Die politischen Behörden der Gemeinde Riehen

Hansjörg Tobler

Wie Eidgenossenschaft und Kantone ist auch die Gemeinde Riehen nach dem schon von Montesquieu geforderten Prinzip der Gewaltentrennung aufgebaut. Zwar fehlt ihr eine richterliche Behörde (das Gerichtswesen ist Sache des Kantons), aber sie besitzt eine von der Legislative personell getrennte Exekutive.

Im nachfolgenden Aufsatz soll nun versucht werden, den mit unseren Verhältnissen weniger vertrauten Einwohnern einen kurzen überblick über den Aufbau und das Wirken der politischen, d. h. vom Volke gewählten Behörden unserer Gemeinde zu geben.

Der Weitere Gemeinderat Der Weitere Gemeinderat, der seit 1924 existiert und damals die Einwohnergemeindeversammlung abgelöst hat, verkörpert die oberste Behörde Riehens. Seine Befugnisse sind in § 6 des — kantonalen — Gemeindegesetzes vom 6. Juli 1916 geregelt. Sie umfassen:

1. Die Oberaufsicht über die gesamte Gemeindeverwaltung.

2. Die Prüfung und Genehmigung des Budgets, der Rechnungen und des Verwaltungsberichtes.

3. Die Beschlußfassung über die Erhebung von Gemeindesteuern und über die Erhebung von Beiträgen der Eigentümer bebauter Liegenschaften an die Kosten der öffentlichen Beleuchtung.

4. Die Bewilligung jährlich wiederkehrender Ausgaben.

5. Die Bewilligung einmaliger Ausgaben, die den Betrag von Franken 5000.— übersteigen.

6. Die Beschlußfassung über die Aufnahme und die Rückzahlung von Gemeindeanleihen.

7. Die Bewilligung zum Ankauf, zum Verkauf und zur Verpfändung von Grundstücken bei überschreitung des Betrages von Franken 50 000.—.

8. Die Wahl der Steuerkommission, wenn eine solche eingesetzt worden ist und sofern nicht Vornahme der Wahl in einem besonderen Wahlverfahren unter Anwendung der Stimmurne beschlossen wird.

9. Die Wahl von Kommissionen zur Vorberatung von Vorlagen des Gemeinderates.

10. Die Genehmigung der vom Gemeinderat über einzelne Zweige der Gemeindeverwaltung aufgestellten Ordnungen (Reglemente).

11. Die Regelung der Dienstverhältnisse, Besoldungen und Löhne des Personals der Gemeindeverwaltung.

Diese Befugnisse übt der Weitere Gemeinderat weitgehend selbständig und ohne Oberaufsicht durch eine kantonale Behörde aus. Es bedürfen nur die Beschlüsse über die Erhebung von Gemeindesteuern (Ziff. 3), über die Aufnahme und Rückzahlung von Darlehen (Ziff. 6) und über die Bewilligung zum Ankauf, zum Verkauf und zur Verpfändung von Liegenschaften (Ziff. 7) der Genehmigung durch den Regierungsrat. Die Beschlüsse über diese Angelegenheiten treten folglich — abgesehen vom obligatorischen Referendum in der Gemeinde — erst dann in Rechtskraft, wenn sie durch die kantonale Exekutive genehmigt wurden. Die regierungsrätliche Genehmigungspflicht bedeutet natürlich faktisch eine nicht unwesentliche Beschränkung der Gemeindeautonomie, die jedoch deshalb verständlich ist, weil gemäß den gesetzlichen Vorschriften der Kanton gezwungen ist, ein eventuelles Defizit der Gemeinde zu übernehmen.

Wie aus der obigen Zusammenstellung ersichtlich, sind die Befugnisse des Weiteren Gemeinderates gesetzlich genau umschrieben und festgelegt. Für andere Angelegenheiten als die in dieser Zusammenstellung erwähnten, ist er nicht zuständig, es sei denn, es handle sich um eine direkt aus dem eidgenössischen oder kantonalen Recht hervorgehende legislatorische Kompetenz. Als oberste Behörde unserer Gemeinde besitzt nämlich der Weitere Gemeinderat in bestimmten Fällen die Möglichkeit und die Fähigkeit, sich gesetzgeberisch zu betätigen und Reglemente und Verordnungen zu erlassen. Allerdings ist auch in diesem Falle die legislatorische Befugnis sehr stark eingeschränkt.

a) räumliche Begrenzung Es ist klar und geht schon aus der Systematik des demokratischen Aufbaues der Eidgenossenschaft hervor, daß die Legislative einer Gemeinde nur solche Gesetze und Verordnungen erlassen kann, die irgendwie mit dem Gemeindebann in Beziehung stehen und deren Gültigkeit sich auf ihr Gemeindeterritorium erstreckt. Den Gesetzen und Verordnungen sind nur solche Personen unterworfen, die entweder in der entsprechenden Gemeinde wohnen oder auf eine andere Art mit der Gemeindehoheit in Beziehung kommen. So ist zum Beispiel das Riehemer Steuerreglement nur auf solche Personen und deren Einkommen und Vermögen anwendbar, die in Riehen domiziliert sind oder die ihr Vermögen oder einen Vermögensteil in Riehen liegen haben (rei sitae). Ein Einwohner einer anderen Gemeinde, der zu Riehen absolut keine Rechtsbeziehung hat, kann von unserem Steuerreglement nicht erfaßt werden.

b) inhaltliche Begrenzung Die inhaltliche Begrenzung der Gültigkeit der Gemeindeerlasse ist dadurch bedingt, daß die Rechtssätze der Gemeinde weder den eidgenössischen noch den kantonalen Vorschriften widersprechen und generell nur solche Gebiete regeln dürfen, die dem Gemeinderecht vom kantonalen oder eidgenössischen Recht zur Regelung vorbehalten wurden. (Delegation der Rechtsetzungsbefugnis von Bund und Kanton an die Gemeinde.) Der Weitere Gemeinderat setzt sich aus 40 Mitgliedern zusammen, die alle vier Jahre durch die stimmberechtigten Einwohner und Einwohnerinnen gewählt werden. Die nächste Neuwahl findet im Februar/ März 1970 statt. Im Gegensatz zum kantonalen Parlament besitzen wir in Riehen bis heute noch keine Amtsdauerbeschränkung, so daß die Mitglieder des Weiteren Gemeinderates nach Ablauf der Amtsdauer immer wieder gewählt werden können. Trotzdem wechselt die personelle Zusammensetzung stark.

