit der Geschichte des Dorfes verknüpft. Riehen war ein wohlhabendes Bauern- und Winzerdorf mit acht verschiedenen Rebgebieten. Zudem haben die waldreichen Hänge des Berges St. Chrischona und die besondere Lagerung der Gesteinsschichten die Bildung von Quellen begünstigt. Doch waren Brunnen nicht nur eine Quelle der Wasserversorgung. Sie schmückten auch den jeweiligen Platz durch Verzierungen, Gravuren, Reliefs. Die künstlerische Ausgestaltung von Brunnen geht bis auf die Antike zurück und die ästhetischen Formen zeugen dabei immer auch von der Historie eines Ortes. 

Zu den schönsten Riehener Brunnen im öffentlichen Raum gehören der bereits erwähnte ‹Böckligumper-Brunnen› von Elly Iselin-Boesch, der ‹Giggishans-Brunnen› von Rosa Bratteler, der ‹Wasserschmecker-Brunnen› von Otto Roos, der ‹Wildentenbrunnen› von Hans Geissberger und der ‹Jubiläumsbrunnen› von Hans Frei. 

EINE RIEHENER LEGENDE
Eine verspielte Ungezwungenheit versprühen die Brunnenplastiken von Rosa Bratteler (1886–1960), die in dem Kunstbesitz der Gemeinde Riehen ebenfalls mit mehreren Objekten vertreten ist. 

«Kinder, Blumen, Tiere. Sie sind es denn auch, die mit Märchen- und Sagengestalten oder Fabelwesen zusammen unter der Hand der Künstlerin so oft plastische Form annahmen und zu poetisch angehauchten Schöpfungen wurden. Nicht das Monumentale, das Denkmalhafte hat sie gepflegt, sondern das Kleine, das Fassbare, das menschlich Berührende», so wurde das faszinierende Werk von Rosa Bratteler in den Basler Nachrichten vom 24. September 1960 beschrieben.

Mit der Brunnenplastik an der Haltestelle Wasserstelzen hat Bratteler eines ihrer gesprächigsten Werke geschaffen. Es ist dem Diener des Landvogts und ehemaligen Bürgermeisters von Basel Johann Rudolf Wettstein (1594–1666) gewidmet, einem Hans Jäcklin, der von allen ‹Giggishans› (von giggele, kichern) genannt wurde. Der altdeutsche Mundartausdruck verdeutlicht dessen humorvolle und zu Scherzen aufgelegte Natur. Ihm und seiner Geschichte zu Ehren hat Bratteler 1957 einen Brunnen geschaffen. 

In der Mitte des Werkes findet sich ein verzierter, reliefierter Sockel mit aufgesetzter Bronzefigur. In ihr erkennt man die Gestalt des Dieners anhand des markanten Barts und des Weinkrugs mit zum Prost erhobenem Trinkpokal. Giggishans war im ganzen Dorf berühmt für seine gros-se Leidenschaft für den Wein, der ihn immer wieder in abenteuerliche Situationen brachte und von denen sich die Dorfbevölkerung erzählte. So soll es sich zugetragen haben, dass eines frühen Nachmittags ein französischer Offizier mit seiner attraktiven modischen Begleitung dem Bürgermeister in der Laube des Wettsteinhauses die Aufwartung machte. Nach zahlreichen Weinverkostungen schüttete Giggishans, der selbst vom Vorabend noch angeheitert war, Weisswein auf das Kleid der jungen Dame, woraufhin diese ihn als Hornochsen beschimpfte. Als alle später gemeinsam fischen gingen, musste sich Giggishans zum Ausbalancieren des Gewichts der Dame auf ein Brett stellen, welches sie trug, damit sie die Angel auswerfen konnte. Dabei fiel sie unglücklicherweise ins Wasser.
Wettstein lieh ihr daraufhin seinen Mantel. Als der Besuch Riehen verliess, betonte Giggishans, dass das Schaukeln der Dame schuld am Fall ins Wasser gewesen sei. Jedoch lässt die Bemerkung «Ich bin auf jeden Fall kein Hornochse!», die er Wettstein gegenüber äusserte, auch einen anderen Schluss zu. Das Reliefband am Sockel zu Giggishans’ Füssen zeigt die Geschichte seiner süssen Rache.

