Ernte und Weinlese in Riehen zur Zeit der Landvögte

Christian Adolf Müller

Noch bis ins vergangene Jahrhundert hinein lebte das Dorf Riehen, wie jeder Ort, in dem die Bauern den überwiegenden Teil der Bevölkerung darstellten, ganz und gar auf Ernte und Herbst hin. Alles wartete auf die Zeit, da die vollen Erntewagen vom Felde und die Weinfuhren aus den Rebbergen kamen. Mindestens ebenso sehr wie die Landleute war auch der Herr Obervogt und mit ihm die Obrigkeit am guten Ausfall der bäuerlichen Jahresarbeit interessiert. Denn in der «guten alten Zeit» richteten sich die Abgaben nach dem Ertrag der Felder und Rebberge. War das Jahr erfreulich gewesen, so füllten sich im Spätsommer und Herbst Scheunen und Keller aller Beteiligten; fiel das Jahr mager aus, so mussten sich auch die Stadthäupter mit weniger begnügen.

Immer wenn diese wichtigste Zeit des Jahres herannahte, kam dem Riehener Zehntenhaus (dem heutigen Landvogteihaus) erhöhte Bedeutung zu. Dieses war vom Kloster Wettingen westlich vom Kirchenbering erbaut worden, vermutlich bald nachdem die Zisterzienserabtei an der Limmat im 13. Jahrhundert von verschiedenen Gönnern reiche Einkünfte im Wiesental, die Pfarreirechte und den Meierhof zu Riehen erhalten hatte. 1540 verkaufte das Kloster seine Güter an die Stadt Basel, so dass fortan anstelle des Wettinger Abtes und seiner Mönche der städtische Obervogt und seine Beamten die Herbstarbeiten überwachten. Wochenlang bildete deshalb die Zehntenscheune, zu der ein bedeutender Teil der Erntewagen hinfuhr und die schönsten Garben brachte, den Mittelpunkt des Dorfes. Im September und Oktober kam jenes Gebiet an die Reihe, das die Riehener mit Reben bepflanzt hatten und das nun seinen Traubenreichtum zu einem Zehntel und mehr in die Zehntentrotte abgab. Die Arbeiten in Zehntenscheuer und Zehntentrotte dehnten sich bis in den Vorwinter aus, so dass dieser Gebäudekomplex nahe der Kirche wirklich für die Hälfte des Jahres seinen Zweck reichlich erfüllte und in dieser Zeit die Anwesenheit des Herrn Obervogts erlebte, der vielfach gar mit seinen Familienangehörigen im Hause Wohnung bezog und die Freuden der Ernte und Weinlesezeit teilte.

Das Riehener Zehntenhaus, heute Landvogtei genannt.

Skizze von C. A. Müller Die wichtigen Wochen hindurch war das Dorf festlich belebt. Jede Gelegenheit wurde dazu benützt, in fröhlicher Gesellschaft zu schmausen und zu bechern. Der Obervogt liess die Bevölkerung darin gewähren; ja es scheint, die Obrigkeit habe ihre Untertanen für harte Pflichten und enge Eingrenzungen dadurch entschädigt, dass sie zu den Freuden eines Imbissmahles einlud, sobald sich Gelegenheit dazu bot.

Im Frühsommer wurden durch Obervogt und Dorfbeamte die Matten, die aus dem Wettinger Besitz an die Stadt Basel übergegangen waren, besichtigt und sodann der Heuzehnten an den meistbietenden Bauern verpachtet oder verliehen. Vom Ertrag gehörte nach altem Brauch ein Heuwagen dem Obervogt, doch wurde diese Abgabe schon vom Rechnungsjahr 1622/1623 an durch Geld abgelöst.

Im Sommer 1645 musste der Obervogt Gugger «auf befelch meiner Gnädigen Herren die Iselinschen Matten zu Riechen höwen vnndt ämbden lassen». Dafür wurden aus der Vogteikasse 93 lb 10 ß an die Tagelöhner ausgegeben, was darauf schliessen lässt, dass diese Wiesen ausgedehnte Landstücke umfassten. Auch der Fruchtzehnten wurde, nach einem Augenschein der Kornfelder durch Obervogt und Beamte, an den Meistbietenden versteigert. Die Bauern versammelten sich zur Steigerung vor dem Zehntenhaus oder, wenn das Wetter nicht gut war, in einem Raum des Gebäudes und brachten hier ihre Angebote vor. Dass es dem Obervogt und den Dreierherren nicht immer leicht war, für den Fruchtzehnten einen «Beständer» zu finden, zeigt uns die Jahrrechnung von 1632. Damals wollten die Bauern in allem nicht mehr darauf bieten als 209 « Stuck» oder Vierzel. Zweimal, am 8. und am 12. Juli, wurde vergeblich ausgeboten; deshalb musste der Fruchtzehnten von Obervogt Wettstein selber eingesammelt werden. Trotz der hohen Unkosten, die von der Vogteikasse getragen wurden, fiel das Geschäft für die Obrigkeit dennoch nutzbringend aus, denn es gingen 248 1/2 Stuck ein.

