Historische Gärten in Riehen

Silvia Hofmann

«Der Garten ist die grösste Erfrischung für den menschlichen Geist und ohne ihn wären Häuser und Paläste nichts als schwerfälliges Machwerk. » Francis Bacon, 1625

 

Als die Redaktionskommission bei der Planung des Jahrbuches 1987 beschloss, zusammen mit der soeben renovierten Orangerie im Sarasinpark die historischen Gärten Riehens darzustellen, da ahnte sie noch nicht, welch eine Fülle von Dokumenten - Gartenplänen, Fotos und Akten zu diesem Thema in den Archiven schlummern. Bald wurde es klar, dass es schade wäre, Schönheit und Vielfalt der historischen Gärten, deren es in Riehen eine ungewöhnlich grosse Zahl gibt, in einen einzigen Artikel zusammenzudrängen. Sie sollen deshalb in drei Beiträgen, über mehrere Jahrbücher verteilt, in Wort und Bild zur Darstellung gelangen.

Die Kunsthistorikerin Silvia Hofmann zeigt in diesem ersten Teil die Entwicklung der Riehener Gärten seit dem 16. fahrhundert bis zur Gegenwart und beschreibt hierauf zwei der grössten Gärten, die beide öffentlich zugänglich sind: das Berowergut und den Sarasinpark. In einem zweiten Teil (Jahrbuch 1988) sollen die in privatem Besitz befindlichen Gärten - Glögglihof, Iselin-Weber-Gut und andere mit ihren verborgenen Schönheiten dargestellt werden, während ein dritter Teil den beiden berühmtesten Riehener Gärten - dem Wenkenhof und dem Bäumlihof - gewidmet sein wird. 

Die Redaktion

 

Die Anfänge der Basler Landgüter in Riehen gehen auf die Mitte des 16. Jahrhunderts zurück. 1522 ist das Dorf baslerisch geworden, und 1544 erwirbt der Stadtschreiber Heinrich Ryhiner einen Teil der alten Kirchenburg, das sogenannte «Klösterli». Ihm folgt kurz darauf ein weiterer Basler der Oberschicht, der Gesandte Jacob Rüdin, der sich am Erlensträsschen ein Landgut baut (heute Rektorat), und in den 1560er Jahren erwirbt Balthasar Meyel das Haus Baselstrasse 30, das neue Wettsteinhaus.

Riehens Attraktivität für reiche Basler Herren ist begreiflich, wenn man von den Privilegien weiss, die sie sich 1537 selber gegeben haben: Besitz in Riehen ist steuerfrei und frei von Verpflichtungen der Gemeinde gegenüber - eine Tatsache, die im 18. Jahrhundert zu anhaltenden Unstimmigkeiten Anlass gibt.1 ) So gesehen haben die Lusthäuser in Riehen gleich einen doppelt angenehmen Zweck: überflüssiges Geld (und davon ist später genug vorhanden) lässt sich hervorragend investieren, und das Resultat ist eine erholsame Sommerfrische, wenn man den Geschäften und der Hitze der Stadt entfliehen will. Und, so sie entsprechend ausgeführt ist, legt sie erst noch Zeugnis des eigenen verfeinerten Lebensstils ab.

Doch nicht genug: Da den meisten Riehener Landgütern auch noch ein landwirtschaftlicher Betrieb angegliedert ist, können sich die Stadtherren gar von den eigenen Früchten des Feldes ernähren. Der Wenkenhof, der Glöcklihof, das Berowergut und das Iselin-Weber-Gut sind ehemalige klösterliche Besitzungen;2) ihre historisch gewachsenen Strukturen haben die Basler Käufer meist so übernommen, auch die umfangreichen ökonomiegebäude, und der Pächter oder Lehensmann, der samt seiner Familie und den übrigen Diensten ganzjährig auf dem Gut wohnt, muss einen anständigen Ertrag erwirtschaften und zum Rechten schauen.