400-JAHR-JUBILÄUM
Geschichten, die erzählt, Geschichten, die neu geschrieben, und Geschichten, die nie vergessen werden – diese Gedanken verkörpern viele der angekauften oder in Auftrag gegebenen Werke der Gemeinde Riehen. Auf ein zentrales historisches Ereignis bezieht sich die letzte hier besprochene Brunnenplastik: Anlässlich des 400-Jahr-Jubiläums der Vereinigung Riehens mit Basel schlossen sich die Gemeinde Riehen, das Wasserwerk und der Verkehrsverein bereits vor dem Fest zusammen und gaben beim Medailleur Hans Frei (1868–1947) einen Jubiläumsbrunnen in Auftrag. Der Wahlriehener Frei gestaltete daraufhin einen Entwurf für eine elegante Bronzefigur, die den Brunnen an der Einmündung der Burgstrasse in die Äussere Baslerstrasse schmücken sollte. Die ‹Soldanella› zählt heute zu Freis besten Rundplastiken.

Der Jubiläumsbrunnen wurde 1925 der Riehener Bevölkerung geschenkt und an der Einmündung bei der Tramhaltestelle Burgstrasse installiert. Soldanella bezeichnet das Alpenglöckchen und verweist auf das gleichnamige Café und Restaurant, das sich an der Burgstrasse 160 befand und im Jubiläumsjahr eröffnet wurde.

Bereits kurze Zeit nach der Einweihung publizierte die Riehener Zeitung einen Artikel mit der Überschrift: «Eine schöne Frau wird entführt». Es handelte sich dabei um die Bronzefigur des Jubiläumsbrunnens. Die auf 3000 Franken geschätzte Brunnenfigur, die «schöne Frau», wurde in der Nacht vom 24. auf den 25. März «gewaltsam weggerissen, sodass nur noch die Füsse auf dem Brunnen stehen geblieben sind» (Riehener Zeitung, 30. Dezember 1925). Der Täter, ein begeisterter Kunstschlosser, konnte nach neunmonatiger Suche festgenommen werden. Die Figur wurde unter seinem Bett gefunden und später auf ihren rechtmässigen Platz zurückgebracht. Frei hätte sich keine bessere Werbung in der Öffentlichkeit wünschen können; der Jubiläumsbrunnen und sein Künstler schrieben Geschichte. 

Frei zeigte seine künstlerische Begabung bereits im Kindesalter. 1899 heiratete er die jüngste Tochter des Gemeindepräsidenten, Emma Wenk. Er erlernte das Handwerk eines Graveurs und besass ab 1908 ein Atelier direkt bei der Tramhaltestelle Pfaffenloh, das er wenige Jahre später zum Wohnhaus erweiterte. Hier verstarb er 1947 nach langer, schwerer Krankheit. Bereits 1941 hatte er seine Tätigkeit aufgrund eines Schlaganfalls und einer damit einhergehenden Lähmung aufgeben müssen. Eines seiner letzten Werke war eine Gussmedaille mit dem Bildnis von Johann Rudolf Wettstein. Frei zählt bis heute zu den bedeutendsten Schweizer Medailleuren. Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen; so 1900 an der Weltausstellung in Paris sowie 1911 und 1913 an der internationalen Kunstausstellung im Glaspalast München. Freis Œuvre umfasst über 450 Medaillen und Plaketten für Jubiläen, Schützenfeste und andere Anlässe. Viele seiner Arbeiten schenkte er der Stadt Basel. Heute zieren seine Werke öffentliche Plätze, Sammlungen und Museen im In- und Ausland und erzählen auch 100 Jahre später zum 500-Jahr-Jubiläum der Vereinigung von Basel und Riehen noch die Geschichte der irrwitzigen Entführung einer bronzenen Jubilarin.  