Im späten Herbst oder zu Anfang Winter wurde der eingebrachte Fruchtzehnten in der Zehntenscheune gedroschen. Das Schlagen der Dreschflegel muss längere Zeit aus der Zehntenscheune getönt haben. Durch diese Arbeit wurde der Boden der Scheune denn auch durchlässig, weswegen für «Tennriss« ein Verlust von einem Vierzel angenommen wurde. Während dem Dreschen wurden 5 Vierzel für die Verköstigung der Arbeitenden verbraucht. Ein besonderes Fest bedeutete in dieser Zeit die «Pflegellösy», die den Obervogt eine zusätzliche Ausgabe kostete. Denn wieviel die Drescher verspeisen konnten, zeigt der erhalten gebliebene Ausdruck «der oder jener esse wie ein Drescher...». Schliesslich ging noch ein Sümmlein «für Bäsen, Wannen, Rächen, Sieb, Liechter vndt Oel in Trotten, in Wehrendem Tröschet» drauf.

Als Beispiel für den Ertrag des Fruchtzehnten sei die Abrechnung von 1659/60 herangezogen. 1659 hatte Samuel Heussler als «Zehendenbeständer» die Arbeit des Einsammelns und Ladens übernommen, und zwar um die Menge von 200 Vierzeln. Was er mehr an Zehntengarben auf dem Felde vorfand, war sein Gewinn und die Bezahlung für die Leistung, die er durchführte. Vorerst lieferte er «auff meiner Gn.H.Kasten» 92 Vierzel Küpflein Korn ab; dann gab er dem Pfarrherrn zu Riehen dessen «competenz» von 15 Vierzeln, ferner dem Schulmeister seine 8 Vierzel, dann der Riehener Hebamme 1 Vierzel, den sechs Trottknechten je 11/2 Vierzel und dem Weibel zu Riehen 1 Vierzel. Während der Weinlese lieferte er 5 Vierzel in die Zehntentrotte zum dortigen Verbrauch und 1 Vierzel in die Zehntenscheune, um diese «zue acomodieren».

Im Jahre 1669 war der Fruchtzehnten von Hans und Heini Göttin, Vater und Sohn, Hans Cuvier (?) und Jakob und Adam Schulthess als Beständern übernommen worden, die 190 Vierzel abzuliefern versprachen, zwei Drittel in Korn und ein Drittel in Hafer. Diese Menge wurde bei der Ernte denn auch in die Zehntenscheune eingebracht. In einem bessern Jahr, wie es z. B. 1682 war, konnte der Zehnten aber bis auf die Menge von 261 Vierzeln gesteigert werden.

Im Jahre 1695, da der Fruchtzehnten 205 Vierzel eintrug, wurden neben den bisher üblichen Mengen Korn an den Pfarrherrn, den Schulmeister, die Hebamme, die Trottenknechte und den Riehener Weibel auch die Bannwarte von Lörrach und bereits seit 1682 auch der Weihermeister von Riehen mit solchen Naturalgaben bedacht.

Wenn Unwetter die Gegend schädigten, so machte sich das in der Erntezeit besonders krass bemerkbar. Am schlimmsten war es für die «Beständer», wenn Hagelwetter zwischen dem Tag der Ertragschätzung und der Ernte niedergingen. Sogeschah es im Sommer 1642, in welchem just innert dieser Frist zwei schwere Unwetter die Felder von Riehen verwüsteten, sodass die geschätzte Ertragsmenge bei weitem nicht mehr erreicht werden konnte. Der Schaden war am geringsten beim Dinkel, am grössten beim Hafer. Obgleich ganze 30 Vierzel Hafer nachgelassen wurden, konnte der verlangte Rest von den Zehntbeständern nicht abgeliefert werden; statt der 30 weiteren Säcke Hafer wurden 23 Säcke Roggen abgegeben.

Ein besonders schlimmes Hagelwetter war jenes vom 3. Juli 1712. Hans Link der Jüngere und Martin Rorrer, die bei der Verleihung des Fruchtzehnten am 30. Juni zuvor Beständer geworden waren, beklagten sich bei den Gnädigen Herren, «dass die Früchten des gantzen Bahns dieser Vogtey durch das des darauff gefolgten 3. Jully darüber ergangenen starcke Hagelwetter sehr beschädigt worden». Sie baten deshalb um einen Nachlass an der auf 240 Vierzeln festgelegten Menge (2/3 in Korn, 1/3 in Hafer). Auf «Gnädigen Befehl hochbedachter Meiner Gnädigen Herren» wurde zur Untersuchung des Falles eine Kommission ernannt, die in Riehen einen Augenschein nahm. Anschliessend an die Besichtigung der verhagelten Felder wurde durch die «diesfahls deputierten Herren» beim Dreikönigwirt Mathes Friz in Riehen ein Abendessen eingenommen. Die Kommission gewann «nach getaner relation des Befindens» volles Verständnis für die schlimme Lage. Auf ihren Bericht hin erliess die Regierung den Riehener Zehntbeständern fast die Hälfte der festgesetzten Menge, sodass statt 240 Vierzel nur noch 125 Vierzel zu liefern übrigblieben. Trotzdem erhielten auch dieses Jahr Pfarrherr Euler und die Riehener Beamten ihren gewohnten Naturallohn an Korn, auch die Gemeinde Stetten ihre 3 Vierzel, sodass für die Gnädigen Herren und ihr städtisches Kornhaus nur noch etwas mehr als 45 Vierzel Korn und 41 2/3 Vierzel Hafer übrigblieben.