Im Weiteren Gemeinderat sind zurzeit die nachfolgenden Parteien vertreten: a) Sozialdemokraten und Gewerkschafter b) Vereinigung Evangelischer Wähler c) Liberal-demokratische Vereinigung d) Radikal-demokratische Vereinigung e) Katholische und christlich-soziale Volkspartei f) Bürgerliche Mittelstands- und Gewerbepartei g) Landesring der Unabhängigen Der Weitere Gemeinderat besammelt sich je nach Anzahl der im Laufe des Jahres zu behandelnden Traktanden vier- bis siebenmal pro Jahr und zwar in der Regel an einem Mittwoch um 20.00 Uhr. Die Sitzungen dauern je nach Anzahl und Wichtigkeit der Traktanden und je nach Redelust der einzelnen Mitglieder 1—4 Stunden. Die Verhandlungen sind öffentlich und können von der Tribüne aus von jedermann verfolgt werden. Die Mitglieder des Weiteren Gemeinderates wählen auf die Dauer von zwei Jahren ihren Präsidenten und den Statthalter, wobei die Parteien gemäß einem gewissen Turnus zum Zuge kommen. Zurzeit stellt die Bürgerliche Mittelstands- und die Gewerbepartei den Präsidenten und die Vereinigung der Evangelischen Wähler den Statthalter. Im Normalfalle wird der Statthalter nach Ablauf seiner zweijährigen Amtsdauer zum Präsidenten gewählt.

Wie erwähnt, hat der Weitere Gemeinderat unter anderem die Aufgabe, die Kommissionen zu wählen. Man unterscheidet dabei zwischen den ständigen Kommissionen, die zu Beginn der Amtsdauer für vier Jahre gewählt werden (Rechnungs- und Prüfungskommission, Steuerkommission) und den Spezialkommissionen, die zur Vorberatung einer speziellen Vorlage ins Leben gerufen werden. Nachdem der Weitere Gemeinderat über die entsprechende Vorlage Beschluß gefaßt hat, löst sich die Spezialkommission auf.

Die Rechnungs- und Prüfungskommission hat die Aufgabe, das Jahresbudget, die Jahresrechnung sowie sämtliche Nachtragskreditbegehren vor deren Behandlung im Weiteren Gemeinderat zu überprüfen. Als Prüfungskommission hat sie die Möglichkeit, gewisse ihr notwendig scheinenden Verwaltungsgeschäfte zu überprüfen und dem Weiteren Gemeinderat über ihre Prüfung Bericht zu erstatten.

Die Steuerkommission, die ebenfalls auf vier Jahre gewählt wird und deren Präsident ex officio der Gemeindepräsident ist, hat sämtliche Steuereinschätzungen vorzunehmen und über Steuereinsprachen Beschluß zu fassen.

 

mit 8 Vertretern mit 8 Vertretern mit 7 Vertretern mit 6 Vertretern mit 5 Vertretern mit 3 Vertretern mit 3 Vertretern

Die Verhandlungen im Weiteren Gemeinderat gehen nach sehr formellen Bestimmungen vor sich. So ist es zum Beispiel vorgeschrieben, daß in der Regel ein Mitglied dieser Behörde zu einem Geschäft höchstens zweimal sprechen darf und daß der Präsident die Möglichkeit besitzt, demselben Mitglied das Wort für ein drittes Votum in der gleichen Angelegenheit nicht mehr zu geben. Diese Redebeschränkung wirkt sich sehr oft positiv auf die Sitzungsdauer aus! Im Gegensatz zum kantonalen Parlament finden die Verhandlungen im Weiteren Gemeinderat im Dialekt statt.

Da in einer Sitzung nur solche Geschäfte behandelt werden dürfen, die auf der Traktandenliste stehen, bestehen für das einzelne Mitglied des Weiteren Gemeinderates die nachfolgenden Möglichkeiten, von der Exekutive über gewisse — ihm wichtig erscheinende — Fragen Auskunft zu erhalten.

