Eine sichere Burg

Dominik Heitz

Der Bau des Sekundarschulhauses an der Burgstrasse war nötig geworden, weil die 1881 gesetzlich eingeführte basel-städtische Schulpflicht die Zahl der Schüler sprunghaft ansteigen liess.

 

Wegen des stetigen Bevölkerungswachstums genügte das Gebäude den Bedürfnissen allerdings bald nicht mehr. 1930 wurde der Schule ein Anbau im gleichen architektonischen Stil hinzugefügt – mit drei Klassenzimmern für Primarschüler, einem Naturkunderaum, zwei Räumen für Mädchenhandarbeit, einem Bibliothekszimmer sowie einem Raum mit Hobelbank und Kartonagemöglichkeit für die Knabenhandarbeit im Untergeschoss. Die Turnhalle stand da schon längst; sie war 1916 errichtet worden.

 

Bald schon herrschte wieder Bedrängnis, sodass Sing- und Zeichensaal als Klassenzimmer herhalten mussten. Ein Vater schrieb 1935 an die Schulkommission: «Soviel wir wissen, gibt es im kommenden Schuljahr wieder verschiedene Klassen mit sage und schreibe 50 Kindern! [...] Diese Sparerei geschieht auf Kosten der Kinder und der Lehrer [...].»

 

Mit der Geschichte des Schulhauses an der Burgstrasse geht auch die Geschichte der kantonalen Schulpolitik einher: 1918 wurde unter Preisgabe der Geschlechtertrennung die Parallelführung nach Fähigkeiten in Klassen mit und ohne Französisch begonnen.

 

1929 erfuhr die Schule eine Teilung in Sekundar- und Realschule, um die parallel zum Gymnasium anspruchsvollen Zweige der Volksschule zu benennen. Nicht allen passte diese Änderung. Ein Vater schrieb zuhanden der Schulkommission: «Glauben die Behörden, es sei von Gutem, die Klassen in A und B respective Real- und Sekundarschulklassen zu teilen und schon hier die Trennung in Kasten vorzunehmen? Man nimmt so einer Gruppe mittelmässiger Schüler die ‹Führer› weg, die die andern anreissen.»

 

Dann kam der Zweite Weltkrieg – und mit ihm im Jahr 1940 die vom Bund den Schulen auferlegte Fünf-Tage-Woche, um Brennmaterial einzusparen. Die Schulen waren fortan am Samstag geschlossen zu halten. «Für die Lehrerschaft wird es eine Ehre sein, der aus-serordentlichen Situation durch pünktliches Einhalten der Dauer der Lektion Rechnung zu tragen», hiess es.

 

Nach dem Krieg kehrte langsam wieder Normalität ein. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu teils markanten Veränderungen: 1957 wurden die Schulen von Riehen und Bettingen unter ein eigenes Rektorat gestellt. Und als 1960 die Landschulen 2000 Schülerinnen und Schüler zählten, umfassten sie die ganze obligatorische Schulzeit mit Primarschule, Übergangsklasse, Sekundarschule, Realschule, 5. Realklasse und Berufswahlklasse.

 

Das sollte sich wieder ändern. Mit der 1994 eingeführten Schulreform verschwanden Sekundar- und Realschultyp und machten der Orientierungs- respektive der Weiterbildungsschule Platz. Im Burgschulhaus hielt damals die Orientierungsschule Einzug, gleichzeitig wurde ein zweiter Schulhausanbau erstellt. Wenige Jahre später, im Jahr 1997, wurde die Fünf-Tage-Woche eingeführt – abermals. Diesmal allerdings nicht, um Energie zu sparen, sondern um den in der Regel samstags nicht arbeitenden Eltern ein längeres, gemeinsames Wochenende mit ihren Kindern zu ermöglichen. Die Schulstunden vom Samstag wurden nun auf die anderen Unterrichtstage verteilt.

 

Mit einer weiteren, im Jahr 2010 beschlossenen Schulreform werden nun Orientierungs- und Weiterbildungsschule wieder verschwinden – zugunsten einer sechs Jahre dauernden Primarschule sowie einer in drei Leistungszügen geführten Sekundarschule. Riehen wird dadurch zur sekundarschulfreien Zone – aber nicht burgschulfrei. Das 1911 als Sekundarschule eröffnete Burgschulhaus wird weiter existieren: als Primarschule.

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2011

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