* Weit mehr als die Einbringung des Fruchtzehnten brachte die Weinlese Leben in das Dorf und ins Zehntenhaus. Den Reben wurde von alters her in Riehen eine besondere Sorgfalt zuteil; der Anteil der Rebberge am ganzen Bann war bedeutend umfangreicher als heute, wo der «Schlipf» allein als zusammenhängender Rest übriggeblieben ist.

Wenn der Sommer vorüber war und die Trauben zu reifen begannen, wurden die Rebberge durch den Obervogt und die Riehener Beamten, auch durch die «Zehndter», d.h. durch die abgabepflichtigen Rebbauern, besichtigt und der Ertrag abgeschätzt. Das geschah z. B. im Jahre 1669 am 20. September. Aber nicht nur im Riehener Bann wurde in diesen Tagen ein Augenschein genommen, sondern anschliessend auch im sogenannten «Wettinger Bännli» auf Boden der Gemeinde Weil, das, wie der Name besagt, aus dem Besitz des Klosters Wettingen in die Hände der Stadt Basel übergangen war.

Wenn der Herbst gut zu werden versprach, kehrten die Vertreter der Obrigkeit und die Rebleute vergnügt ins Dorf zurück. So geschah es etwa im September 1678; denn «als sie nach gewohnheit vorm Herbst dz so gute Bänlin besichtiget», taten sich die daran beteiligten Leute beim Ochsenwirt Jakob Fuchs bei einem Trunk gütlich, den wie jedes Jahr die Vogteikasse vergütete, als «das Gewohnliche». Ebenso bezahlte der Obervogt dem Ochsenwirt auch den Wein, den die «Zehndter» zu Anfang der Herbstarbeiten 1678 bei ihm genehmigten, «weil aus der Statt noch keiner vorhandten war» ; der Stadtkeller lieferte nämlich auf die Zeit des Herbstens hin ein Fass Wein nach Riehen, damit die Zehntenknechte und übrigen Arbeiter nicht schon im voraus verdursteten.

Alljährlich kehren in den Rechnungsbüchern des Obervogts bedeutende Auslagen für die Bereitstellung der Trottenräume und der Einrichtung der Kelter wieder. Die eigentliche «Trotte», mit der man die hereingebrachten Traubenmengen auspresste und die dem ganzen Hause den Namen gab, war ein mächtiges Stück Zimmermannsarbeit, das in Höhe und Breite einen grossen Raum benötigte, wie er im Erdgeschoss des Riehener Landvogteihauses bis zu dessen Umbau um 1950 erhalten geblieben ist.

Als Hans Rudolf Huber Obervogt in Riehen war (1589-1592), wurde der «Trottbaum», der Hauptteil der Trotteinrichtung, reparaturbedürftig. Es brauchte zum Ersatz einen gewaltigen Baum, der erst gefällt und zubereitet war, nachdem Huber längst als Bürgermeister von Basel amtete. Noch ehe das Stück an den Lieferanten Nikiaus Löffel bezahlt war, starb Huber im Jahre 1601. Der damalige Nachfolger zu Riehen, Beat Hagenbach, trug die Ausgabe etwas verspätet in seine Jahresrechnung ein. Unter ihm fand die Auswechslung in der Trotte statt; der Trottbaum wurde verlegt und mit 66 lb Eisen beschlagen. Auch die übrigen Bestandteile der Einrichtung, die «ganz presthafft» waren, erlebten eine Erneuerung.

Im folgenden Jahre 1604 mussten Bäume für die «Zwing Seulen» durch die «Bauersami» im Walde ausgesucht, mit Hilfe des Zimmermanns gefällt und aus dem Walde nach dem Zehntenhaus herabgeführt werden. Diese Zwingsäulen, mit denen der Trottbaum gepresst wurde, wurden vom Zimmermann zugerichtet und mit dem Schraubengewinde versehen. Ferner bekam der gleiche Handwerker Arbeit an «zwen Runden vnderbouen, die Trott schalen, vonn einander zuthun, Selbige wyder zu fiegen vnnd vff zuo setzen» ; weiter musste er Schwellen in der Trotte legen, «das bortt mit Runden eichen Höltzern einfassen, do man die borten gesteh». Meister Felix der Tischmacher lieferte zwei «gätter» für den Keller, ein «Rundt brätt zum Stosselstein» und ein «brätt zum kellerloch».

