Goldmedaille für die Energiestadt Riehen

Richard Grass

Seit Jahren engagiert sich die Gemeinde in der Energiepolitik: nun erhielt sie dafür den European Energy Award in Gold

Am 25. März 2004 wurde im Beisein von Bundesrat Moritz Leuenberger im Rahmen eines Festaktes in der Fondation Beyeler erstmals der European Energy Award in Gold vergeben. Lausanne und Riehen erhielten diese höchste europäische Auszeichnung für moderne kommunale Klimapolitik. Bereits 1999 erhielt Riehen das Label Energiestadt®. Mit einer wirkungsorientierten Energiepolitik strebt die Gemeinde schon seit den 80er-Jahren die Balance zwischen den Bedürfnissen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner und dem umfassenden Schutz der Umwelt an. Als im Jahr 1987 der erste Kredit für die Bohrungen zur Nutzung der Geothermie vom Gemeindeparlament bewilligt wurde, dachte jedoch noch kein Politiker an das Energiestadtlabel oder einen European Energy Award. Und doch war es rückblickend der Startschuss in Richtung Gold.

 

Das europäische Forum European Energy Award ist aus den Programmen Energiestadt in der Schweiz, energieeffiziente Gemeinden e5 in österreich und dem Aktionsprogramm 2000 plus in Deutschland entstanden. Nach jahrelanger informeller Zusammenarbeit wurde am 25. September 2003 das europäische Forum European Energy Award gegründet und damit für alle Gemeinden ein wirksames Instrument für das Qualitätsmanagement im Energiebereich geschaffen.

 

Obwohl Riehen mit 21000 Einwohnern die zweitgrösste Stadt der Nordwestschweiz ist, liegt die Gemeinde doch im Schatten von Basel und im Sog unserer Nachbarstadt Lörrach. Riehen muss sich deshalb besonders anstrengen, damit es seine Eigenständigkeit bewahren kann und nicht zum gesichtslosen Vorstadtquartier Basels absinkt. Nebst der wunderbaren Landschaft, in die Riehen eingebettet ist, der massvollen Bebauung, in der die schönen öffentlichen Parks und grossen privaten Gärten voll zur Geltung kommen, und einem umfangreichen kulturellen Angebot gibt auch die nachhaltige Energiepolitik der Gemeinde ein eigenes Profil. Das macht Riehen attraktiv und steigert die Identifikation der Einwohner und Einwohnerinnen mit ihrem Wohnort. Durch die Zertifizierung zur Energiestadt® oder die Erteilung des European Energy Award werden die Leistungen der Gemeinde auf dem Energiesektor öffentlich bekannt, messbar und mit anderen Gemeinden vergleichbar. Dadurch ergibt sich auch ein Standortvorteil.

 

Riehen will Energiestadt© bleiben

Wer Energiestadt® bleiben will, muss sich regelmässig einem neuen Audit stellen und darf sich deshalb nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Das Label ist ein klarer Auftrag an die politischen Behörden: die nachhaltige Energiepolitik

muss kontinuierlich weitergeführt werden - Energiestadt® bleibt nur, wer in seinen Anstrengungen auf dem Energiesektor nicht nachlässt. Der Wille, Besonderes zu leisten, ist in Riehen sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung breit abgestützt und zieht sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen politischen Werkzeuge wie Leitbild, Richtplan, Leistungsaufträge oder Energiekonzept. So findet sich im Leitbild Riehen 2000-2015 das Ziel: «Riehen bleibt als Energiestadt anerkannt.» oder in den vom Einwohnerrat erlassenen Leistungsaufträgen das verbindliche Wirkungsziel: «Riehen behält durch die konsequente Weiterführung einer aktiven Energiepolitik seine Vorreiterrolle. Dabei orientiert sich der Standard am European Energy Award.» Als Standard ist die Auszeichnung in Gold definiert. Dieses Beispiel zeigt auch einen praktischen Wert des Massnahmenkatalogs der Energiestadt® oder des European Energy Award für die alltägliche politische Arbeit. In zwei kurzen Sätzen formuliert der Einwohnerrat den umfassenden Auftrag an den Gemeinderat, in den energierelevanten Gebieten Bau und Planung, Energieversorgung, Wasser, Abwasser, Verkehr und energiepolitische öffentlichkeitsarbeit nachhaltig zu agieren. Der Massnahmenkatalog gibt dem Gemeinderat die Leitplanken. Wenn er sich an die Vorgaben des Trägervereins Energiestadt® hält, ist er auf dem richtigen Weg zu einer nachhaltigen Energiepolitik.