a) Der Anzug: Der Anzug, der alles mögliche zum Inhalt haben kann, muß dem Präsidenten des Weiteren Gemeinderates schriftlich eingereicht werden. Dieser verliest den Anzug wörtlich in der nächsten Sitzung und gibt dem Anzugsteller die Möglichkeit zur mündlichen Begründung. Nach der Begründung im Plenum wird der Gemeinderat angefragt, ob er bereit ist, den Anzug entgegenzunehmen und die darin gestellte Anfrage zu überprüfen und dem Weiteren Gemeinderat über das Resultat der Prüfung Bericht zu erstatten. Wenn sich der Gemeinderat zur Entgegennahme des Anzuges bereit erklärt, erfolgt dessen überweisung. Ist jedoch die Exekutive der Ansicht, die im Anzug geforderte Angelegenheit sei nicht überprüfenswert oder der Anzug sollte aus irgendeinem anderen Grunde nicht überwiesen werden, so kann sie die überweisung ablehnen. In diesem Falle wird über die überweisung im Weiteren Gemeinderat abgestimmt. Bei positivem Abstimmungsresultat wird der Anzug dennoch überwiesen. Durch die überweisung ist in materieller Hinsicht noch nichts beschlossen; erst wenn der Bericht des Gemeinderates und dessen Anträge vorliegen, findet eine einläßliche Beratung und Beschlußfassung statt, wobei Gegenanträge und Abänderungsanträge nicht ausgeschlossen sind. Die Beantwortung des Anzuges erfolgt in der Regel schriftlich. Eine Frist, innert welcher die Anzüge zu beantworten sind, besteht nicht. Obwohl in der Regel die Beantwortung relativ rasch erfolgt, gibt es Anzüge, die schon vor einigen Jahren überwiesen wurden und heute noch unbeantwortet sind. Die Verzögerung in der Beantwortung ist vielfach darauf zurückzuführen, daß teilweise mit Anzügen Forderungen gestellt werden, die weitgehender Abklärung bedürfen oder die überhaupt noch nicht spruchreif sind.

b) Das Postulat: Im Unterschied zum Anzug betrifft ein Postulat eine Forderung im Zusammenhang mit dem Budget oder der Jahresrechnung (Budgetpostulat) ; es wird in der Regel am Schlüsse der Sitzung behandelt. Das Postulat kann aber auch dem Gemeinderat zur Berichterstattung überwiesen werden.

c) Die Interpellation: Sie ist das typische Instrument, um vom Gemeinderat über gewisse Dinge eine mündliche Antwort zu erhalten. Normalerweise wird sie in der gleichen Sitzung beantwortet, in der man sie stellt. Da jedoch auch in der Interpellation Fragen angeschnitten werden können, die sich nicht ohne weiteres aus dem Stegreif beantworten lassen, besteht die gesetzliche Vorschrift, wonach die Interpellation mindestens zwei Tage vor der Sitzung dem Gemeinderat zur Kenntnis gebracht werden muß. über den Inhalt dieser Interpellationsbeantwortung wird in der Regel nicht diskutiert.

d) Die Kleine Anfrage: Die Mitglieder des Weiteren Gemeinderates können auch in Form der «Kleinen Anfrage» vom Gemeinderat Auskunft über Belange der öffentlichen Verwaltung verlangen. Solche Anfragen sind schriftlich und unterzeichnet dem Präsidenten einzureichen. Dieser bringt sie dem Weiteren Gemeinderat zur Kenntnis und leitet sie an den Gemeinderat weiter. Eine mündliche Begründung der «Kleinen Anfrage» ist ausgeschlossen. Der Gemeinderat teilt seine Antwort dem Weiteren Gemeinderat schriftlich mit. Im Gegensatz zur Beantwortung eines Anzuges, ist eine Diskussion über die Antwort des Gemeinderates auf eine «Kleine Anfrage» ausgeschlossen.

Zum Schluß muß erwähnt werden, daß die Mitglieder des Weiteren Gemeinderates ehrenamtlich tätig sind und keinerlei Entschädigung für ihre Tätigkeit erhalten.

Der Gemeinderat Der Gemeinderat ist die sogenannte vollziehende oder ausführende Behörde der Gemeinde Riehen. Er ist die Exekutive und hat die Gesetze des Kantons und die Reglemente der Gemeinde anzuwenden sowie die Beschlüsse der Legislative auszuführen. Seiner Funktion gemäß kann der Gemeinderat am ehesten mit dem Regierungsrat verglichen werden, wobei allerdings ein sehr großer Unterschied in den Kompetenzen besteht. Der Regierungsrat ist eine kantonale Behörde und besitzt deshalb bedeutend weitergehende Befugnisse als der Gemeinderat. Er hat sogar die Möglichkeit, in gewissen Dingen die Aufsicht über den Gemeinderat auszuüben.

Die Wahl des Gemeinderates erfolgt durch die stimmberechtigten Einwohner und Einwohnerinnen alle vier Jahre. In der Regel fällt sie mit der Wahl des Weiteren Gemeinderates zusammen. Die nächsten Wahlen finden im Frühjahr 1970 statt. Der Gemeinderat besteht aus einem Gemeindepräsidenten und sechs Gemeinderäten, wobei der Präsident in einer separaten Wahl durch die Stimmberechtigten erkoren wird. Da es sich auch beim Gemeinderat um eine politische Behörde handelt, sind die Parteien mehr oder weniger ihrer Stärke gemäß im Gemeinderat vertreten. Die Parteizusammensetzung ist zurzeit die nachfolgende:

Sozialdemokraten und Gewerkschafter l
Radikal-demokratische Vereinigung l
Bürgerliche Mittelstands- und Gewerbepartei 1
Katholische und christlich-soziale Volkspartei 1
Vereinigung Evangelischer Wähler 2
Dazu kommt der Gemeindepräsident, der der Liberal-demokratischen Vereinigung angehört.

Der Gemeinderat kommt jeden Mittwoch zur Behandlung der vorliegenden Geschäfte zusammen. Die Sitzungen dauern in der Regel 3—4 Stunden. Auch hier hängt die Sitzungsdauer mit den vorliegenden Traktanden zusammen, wobei sich die Redefreudigkeit der einzelnen Gemeinderäte ebenfalls merklich auf die Dauer der Sitzung auswirkt. Jedem Gemeinderat ist ein Ressort zugeteilt, wofür er dem Gesamtgemeinderat gegenüber verantwortlich ist. Die Ressortverteilung wird nach jeder Neuwahl neu vorgenommen, wobei auf die persönlichen Fähigkeiten und beruflichen Kenntnisse der Gemeinderäte Rücksicht genommen wird. Zurzeit bestehen folgende Ressorts : Gemeindepräsident : Vertretung der Gemeinde nach außen und innen. Aufsicht über die ganze Verwaltung. Präsidialkorrespondenz, Publikationswesen, Neuanlagen von Straßen.