Schon unter Johann Rudolf Wettstein war die Trotte wieder erneuerungbedürftig. Im Vorherbst 1627 liess er «die Trotten gantz zerlegen vndt ausseinandern thun, Newe Vnderbäum vnd das Trottbrett machen». Immer wieder, wenn die Weinlese nahte, wurden die Einrichtungen des Trottkellers nachgesehen, Teile ergänzt und ersetzt. Einmal musste der Wagner eine «Newe Schleyffe» anfertigen wie 1629, das andere Mal, so 1630, stellte der Zimmermann Peter Banga «zwei newe Mohren auff die Trotten» her und leistete sonstige «Flickarbeit». 1652 bezahlte der Obervogt einem Zimmermann vier Taglöhne und das Abendessen für die Anfertigung «von zwey ladt Holtzeren, darauff man die 15 säumige faß stückhli auß der Zehend Trotten laden khan». 1657 wurden «etliche Trottbretter und Mohren» in anderthalbtägiger Arbeit angefertigt und von Meister Jakob Wenk, dem Schmied, «Vnser Gn. Herren wagen vndt Karren verbessert». Auch 1695 wurden grössere Summen an den Schmied Hans Wenk und einen Zimmermann bezahlt, damit diese die Trotte instandstellten. Dasselbe war 1712 der Fall, wo der Weibel Hans Wenk, zugleich auch Schmied, «zwey newe eysen sambt den nietnäglen» an der Trotte anbrachte.

Ausser der festen Einrichtung der Trotte brauchte es eine Unmenge weiterer Gegenstände und Gefässe, Handwerkzeug, Fässer, Kübel, Züber, Bütten («Bückti» und «Bockten»), Trichter und anderes mehr, 11m die gelesenen Trauben aus dem Weinberg an die Wagen, in den Trottraum und in die Trotte zu bringen, den fliessenden Traubensaft abzufüllen und dabei auch zu versuchen. Alljährlich erhielt daher der Küfer von Riehen wie seine Kollegen in der Stadt und Umgebung vom Riehener Obervogt mehr oder minder grosse Aufträge, damit auf den Herbst alles gut vorbereitet war. 1629 wurden dem Küfer von Hägelberg hinter Röteln «zwei Eychen Bockhten vnder die Trottbretter» in Auftrag gegeben. Ferner fertigte der «Kübler am Spahlenberg» in Basel zwei neue tannene «Bockhten, eine bückhte, sampt dem Laadgeschirr» an. 1630 wurden «8 gross vndt kleine Gölten, wie auch 6 höltzen bächer vndt etwas erden geschirr in Trotten» angeschafft; ferner war man rechtzeitig «für 2 Newe bückhte, 1 ladgeschirr vndt Trächter aufs Leidfass, neben einer Newen Schleiffe zu beschlagen» besorgt. Mit Seife und Unschlitt wurden sodann alle Fässer und andern Behälter sorgfältig ausgedichtet und die Trotte mit ihren Zwingsäulen tüchtig eingeschmiert, damit die Trottbäume nicht allzu sehr knarrten. Die «Salb zur Trotten» kehrte als jährliche Ausgabe in den Rechnungen der Vogtei wieder.

Von 1651 bis 1654 arbeiteten der Küfermeister Leonhard Weibel und der Küblermeister Bernhard Zeller mehrfach für die Riehener Trotte. In der Jahresrechnung trug der Obervogt nach, was er von 1650 bis 1654 «vmb Gläser in die Trotten» ausgegeben, nämlich jährlich 12 ß. Wozu diese Trinkgefässe gebraucht wurden, brauchen wir nicht zu fragen.

Begreiflicherweise hatten die Küfer, vor allem der Riehener Paul Eger, im Rekordherbst 1707 alle Hände voll zu tun, wie auch der Weibel Fritz Eger und der Kübler Jakob Schultheiss. Wenn ein solch gutes Weinjahr bevorstand wie dieses, so wurde der Ertrag früh genug abgeschätzt und je nach Bedarf eine Reihe neuer Fässer bestellt.

Auch im Jahre 1719 floss der junge Wein fast über. Deshalb kaufte der Obervogt bei einem Manne von Lausen «drey newe Bügtin» ; ferner benötigten die Zehntenknechte eine «newe Weingölten». «Fridli Fuchsen des Küeffers Seel. Wittib in Riehen» erhielt für die Arbeit ihres verstorbenen Mannes mehr als 16 lb. Um jene Zeit wurde auch eine «newe Schlaiffe» mit zwei Schleifestangen, über die dann die Fässer in die Keller und hinausrollen konnten, angefertigt; schliesslich war auch wieder ein «newer Sächter zur Trotten» notwendig.

War glücklich alles bereit, so konnte auf Weisung der Obrigkeit und des Obervogts die Weinlese beginnen. Dies geschah in Riehen gleichzeitig mit Weil, schon deswegen, weil die Rebberge der beiden Gemeinden im «Schlipf» ineinander übergingen. Die Fuhrleute führten die leeren Gelten und Standen ins Rebgelände, damit sie dort mit dem Weinzehnten gefüllt werden konnten. Jedes zehnte «Bückhti», das von den zehntenpflichtigen Winzern gelesen wurde, trugen die Zehntenknechte in die bereitstehenden Wagen der Obrigkeit.

