Für Stadt und Land

Zwei Feste prägten das Riehener Jahr 2001 : die 500-Jahr-Feier Basel bei der Eidgenossenschaft s Fescht vo Basel und das Riehener Dorffest.

«S Fescht vo Basel», der volkstümliche Anlass zur Feier 500 Jahre Zugehörigkeit Basels zur Eidgenossenschaft, wurde auch zu einem Fest für und von Riehen. Der eigentliche offizielle Festakt fand zwar am 13. Juli 2001 in äugst und Basel statt, in Erinnerung bleiben wird indes wohl nur «s Fescht vo Basel» vom 17. bis 19. August, an dem die ganze Innenstadt bei schönstem Sommerwetter zu einem Rummelplatz umfunktioniert worden war. Riehens Beitrag bestand aus einem bunten Strauss von kulturellen Darbietungen, die unter dem Namen «Abendschau Riehen» vorgetragen wurden. Und der Ort, an dem Riehen sich präsentieren durfte, war selbstredend: auf dem Martinsplatz und in der Martinskirche, die den gleichen Namen wie die Riehener Dorfkirche trägt, über der Stadt gelegen wie die Landgemeinde und an einem beschaulichen, stilleren Ort - zwar nicht abgelegen, aber doch etwas abseits vom ganz grossen Trubel. Das tat dem Programm durchaus gut, denn was geboten wurde, war vom Feinsten.

Da sang in der gut besetzten Martinskirche der Liederkranz Riehen einen vielfältigen «Liederreigen». Die Kirche entpuppte sich für diese gesangliche Darbietung als idealen Ort, kamen doch die Qualitäten des Chors bestens zum Tragen: stimmliche Geschlossenheit und ein abgerundeter, weicher Chorklang - Riehens Stimme(n), ein Auftakt nach Mass. Zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde für jene, die sich ein wenig Zeit nahmen, die musikalische Geschichte «Ferdinand der Stier». Frank Nagel, Leiter der Musikschule Riehen, erzählte eine Episode aus dem Leben des Stiers Ferdinand, der so anders als seine Artgenossen seine Zeit vor allem damit verbrachte, den Duft der Blumen zu geniessen. Der Komponist Rolf Liebermann hat den Text von Munroe Leaf vertont und eine eindrückliche «akustische Landschaft» geschaffen. Der Vortrag des Ensembles, bestehend aus Lehrerinnen und Lehrern der Musikschule Riehen sowie «zugewandten Orten», war für alle, die das Kind im Manne oder in der Frau noch nicht verloren haben, ein emotionales Erlebnis. Die Musikschule Riehen war ausserdem durch die Schlagzeuggruppe der Klasse von Gerhard Huber vertreten, dies mit «Music for Drummers».

Mit Kindern ging es auf dem Martinsplatz weiter. Die 7- bis 10-jährigen Schüler und Schülerinnen der Schlagzeugschule von Edith Habraken zeigten dem zahlreichen Publikum, was sie bereits gelernt hatten. Erstaunlich war, mit welch rhythmischer Präzision die jungen Musizierenden die Stücke vortrugen. Die Kinder verstehen ihr Handwerk schon so gut, dass selbst ein Solo vor grossem Publikum, dem Vorspiel (und dem Vortragenden) nichts anhaben konnte. Das Dargebotene machte dem Titel der Schau alle Ehre: «Melodisches Schlagzeug für Auge und Ohr». Aus der gleichen Schule waren später noch «Soli für Marimba» zu hören.

