Eine Perle für Riehen


Ralph Schindel


 

Im Juni konnte die Gemeinde das lang ersehnte Naturbad eröffnen. Damit hat Riehen eine neue Attraktion, das dem Leitbild des grossen, grünen Dorfs entspricht. Bis es soweit war, brauchten alle Beteiligten viel Geduld und Ausdauer.


 

Die Gemeinde zog die Eröffnung vor. Das Naturbad war der Öffentlichkeit bereits an Pfingsten zum ersten Mal zugänglich, erst am folgenden Wochenende wurde das Bad dann offiziell eingeweiht. Das Pfingstwochenende gab den Verantwortlichen Recht: Temperaturen über 30 Grad Celsius führten zum ersten Härtetest – oder «Elch-Test», wie es Gemeindepräsident Hansjörg Wilde eine Woche später nennen sollte – für das Naturbad. An der Kasse wurden 4500 Gäste über die drei Tage gezählt. Der Betrieb lief reibungslos und die Wasserproben nach dem Wochenende zeigten, dass auch das Konzept der natürlichen Wasseraufbereitung funktioniert.


 

Natürliche Reinigung


Das Wasser der «Perle für Riehen» (Wilde an der offiziellen Einweihung) wird auf natürlichem Weg ohne Zusatz von Chemikalien gereinigt. Dafür braucht es sogenannte Regenerationszonen rund um das Schwimmbecken sowie Trocken- und Nassfilter. Die Wasseraufbereitung wurde von der Firma Wasserwerkstatt im deutschen Bamberg konzipiert. Das Büro hat sich auf Badegewässer und Freiraumplanung spezialisiert und schon einige Naturbäder mitprojektiert. 


 

Und so funktioniert die Wasseraufbereitung: Das sogenannte ‹abgebadete› Wasser gelangt in die Regenerationszonen, die mit Wasserpflanzen bestückt sind. Beim Versickern filtern Mikroorganismen Keime heraus. Die Pflanzen nehmen die Nährstoffe auf, die sie für ihr Wachstum brauchen. Schwebstoffe wie Haare, Fette oder Pollen saugen wie in konventionellen Bädern Skimmer ab, Pumpen mit eingebautem Filter. Damit ist das Wasser geklärt und vom Gröbsten gereinigt. Nun gelangt es in den Trockenfilter, der zusammen mit dem Nassfilter auf der gegenüberliegenden Seite der Weilstrasse liegt. Dort wird das Wasser weiter gereinigt, sodass es hygienisch und klar zurück in das Becken gepumpt werden kann. Diese Art der Wasseraufbereitung können die Badegäste unterstützen, indem sie sich vor dem Gang ins Becken gründlich duschen. Das aufbereitete Wasser ist weich, trocknet die Schleimhäute nicht aus und brennt nicht in den Augen. Nicht nur Personen mit Hautproblemen profitieren von diesem Wasser und seiner Reinigung.


 

Weite und Grösse


Bestens ergänzt wird die natürliche Wasseraufbereitung durch die Architektur von Herzog & de Meuron. Das Bad bildet ein Halbrund aus Lärchenholz, das Geborgenheit vermittelt. Wer das Bad betritt, hat zunächst das Gefühl einer gewissen Kleinheit. Geht man dann aber bis zur gegenüberliegenden Seite des Bades, erfährt man dessen Weite und Grösse. Immerhin umfasst das Badgelände über 6000 Quadratmeter. Das Schwimmbecken hat eine runde Form, Holzstege führen zum Wasser, von Holztürmen kann ins Wasser gerutscht und gesprungen werden und der Boden des Nichtschwimmerbeckens ist mit kleinen Rundkieseln bedeckt. Dies alles vermittelt ein sehr naturverbundenes Badevergnügen. Und wenn die verschiedenen Bäume, Sträucher und Gräser weiter gewachsen sein werden, wird das Bad noch natürlicher wirken.


Zu dieser Wirkung trägt auch die Lage des Naturbads bei. Es schmiegt sich an die Hangkante des Schlipfs und die Holzwand lässt die direkt am Bad vorbeiführende Weilstrasse vergessen. Es öffnet sich zur Wiese-Ebene und man sieht bis zur Fondation Beyeler. 


 

Deutliches Ja


Bis zur Eröffnung mussten alle Beteiligten einen langen Schnauf beweisen. Bereits 1979 hatte das damals noch junge Architekturbüro Herzog & de Meuron einen Wettbewerb für ein konventionelles Bad gewonnen, das aber nie realisiert wurde. Doch das neue Riehener Bad blieb ein Thema bei den Architekten und bei der Gemeinde. «Wir fühlen uns wie frisch gebackene Eltern, die nach 35 Jahren endlich das lang ersehnte Kind in den Armen halten können», sagte Pierre de Meuron an der offiziellen Einweihung. 


 

Ins Bewusstsein der Bevölkerung rückte das nun realisierte Bad wieder mit dem Baubeginn der Zollfreistrasse und dem damit verbundenen Abriss des alten ‹Beedli› im Herbst 2007. Die Pläne für ein Naturbad lösten aber nicht überall Freude aus. Ein Komitee reichte das Referendum gegen die notwendige Zonenplanänderung ein. Es argumentierte damit, dass das Wasser nicht ausreichend gereinigt werden könne und eine «Glungge» entstehe. Hinter dem Referendum wurden aber mehrheitlich Partikularinteressen vermutet. Im April 2010 nahm die Riehener Stimmbevölkerung mit 68 Prozent die Zonenplanänderung an – die Stimmbeteiligung lag bei hohen 54,2 Prozent – und machte damit den Weg frei für das heutige Bijou der Gemeinde.


 

 

Das Naturbad Riehen in Zahlen

Gesamtwasserfläche 2075 m2 (mit einem Gesamtwasservolumen von 2095 m3)


Nutzbare Wasserfläche 1035 m2 (mit einem Wasservolumen von 1480 m3)


Nichtschwimmerbecken 615 m2, Wassertiefe bis 1,30 m


25-Meter-Schwimmerbecken 275 m2, Wassertiefe 1,80 bis 2,20 m


Sprungbecken 85 m2, Wassertiefe bis 3,70 m


Kleinkinderplanschbecken 60 m2, Wassertiefe bis 0,25 m


Regenerationsflächen 1040 m2 (mit einem Wasservolumen von 615 m3)


Pflanzenfilter und Regeneration 496 m2


Externer Trockenfilter 390 m2


Externer Nassfilter 154 m2


Besucherfrequenz ausgelegt auf zirka 33 000 Gäste pro Saison


Spitzenbelastung 2000 Tagesgäste


 

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2014

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