Die sogenannten Sarasinschen Güter (heute Sarasinpark) entstehen erst Ende des 17. Jahrhunderts und sind ausgesprochene Kapitalanlagen. Die kaufwilligen Basler Herren stossen zunächst auf den Widerstand der Bauern, die diese Parzellen besitzen; zu dieser Zeit hat man bereits das Gefühl, es habe genügend Aristokraten im Dorf.3) Ohne Bauernbetrieb geht es aber nicht, denn auf dem Enkerlin-Plan von 17664) sieht man das Le-Grandsche Gut (Rössligasse) mit umfangreichen ökonomiegebäuden, die architektonisch mit dem Herrenhaus ein Ganzes bilden - ähnliches wurde später beim Iselin-Weber-Gut mit den einander gegenüberstehenden Häusern verwirklicht.

Wie muss man sich nun die Gärten, die Grünflächen dieser Landgüter vorstellen? Wie haben sie sich im Laufe der Zeit verändert?

Auf dem ersten Plan von Riehen, von Hans Bock um 1620 gezeichnet,5) sieht man aus der Vogelperspektive auf das Dorf. Ausser dem Wenkenhof und der Landvogtei sind noch vier weitere Häuser von einem ummauerten Garten mit Toreinfahrt umgeben: das Rüdinsche Lusthaus am Erlensträsschen, das stattliche Wettsteinhaus, dann wahrscheinlich das Berowergut und der Glöcklihof. Ueber das Aussehen der Gärten innerhalb der Mauern gibt der Bocksche Plan aber keinen Aufschluss. Ein paar Details mehr sind auf dem von Emmanuel Büchel 1747 kopierten Plan Jacob Meyers von 16436) zu erkennen: der Rüdinsche Garten hat zwei grosse Bäume, beim Berowergut ist in der nordwestlichen Ecke ebenfalls ein Baum eingezeichnet. Mit einiger Sicherheit lässt sich auch das von einer Mauer umgebene Vischersche Gut (später das Mutterhaus der Diakonissen) ausmachen. Diese Gartenmauern machen offenbar den Unterschied zwischen herrschaftlichen Anwesen und gewöhnlichen Häusern oder Bauernhöfen. Letztere haben von einfachen Holzzäunen umgebene Matten.

Schriftlich belegt sind beim Wenkenhof, beim Iselin-Weber-Gut, beim Berowergut und beim Glöcklihof Trotten, denn weite Flächen dieser Besitzungen waren mit Reben bepflanzt; das Berowergut war ursprünglich sogar ein Rebgut. Bis ins 19. Jahrhundert werden diese «Räben» in den Kaufverträgen erwähnt, daneben aber auch die «Krautgärten», so hiessen damals die Gemüsegärten. Doch schon im 17. Jahrhundert sind neben den Nutzgärten auch Ziergärten ausdrücklich genannt. So wird etwa im Tauschhandel Emanuel Russinger - Nikiaus Ryhiner im Jahr 1668 das Berowergut als Liegenschaft mit Reben, Matten, Hanfbündten, Wald und mit einem «Garten am Haus» beschrieben. Ein Garten wird auch beim Iselin-Weber-Gut im ersten bekannten Kaufvertrag von 1606 erwähnt, Anfang des 18. Jahrhunderts dann auch ein «Gärtli am Haus.»7)

 

Nutzgärten und Ziergärten

Auch wenn wir keine bildlichen Darstellungen dieser Gärten besitzen, so lässt sich anhand dieser schriftlichen Quellen belegen, dass die Gärten in zwei getrennte Zonen aufgeteilt waren. Da war zunächst der Nutzgarten, nebst den ökonomiegebäuden gelegen mit Gemüse und Beeren, dann dazugehörend ein Baumgarten mit Obst und schliesslich weiter weg von den Häusern die äcker, Matten und Reben.

Der Hof der ökonomie und der Gemüsegarten waren Tummelplätze der Dienstenkinder. So beschreibt Waisenvater und Gesanglehrer Johann Jakob Schäublin (18221901) - er verbrachte seine Kindheit als Sohn des Gärtners auf dem Berowergut, einen Teil seiner Jugend auf dem Rüdinschen, wo sein Vater Pächter war - in seinen Erinnerungen ein Vorkommnis im Gemüsegarten des Berowergutes, das beinahe tragisch geendet hätte:8)

 