1. Abteilung: Finanzwesen, soziale und kulturelle Aufgaben, Bibliothek, Gantwesen.

2. Abteilung: Landwirtschaft, Viehzucht, Obst- und Weinbau, Schädlingsbekämpfung, Waldwesen, Wässerung, Brunnwesen, Aufsicht über Förster und Flurbannwart.

3. Abteilung: Tiefbau; Brücken, Dolen und Kanalisation, Unterhalt und Korrektion von Straßen und Plätzen, Motorfahrzeugpark.

4. Abteilung: Spielplätze, Anlagen, Kehrichtabfuhr.

5. Abteilung: öffentliche Beleuchtung, Sportplatz, Badanstalt, Eisbahn.

6. Abteilung: Hochbau: Neubauten und Unterhalt.

Wie erwähnt, ist der einzelne Ressortvorsteher nur dem Gemeinderat, das heißt nur seinen Kollegen und nicht etwa dem Weiteren Gemeinderat gegenüber verantwortlich. Der Gemeinderat stellt nämlich eine Kollektivbehörde dar, die ihre Beschlüsse in einer Abstimmung faßt und gegenüber dem Weiteren Gemeinderat die Verantwortung gemeinsam trägt.

In den Sitzungen des Weiteren Gemeinderates, in denen auch die Gemeinderäte anwesend sind und ein Antragsrecht besitzen, vertritt normalerweise jeder Ressortvorsteher die Angelegenheiten seines Ressorts. Er muß sie jedoch im Sinne des Gesamtgemeinderates vertreten, selbst wenn er persönlich anderer Meinung ist. In der Regel wird aber in einem solchen Falle ein anderer Ressortvorsteher einspringen.

Da die Gemeinderäte der Gemeinde viel Zeit zur Verfügung stellen müssen, erhalten sie eine Entschädigung, die jedoch verglichen mit dem Zeitaufwand eher bescheiden bemessen ist.

Von den Aufgaben eines Riehener Gemeinderates Von Ernst Feigenwinter Der amtierende Gemeinderat von Riehen wurde im März 1966 gewählt. Im Oktober des gleichen Jahres übernahm er die Geschäfte. Seit dieser Zeit bin ich als eines seiner Mitglieder um die Kehrichtabfuhr Riehens sowie die öffentlichen Grünanlagen, Spielplätze und die Gemeindegärtnerei besorgt.

Mein Ressort war damals neu zusammengestellt worden, eine übergabe fand nicht statt. Ich konnte daher schnell verspüren, was Theorie und Praxis scheidet. Im Gemeindeparlament, dem ich vorher angehörte, war man ans Kritisieren gewöhnt; das «Regieren» mußte erst gelernt werden. Schon die altgewohnte, durch Gesetz und Tradition geheiligte Praxis, jeden wichtigen Schritt der Exekutive — das heißt jede Ausgabe über 1000 Franken — eine dreifache Hürde passieren zu lassen, erschien mir nun in ganz neuem Licht. Da hat zunächst den Kollegen im Rat vorgetragen und von ihnen akzeptiert zu werden, was einem in stillen Stunden zugeflogen und zum Wohle der Gemeinde unumgänglich vorkommt. Der eigene Einfall geht als Vorschlag des Gesamtkollegiums an das Parlament, genauer an die Rechnungs- und Prüfungskommission. Sie neigt verständlicherweise dazu, gerade neue Posten im Haushaltsplan unter die Lupe zu nehmen; man wird zitiert und darf seine mehr oder minder kostspielige Idee ein zweitesmal vortragen. Ist auch dieses Hindernis überwunden, wird der fragliche Betrag definitiv ins Budget aufgenommen und dem Weiteren Gemeinderat zur Verabschiedung empfohlen. Wer nun glaubt, daß das parlamentarische «Ja» grünes Licht für den tatendurstigen Gemeinderat bedeutet, täuscht sich gewaltig. Jede einzelne Ausgabe über 1000 Franken, mag sie noch so sehr dem im Budget genehmigten Zweck und Umfang entsprechen, ist ein weiteres Mal vor dem Magistrat zu vertreten und von ihm zu billigen. Erst dann kann an die Realisierung eines Vorhabens gegangen werden. Sie führt über den Gemeinde beziehungsweise Bauverwalter. Der Gemeinderat ist nicht befugt, dem einzelnen Mitarbeiter seines Ressorts Anweisungen zu geben.

Das hier geschilderte Prozedere mag umständlich und mühsam erscheinen; es bedeutet wenig gegen den Zeitaufwand, den die Materie selbst erfordert. Ein vorläufiger überblick kostete mich schon Monate — schließlich hörte ja meine berufliche Tätigkeit nicht auf —, weitere Monate brauchte es für sinnvolle Vorschläge in den einzelnen Sparten des Ressorts. Mein Weg begann mit zahlreichen Vorsprachen bei unserem Gemeindeverwalter, Herrn Schmid, und endete bei den Mitarbeitern an ihren Arbeitsplätzen wie bei gemeinsamen Aussprachen. Am Schreibtisch fand, was ich da erfuhr, seinen Niederschlag in eingehenden Statistiken und Berechnungen. Sie boten mir Unterlagen zu einem eigenen Urteil in Personal- und Sachfragen und ließen allmählich meinen Arbeitsplan entstehen.