Sodann machten die «Wiedergänger», eine Produktion von Vrene Ryser vom Koffertheater und Christian Schuppli vom Riehener Theater Vagabu, auf den nächsten Anlass aufmerksam. Zusammen mit dem Blechbläserquartett «Tarmin», das ein Auftragswerk von Kunst in Riehen von Beat Gysin spielte, zog das Publikum in die Martinskirche, wo Autorinnen und Autoren der Arena Literatur-Initiative bereitstanden, um ihre Gedanken zum Thema «Freies Basel - freche Utopien aus Basel und Riehen» zum Besten zu geben. Es waren dies: Valentin Herzog, Corinne Grass, Lea Anna Meier, Marcel Mertz und Jan Schürmann. Dazwischen gab das Ensemble «Musica Antiqua Basel» unter der Leitung von Fridolin Uhlenhut Händeis «Wassermusik» wieder. In den Utopien wurde unter anderem Basel zum Freistaat, der dank dessen in der EU mitwirken darf. Das Basler Leckerli wurde zum «Brot des Wirtschaftslebens», das den Aufschwung und die Stellung der Stadt erst möglich machte. Utopien eben, die auf gelungene Weise zeigten, dass die Basler manchmal mehr sein wollen als sie sind - aber auch, dass in Basel manches möglich ist, was andernorts undenkbar ist. Undenkbar war bis zu diesem Abend auch, dass Händeis «Wassermusik» innerhalb eines so eng gesteckten Zeitrahmens gespielt werden kann. Die Wassermusik als (mit)reissendes Gewässer.

Undenkbar wäre es auch gewesen, wenn ein musikalisches Programm mit Riehener Beteiligung ohne eine Formation aus der Sparte «Unterhaltungsmusik» stattgefunden hätte.

So musizierte in gewohnt solider Art und Weise der Hand- Liederkranz Riehen. harmonica-Club Riehen unter der Leitung von Rosmarie Kopp. Sie, die gleichwohl ein Synonym für Riehens Akkordeontradition ist, vertrat die volkstümliche Seite - und die dörflich-ländliche. Die «Abendschau Riehen» fächerte so das grosse Spektrum des Riehener Kulturlebens auf und machte die Stellung der Landgemeinde zwischen städtischer Grösse und dörflichem Charakter sichtbar.

Drei Wochen nach dem rauschenden Stadtfest ging es in merklich kleineren Dimensionen weiter. Das alle vier Jahre stattfindende Dorffest war Anlass für Vereine, Kirchen, Fasnachtscliquen, Parteien und viele weitere Organisationen, sich der Bevölkerung zu präsentieren. Als Besonderheit des Dorffestes Ausgabe 2001 muss die Einweihung des Singeisenhofs im Beisein einer Delegation der beiden Riehener Partnergemeinden Mutten und Miercurea Ciuc/ Csikszereda erwähnt werden. Jener Platz also, der in der Bevölkerung Anlass zu regen Diskussionen gab (siehe Artikel in diesem Jahrbuch). Am Fest war indes nichts davon zu spüren, im Gegenteil: Auf dem neuen Dorfplatz, dem Singeisenhof, wurde auf der Bühne ein buntes musikalisches Programm dargeboten und die umliegenden Geschäfte nutzten die Gelegenheit, ihre Waren feilzubieten.

Weil das Dorffest immer kurz vor den Gemeinde- und Einwohnerratswahlen stattfindet, sind die Parteien jeweils gut vertreten. Die Aufteilung der Stände kam fast dem politischen Alltag gleich, waren doch die drei grossen bürgerlichen Parteien vereint auf dem Platz vor dem Gemeindehaus zu finden, SP, VEW und Grüne durften das Webergässchen für sich in Anspruch nehmen und die SVP schlug ihr Zelt in der Schmiedgasse auf.

Die katholische und die evangelisch-reformierte Kirche boten ihr Gastmahl gemeinsam an, wobei die Hungrigen sich auf ein (pfarr)herrliches Essen freuen durften. Die Sportler fanden bei der schon fast traditionell schlechten Witterung während des Dorffestes unter anderem beim TV Riehen, beim FC Amicitia oder beim KTV Provolleyball ein schützendes Dach über dem Kopf. Sportlichkeit war insofern gefragt, als wenig Wetterfeste zuweilen nur mit einem Spurt trocken ins nächste Zelt gelangten.

Während am Stadtfest die «klassische» Kultur Riehens zum Zuge kam, war es am Dorffest eher die volkstümliche. Dies galt besonders für die live zu hörende Musik. Alphornklänge hier, Akkordeon dort, Blasmusik am einen Ort, Appenzeller Streichmusik am anderen, um nur einige Stilrichtungen zu nennen. Wer an beiden Festen zugegen war, erhielt so innert weniger Wochen einen guten überblick über das Riehener Dorfleben in seiner vielfältigen Ausprägung. Zwei Feste für Stadt und Land.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2001

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