FC Amicitia ist Basler Cupsieger

Rolf Spriessler-Brander

Den Sportpreis der Gemeinde Riehen für das Jahr 2009 erhielt der FC Amicitia Riehen für den erstmaligen Sieg im Basler Cup, der zugleich die erstmalige Qualifikation für den Schweizer Cup bedeutete.

Lange deutete nicht viel darauf hin, dass der FC Amicitia Riehen den Basler Cupfinal gegen den FC Black Stars Basel am Auffahrtsdonnerstag 2009 in Reinach für sich entscheiden würde. Die Black Stars, souveräne Leader in der Regionalen 2. Liga und späterer Aufsteiger in die 2. Liga Inter, waren Favorit und gingen auf dem Kunstrasenfeld des Sportplatzes Einschlag vor 800 Zuschauern bereits in der 3. Minute in Führung. Zur Pause hätten die Black Stars mit mehr als einem Tor führen können. Den Ausgleich durch Brian Müller kurz nach der Pause beantworteten die Black Stars kurz darauf mit dem 1:2. Die Basler schienen das Spiel gut im Griff zu haben bis zur 67. Minute. Dann traf Zweitliga-Torschützenkönig Dennis Uebersax per Kopf zum 2:2, drei Minuten später brachte Sascha Hassler die Riehener erstmals in Führung und nur eine Minute später erhöhte Uebersax auf 4:2. Innerhalb von fünf Minuten hatten die Riehener das Spiel gedreht. Die Black Stars versuchten nochmals alles, kamen aber nur noch zu einem Lattentreffer in der Nachspielzeit. Die überraschung war perfekt.

Der Basler Cup ist ein Wettbewerb mit Tradition. Seit 1939 wurde der Basler Cup 69 Mal ausgetragen. Im Jahr 2009 trug sich der FC Amicitia Riehen als 28. Verein in die Siegerliste ein, nach Vereinen wie dem FC Basel, dem FC Nordstern und dem BSC Old Boys Basel. Zweimal ging die Trophäe schon nach Riehen. In den Jahren 1945 und 1969 hiess der Basler Cupsieger FC Riehen.

Der FC Amicitia war, über den Basler Cupsieg hinaus, sportlich noch nie so gut wie jetzt. Die erste Mannschaft spielt an der Spitze der höchsten regionalen Liga mit. Das war nicht immer so. In seiner wechselvollen Geschichte hatte der FC Amicitia zwar auch Erfolge zu feiern, aber vor allem einige tiefe Krisen zu überwinden. Für die Saison 1990/91 gelang es nur mit Ach und Krach, wenigstens eine einzige Mannschaft für den Meisterschaftsbetrieb zu melden.

Als der Verein am 1. Juli 1930 im Restaurant «Lindenhof» in Riehen gegründet wurde, hiess er «Arbeiter Turn- und Sportverein Riehen». Anlass zur Vereinsgründung war vermutlich die Eröffnung des Sportplatzes Grendelmatte im Jahr 1929. Da es mit dem Turnen offenbar nicht weit her war, taufte sich der Verein bereits 1932 in «Arbeiter Fussball-Club Riehen» um. Als erklärter Arbeitersportverein schloss man sich selbstverständlich dem Satus-Verband an und ist diesem bis heute treu geblieben. Bald einmal schaffte es ein Riehener in die Nationalmannschaft. Goalie Kämpfstand 1933 zwischen den Pfosten der Schweizer Satus-Nationalmannschaft, als man in einem Europameisterschafts-Qualifikationsspiel gegen Belgien spielte.

In der Saison 1936/37 schloss der AFC Riehen die SatusMeisterschaft als Tabellenletzter ab und holte dabei nur einen Punkt. Der Verein zählte nur noch elf Aktive und 16 Junioren. Um die Situation zu verbessern, fusionierte man mit dem AFC Mulbeer, der ebenfalls in einer Krise steckte. In dieser Situation wurde der heutige Name geboren. Auf Vorschlag des Riehener Lehrers und späteren Vereinspräsidenten Jakob Jutzier erhielt der Fusionsverein den Namen «Arbeiter Fussball-Club Amicitia».