Das Kehrichtproblem Von meinen Aufgaben beschäftigte mich zuerst das Problem der Kehrichtabfuhr. Hier sind alle Haushaltungen betroffen. Selbst Entscheidungen rein technischer Art — etwa in Sachen «Kübel, Plastik- oder Papiersack» — dürfen mit allgemeiner Beachtung rechnen.

Als Grundlage der hiesigen Regelung entdeckte ich einen Vertrag mit Basel aus dem Jahre 1954. Er befreit Riehen von seinen normalen Hausabfällen, überläßt ihm aber die Beseitigung von Sperrgut, Heizungsrückständen, Abfällen gewerblicher Betriebe und Gartenabraum. An vier Tagen der Woche (Montag/Donnerstag und Dienstag/Freitag) leiht die Stadt zwei Spezialwagen mit Chauffeuren, die unseren Hauskehricht in ihre Verbrennungsanstalt bringen. Wir stellen lediglich die Lademannschaft von je drei Mann und zahlen eine Gebühr, die von der Einwohnerzahl und dem Lohn-Preis-Niveau abhängt. Zweimal im Monat (jeden ersten und dritten Mittwoch) transportiert unsere Mannschaft die großen Abfälle mit privaten Lastwagen zur Maienbühlgrube, wo sie, wenn möglich, verbrannt werden.

Von dem Autodafé am Maienbühl abgesehen, bedeuteten die Abmachungen von 1954 ganz sicher einen Fortschritt gegenüber dem, was vorangegangen war. Freilich nahm man zwei negative Seiten in Kauf: die weitgehende Abhängigkeit von fremden Mitteln und die Zweispurigkeit der Organisation. Daß sie in den letzten Jahren dreispurig geworden, wurde mir im Verlauf meiner Untersuchungen bewußt. Moderne Großbauten verwenden immer häufiger Abwurfschächte, durch welche Abfälle direkt in zentrale 800-Liter-Behälter, sogenannte Container, wandern. Ihre Leerung erfordert besondere städtische Fahrzeuge und muß auch besonders bezahlt werden. Das Aufkommen der Container war nicht die einzige Veränderung seit Abschluß des oben angeführten Vertrages. Die Verhältnisse in Riehen haben sich ganz allgemein beträchtlich gewandelt. Statt der 14 000 Menschen von damals zählen wir heute rund 21 000 auf unserem Boden. Mit ihnen ist der Abfall auf zirka 4000 Tonnen angestiegen. Moderne Verpackungsmethoden haben zudem sein Volumen erheblich vergrößert. Pro Tag und Mann muß so unsere Kehrichtmannschaft 884 Kessel, 300 Säcke und 70 Kartons wegräumen. Für diesen Anfall — von weiterem Wachstum ganz zu schweigen — reichen unsere Einrichtungen nicht mehr aus. Die Basler Fahrzeuge sind in jeder Beziehung alt geworden. Was sie an Abgasen und Lärm, Staub und Gestank produzieren, stellt schon für die Anwohner eine grobe Belästigung dar, für die Lademannschaft sind es fast unerträgliche Arbeitsbedingungen. Organisatorisch unmöglich wirkt sich der geringe Laderaum der Wagen (beziehungsweise ihre schwachen Pressen) aus. Fünf- bis sechsmal täglich muß man sie in der Verbrennungsanstalt leeren. Das bedeutet Unterbrechungen bis zu einer Stunde, je nach Andrang und Verkehrsdichte. Während dieser Zeit warten unsere Männer irgendwo auf die Rückkehr der Fahrzeuge. Es leuchtet ein, daß solche Zustände auf die Dauer unhaltbar sind. Die Frage, wie sie am besten zu ändern seien, war Gegenstand weiterer Berechnungen und praktischer Versuche. Sie überzeugten mich, daß Riehen auf eine eigene Organisation der Kehrichtabfuhr umstellen muß. Zwei moderne Fahrzeuge mit eigenen Fahrern, größerem Laderaum sowie hygienischen und geräuscharmen Spezialeinrichtungen können drei bis vier Wagen des alten Typs ersetzen, dazu Sperrgut aufnehmen und Container leeren. Wir wären mit einem Schlag der Dreispurigkeit des bisherigen Systems ledig, die unproduktiven Wartezeiten fielen weg und unseren Männern würden menschenwürdige Arbeitsbedingungen geschaffen.

Im Spätherbst 1967 schlössen sich die Riehener Behörden meinen überlegungen an und genehmigten einen Kredit zur Anschaffung eines ersten neuen Kehrichtautos. Es kann bestellt werden, wenn die dazu erforderliche Spezialvorlage vom Weiteren Gemeinderat definitiv genehmigt worden ist. Die eigene, bessere Organisation der Kehrichtabfuhr wird freilich nur dann klappen, wenn 1969 ein zweites, gleichwertiges Fahrzeug dazukommt. Um die Wartezeit zu überbrücken, beschloß der Gemeinderat, die Sperrgutabfuhr auf jeden Mittwoch auszudehnen und überdies zur Weihnachtszeit eine Spezialabfuhr für Christbäume einzurichten. Gartenabfälle können jeden Samstagvormittag kostenlos in einer Mulde im Werkhof deponiert werden.

Ab 1970 kann die Riehener Kehrichtabfuhr auf eigenen Füßen stehen, mit zeitgemäßen Arbeitsmethoden und neuesten Fahrzeugen. Auf die wohlschmeckende Rauchfahne am Maienbühl werden wir allerdings verzichten müssen; aber wer wird das bedauern!