Der «rote Herbst», d. h. die roten Trauben, wurden vor den weissen vollkommen gesondert gesammelt und auch «sonderbahr» getrottet. Den roten Wein «zu samlen» liess sich der Obervogt immer ein besonderes Sümmlein kosten; auf diese Weinsorte scheint stets besondere Sorgfalt verwendet worden zu sein, doch gedieh sie wohl nicht immer. So fehlt 1624 und 1625 die bezügliche Ausgabe in den Jahrrechnungen, vermutlich weil es damals keine roten Trauben zu lesen gab. Im Jahr 1654 wurde der «Rote Wein» von 4 Personen in 21/2 Tagen gesammelt, die einen Taglohn von 10 ß bezogen und sich beim Metzger Leonhard Götschi verköstigten.

Der weisse Wein war in der Menge dem roten natürlich weit überlegen. So hatten z. B. im Herbst 1645 zwei Mann während sieben Tagen zu tun, um den roten Wein zu sammeln; daneben aber sammelten sechs Zehntenknechte während sechs Tagen den weissen Zehntenwein. Im Jahre 1669 brauchten die Zehntenknechte 24 Tage, um den roten und 60 Tage, um den weissen Wein zusammenzutragen. Neben dem auf Riehener Boden gewachsenen Weinzehnten wurde auch der von Bettingen gesammelt und nach der Trotte in Riehen verbracht.

Die Fuhren, welche die «Pockhten vor die Reben vndt wider heimb» brachten, wurden während manchen Jahren vom Weibel von Riehen und seinen Knechten besorgt. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts besorgte der obrigkeitlich angestellte «Karrer Glatt» diese Arbeit mit den Fuhrwerken der Obrigkeit. Wir können uns vorstellen, dass Fuhre um Fuhre bei Ankunft in der Zehntentrotte freudig begrüsst wurde. Sicher war der Obervogt dabei anwesend, wenn möglich auch seine Frau und Kinder, die hin und wieder einen «Trübel», der besonders lockte, für sich erhaschten. Es wurde auch nicht versäumt, aus dem sogenannten «Hüslistuck» im Schlipf einen Korb voll Trauben ins Pfarrhaus nach Tüllingen zu senden, gemäss einem uralten Herkommen, das noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts Gültigkeit besass.

In der Zehntentrotte hantierten jeden Herbst während zwei bis vier Wochen einige Trottknechte. Die Dauer ihrer Tätigkeit war natürlich vom Ertrag der Rebberge abhängig. 1626 waren sie während 14 Tagen beschäftigt und erhielten jeder einen Taglohn von 4 ß, dazu ein Trinkgeld von 5 ß. 1629 dauerte das Trotten ebenfalls 13 Tage lang, 1630 hingegen 21 Tage. In letzgenanntem Jahr war der Herbst «einsmahls eingefallen»; vermutlich heisst dies, dass unerwartet rasch die Weinlese der roten wie weissen Trauben einsetzen musste. Deshalb «seindt die Trottknecht gleich gespeyßt vnd das Roht nicht sonderbahr bezahlt worden». 1631 währte der Herbst «über trey wuchen, da man die Trottknecht gleich anfangs gespeyßt». Das Jahr darauf gab es aber nur für neun Tage Arbeit. Im Jahre 1682, das besonders gesegnet ausfiel, wurden «für den rothen Herbst einzusameln», 131/2 Taglöhne à 10 ß benötigt; «für den weissen Herbst einzusamlen vndt solchen sampt dem rohten Herbst zu trotten», brauchte es 671/2 Taglöhne à 4 ß. Auch 1719 arbeiteten wieder sechs Mannen, um in I41/2 Tagen die roten Trauben zu trotten; für den weissen Wein brauchte es diesmal mehr Hände, denn man zog noch weitere drei Knechte zu, «welche dissmahlen zum Trotten vnd beytragen des Zehenden Weins haben müssen extra angestellt werden.»

Während den Lese- und Trottentagen wurden die Arbeitenden durch den Obervogt verköstigt, mit Ausnahme jener Tage, an denen im voraus der «rote Herbst» gesammelt wurde; dafür erhielten die damit Beschäftigten einen höhern Taglohn. Diese Verköstigung während der Weinlese benötigte alljährlich ansehnliche Summen Geldes und Mengen an Korn und Wein. So wurden dafür im Jahre 1602 36 lb. 8 d ausgegeben; 1623 lesen wir in der Jahresrechnung: «Item so ist diß Jahrs innn allerley Speiß, als Rindtfleisch, zweyen Hammel und sonsten Gebrates, Gewürtz, Ankhen, Saltz vndt anders im Hohen Geldt vffgangen 501b. 15 ß». In der Jahrrechnung von 1644 wies der Obervogt im einzelnen nach, was er an Geld für «Käß, gläser, Kertzen, Anckhen, Erdengeschirr, Löffell, vmb allerley Visch, Gewürtz, Späckh, vmb Rüeben Schnitz vndt Kabiß» ausgegeben hatte. Manchmal lieferte ein Wirt etwas besonderes, wie 1675, wo der Riehener Ochsenwirt «für öpfell küechle 10 ß, für fleisch 5ß und 8 batzen für schoff fleisch» erhielt.