RIEHENER KÜNSTLERPERSÖNLICHKEITEN
Riehens Kunstbesitz ist durch Ankäufe aus Ausstellungen wie zum Beispiel derjenigen im Wenkenpark 1980, durch Auftragsarbeiten, Wettbewerbe oder Geschenke von Kunstschaffenden stetig gewachsen. Zu den Kunstschaffenden, die Riehen besonders zugeneigt waren, gehörte Hans Sandreuter, der 1898 einer der ersten Kunstmaler war, der Riehen zu seinem Heimatort machte. 

Der gebürtige Basler Hans Sandreuter (1850–1901) erlernte den Beruf eines Lithografen, bevor er die Ausbildung als Maler 1873 an der Akademie der Künste in München und ab 1874 in Florenz absolvierte. Dort pflegte er regen Kontakt zu Arnold Böcklin, der ihn in seinem Schaffen inspirierte. Ab 1877 unternahm Sandreuter verschiedene Reisen nach Paris, Rom, Florenz, Neapel und innerhalb der Schweiz, bevor er 1885 nach Basel zurückkehrte und sich 1889 in Riehen niederliess. Im selben Jahr erhielt er einen umfassenden Auftrag zur Gestaltung von acht Wandgemälden für den Saal der Basler Zunft zu Schmieden. 1897 gewann er den ersten Preis bei dem Wettbewerb für die Ausgestaltung des Innenhofs des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich. Aufgrund seines frühen Todes mit 51 Jahren gelang es ihm allerdings nur, zwei der sieben Mosaike für das Landesmuseum fertigzustellen. In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte er sich vorwiegend mit Dekorationsmalereien für Einrichtungsgegenstände. 1899 erhielt er für sein Werk die königliche Goldmedaille Dresden. Das vielseitige Schaffen Sandreuters stand stark unter Böcklins künstlerischem Einfluss. So werden viele seiner naturalistischen Landschaften von mythologischen Figuren belebt und zeugen von einer einzigartigen Farb- und Formästhetik. Zwischen 1877 und 1880 legte er den Akzent auf eine detaillierte und naturalistische Bildsprache, während er anschliessend die Natur stilisierte und in eine dem Jugendstil verwandte Formensprache überführte. Seine grosse Begabung lag aber in dekorativen Arbeiten für private und öffentliche Gebäude wie Fresken, Wandgemälden und Sgraffiti. Im Kunstbesitz Riehen ist er mit 19 Gemälden vertreten. 

Eine Künstlerpersönlichkeit, die an dieser Stelle ebenfalls hervorgehoben werden sollte, ist Numa Donzé (1885–1952), der ab 1930 bis zum Lebensende eine wichtige Rolle in der Kunstszene Riehens gespielt hat. Den ersten künstlerischen Unterricht erhielt Donzé an der Gewerbeschule in Basel. Zwischen 1907 und 1909 zog es ihn nach Paris, wo er eine intensive Malerfreundschaft mit Paul Basilius Barth und Jean Jacques Lüscher pflegte. Ab 1910 war er vorwiegend in Basel und Riehen tätig. Der Kunstbesitz Riehen besitzt 19 seiner Werke, die teilweise in Gemeinderäumen zu sehen sind.

Paul Basilius Barth (1881–1955) war ebenfalls ein Künstler, der die Kunstszene in Riehen mit seinen Werken bereichert hat und mit neun Werken im Kunstbesitz der Gemeinde vertreten ist. Der Wunsch, Kunstmaler zu werden, führte bei Barth bereits 1898 dazu, dass er eine Lehre als Dekorationsmaler antrat und sich in Abendkursen an der Gewerbeschule fortbildete. 1900 besuchte er die Kunstklasse an der Allgemeinen Gewerbeschule, bevor er zwei Jahre später auf Raten des Schweizer Malers Ernst Stückelberg nach München zog, an der Kunstakademie studierte und dort überraschenderweise auf die Basler Numa Donzé und Jean Jacques Lüscher traf. Nach jahrelangem Pendeln zwischen Paris und Basel und zahlreichen längeren Aufenthalten im In- und Ausland wurde der Basler Maler und Zeichner Barth 1947 in Riehen sesshaft. Sein Wohn- und Atelierhaus liess er bereits 1935 in der Vierjuchartenweg errichten. Umgeben von ihrer einzig-artigen Kunstsammlung sollte darin später auch das Galeristen-Ehepaar Ernst und Hildy Beyeler leben. Barths erste Landschafts- und Porträtdarstellungen fanden in der Öffentlichkeit schnell positiven Anklang, was ihn jedoch nicht davon abhielt, alle seine Werke der Frühzeit zu zerstören. Neben Landschaftsgemälden vom Genfersee, Wallis und Tessin entstanden Zeichnungen und Malereien seiner Familie und Freunde und zahlreiche Selbstporträts, die von einer hohen Selbstreflexion zeugen. 