öffentliche Grünanlagen und Spielplätze, der Wirkungskreis der Gemeindegärtnerei Das Thema mag auf den ersten Blick weniger wichtig erscheinen als die vorher angeschnittene Frage. Dem Fremden fallen in Riehen zunächst die zahlreichen Villen mit ihren schönen Gärten auf. Sie verführen leicht zu der Schlußfolgerung, daß die meisten Einwohner mit eigenem Auslauf versorgt seien. Leider ist das von Jahr zu Jahr weniger der Fall; immer mehr Wohnblocks entstehen, den öffentlichen Grünanlagen kommt so wachsende Bedeutung zu. Es ist das Verdienst früherer Gemeindeväter, dieses Problem rechtzeitig erkannt zu haben. Wir dürfen heute die stattliche Anzahl von 50 Anlagen und Rabatten, 10 Spielplätzen und 14 Alleen auf Gemeindeboden zählen. Sie werden von einem Obergärtner und sechs Mitarbeitern betreut. Mir ist unvergeßlich, wie ich zum ersten Mal ihre vielseitigen Arbeitsplätze kennenlernte: den Betrieb an der Bahnhofstraße (auf dem Umschwung der ehemaligen Hilfsschule), die Baumschule im Moos und anschließend die oben genannten Plätze. Noch eindrücklicher wurde mir ihre Leistung, als ich mich an eine genaue Bestandsaufnahme machte, auf Karten die einzelnen Objekte einzeichnete und in Tabellen jede Anlage im Detail mit allen erforderlichen Arbeiten und Materialien festhielt. Die intensive Beschäftigung mit diesem Sektor meines Ressorts machte mir aber ebenso nachdrücklich bewußt, welche Aufgaben mich hier erwarteten. Sie mögen an dieser Stelle mit den Worten «Erhalten, Verbessern und Planen» umschrieben sein.

Es liegt nahe, unter Erhaltung zunächst einmal die Pflege der vorhandenen Anlagen zu verstehen und an die Gemeindegärtner zu denken. Ihnen galt denn auch mein erstes Augenmerk. Wie schon angedeutet, waren sie bei meinem Amtsantritt stark überlastet. Inzwischen haben zweckmäßigere Maschinen und Fahrzeuge sowie eine zusätzliche Arbeitskraft vorläufig Abhilfe geschaffen; ganz werden sie das nie können, wenn nicht alle Einwohner aktiv zur Erhaltung unserer schönen Bestände beitragen. Der Satz «Die Anlage wird dem Schutze der Benutzer empfohlen», hat auch in Riehen seine Berechtigung.

Das gilt in noch höherem Maße, wenn wir in «Erhaltung» mehr sehen als die Pflege des Bestandes. Tatsächlich ist eine ganze Gruppe unserer öffentlichen Anlagen von der Vernichtung bedroht. Ich rede von den Alleen. Ihr Feind ist das Auto. Wer kennt nicht die Argumente, daß Laub und Blütenstaub und der häufige Wechsel von Licht und Schatten den Verkehr gefährden, ja der «Honigniederschlag» die Fahrzeuge beschädige. Ist auch noch die Straße schmal, verlangt man lautstark die Aufhebung der Allee. In der Folge wird dann zumindest die Fahrbahn verbreitert und der ruhende Verkehr in Parkbuchten verwiesen. Was das für die Bäume bedeutet, kann man sich leicht ausmalen. Ihr Wurzelwerk wird überteert, ständig befahren und erschüttert, die Rinde wird beschädigt, die Luft mit Abgasen verpestet, im Winter werden sie gar noch mit Salzwasser «genährt». Bisher sind solchen Bedingungen die Vogelbeerbäume an der Hörnliallee und die Akazien am Spitalweg zum Opfer gefallen. Wo werden wir die Axt morgen ansetzen müssen? — Vielleicht nicht der Autofahrer, aber sicher der Fußgänger kann uns nachempfinden, wie blühende Kirschbäume eine Rudolf-Wackernagel-Straße verschönern, wie romantisch die Birken an der Kilchgrundstraße wirken, wie angenehm es sich an heißen Sommertagen im Schatten der Linden am Grenzacherweg wandert. Schließlich wollen wir auch die Anwohner der Alleen nicht vergessen; gerade sie wissen den Baumbestand zu schätzen, der ihnen Lärm und Staub der Straße fernhält. Ihnen sei an dieser Stelle versichert, daß sich die Mehrheit des Gemeinderates für die Erhaltung unserer Alleen einsetzt und gerne den Vorwurf der Rückständigkeit auf sich nimmt, den noch neulich eine Fachzeitschrift für Verkehr gegen ihre Verteidiger erhoben hat.

Während es den Baumreihen an der Straße an Nutznießern nicht fehlt, läßt sich das schwerlich von allen öffentlichen Parkanlagen behaupten. Schon bei der ersten Rundfahrt war mir aufgefallen, daß eine ganze Anzahl kaum besucht wird. Offensichtlich entsprechen sie nicht den Bedürfnissen ihrer Umwohner. Mehr dem Zufall zu verdanken als vorausschauender Planung, finden sich wohlgepflegte, prachtvolle Anlagen in ausgesprochenen Villenquartieren, während dichtbevölkerte Teile des Dorfes unzulänglich oder gar nicht bedacht sind. Leider ist diese fehlerhafte Verteilung nur schwer zu korrigieren. Die wenig benutzten Anlagen aufzuheben, wäre verantwortungslos. Schon seit einigen Jahren wachsen auch in Riehen Renditenhäuser auf Villengrundstücken. Wo anders sollen ihre Bewohner Auslauf finden, denn in den heute überflüssig erscheinenden Parks. Freilich können sie diesen Zweck nur erfüllen, wenn man sich von der Konzeption der einseitig für ein älteres Publikum berechneten Anlage löst. Auch junge Mütter mit Kindern wollen an schönen Nachmittagen im Freien sitzen, möglichst auf leicht verstellbaren Stühlen, bei ihren Kleinen, die nach vielseitiger Betätigung suchen. Zum Planschbecken gehören da Schaukel, Rutschbahn, Kletterturm und natürlich der Sandkasten. Wo Leben ist, werden sich plötzlich auch alte Leute einstellen, um am Glück der Jüngeren teilzuhaben. Riehen besitzt am Grenzacherweg und auf dem Areal des alten Gottesackers an der Mohrhaldenstraße Anlagen, die in dieser Beziehung fast vorbildlich sind. Nach ihrem Muster sollte man versuchen, unsere Plätze attraktiver zu gestalten. Wenn in diesem Jahre neue Spielgeräte hinter dem Landgasthof aufgetaucht sind, wollen wir das als Weg der Besserung ansehen, der hoffentlich auch an anderen Stellen beschritten wird.