Im «roten Herbst», wenn die Trotte noch nicht im Vollbetrieb stand, wurden die damit Beschäftigten meist noch nicht im Zehntenhaus verpflegt, sondern im Dorfwirtshaus, oder sie erhielten den höhern Taglohn. Sobald aber die Lese der weissen Trauben begonnen hatte, bekamen Küche und Backofen im Zehntenhaus unaufhörlich zu tun, um die hungrigen und durstigen Zehnten- und Trottknechte, Fuhrleute und Küfer zu befriedigen.

Am Ende der grossen Zeit der Weinlese vereinigte das Zehntenmahl, auch Trottmahl genannt, alle Arbeiter zu einem solennen Schmaus in den Räumen des Zehntenhauses. Ausnahmsweise wurde das Trottmahl im Jahre 1644 nicht gehalten, sondern jedem Knecht eine Barentschädigung von 15 ß ausgerichtet. Es muss bei diesem Fest immer fröhlich hergegangen sein, und wir nehmen an, dass sich der Obervogt meist daran beteiligte, wenigstens noch im 16. und 17. Jahrhundert.

Ausser diesem Trottmahl erhielten die Knechte aber auch jeder sein Badgeld und einen Betrag für den «Herbstbraten». Beim Abschluss der Herbstarbeiten wurden noch andere Bedienstete mit Trinkgeldern bedacht, so die Fuhrknechte und der Riehener Müller; nicht vergessen wurden die fleissige Köchin, die im Zehntenhaus die vielen Mäuler hatte stopfen müssen und ihre Hilfsmagd.

War das Trotten beendet, so nahte meist schon Martini, ein wichtiger Tag der früheren Zeit. An diesem Tage waren die Zinsen fällig, wurden aber auch die Jahrgehälter ausbezahlt. Da erhielten der Pfarrherr, der Schulmeister, der Weibel, die Bannwarte und nicht zuletzt auch der Obervogt ihren Barlohn, dazu die Naturalbezüge. Dem Prädikanten von Riehen wurden jährlich 15 Saum Weisswein abgegeben; der Schulmeister erhielt 4 Saum zugeteilt. Der Obervogt durfte sich «das Ordinare» von 11 Saum 32 Maß nehmen.

Nachdem die dazu berechtigten Beamten ihr Betreffnis an Wein abgeholt hatten, wurde das Uebrige - wenn der Herbst gut ausgefallen war, machte es eine beträchtliche Menge aus - zur Ablieferung in die obrigkeitlichen Keller der Stadt bereitgemacht. Vor der Abfahrt der Fuhrwerke fand auf dem Vorplatz des Riehener Zehntenhauses wenn es regnete, in der Trotte selbst - eine kleine fröhliche Feier statt, zu der der Obervogt aus seiner Amtsrechnung das «Ladebrot» und den «Ladewein» stiftete. Meist wurde das Mehl der Zehntenscheune entnommen; hin und wieder lieferte der Dorfbäcker das fertige Brot, wahrscheinlich dann, wenn der Backofen des Zehntenhauses bereits ausser Betrieb und die Köchin entlassen war. Schon im Jahre 1748 scheint der ehrwürdige Brauch des Ladbrotes nicht mehr bestanden zu haben, denn anstelle dieses früheren Festchens wurde jedem beteiligten Knecht ein Trinkgeld von 5 ß ausgerichtet.

Den Transport von Wein und Korn in die Stadt «auf Meiner Gnädigen Herren Kasten oder Keller» besorgten zu Wettsteins Zeiten der Meier und der Weibel von Riehen. Später wurde diese Arbeit von den städtischen Karrern geleistet. Hin und wieder holten diese Karrer in der Riehener Zehntenscheune auch Stroh für den obrigkeitlichen Stall in der Rosshofgasse. In mehreren Fuhren, meist im Januar und Februar, ging das Korn von Riehen weg; nicht immer wurde es in das städtische Kornhaus in der Spalenvorstadt geliefert, sondern je nach Weisung der Gnädigen Herren ging ein Teil davon auch an andere Orte.

Nicht nur in Riehen selbst, sondern auch in den Nachbardörfern, in denen die Stadt Basel als Nachfolgerin des Klosters Wettingen Güter besass, mussten zur Herbstzeit grosse Arbeiten verrichtet werden, deren Ertrag ins Riehener Zehntenhaus gelangte. Gleichzeitig mit der Weinlese zu Riehen wurde das im Rebberg von Weil gelegene «Wettinger oder Eptinger Bännli» geherbstet und dafür der kleine Zehnten nach Riehen entrichtet. Davon erhielt nach alter Bestimmung der Obervogt für sein und seiner Familie Vergnügen einen Korb voll Trauben. Für die Mühewaltung der Weiler Amtsleute, Vogt und Geschwornen wurde diesen ein Trunk oder ein Imbiss verabreicht. Im Herbst 1653, «alss man zue Weyl wegen des bannweins gewesen, ist durch zween Disch voll, von etlichen bürgeren von Basel, Riechen vnd Weyl verzehrt worden ohngevahrlichen 121b.». Diese Gelegenheit wurde also einmal mehr dazu benützt, um ein von hüben und drüben besuchtes fröhliches Fest zu feiern.