«Amicitia» bedeutet «Freundschaft» und diesen Wert hat der Verein stets hoch gehalten. Man wollte sich nicht nur dem sportlichen Erfolg verpflichten, sondern den Mitgliedern auch sozial etwas bieten. Aus der Vereinschronik, die der langjährige Spieler und Vereinspräsident Peter Pitel im Jahr 2005 zum 75-Jahr-Jubiläum herausgegeben hat, wird deutlich, dass es stets ein sehr lebendiges Sozialleben gab. Man organisierte Feste, Anlässe und auch legendäre Reisen wie jene im Jahr 1970, als sich der FC Amicitia in die Sowjetunion begab und dort unter anderem gegen Torpedo Jeisk antrat - vor 12 000 Zuschauern! Dass der FC Amicitia ein sehr familiärer Verein ist, zeigt sich auch daran, dass einzelne Personen den Verein über Jahrzehnte geprägt haben. Einer von ihnen ist Jörg Rickli, Spieler der Aufstiegsmannschaft 1975/76, danach Präsident, später Sportdirektor und seit der Generalversammlung 2010 wieder Präsident des FC Amicitia.

Bis 1967 bestritt der Verein neben diversen Freundschaftsspielen ausschliesslich die Regionale Satus-Meisterschaft. Dann wurde die Satus-Meisterschaft der Region Nord in ihrer damaligen Form aufgelöst - im Cupsystem wird der Titel heute noch ausgespielt - und die damals 33 SatusMannschaften wurden in den Spielbetrieb des Schweizerischen Fussballverbandes integriert. Der AFC Amicitia wurde zu einem «normalen» Viertligisten. Im Jahr 1976 schaffte Amicitia erstmals den Aufstieg in die 3. Liga, 1977 erschien das erste Klubheft und 1979 wurde eine Gönnerund Sponsorenvereinigung gegründet. Der Verein befand sich im Aufschwung, litt dann aber zunehmend am sportlichen Erfolg des FC Riehen, der über eine stark wachsende Juniorenbewegung verfügte, mit grossem finanziellem Aufwand in die 1. Liga aufstieg und dort zehn Jahre lang blieb. Amicitia buk kleinere Brötchen. Einen «gekauften» Erfolg wollte man nicht. Aber eine eigene Juniorenbewegung, das war ein schon länger gehegter Traum. Und so kam es, dass am 20. April 1982 unter der Leitung von Stargast Karl Odermatt auf der Grendelmatte das erste Amicitia-Juniorentraining stattfand.

Der erhoffte Höhenflug fand allerdings noch nicht statt. Die Junioren kassierten mehrheitlich hohe Niederlagen und im Klubheft wurde über den sinkenden Stellenwert des Fussballs unter den Mitgliedern geklagt. Die Bussen für Forfaitniederlagen häuften sich. Die Senioren setzten in einer Saison nicht weniger als zwölf verschiedene Torhüter ein. Die meisten standen nicht freiwillig ins Tor, sondern weil sich kein anderer finden liess.

Als es beim damaligen «grossen Bruder» FC Riehen zum Eklat kam, befand sich der FC Amicitia in einem sportlichen Tief. Unter dem Präsidium von Thomas Obrist begann beim FC Amicitia eine neue Entwicklung. Ein grosser Teil der Juniorenbewegung des FC Riehen schloss sich dem FC Amicitia an. Dieser nutzte die Chance, indem er die Juniorenbewegung weiter ausbaute und bald schafften es die ersten eigenen Junioren in die Aktivteams. Im Jahr 1995 stieg die erste Mannschaft wieder in die 3. Liga auf. Der Verein setzte ein Zeichen, indem der erfolgreiche A-Junioren-Trainer Erwin Simon zum Trainer des Drittligateams gemacht wurde und der Einbau der eigenen Jungen ging kontinuierlich weiter. In der Saison 2000/2001 gelang unter Erwin Simon der Aufstieg in die höchste regionale Spielklasse, die 2. Liga. Seither gehört der FC Amicitia zu den Spitzenteams der Region - und verfügt über eine der weit herum grössten Juniorenbewegungen.