Barth gehörte zusammen mit Karl Theophil Dick, Numa Donzé und Jean Jacques Lüscher zu der innovativen Gruppe der Künstler, die mit der Maltradition rund um Arnold Böcklin und Ferdinand Hodler brachen und sich der französischen Malerei zuwandten. Mit ihrem eigenen Weg genossen sie in Riehen und Basel dank ihres neuen realistischeren, nüchternen und direkten Stils hohe Anerkennung.

Ein weiterer Künstler, der mit insgesamt 58 Malereien im Kunstbesitz vertreten ist, ist Willi Wenk (1890–1956), der seinem Heimatdorf Riehen und seinem eigenen Garten unzählige Zeichnungen, Gouachen und Ölbilder widmete. Bevor Wenk seiner Leidenschaft nachgehen konnte, musste er auf Drängen der Mutter nach der Schulzeit eine Schreinerlehre absolvieren. 1910 zog er jedoch nach München und widmete sich der Malerausbildung. 1914 wurde er in den Militärdienst eingezogen. Nach dem Krieg folgte eine Zeit mit vielen Reisen. Es zog ihn neben Schweden, Norwegen, Italien und Griechenland auch immer wieder nach Frankreich, insbesondere Paris.

Sein bevorzugtes Motiv war der Blick nach Riehen und weiter bis zum Tüllinger Hügel, den er zu verschiedenen Jahreszeiten in allen möglichen Wetterlagen festhielt. Die Vielfalt seiner Zeichnungen und Malereien zur Riehener Landschaft kennzeichnet seine grosse Verbundenheit mit diesem besonderen Ort. 

Unter den Künstlerinnenpersönlichkeiten sind Gustava
Iselin-Haeger (1878–1962), Faustina Iselin (1915–2010), Dorette Huegin (1928–2018) und Regula Huegli (*1936) zu nennen, die sowohl die Riehener Kunstszene bereichert haben als auch wichtige Pfeiler des Kunstbesitzes der Gemeinde Riehen darstellen. Die gebürtige Berlinerin Gustava Iselin-Haeger lernte in der Meisterklasse bei Max Liebermann und auserkor Basel durch die Heirat mit dem Basler Chirurgen Hans Iselin zu ihrer neuen Heimat. Ihre  Tochter Faustina Iselin wurde ebenfalls Malerin. Riehen war bereits in Kindertagen ein besonderer Ort vieler Kindheitserinnerungen für sie, den sie später erneut für mehr als ein Jahrzehnt zu ihrer Heimat machte. Faustina Iselin wurde an der Basler Gewerbeschule unterrichtet, bevor sie beschloss, in die Jugendwelt ihrer Mutter einzutauchen und ebenfalls an der Akademie in Berlin zu studieren. Im Sommer 1936 kehrte sie nach Basel zurück und arbeitete als Gebrauchsgrafikerin. Sie hielt sich auch mehrmals in Paris auf. Natureindrücke, Landschaft und Stadtansichten boten ihr Anregungen für ihre Auseinandersetzung mit der Malerei.