Links vom Herrschaftshaus befand sich der Raum für die Kelter, wo sich zur Herbstzeit Gelegenheit bot, süssen Wein zu trinken, und daneben der Hühnerhof, der uns Kindern viel Vergnü gen bereitete. Von da an führte der Weg in den Gemüsegarten, der durch eine Böschung vom oberen Teile abgetrennt war. Inmitten dieses Gartenteils befand sich ein stets gefülltes Bassin zum Zweck der Begiessung der Pflanzen. Es war uns verboten, am Rand desselben zu spielen, ein Gebot, das leider nicht immer befolgt wurde. Als ich drei und mein Bruder Theobald anderthalb Jahre alt war, spielten wir zwei goldgelockte Buben bei diesem Behälter, in welchen Wasser plätschernd einfloss. Plötzlich fiel der kleine «Debi» in das volle Bassin, glücklicherweise so, dass seine Locken noch über das Wasser hinausragten. Ich fasste die Haare mit beiden Händen und hielt seinen Kopf so lange über Wasser, bis auf mein Geschrei die Mutter herbeieilte und das Büblein vollends befreite. Welcher Art die Strafe war, vermag ich nicht mehr zu sagen.

Die Gärtnerkinder gingen mit Erzeugnissen aus ihrem Garten auch auf den Basler Markt. Schäublin schildert, wie er einen Korb voller Frühkirschen mit Hilfe von Brunnenwasser wieder so frisch machen konnte, dass sie sich verkaufen Hessen. Pech hatte er dagegen mit Sauerkraut; er warf es kurzerhand von der Mittleren Rheinbrücke in den Fluss.

Der Nutzgarten ernährte also hauptsächlich die Pächtersfamilie und die übrigen Gutsangestellten. Darüber hinaus profitierten aber auch die Besitzer vom Gartensegen. Johanna Vonder Mühll erwähnt in ihrem Buch «Basler Sitten» ,9) dass man im Herbst nebst dem ganzen Hausrat auch eine Unmenge von Konfitüren, Kompotten und Marmeladen in die Stadt transportierte, «die man im Laufe des Sommers emsig eingemacht hatte». Man empfing ausserdem häufig zahlreiche Gäste auf den Gütern; deren Verpflegung machte, wie Johanna Vonder Mühll schreibt, kein Kopfzerbrechen.

Alles was man brauchte, hatte man zur Hand: Milch, Rahm, Honig, Butter, Gemüse, Eier, Erdbeeren, Himbeeren, ..., und den ganzen reichen Erntesegen des Herbstes, wie Kartoffeln, äpfel, Birnen, Trauben, Nüsse, Haselnüsse. Dazu kam das duftende Schwarzbrot, der Käse und der vom Lehenmann selbst gebrannte Kirsch, den man zum schwarzen Kaffee auftischte.

Diese Schilderung bezieht sich zwar auf das Ende des 19. Jahrhunderts; da die Basler Oberschicht aber eine in sich geschlossene und ausserordentlich traditionsbewusste Gesellschaft war, ist anzunehmen, dass sich die Sitten über Jahrzehnte hinweg entwickelt und kaum verändert haben.

Nicht nur die Freude an den essbaren Früchten des Gartens begründete das Interesse der Basler Aristokratie an ihren Landgütern. Mindestens ebenso wichtig war die Freude an Repräsentation, zum Beispiel mit einem vorzüglich angelegten Ziergarten oder Park. Botanische Passionen zu pflegen gehörte zum guten Ton und war in der Oberschicht seit langem Mode.

Im 16. und 17. Jahrhundert Bestandteil guter Bildung, ermöglichte kenntnisreiches Pflanzensammeln und -pflegen in späteren Jahrhunderten einen sinnvollen und angenehmen Zeitvertreib für die Frauen der guten Gesellschaft, denen grobe Haushaltarbeit nicht gestattet war. Botanisieren - ein familiäres Sommervergnügen (ein ölgemälde im Kirschgartenmuseum zeigt die Familie Bischoff-Bischoff beim Botanikstudium), - und das Umhegen von Topfpflanzen in der Stadtwohnung im Winter waren seit der Biedermeierzeit mit dem Aufkommen von Gärtnereien immer beliebtere und ausserordentlich verbreitete Hobbys. Der Garten des eigenen Landgutes bot natürlich ein noch grösseres Betätigungsfeld. Und da alle grösseren Landgüter auch über eine beheizbare Orangerie oder ein Pflanzenhaus verfügten (besonders schön: die renovierte Orangerie im Sarasinpark siehe Seiten 36 bis 45), konnte man auch ausgefallenere und exotische Pflanzen ziehen.