 

Konkreter beschrieben sind die Massnahmen im Energiekonzept, das eine vom Gemeinderat eingesetzte siebenköpfige Energiekommission im Jahre 2000 ausgearbeitet hat. Die später auf neun Mitglieder erweiterte Energiekommission begleitet und überwacht die Umsetzung dieses Katalogs. Sie ist auch Anlaufstelle für Ratsuchende und zuständig für die öffentlichkeitsarbeit im Sektor Energie und Mobilität.

 

Energiepolitik: kein Papiertiger

Papier ist geduldig, aber mit noch so gut gemeinten Absichtserklärungen alleine erreicht keine Gemeinde den European Energy Award. Einige der in Riehen realisierten Projekte seien hier erwähnt.

 

Zu Beginn der 80er-Jahre liess der Gemeinderat eine Studie über die Nutzungsmöglichkeiten von erneuerbaren Energien ausarbeiten. 1988 nahm der Wärmeverbund für das Dorfzentrum den Betrieb auf. In den folgenden Jahren wurde er sukzessive erweitert. Seit 1994 nutzt der Wärmeverbund die Erdwärme als erneuerbare Energiequelle. Aus 1500 Meter Tiefe wird Wasser mit einer Temperatur von 65°C gefördert und daraus jährlich eine emissionsfreie Energiemenge gewonnen, die 1,5 Millionen Litern Heizöl entspricht. Im November 2000 hat der Wärmeverbund die Grenze zur Europäischen Union gesprengt. Ab diesem Datum wurde ein Teil dieser Wärme über die Landesgrenze hinweg nach Lörrach in ein Neubaugebiet mit 500 Wohnungen geliefert.

 

1988 hat Riehen seine erste Holzschnitzelheizung im Freizeitzentrum Landauer realisiert. 1991 kam die Heizung des Sportplatzes Grendelmatte dazu. Zurzeit erstellt die

Gemeinde ein Verbundnetz, wodurch ein bestehendes Gewerbegebiet und eine neue Grossüberbauung an die Holzschnitzelheizung eines kantonalen Schulhauses angeschlossen werden kann.

 

Früh schon hat Riehen die Chancen erkannt, die in der Nutzung der Sonnenenergie liegen. Die ersten Fotovoltaikanlagen sind auf den Dächern des Gemeindewerkhofs Haselrain und der Freizeitanlage Landauer installiert worden. Der im Werkhof produzierte Strom treibt die Elektrofahrzeuge der Werkdienste an, während die Solarenergie vom Landauer zwei öffentliche Stromtankstellen für Leichtelektromobile speist.

 

Riehens Verkehrspolitik setzt auf den öffentlichen Verkehr und fördert das Velofahren. Das gut ausgebaute Velowegnetz wird als schnelle Verbindung nach Basel und in die angrenzenden Gemeinden geschätzt und rege benutzt. Auch abseits der Velowege ist im letzten Jahr das Velofahren sicherer geworden, denn im ganzen Gemeindegebiet gilt flächendeckend Tempo 30. Der öffentliche Verkehr verbindet Riehen auf Strasse und Schiene mit der Stadt Basel. Zusammen mit den Basler Verkehrsbetrieben optimiert die Gemeinde laufend das Angebot an den fein aufeinander abgestimmten öffentlichen Verkehrsmitteln Tram und Bus und finanziert einen Ruftaxi-Service.

 

Energiepolitik: keine Eintagsfliege

Mit ihrer wirkungsorientierten Energiepolitik strebt die Gemeinde Riehen schon seit den frühen 80er-Jahren die Balance zwischen einerseits den Bedürfnissen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner an Energie und Mobilität und andererseits dem sparsamen Umgang mit Ressourcen und einem umfassenden Schutz der Umwelt an. Für ihre Anstrengungen erhielt die Gemeinde die international höchste Auszeichnung, den European Energy Award in Gold. Das Zertifikat ist eine wertvolle Anerkennung für Riehen.

 

Erreicht hat Riehen diese Auszeichnung durch Massnahmen im Bereich Verkehr, beispielsweise durch die konsequente Förderung des öffentlichen und des Langsamverkehrs, durch die wärmetechnische Sanierung der gemeindeeigenen Liegenschaften, durch die Realisierung von bisher acht Anlagen zur Nutzung der Sonnenenergie oder den Bezug von Windstrom in der Grössenordnung des Stromverbrauchs der kommunalen Kindergärten und natürlich durch die frühe Nutzung der Geothermie. Die Auszeichnung beinhaltet aus der Sicht des Gemeinderats und der Energiekommission auch einen klaren Auftrag an die verantwortlichen Akteure: Die nachhaltige Energiepolitik muss auch in der Zukunft konsequent weitergeführt werden.

 

Der Energieverbrauch der gemeindeeigenen Liegenschaften wird laufend überwacht und ausgewertet. Die meisten Gemeindeliegenschaften sind energietechnisch saniert.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2004

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