Sobald die Weinlese in Riehen begann, wurden neben den Behältern, die aus dem Zehntenhaus in den Riehener Schlipf kamen, auch einige über die Banngrenze nach dem «Weiler Bännli» geführt. Ein «Bögtlein» wurde auf die Wiese, oder wenn das Wetter schlecht war, in die Scheune eines dem Rebstück benachbarten Einwohners von Weil gestellt, der für den zur Verfügung gestellten Platz eine Entschädigung von 10 ß erhielt. Die Rebbauern, die das «Weiler Bännli» bebauten, wehrten sich dann und wann gegen die Abgabe des Zehnten nach Riehen; so geschah dies auch um Mitte des 18. Jahrhunderts. Hans Ulrich Schnell, als damaliger Obervogt mehrfach um die genaue Einbringung des Weinzehnten bemüht, bekam wegen der Einkünfte aus dem «Wettinger Bännli» Streit mit den Weilern. Er bevollmächtigte deshalb am 17. Dezember 1757 den städtischen Notar Nikiaus Karger, sich im Namen der Landvogtei Riehen beim hochfürstlichen Oberamt Röteln geziemend anzumelden und daselbst gegenüber den renitenten Rebbesitzern zu Weil, die sich weigerten, von ihren Reben «der Landvogtey Riechen das zehende bücktin an zehndten abzustatten und in herbstzeit in ihren reeben gefochten geschirr aufzustellen», auf die Durchführung des deswegen erlassenen oberamtlichen Befehls zu dringen. Der Streit dehnte sich bis ins folgende Frühjahr aus; dabei hatte Obervogt Schnell die Basler Regierung hinter sich.

Aus den alten Berainen wissen wir, dass zum Wettinger und später baslerischen Besitz eine Reihe von Gütern in benachbarten Markgräfler Orten gehörten. Von dort her wurden im Herbst ebenfalls Feldfrüchte ins Riehener Zehntenhaus gebracht. So lesen wir etwa in der Jahrrechnung von 1617: «Item dem Trager von Winterschwyler von den richtig gemachten Früchten herein zufüeren 71b7ß». Am 4. September 1643 besichtigte Obervogt Melchior Gugger gemeinsam mit Ratsherrn Bernhard Brand den Zehnten zu Haltingen, worauf man bei der Rückkehr in Riehen «zu Imbiß gessen».

Im Herbst 1650 besorgte der Riehener Obervogt auf Befehl seiner Gnädigen Herren auch das Einsammeln des «Weinzehenden zue Halttingen, (Wettlingen vndt Kleinen Hüningen». In letzterem Orte, dessen Besitz bis 1640 zwischen Basel und dem Markgrafen von BadenHochberg geteilt war, musste diese Arbeit deshalb vom Riehener Vogt geschehen, weil im erst vor kurzem ganz an Basel gekommenen Dörfchen «noch khein Landvogdt bestehlt wahr».

Bis jetzt hatten wir mit Rccht den Riehener Obervogt bei all den Arbeiten, die im Herbst im Zehntenhaus und seinem Bereich geschahen, mit der Oberaufsicht beschäftigt gesehen. Das war bestimmt bis in die ersten Jahre des 18. Jahrhunderts der Fall. Nun aber wurde entweder ein strengeres Regime aufgezogen, oder der damalige Obervogt Hans Heinrich Beck brauchte alters- und krankheitshalber einen Stellvertreter und Mitbeaufsichtiger. Jedenfalls geschah es, dass im Jahre 1706 Herr Hans Jacob Wild aus der Stadt zugezogen wurde, der sich im Herbst längere Zeit in Riehen aufhielt. In seiner Abrechnung zählt Wild (auch Wildt geschrieben) die Tage auf, die er «zue Riehen wegen deß Weinß Zähenden ihm Namen Meiner Gn.H. Ano 1706 zuegebracht». Zuerst weilte Wild schon im Frühsommer einen Tag in Riehen, «wie man den Frucht Zähenden Verlihen». Ein weiterer Tag verging, «wie man den Räbberg besehen». Im anschliessenden Herbst weilte er « von dem 22. Herbstmonat biß den 7. Weinmonat», also während 14 Tagen im Dorfe draussen. Schliesslich war seine Anwesenheit auch vom 1. bis 7. November vonnöten; denn es brauchte sechs Werktage, um «den Wein ihn die stat zue fihren» und dem Stadtküfer abzuliefern. Natürlich war Wild auch mit den Geschwornen von Riehen und Weil zur Besichtigung ins sogenannte «Weiler Bännli» gegangen; nach der Rückkehr trat er mit den Mannen des Dorfes beim Rössliwirt Jakob Stump zum gewohnten Imbiss ein.

