Füchse - auch in Riehen heimisch

Felix Labhardt

Jedermann kennt ihn, aber nur die wenigsten Menschen bekommen ihn je zu Gesicht - den Rotfuchs. Dabei ist er ein ausgesprochener Kulturfolger, der zwar die direkte Begegnung mit dem Menschen scheut, ansonsten aber keineswegs abgeneigt ist, die menschliche Zivilisation zu nutzen. Als Allesfresser mit 42 unterschiedlich gestalteten Zähnen vermag dieser Kanide (Hundeartige) ein breites Nahrungsspektrum zu nutzen, das im Sommer und Herbst auch allerlei süsses Obst miteinschliesst. Der Fuchs hat somit denkbar gute Voraussetzungen, sich an die unterschiedlichsten Lebensräume anpassen zu können, und es wundert nicht, dass er heute punkto Verbreitung und Individuenzahl weltweit das erfolgreichste Raubtier ist.

In Mitteleuropa ist es vorab die Tollwutbekämpfung, die den Fuchsbestand ansteigen liess. Damit wächst die Konkurrenz unter den Füchsen um Baue für die Jungenaufzucht und Nahrungsflächen. In den letzten beiden Jahren sind gesamtschweizerisch um die 40 000 Füchse erlegt worden - die höchste bisher erreichte Jagdstrecke in der Schweiz. Im Kanton Basel-Stadt sind 1993 insgesamt 36 Füchse erlegt worden, im wesentlichen im ländlichen Bereich auf Riehener- und Bettingerboden. Noch einmal soviele figurieren in der Statistik als Fallwild, wobei der Strassenverkehr die Hauptursache dafür ist.

Füchse kommen bis zum Dorfrand

Die Umgebung von Riehen und Bettingen weist für den Fuchs eine durchaus attraktive Landschaft auf. Verschiedene Baue, vorab solche des Dachses, die vom Fuchs gerne mitbenützt werden, finden sich beispielsweise in den hügeligen Wäldern im Maienbiihl und Ausserberg. Die Füchse wagen sich aber auch bis zum Dorfrand von Riehen vor. Hier finden sie in nischenreichen Gärten, an Bahndämmen und in landwirtschaftlich genutzten Zonen Unterschlupf. Im Sommer fühlen sich Füchse, aber auch anderes Wild, in Getreide- und Maisfeldern viel sicherer als in Wäldern, weil Menschen und Hunde niemals in die Feldfluren eindringen.

In Riehen sind 15 Baue ausserhalb der grösseren Wälder bekannt; davon sind derzeit sieben vom Fuchs genutzt. 1993 hauste ein Wurf Jungfüchse unter einer Garage am Esterliweg; einer dieser Jungfüchse wurde als tollwutpositiv erkannt. Mittlerweile ist das Loch zugemauert. Unterhalb der Wackernagelstrasse sind in den letzten Jahren wiederholt Jungfüchse unter einem Gartenhäuschen entdeckt worden, und 1995 sorgte eine Fuchsfähe im Garten einer Liegenschaft an der Mohrhaidenstrasse in einem Brombeergebüsch für Nachwuchs.

Konkurrenz zwingt Füchse in Felder und Gärten

Vor einigen Jahren im Frühjahr fand ich Fuchsfamilien in trockenen Drainageröhren, etwa nahe an den Häusern am Brühlmattweg, oder vor vielen Jahren am Wiesenbord an der in die offene Landschaft führenden Verlängerung des Erlensträsschens. Solche Begebenheiten sind deutliche Zeichen dafür, dass infolge hoher Dichte manche Füchse keine Baue in den Wäldern beziehen können. Aufgrund der verstärkten Konkurrenzsituation sind sie eben gezwungen, ihre Jungen in vom Menschen geschaffenen Ersatznischen grosszuziehen oder einen Ersatzbau draussen im Feld oder in Gärten zu graben. Andererseits hat der Mensch immer mehr seine Siedlungen und Feldgebiete verbreitert und mancherorts traditionelle Einstände des Wildes in seinen Nutzungsbereich miteingeschlossen.