Vom französischen Barockgarten zum englischen Bark

Schon im 17. Jahrhundert züchtete man Zitrusbäumchen in Töpfen, die zur Verschönerung von Terrassen und Gärten beitrugen, wie man Stichen von Matthäus Merian entnehmen kann. Sie standen im Randbereich, während sich in der Mitte des Gartens symmetrisch angeordnet, rechtekkige Beete ausbreiteten, die von Buchshecken eingefasst waren. Darin waren Blumen gepflanzt in Form von Teppichmustern, Broderien genannt. Der Basler Arzt Emanuel König empfahl folgende Blumensorten:10) Veyel (Goldlack), Schlüsselblumen, Narzissen, Hyazinthen, Tulpen, Kaiserkronen, Anemonen, Lilien, Begonien, Türkenbund, Rosen, Levkojen, Fingerhut, Akelei, Schwertlilien, Rittersporn, Löwenmaul, Eisenhut, Lavendel, Thymian, Wegwarte, Salbei, Königskerze, Angelika, Habichtskraut und Passionsblume.

Eine erstaunliche Auswahl an Blumen, von denen die meisten heute noch kultiviert werden.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts, als mit der prosperierenden Seidenbandindustrie in der Basler Oberschicht riesige Vermögen gemacht wurden, statteten die Gutsbesitzer in Riehen ihre Häuser und Gärten immer prächtiger aus. Die Baulust nahm ungeahnte Formen an. Aus dem vollen schöpfend liess beispielsweise der legendäre Wenkenhofbesitzer Johann Heinrich Zäslin ein neues Lusthaus nach dem Vorbild des «Trianon de Porcelaine» in Versailles bauen samt französischem Garten, und sein Schwager Samuel Burckhardt erneuerte seinen Bäumlihof mit einem prachtvollen Park im französischen Stil. Grosses Vorbild für die Ausstattung der Gärten war der in Basel ein Palais besitzende Markgraf von Baden.

Als Samuel Merian-Kuder, der nachmalige Besitzer des Bäumlihofs, den französischen Garten ganz der herrschenden Mode folgend in einen englischen Park umwandeln liess, engagierte er keinen Geringeren als den markgräflichen Hofgärtner Johann Michael Zeyher. Die anderen Gutsbesitzer taten es ihm nach - nicht mit Zeyher, zumindest gibt es keine schlüssigen Beweise dafür, - aber die An fang des 19. Jahrhunderts entstandenen englischen Gärten der Landgüter sind sich bis in Details sehr ähnlich. Es ist anzunehmen, dass unter den Besitzerfamilien, die zu dieser Zeit auch noch eng verwandt und verschwägert waren, ein reger Informationsaustausch stattgefunden hat, möglicherweise gar ein Wetteifern, oder vielleicht eine Empfehlung für diesen Gärtnermeister oder jenen Gartengestalter.

Die verschiedenen noch erhaltenen Entwürfe und Pläne des Berowerguts, des Glöcklihofs, des Iselin-Weber-Guts und des Le-Grand-Guts weisen sehr viele stilistische Gemeinsamkeiten auf sowie ähnliche Bepflanzungsmuster. Die signierten Pläne stammen alle entweder von «Caillat père» oder von «Caillat frères», die Legenden dazu sind alle im selben fehlerhaften Französisch gehalten, und die unsignierten lassen sich, wenn nicht gerade den Caillats zuordnen, so doch in ihren Umkreis denken.