Dorette Huegin studierte in Paris an der Académie des Beaux-Arts und an der Académie Julian. Zudem arbeitete sie im Atelier von Fernand Léger, der sie während ihrer Pariser Zeit hauptsächlich geprägt hat. Ihre Werke umfassen Acrylmalerei, Zeichnungen, Collagen und Siebdrucke. Die erste Ausstellung ihrer Werke fand 1957 in Basel statt. Es folgten weitere Ausstellungen und Teilnahmen an Wettbewerben, an Basler Weihnachtsausstellungen, Aufträge der Kunstkredite Basel-Stadt und Baselland und gezielte Ankäufe ihrer Werke von Privaten und Firmen. Ihr Stil war sehr vielseitig, da sowohl das Märchenhafte als auch das Poetische und später auch das Plakative und Geometrisch-Nüchterne in ihrem Werk zu finden sind. In ihren letzten Jahren malte sie sogenannte ‹Terrassenbilder›, einen Blick von einer Veranda hinaus in die weite Ferne der Landschaft und ihrer eigenen Seele. 

Regula Huegli fühlte sich bereits seit Kindertagen zur Malerei berufen. Man witzelte gar darüber, sie sei mit dem Stift in der Hand zur Welt gekommen. Sie besuchte gegen den Willen ihrer Eltern die Kunstgewerbeschule in Zürich. Parallel dazu studierte sie zwei Jahre lang Archäologie an der Universität Zürich. Die Frühklassik der Griechen und die Kunst der Etrusker blieben für ihr Gesamtwerk prägend. Sie beschäftigte sich auch nach dem Studium mit etruskischen Zeichen und Symbolen und reiste oft nach Asien. In der Zwischenzeit war ihr Riehen zum Arbeits- und zweiten Heimatort geworden. Von 1990 bis 1993 arbeitete sie im früheren Atelier des Malers Jean Jacques Lüscher (1884–1955). Es entstanden ihre ersten grossformatigen Schalenbilder aus Gefässen, kalligrafischen Zeichen, Fischobjekten und Flüssigkeiten, in denen sie Erlebtes und Erfahrenes einarbeitete und zart miteinander verband. 

Dieser flüchtige Blick auf den unglaublichen Reichtum und die Vielfalt des Kunstbesitzes Riehen soll aufzeigen, wie dieser nicht nur die Aufmerksamkeit für die regionalen Kunstschaffenden weckt, ihnen ein künstlerisches Fundament der Repräsentation bietet und Diskussionen, Gespräche und Überlegungen zu aktuellen Ereignissen und Geschehen anregt, sondern auch historische Ereignisse nicht vergessen lässt und dazu beiträgt, dass Geschichten von Generationen zu Generationen auf diese Weise weitergegeben werden – auch noch die nächsten 500 Jahre.

Quellenverzeichnis (Auswahl): 
Christ, Robert B.: Zauber der Basler Brunnen, Basel 1967.
Lienhard, Christian / Widmer, Christiane: Basel und seine Brunnen, Basel 2016.
Nagel, Anne / Spechtenhauser, Klaus: Riehen. Kanton Basel-Stadt, Bern 2014.
Christoph Merian Stiftung: Basel-Stadt. Kunst für die Stadt, Basel 2015,
www.visarte-basel.ch/downloads/Kunst_fuer_die_Stadt_Studie_2016.pdf.
Christoph Merian Stiftung: Wenkenpark Riehen: Skulptur im 20. Jahrhundert, in: Basler Stadtbuch 1980, www.baslerstadtbuch.ch/home.html.
Meyrat, Sibylle: Jahrbuch z’Rieche. 1961 bis heute, www.riehener-jahrbuch.ch/de/archiv.html.
Raith, Michael: Gemeindekunde Riehen, Riehen 21988 [1980],
www.riehen.ch/gemeinde-riehen/portrait/geschichte/gemeindekunde-riehen-michael-raith-1988. 
Schultheiss, Michel: gesichtet #122: Das abgestürzte Flugzeug und die Zombie-Kuh, in: Zeitnah. Kunstmagazin seit 2012, 2015, zeitnah.ch/10867/gesichtet-122-das-abgestuerzte-flugzeug-und-die-zombie-kuh/.
SIKART. Lexikon zur Kunst in der Schweiz, hg. von dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA), Zürich und Lausanne, 
www.sikart.ch/home2.aspx.

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2022

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