Mancher Riehener Bewohner hat Begegnungen mit Füchsen im Dorf gemacht. Es kann passieren, dass ein gesunder Fuchs nachts mitten zwischen den Häusern auf dem Trottoir dahergebummelt kommt, oder dass ein Tier plötzlich abends im Garten auftaucht und zu besorgter Frage nach Tollwut Anlass gibt. Nicht zu Unrecht, denn Riehen hat einige Erfahrungen mit tollwutkranken Füchsen machen müssen. Acht Tollwutfälle sind auf Riehenerboden registriert worden, fünf davon im Siedlungsbereich. Im Juli 1992 wurde der erste kranke Fuchs in der Nähe des Schwimmbades von einem Zollbeamten erlegt, sechs weitere sind 1993 zur Strecke gekommen. Der letzte Fall stammt aus dem Jahre 1994, das Tier fand sich auf dem Hof des Bauern Fischer. Leute wurden, soweit be kannt, nie gebissen, aber im Sommer 1992 raufte ein tollwutkranker Fuchs mit einem Terrier, und die Halterin wurde sicherheitshalber geimpft. Mit der Intensivierung des Impfprogramms, auch auf deutscher Seite, ist zu hoffen, dass die Tollwut auch in der Nordwestschweiz bald endgültig der Vergangenheit angehören wird.

Gesunder Fuchs meidet Menschen

Dass Füchse zur Dämmerungszeit oder in der Nacht, wo sie sich in der Dunkelheit erfahrungsgemäss sicher wähnen, durchaus die menschliche Nähe aufsuchen, ist überhaupt nicht aussergewöhnlich. Füchse wissen längst, dass der Jagddruck im Siedlungsbereich viel geringer ist als in Wald und Feld. Zwar meidet der gesunde Fuchs möglichst die direkte Begegnung mit dem Menschen und kommt nur selten in die Nähe ihrer Behausung. Aber derart anpassungsfähige Tiere wie Füchse sind eben auch ausgesprochene Individualisten, und es wundert nicht, wenn sich in einem Wurf auch mal ein Jungtier befindet, das sich gegenüber dem Menschen besonders neugierig und vertraut benimmt. Und wer im Freien Katzen- oder Hundefutter hinstellt, muss sich nicht wundern, wenn ein hungriger Fuchs - es handelt sich dabei häufig um ein gegenüber dem Menschen noch wenig erfahrenes Jungtier herbeigelockt wird. Desgleichen im Sommer, wenn allenthalben abends Düfte von Grilliertem in die Fuchsnasen dringen.

Der Fuchs - ein Hühnerdieb

Für Füchse ist das Nahrungsangebot in der Feldflur generell weit besser als im Wald. Dort findet er seine Lieblingsbeute: die Feldmaus und die Schermaus, die beide an das Grasland angepasst sind. Die Populationsdichte dieser Kleinnager allerdings schwankt beträchtlich. Bei einem Mäusetief müssen Füchse auf einen Eiweissersatzlieferanten ausweichen, den Regenwurm, der bei feuchtem Wetter nachts an die Oberfläche kommt und vom Fuchs auf Ackern und frisch geschnittenen Wiesen mit den Schneidezähnen besonders einfach zu greifen ist.

Von grosser Bedeutung sind auch Kleinhaustiere, insbesondere Hausgeflügel. Sie werden vom Fuchs hauptsächlich zur Welpenaufzuchtszeit erbeutet, denn um ihre durchschnittlich fünf Jungen satt zu kriegen, ist es für die Elterntiere lohnender, grössere Beutetiere zu bringen als entsprechend viele Mäuse, die einen weit grösseren Jagdaufwand nötig machen. Kommt hinzu, dass mit der starken Abnahme des Grünlandanteiles das Angebot an Mäusen insgesamt stark abgenommen hat. Gegenüber früher gibt es in mitteleuropäischen Tieflandgebieten schon lange keine echten Mäuseplagen mehr, und der einst grosse Hasenbestand ist infolge der intensiv mit Maschinen betriebenen Landwirtschaft, wodurch die in der Feldflur geborenen Junghasen fortlaufend getötet werden, auch im Gebiet Riehen auf den absoluten Tiefpunkt abgesunken. Aus diesem Grunde ist auch in Riehen mancher Geflügelhalter Opfer des Fuchses geworden, indem ihm Teile oder gar der ganze Tierbestand abhanden gekommen ist. Der Fuchs unterliegt nun mal vom April weg bis in den Juli hinein einem starken Futtersuchtrieb, der wohl über Hormone ausgelöst wird und dafür sorgt, dass die Jungfüchse, solange sie nicht selbständig jagen können, mit möglichst ausreichend Futter versorgt werden.

Mündliche Auskünfte erteilten

Walo Stiegeler, Jagdaufseher der Jagdgesellschaft Riehen, und Georg Habermacher von der Jagd- und Tierpolizei, Kantonspolizei Basel-Stadt

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1995

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