Leider ist es mir noch nicht gelungen, die Caillats zu identifizieren103). Waren es tatsächlich Gartengestalter oder nur die Zeichner eines Gartenarchitekten? Vielleicht haben sie wirklich in Zeyhers Nachfolge in Riehen gewirkt. Sein stilistischer Einfluss ist jedenfalls unverkennbar: weite Rasenflächen, den Schlängelwegen entlang plazierte ellipti sehe Beete mit Bäumen oder Büschen, praktisch keine Blumenbeete, eine Vorliebe für Wegerweiterungen mit boskettartiger Bepflanzung und eine ausgesprochene Begabung, wirkungsvolle perspektivische Weiten zu erzielen mit Hilfe von kulissenartig gesetzten Baumgruppen oder Alleen in «leere» Rasenflächen. Zeyher soll auch ein hervorragender Kenner exotischer Baumsorten gewesen sein. Gerade in den Riehener Landgutparks kommen solche Gehölze recht häufig und in grosser Vielfalt vor. Denken wir nur an die Bestandesaufnahme von Lucas Frey im Sarasinpark: abge sehen von 50 Linden sind von den restlichen 112 Bäumen fast die Hälfte Exoten.11) Häufige Baumarten sind der Gingko biloba (chinesischer Tempelbaum), der Tulpenbaum, Magnolien, Gleditschien (oder Christusdorn, eine falsche Akazie), verschiedene Scheinzypressen, Platanen, japanische Eiben. Sie stammen alle ursprünglich aus Asien oder Nordamerika und wurden von Forschungsreisenden nach Europa gebracht. Uber die Gartenkulturen Frankreichs, Hollands und Englands gelangten sie dann auch zu uns.12) So wenig sich jahrhundertelang auf den Landgütern veränderte - sieht man einmal ab von Umbauten oder gartengestalterischen Eingriffen -, so viel hat das 20. Jahrhundert im Bemühen, eine leistungsfähige Infrastruktur für eine wachsende Gemeinde bereitzustellen, verändert, zerstört, beeinträchtigt.

Besonders davon betroffen waren die kleineren Landgüter. Abgebrochen: Das Socingut an der Oberdorfstrasse 15, das auf dem Ryhiner-Plan von 1786 den grössten und am vielfältigsten gestalteten barocken Garten aufweist (heute: Alterssiedlung); das Scherbsche Gütlein an der Wendelinsgasse 1, das Zäslinsche Gütlein am Webergässchen 1 (heute: Kantonalbank), das Gnöpffsche Gut an der Oberdorfstrasse 33 (Alterssiedlung). Die alte Taubstummenanstalt wich dem Neubau des Gemeindehauses (ein Teil der alten Parkanlage ist noch vorhanden).

Es blieb aber auch vieles erhalten. Zunächst die Güter in Privatbesitz, auf deren Fläche zwar gebaut wurde, die aber im wesentlichen nicht beeinträchtigt sind: der Glöcklihof und das Iselin-Weber-Gut, sowie der Bäumlihof, der freilich zum Teil auf Gebiet der Stadt Basel steht. Die Gemeinde Riehen hat durch Kauf ebenfalls zur Erhaltung bedeutender Güter beigetragen: Berowergut, Sarasinpark, Wenkenhof. Ihre Parks sind, und das ist vielleicht zu wenig bekannt, öffentlich zugänglich und werden von der Gemeindegärtnerei vorzüglich gepflegt.

Im folgenden soll versucht werden, einen dieser Parks, sein Entstehen, seine Veränderungen und sein heutiges Aussehen zu beschreiben und zu würdigen. Ich habe dazu den Garten des Berowerguts gewählt, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen ist er öffentlich zugänglich, zum andern gibt es unpubliziertes Material, das hier zum ersten Mal vorgestellt werden soll. In Form eines Spaziergangs durch den Park soll der Leser ein paar Anhaltspunkte bekommen, an denen er sich dann als Besucher und Betrachter orientieren kann.