Ein Wort sei mir zu den Toiletten gestattet. An Menschen hatte man auch bisher schon gedacht. Daß für Hunde ähnliches zu schaffen sei, ist mir beim Anblick empörter Mütter aufgegangen, die verschmierte Kinder säubern mußten. Heute finden sich Hundetoiletten in der Essigund Wasserstelzenanlage und an den bekannten Spazierwegen RudolfWackernagel-Straße und Meierweg/Paradiesstraße. «Da isch mi Platz», heißt es auf Tafeln an den Pfählen, zu denen nun hoffentlich die Hundebesitzer ihre Tiere führen werden. Bewährt sich der Versuch, sollen entsprechende Einrichtungen in anderen Quartieren folgen.

Bestehende Anlagen zu verbessern, ist bei gutem Willen möglich. Erheblich schwieriger ist es dagegen, Versäumnisse in dicht überbauten Gebieten nachzuholen. Wo soll man zwischen Wohnblocks Platz finden für die vergessene Grünanlage, das weggelassene Spielgelände? — Haben die Bauherren einmal bedacht, daß in ihren Wohnungen auch junge Familien hausen könnten? — Ist der betonierte Hof oder gar die Straße der geeignete Ort für Kinder? Nicht immer haben Mütter Zeit, mit den Kleinen zum entfernten Spielplatz zu pilgern. Und werden die Kinder älter, ist ihnen selbst dort nicht mehr geholfen. Keiner der Plätze im Dorf ist für größere Kinder geeignet, erlaubt etwa das «Schütten». Seit kurzem sieht es in dieser Beziehung nicht mehr gar so hoffnungslos aus. In zwei der fraglichen Quartieren scheinen sich in absehbarer Zeit Projekte verwirklichen zu lassen, die den Wünschen aller Altersgruppen entgegenkommen. «Hinter der Mühle» soll zu der vorhandenen Anlage ein Planschbecken und ein separater Platz für die Größeren treten. Nach dem Teich zu ist eine kurze Promenade für die Erwachsenen gedacht. Im Bereich der Landauergrube kann sogar — wenn alle Behörden zustimmen — ein völlig neues Paradies für alt und jung geschaffen werden. Eine kleine künstliche Anhöhe würde den Eltern überblick auf Spielplätze und Geräte aller Art gewähren. Für die älteren Leute könnte man einen Teil der Anlage entsprechend herrichten. Selbstverständlich behielte die AbbéPierre-Gruppe ihren Platz. Auch in einem dritten, dichtbesiedelten Viertel bestehen nun Aussichten auf Besserung. Im Zusammenhang mit der Umfahrungsstraße ist Gelegenheit, den Kindern und Eltern im Habermattenquartier eine erweiterte Anlage zu bieten. Allerdings kann sie erst in Angriff genommen werden, wenn das Straßenprojekt endgültig genehmigt worden ist.

In den ersten Jahren meiner Amtsführung sahen die Dinge weniger rosig aus. Zum Glück brachte mich eine Bemerkung unseres Alt-Oberförsters auf den Ausweg, Spielplätze im Wald anzulegen. Sie sollten vor allem größeren Kindern Gelegenheit geben, ihre Kräfte auf möglichst natürliche Art und Weise zu üben. Nach einem Rundgang mit dem Gemeindeförster erwiesen sich die aufgegebenen Lehm- und Steingruben als am besten geeignet. Wir wählten am Anfang das «Rüttigrüebli» am Außerbergweg. Sein innerer Teil wurde dem «Schütten» vorbehalten; seit einigen Monaten steht dort auch ein Blockhaus. Am Weg entstand eine Grünfläche, auf der ein umgelegter Baum zum Klettern einlädt. Um sie herum verlocken eingerammte Stämme aus Windfallholz, die das Abbruchmaterial aufhalten, zu ähnlichem Tun. Und dann sind da die schrägen Wände der Grube, in denen sich kleine Höhlen anlegen und frühe Menschheitserfahrungen nachvollziehen lassen; rutscht man sie herab, stößt man auf Feuerstellen. — Am Mittelberg, bei der Blockhütte der Bürgergemeinde, konnten wir den zweiten Waldspielplatz anlegen. Die Grube hinter der Hütte lieferte große Felsblöcke, die Akazien vom Chrischonaweg, aufgeschnitten in große und kleine Rugel, wurden zu Baumaterial für ein Holzparkett und zu Sitzen und Tritten verschiedener Höhe, ein eiserner Grill vervollständigte die Ausstattung. — Zukunftsmusik sind ein «Wut- und Mutspielplatz» im Bereich des Steingrubenweges und eine «Schwitzoder Finnenbahn» im Haid oder Außerberg. — Von all diesen Plätzen ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zur Entdeckung des Waldes selbst, dem schönsten, noch am ersten mit dem Namen Robinson zu verbindenden Spielplatz, den Riehen seiner Jugend anbieten kann. Viele Kinder werden ihn schon vorher bei Familienspaziergängen kennenlernen. Für solche Gelegenheiten sind Feuerstellen erwünschte Zugaben. Kleine Mahlzeiten im Freien einzunehmen, bedeutet immer ein besonderes Fest. Angeregt und ausgeführt durch den derzeitigen Förster, Herrn Gut, entstanden an geeigneten Plätzen des Gemeindewaldes mehrere «Bratstellen»; um sie herum wurden aus Baumstämmen einfache Bänke hergerichtet. Wie wir feststellen konnten, sind diese Rastplätze eifrig benutzt worden — leider nicht nur zu dem vorgesehenen Zweck; einige Vandalen haben sie mit «Wutspielplätzen» und Abfallgruben verwechselt. Da wurden fest vermauerte Steine auseinandergerissen und zerschlagen, die Bänke zerlegt und verbrannt,, die Uberreste des Picknicks liegengelassen oder in die nächsten Büsche geworfen. Nach einem halben Jahr waren die meisten Plätze zerstört. Der Gemeinderat ließ sich nur mit Mühe für eine Instandstellung gewinnen. Was schon für die öffentlichen Anlagen in bebauten Gebieten gesagt wurde, gilt hier noch mehr. Ohne aktive Mitverantwortung des Bürgers sind solche Objekte nicht zu halten.