Der Basler Cupsieg 2009 ist der erste bedeutende Titel, den der FC Amicitia gewinnen konnte. Und obwohl Cuperfolge im Gegensatz zu Meistertiteln immer etwas vom Zufall abhängig sind - Losglück und Tagesform spielen oft eine entscheidende Rolle -, so ist der Basler Cupsieg für den FC Amicitia doch auch ein verdienter Erfolg im Zuge einer längerfristigen sportlichen Entwicklung. Dass dieser in einem Cupwettbewerb erzielt wurde, ist allerdings weniger logisch. In den zehn Jahren vor dem Erfolg war spätestens in den Achtelfinals Endstation. öfters unterlag man gegen Spitzenteams, zweimal scheiterte man aber auch an einem Unterklassigen: am FC Therwil. Nach Erfolgen gegen Muttenz und Laufen traf man auch im Basler Cup 2008/2009 wieder auf die Therwiler, diesmal erst in den Halbfinals. Die Nervosität in der Chefetage war beträchtlich, doch diesmal gelang der standesgemässe Sieg gegen den Unterklassigen. Mit einem 0:3-Auswärtserfolg qualifizierte sich das Team von Trainer Marco Chiarelli erstmals für den Basler Cupfinal.

Mit dem Basler Cupsieg verbunden war wie schon erwähnt die Qualifikation für den Schweizer Cup der darauf folgenden Saison. Im Schweizer Cup 2009/2010 zog Amicitia nicht das erhoffte «Traumlos» FC Basel, aber mit dem FC Thun bekam man es mit einem Verein zu tun, der vor Kurzem noch in der Champions League für Furore gesorgt hatte, danach aber in die Challenge League, die zweithöchste Schweizer Spielklasse, abgestiegen war. Mit Trainer Murat Yakin sind die Thuner wieder erstarkt, schlugen Amicitia im Schweizer Cupspiel vom 19. September 2009 klar mit 4:0 und schafften Ende Saison den Wiederaufstieg in die Super League.

Der Basler Cupsieg ist ein Meilenstein in der Klubgeschichte des FC Amicitia und zugleich der Lohn für eine kontinuierliche sportliche Entwicklung in den letzten Jahren. Viele Spieler sind in der eigenen Juniorenbewegung gross geworden, so wie Dennis Uebersax, der die vergangenen beiden Saisons Torschützenkönig der 2. Liga geworden ist. Das Kader des Basler Cupsiegers 2009 bildeten Roman Aeschbach, Mirkan Akarsel, Marco Allenbach, Aris Arslani, Benni Bregenzer, Yunus Cakal, Valentino Fazio, Jonas Gyscl, Sascha Hassler, Jozo Ilijasevic, Luca Koechlin, Andy Kohler, Dominik Kurt, Martin Märklin, Lorenz Mietrup, Brian Müller, Dercio Ramos, Adrian Ramseier, André Spycher, Manuel Stutz, Arum Veluppillai, Andi Vetter, Milan Vujasinovic und Pascal Wyss; zum Staff gehörten ausserdem Marco Chiarelli (Trainer), Rafat Abiti (Co-Trainer), Joerg Rickli (Sportchef), Peter Pitel (Präsident), Roland Muchenberger (Coach) und Vlado Djurdjevic (Physiotherapeut).

Die Übergabefeier des Sportpreises fand am Montag, 31. Mai 2010, im Lüschersaal im Haus der Vereine statt.

Dank dem Entgegenkommen des amtierenden Cupsiegers SC Dornach, der im Mai 2010 die Nachfolge von Amicitia antrat, konnte der Originalwanderpokal an der Sportpreisübergabe nochmals präsentiert werden. Den Preis übergab Gemeinderätin Irène Fischer-Burri.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2010

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