Der Garten des Berowerguts

Wenn man von der vielbefahrenen Baselstrasse durch das prächtige Gittertor des Berowerguts auf den Platz vor den Eingang tritt, wird der Verkehrslärm übertönt vom Plätschern eines Brunnens: von zwei jungen Platanen flankiert steht er links vom Tor seit über 150 Jahren da. Die jungen Bäumchen sind Ersatz für die alten Platanen, die vor ein paar Jahren gefällt werden mussten, weil sie, über die Gartenmauer hinauswachsend, den Tramverkehr beeinträchtigten und die Pflastersteine, mit denen der Platz ausgelegt ist, um dreissig Zentimeter angehoben hatten.13) Die alten Platanen sind noch kleine Bäume auf dem «Plan du Jardin de la Campagne du Monsieur Von der Mühl-Hoffmann situé à Riehen» von Fr. Caillat père aus dem Jahr 1832/ 33.14) Vergleicht man diesen Plan mit dem heutigen Garten, fällt sofort auf, dass die Anlage, die Art der Bepflanzung, die Anordnung der Beete und Baumgruppen praktisch identisch sind. Weniges wurde verändert: Es gibt keinen Weiher mehr, statt des Karussells und des Kegelspiels gibt es Gewächshäuser der Gemeindegärtnerei. Auch die Gebäude auf dem Grundstück sind zahlreicher geworden (Villa «im Bifang», die Häuser an der Baselstrasse Richtung Lörrach). Vom Herrenhaus aus in Richtung Nordosten steigt das Gelände sanft an. Im geschwungenen Rasenparterre gleich vor dem Haus sind Rosen gepflanzt. Schon vor 150 Jahren hat der Gartenarchitekt dort Rosenbeete vorgesehen, und zwar eines mit einer «grouppe des rosiers bastige» (niedere Rosenbüsche) und eines mit einer «grouppe des rosiers hautetige» (Rosenbäumchen). Er folgte damit der gängigen Gestaltungsregel, dass Blumen möglichst nah am Haus zu pflanzen seien, Bäume dagegen weiter weg. Bis vor wenigen Jahren existierten die Beete tatsächlich in dieser Form, die letzte Besitzerin hatte eine Vorliebe für Rosenbäumchen;15) heute sind Buschrosen gepflanzt.

In der rechten Hälfte (vom Sommerhaus aus gesehen) dieses Rasenparterres wird das Auge angezogen von einem mächtigen Baum mit gemusterten gelbgrün-weissen Blättern. Es handelt sich um eine seltene Ahornart; der Baum wurde auf einen anderen gepfropft, und die Veredlungsstelle ist auf etwa Mannshöhe als Ring zu sehen. Geht man weiter auf dem Weg zur Anhöhe hinauf, kommt man an einer Gartenbank vorbei, die vor einer eindrücklichen Eibengruppe steht. Die beiden grossen Bäume vis-à-vis sind Linden, der äusserste nördlich von ihnen ein Gingko biloba. Die Gingkos, einst heilige Tempelbäume in China und Japan, sind sehr alte Bäume. Vor 200 Millionen Jahren bildeten sie zusammen mit Riesenfarnen und Nadelgehölz zusammenhängende Wälder über ganz Europa, Amerika und China. Die Früchte des weiblichen Gingkos riechen stark nach Buttersäure, wenn man im Herbst auf sie tritt. Deshalb werden in Pärken die männlichen Exemplare bevorzugt.16) Der junge Baum etwa in der Mitte dieser Rasenfläche ist ebenfalls botanisch interessant: er ist Ersatz für den alten, der gefällt werden musste. Es handelt sich um eine sogenannte Gleditschie, auch Christusdorn, eine falsche Akazie, die, aus Nordamerika eingeführt, bei uns seit etwa 1700 kultiviert wird. Die alte Gleditschie wird übrigens in der Riehener Geschichte von Pfarrer Iselin ausdrücklich erwähnt.17) Auf dem höchsten Punkt des Gartens erhebt sich ein Pavillon, ein luftiges quadratisches Gebäude mit geschwunge nen Treppenläufen, schönem schmiedeisernem Gitter, plattenbelegtem Boden und einem Spitzgiebeldach. Von hier aus hat man eine herrliche Aussicht auf das Wiesental und den Tüllinger Hügel. Der Blick geht auch Richtung Villa «im Bifang», dem heutigen Katzenmuseum, auf das Schwimmbad bis zur äussersten Grenze des ummauerten Grundstücks.18) Bis Anfang des 20. Jahrhunderts blickten die Besitzer des Berowerguts vom Pavillon aus auf ihre Reben, denn dieser Landsitz entwickelte sich aus einem Rebgut. In den ersten schriftlichen Zeugnissen ist vom «bifang» (eine eingehagte Wiese) als «Garten» (1551) und kurz darauf auch von einem «Zweiteil Rebenn» (1569) die Rede. Auch später werden immer «Garten und Reben» zusam men erwähnt; man besass zeitweise sogar Rebgelände im Schlipf.19) Der Ryhiner-Plan von 1786 (s. Seite 7) zeigt einen kleinen französischen Garten, zwei Drittel der Fläche als Rebgelände und ungefähr einen Viertel als Baumgarten.