In dieser Beziehung bessere Erfahrungen haben wir bisher mit den grünen Ruhebänken gemacht, die heute an zahlreichen Stellen zur Verfügung stehen. Freilich hätte ich mir nie träumen lassen, wie schwierig es sein würde, solche Sitzgelegenheiten außerhalb der Parkanlagen unterzubringen. An Straßen reklamieren die Anwohner, die um ihre Ruhe fürchten, außerhalb der bebauten Zone die Grundbesitzer, die ihre Liegenschaften schon zertrampelt sehen. Auch die Benutzer selbst kommen mit ganz entgegengesetzten Forderungen. Der eine sucht Schatten, der andere Sonne, der nächste Aussicht, der übernächste den verträumten Winkel. Liebespaaren ist es zu wenig romantisch und ruhig, alte Leute möchten am liebsten mitten im Verkehrsgewühl sitzen. So sagte mir noch unlängst die hochbetagte Insassin eines Altersheimes: «Glaube denn si, i well immer numme mini vier Wänd aluege und Immeli sure, i will, solang i no läb, öbis gseh und erläbe; jpache si uns e glatti Bang bim Brunne vorem Polizeiposchte.» — In den letzten zwei Jahren habe ich mehr als vierzig Bänke aufstellen lassen. Zu jeder einzelnen gäbe es eine Anekdote zu erzählen.

Für Wanderer und Spaziergänger sind auch die durchgehenden Spazierwege bestimmt, die wir in der Zukunft zu realisieren hoffen. Im Anschluß an das städtische Fußwegnetz in den Langen Erlen soll man unser Dorfzentrum und von dort aus den Wald im Mittelberg und Außerberg erreichen können. Ausgangspunkt wären die Parkanlagen im Bereich des alten Dorfkerns; eine Unterführung müßte unter dem Bahntrasse zum Immenbach hinüberleiten. Der nächste Festpunkt wäre die Mohrhaldenanlage. Im Bereich der neu anzulegenden Straße ins Moos würden dann Alleen und Anlagen bis zum neuen Schulzentrum führen. Ich bin der Ansicht, daß dieses große Areal nach Schulschluß der öffentlichkeit zugänglich sein muß. Damit wäre der Anschluß an das Wegnetz im oberen Moos erreicht. Beim Bau der Umgehungsstraße könnte man einen zweiten, durchgehenden Weg für Fußgänger anlegen, senkrecht zum vorherigen und angelehnt an den Teich. Es wäre die Verbindung zwischen den Anlagen «Hinter der Mühle» und «In den Habermatten» und würde zudem zwei weitere Projekte tangieren: Ein Zentrum unserer Mädchenverbände im Bereich des alten Waschhauses am Teich — vorläufig ein reines Phantasiegebilde und die neuen Sportanlagen auf der Grendelmatte — bereits Gegenstand eingehender überlegungen von Seiten der Gemeindebehörden. Hier hat man durch vorsorgliche Landkäufe ein Areal geschaffen, auf dem Schwimmbad und Kunsteisbahn, kleine und große Plätze für alle Sportarten entstehen sollen. Was nach meiner Auffassung nicht fehlen darf, sind offene Spielplätze, zu denen die Jugendlichen jederzeit Zutritt haben.

Einzelprojekte dieser Art haben ohne Zweifel ihre Bedeutung, meine Hauptaufgabe sehe ich indessen in der vorausschauenden Planung von Neubaugebieten. Es genügt nicht, bestimmte Gebiete zu Grünzonen zu erklären. Anlagen, Alleen und Spielplätze gehören von allem Anfang an in die überbauung miteinbezogen. Kein Plan darf freigegeben werden, in dem diese Seite nicht mehr als bisher berücksichtigt wird. Den Grundbesitzern und Bauherren mag das Opfer leichter fallen, wenn sie bedenken, daß vielleicht auch ihre Nachkommen hier einmal wohnen müssen. Ganz sicher werden aber die Bewohner dieser Quartiere der Gemeinde dankbar sein, wenn sie ihren Willen durchgesetzt hat.

Der Verfasser dieses Berichtes schließlich ist schon heute allen dankbar, die seine Bestrebungen unterstützt haben, den Mitarbeitern und Kollegen, nicht zuletzt dem Steuerzahler, ohne dessen Beitrag ein Planen, geschweige denn das Bauen, unmöglich wäre.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1968

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