Vom folgenden Jahr, 1707, an kam Herr Hans Georg Beck als «Wohl Verordneter Einsambler des Zehenden für M. G. H.» nach Riehen. Auch in andern Dingen stand dieser städtische Zehntenbeamte dem Riehener Obervogt zur Seite. So wurden 1716/1717 von Beck die Rebbesitzer in dem «sogennandten Eptinger Bähnlein bey Weyl» von Neuem aufgezeichnet, eine Arbeit, die 1723 wiederholt wurde, «als man den Ersten May in Weyl den Rodul der besitzeren der Räben in dem Wettinger Bähnlein ernewret...».

Im Jahre 1748 war Herr Emanuel Hub er mit der Aufsicht über den Riehener Herbst beauftragt. Während 28 Tagen hielt er sich im Dorfe Riehen und dem Zehntenhause auf.

In einer Grosszahl der baslerischen Dörfer links des Rheins war der Rebbau früher ebenfalls von Bedeutung, so in Münchenstein und Muttenz, Pratteln und anderswo, wo noch heute einige Weinberge vorhanden sind. Aber der Riehener Wein war von den Herren im Stadtregiment vor allem übrigen Gewächs aus «eigenem Boden» geschätzt. Sie sahen deshalb darauf, dass möglichst viel von diesem Rebensaft in die obrigkeitlichen Keller floss. Doch hing der Ertrag trotz aller Mühe weniger von der guten Aufsicht in Rebberg und Zehntenhaus ab, als vom Wetter. Der Ueberwachung der Arbeiten wurde jede erdenkliche Sorgfalt zugewendet: Sonne und Regen, Sturm und Hagel lagen aber in Gottes Hand. So wechselte denn die Menge des in die Stadt gelieferten Riehener Weins oft auffallend stark.

Als Beispiel für den Ertrag des Riehener Weinzehnten nennen wir etwa folgende Jahre: Im Jahre 1632, das einen magern Herbst lieferte, konnten nach Abzug der dem Pfarrherrn und dem Schulmeister gebüh renden 15 und 4 Saum weissen Weins nur 19 Saum 2 Ohm 24 Maß Wein in die Keller «Meiner Gnädigen Herren» geschickt werden. Da sah es im Jahre 1635 schon ganz anders aus: denn da kam an Zehntenwein eine Menge von 210 Saum 16 Maß in der Zehntentrotte zusammen. 1659 wurden bloß 29 Saum roten Weins «in zwey Stückhlin, so nicht gesinneth» nach Basel geführt; der weisse Wein war ebenfalls mager ausgefallen und betrug nur 95 Saum, eine Menge, die «in Sechs Fasser vnd ein Leithfass» ging.

Ergiebig wie selten einer war der Herbst 1707. Damals kamen an Rotem 57 Saum und an weissem Wein 267 Saum 7 Maß 39 Küpflein zusammen, wovon der Obervogt «das ordinare» von 11 Saum 32 K„ der Pfarrer Burckhardt 15 Saum und der Riehener Schulmeister 4 Saum weissen Weins erhielten, sodass für die Abfuhr an den Stadtküfer Johannes Jockel 294 Saum 7 Maß übrigblieben. Gegenüber diesem Rekordjahr nehmen sich die 38'/2 Saum, die ein Jahr später, 1708, in die Zehntentrotte kamen, recht mager aus; damals erhielt der Stadtküfer nur noch 8V2 Saum in seinen Keller geliefert.

Im Jahre 1712, da die Kornernte wegen des Hagelwetters katastrophal ausgefallen war, mochten die Rebberge vor dem Schlimmen ordentlich bewahrt geblieben sein; denn der Weinzehnten betrug in diesem Herbst immerhin 193 Saum Va Ohm Weins. Das Jahr 1719 übertraf das bisherige Rekordjahr von 1707 dann noch um ein Erkleckliches: blieb doch jetzt in die Stadt abzuliefern die überraschende Menge von 392 Saum 6 Maß. Herr Beck blieb denn auch in diesem Jahr während 28 Tagen in Riehen, und es lohnte sich.

In welchen Jahren der Wein der Qualität nach am besten war, das kann leider nicht gesagt werden. Auch hierin wird ein Wechsel stattgefunden haben, der jenen nicht unbekannt ist, die noch in unseren Tagen dem «Schlipfer» zugetan sind.

Noch einmal, zu Neujahr, wurden die Herren Häupter in der Stadt daran erinnert, dass in Riehen Reben gehegt und gepflegt wurden. Denn da sandte ihnen der Obervogt nebst den üblichen Hämmeln auch «gesottenen Wein» zu, der hin und wieder «süsser Wein» genannt wurde. Es wird wohl eine Art von Gewürzwein (Hyppokras) gewesen sein, der auch den Frauen und Kindern der Herren Bürgermeister, Oberstzunftmeister, Dreierherren und Ratsschreiber besonders zu Basler Leckerli gemundet haben wird. Selbstverständlich kostete die Familie des Riehener Obervogts als erste davon. Gewiss richtete sich die Güte dieses Getränks nach dem sicheren Urteil der Frau Landvögtin.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1971

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