Zurück zum Pavillon. Er datiert mit ziemlicher Sicherheit (Pläne dafür Hessen sich nicht finden) in die frühen dreissiger Jahre des 19. Jahrhunderts, als Anna Katharina Hoffmann (die Erbin) und ihr Mann Leonhard Vonder Mühll das Gut übernommen hatten. In diese Zeit fällt auch die Umgestaltung des Gartens vom bescheidenen barocken Gärtchen vor dem Herrenhaus in einen etwas grösseren nach englischem Vorbild.

Der Pavillon ist Ausgangspunkt von zwei Wegen, die wieder hinabführen Richtung Herrenhaus. Der eine macht einen Umweg der nördlichen Gartenmauer entlang, von wo man auf die jenseits davon liegenden Wässermatten blickt. Auch sie waren einst im Besitz der Familien Vonder Mühll und später La Roche. Der andere Weg führt um das nördliche elliptische Rasenparterre herum zum Herrenhaus; dort, wo heute Rhododendren, Azaleen, Birken, Scheinzypresse (in der seltenen Zwergform), eine Blutbuche und eine alte Tränenkiefer wachsen, befand sich, wie im Plan von 1832/33 eingezeichnet, ein Weiher. Er wurde zwar in der Ausführung redimensioniert, und ob er tatsächlich als «carpière», als Karpfenteich, benützt wurde, ist nicht auszumachen. Geeignet war er dafür auf jeden Fall, denn das Wasser kam frisch aus der Brunnenleitung, an die das Gut angeschlossen war. Einen eigenen Brunnen Hessen sich die Gutsbesitzer etwas kosten, und die Gemeinde verdiente daran nicht schlecht.

Der Weg führt weiter am Moorbeet vorbei; rechts davon wachsen heute Rosenbäumchen, und eine niedere Mauer, auf der gusseiserne Vasen stehen, überbrückt den Niveauunterschied zwischen Garten und den niedriger gelegenen Gewächshäusern. Früher war das der Gemüsegarten des Guts; auf dem Gartenplan von 1832/33 ist dort aber ein «Carroussel» und ein «jeu de quilles», eine Kegelbahn, entlang der Gartenmauer zum Bachtelenweg eingezeichnet. Das Karussell, eine Art Rundschaukel mit je einem Sitz an den Balkenenden, die in der Mitte übers Kreuz befestigt waren, entstand dann aber in der Rasenfläche vor dem Sommerhaus; jedenfalls ist auf dem Falkner-Plan von 186920) dort ein Rund in der entsprechenden Grösse eingezeichnet. Die Kegelbahn wurde, wie im Plan vermerkt, auch realisiert.

Angebaut an die Mauer zum Bachtelenweg steht ein qualitativ erstaunliches Gebäude: ein Tempelchen, das antike Architekturformen aufnimmt. Zierliche, kapitellgekrönte Holzsäulen stützen Architrav und Rundbogen, ein Giebel dach erhebt sich darüber. Der bauliche Zustand ist leider schlecht; es lässt sich auch nicht genau datieren. Vielleicht wurde es zur selben Zeit errichtet, als das Herrenhaus mit einer klassizistischen Fassade versehen wurde (1834).21 ) Stilistisch würde das passen. Auf dem Caillat-Plan ist dort ein Gebäude vorhanden, das als «Sallons»(!) angeschrieben ist. Könnte man sich nicht vorstellen, dass die Gesellschaften sich darin beim Tee und draussen beim Kegelspiel amüsierten?

Wie bereits erwähnt, waren die dreissiger Jahre des 19. Jahrhunderts Zeiten grosser Veränderungen auf dem Berowergut, jedenfalls was die architektonischen und gestalterischen Ambitionen der Besitzerfamilie Vonder Mühll-Hoffmann anbelangt. Das Herrenhaus wurde sehr stark umgebaut, und der Garten erhielt eine andere Ausrichtung. Ungefähr an der Stelle, wo heute das Tempelchen steht, war nämlich ursprünglich der Eingang zum Berowergut. Man betrat zuerst den Hof mit den ökonomiegebäuden und gelangte erst danach zum Herrenhaus. Hinter dem Herrenhaus und dem barocken Garten entlang, von einer Mauer abgegrenzt, führte ein Weg durchs ganze Gut, durch die Reben und dann durch einen Baumgarten.

Die Umgestaltung der 1830er Jahre öffnete den Besitz von der Baselstrasse her, der Garten erhielt eine diagonale Achse Herrenhaus-Pavillon «auf der Höhe», und der Weg durchs Grundstück wurde etwas nach Süden verlegt. Die Oekonomiegebäude wurden in der Ecke BaselstrasseBachtelenweg zusammengefasst. Auch die Orangerie, die heute noch in Gebrauch ist, stammt aus dieser Zeit. Die schriftlichen Quellen lassen den Schluss zu, dass sie auf älteren Fundamenten neu gebaut worden ist.22) Auch wenn kein Gewächshaus in den Kaufverträgen erwähnt ist, kann man annehmen, dass auch das Berowergut schon im 18. Jahrhundert eines besessen hat. Der Ryhiner-Plan von 1786 zeigt jedenfalls ein in Grösse und Lage der späteren Orangerie entsprechendes Gebäude.

Ein «Plan projété»23), ebenfalls aus der Hand Caillats, zeigt, dass die Vonder Mühll-Hoffmanns noch andere Vorschläge für die Gartengestaltung in ihre überlegungen einbezogen haben. Die vorgeschlagenen änderungen: der Weiher sollte in die Rasenfläche unterhalb des Pavillons gelegt werden; vorgesehen waren (die damals beliebten) Trauerweiden und eine künstliche Quelle. Die Orangerie stand frei an der Böschung zum tiefer gelegenen Gemüsegarten mit Gewächshäusern, und die Kegelbahn sollte genau dieser Böschung entlang führen. Interessant sind noch weitere Details: Am Rand des nördlichen Rasenparterres waren mehrere Gruppen von Nadelgehölzen geplant, in der Mitte sollte der Rasen leer sein, und erst entlang des Wegs zum Pavillon auf der Höhe waren wieder Laubbäume vorgesehen sowie ein grösseres Beet mit Rosenbäumchen. Da an der nördlichen Gartenmauer ebenfalls eine grosse Lücke in der Bepflanzung bestand, konnte man vom Herrenhaus direkt Richtung Schlipf sehen. Dieses Projekt scheint sehr viel mehr mit perspektivischen Wirkungen versehen, arbeitet mit interessanten Durchblicken, und man kann sich vorstellen, dass der Weiher mit der künstlichen Quelle, die möglicherweise als kleiner Wasserfall das Niveau überwunden hätte, ganz reizvoll gewesen wäre. Realisiert wurde aber schliesslich der etwas konventionellere Plan.

Einer Strassenkorrektur im Jahr 1914 fiel dann das älteste Gartengebäude des Berowergutes zum Opfer: das Kabinett, das auf einer Anhöhe an der Baselstrasse gestanden hatte, und das bereits auf dem Ryhiner-Plan von 1786 eingezeichnet ist. In diesem Kabinett fanden die weinseligen Einladungen der «Bürgermeisterin» Burckhardt-Vonder Mühll statt,24) und auch der bereits zitierte Johann Jakob Schäublin hat ganz besondere Erinnerungen daran:25) Oberhalb desselben (des Tors) ist ein hübsches Gartenhaus an die Landstrasse angebaut, das, mit Tisch und Stühlen versehen und beschattet von Gebüsch und riesigen Bäumen, den besuchenden Herrschaften angenehmen Abendaufenthalt bot. In diesen kühlen Räumen wurde unter heitern Gesprächen gevespert. Nach der Abreise der Gäste hatte meine Mutter die Aufgabe, abzuräumen und alles wieder in Ordnung zu stellen, wobei ich ihr als ältester helfen und die in den Gläsern verbliebenen Reste der feinen Weine vertilgen durfte. