Die Jubiläums-Medaillen

Ernst Feigenwinter

Im verflossenen Jubiläumsjahr hat der Gemeinderat eine JubiläumsMedaille herausgegeben. Halten wir einen kurzen Rückblick über die Entstehungsgeschichte.


Man nimmt, so heisst es in allen Kochbüchern, «einen Löffel voll» Ideen, mischt etwas Phantasie bei, und das Werk ist fertig. So einfach war es allerdings nicht, das Sujet für diese Medaille zu finden. Ein Motiv, das den Ansprüchen eines breiten Publikums und nicht nur einer kleinen Anzahl von Liebhabern oder Numismatikern genügen sollte, brauchte intensive Vorarbeiten. Ich machte mir vor Jahren schon Gedanken darüber. So sammelte ich z. B. die vielerorts bei Banken und andern öffentlichen Verkaufsstellen aufliegenden Prospekte über Münzen, Taler und Medaillen. Ich verfolgte auch die Herausgabe von Erinnerungsplaketten in unserem Lande. In Dorf und Bann suchte ich ein typisches Riehemer Motiv, das nicht bereits für andere Jubiläen, Vereins- und Kranzabzeichen oder gar für den Poststempel verwendet wurde. Auf der Universitätsbibliothek und im Staatsarchiv forschte ich in einschlägiger Literatur, in alten Urkunden und Dokumenten nach einem entsprechenden Typ. Auch alteingesessene Riehener ging ich um Rat an. Alles vergebens. Aus Deutschland liess ich mir sogar einen Gipsabdruck des ältesten «Riehheimer-Siegels» kommen, weil ich glaubte, das alte «Riehheimer-Wappen» im Reliefdruck sei das Richtige. Dies befriedigte mich jedoch nicht.


Notgedrungen musste ich weiter suchen. Ich fand schliesslich in der Siegel-Sammlung des Basler Staatsarchivs unter den Riehener Siegeln das Motiv für unsere Jubiläums-Medaille. Davon liess ich mir mehrere Gipsabgüsse anfertigen; ich änderte und retouchierte sie, bis das endgültige Bild geboren war. Damit ging ich zu Prof. Albert Bruckner, der mit der Herausgabe der Riehemer Geschichte beauftragt war, und zeigte ihm meine Entwürfe. Er empfahl mir, sie dem Gemeinderat vorzulegen. Dieser erst regte nach gründlichen und eingehenden Beratungen an, den Entwurf weiterzuverfolgen.


So fuhr ich mit Professor Bruckner nach Le Locle zum bekannten Medailleur Huguenin. Bestärkt durch die Komplimente dieses Fachmannes über meinen Entwurf, wartete ich mit Spannung die bereinigten fachmännischen Vorlagen ab.


In der Zwischenzeit entwarfen die Professoren Bruckner und Fuchs den lateinischen und deutschen Text, der auf die Rückseite der Medaille zu stehen kommen und auf das Jubiläum hinweisen sollte.


Nachdem der Probeabzug «sogar den Gemeinderat» zu befriedigen vermochte, stand die wichtigste Entscheidung bevor: «Geben wir eine Münze, einen Taler oder eine Medaille heraus?» Für den Laien ist es nicht so einfach, das zu wissen: Eine Medaille ist kein Geldstück, das in Rollen verpackt wird und einen Kurswert besitzt. Hätten wir einen Taler beschlossen, hätten wir das schöne Relief nicht verwenden können. Durch den Beschluss des Gemeinderates, «wir prägen eine Medaille», konnte die Firma Huguenin eine Medaille schaffen, die nicht kreisrund, nicht überall gleich dick und keinerlei Einschränkungen unterworfen war. Das Künstlerische konnte dadurch stärker zur Geltung kommen. Nachdem Abbildung und Text bereinigt waren, wurde der Auftrag erteilt, zur Erinnerung an die 450jährige Zugehörigkeit Riehens zu Basel eine Gold- und Silbermedaille prägen zu lassen.


Die Medaille zeigt auf der Vorderseite den heiligen Martin auf seinem Pferd, der mit dem Schwert ein Stück seines Mantels abschneidet und es dem Bettler schenkt. Auf der Rückseite weist der Text auf das Jubiläum hin. Auf der Goldmedaille steht:

CIVITAS RIEHEMENSIS CUM CIVITATE BASILIENSI

PER CCCCL ANNOS FELICITER CONJUNCTA

und auf der Silbermedaille ist zu lesen:

RIEHEN 450 JAHRE ZUGEHöRIGKEIT ZU BASEL

Die Auflage betrug 300 numerierte Gold- und 300 numerierte Silbermedaillen, die in einem Doppeletui zum Preise von Fr. 320.— abgegeben wurden, während die 3000 unnumerierten Silbermedaillen zum Preise von Fr. 20.— in den Handel kamen. Die Filiale Riehen des Schweiz. Bankvereins übernahm Verkauf und Propagierung.


Der Firma Huguenin gelang ein Meisterwurf, denn die am 1. Februar im freien Verkauf erhältlichen Medaillen waren bereits am 7. Februar praktisch verkauft.


So erfreulich diese Tatsache war, brachte sie dem Gemeinderat und mir im besonderen viel Unannehmlichkeiten und Vorwürfe ein, vor allem deshalb, weil wir keine höhere Auflage prägen liessen. Ich will den geneigten Leser dieser Zeilen nicht mit den Reklamationen und Vorwürfen langweilen, die schriftlich und telephonisch bei mir eingingen. Was hätte es wohl geheissen, wenn wir die mit Steuergeldern vorfinanzierten Medaillen nicht hätten verkaufen können?


Trotz alledem freute es mich, dass es mir als hobbymässigem Medaillensammler und Laien gelungen war, mit dem expressionistischen Motiv aus dem Siegel des Riehemer Dekans Rudolf von 1295 einen solchen Verkaufserfolg zu erlangen.


Abschliessend darf ich doch noch darauf hinweisen, dass neben den zu Schenkungszwecken für besondere Verdienste und Anlässe zurückbehaltenen Gold- und Silbermedaillen ein ansehnlicher überschuss erzielt werden konnte. Der Reinerlös von Fr. 12 281.— hat der Gemeinderat der Riehener Taubstummenanstalt überwiesen mit der zweckgebundenen Auflage, die Einrichtung einer Theater-Bühne in ihrem Heim einbauen zu lassen.


So hat das Symbol des heiligen Martin auch in diesem Falle «sein Wunder» gewirkt und den sprachgehemmten Kindern zu einer Theaterbühne verholfen, die sie sonst nie erhalten hätten.


Dank sei allen, die zu diesem Erfolg beigetragen und die Medaillen gekauft haben.


Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1973

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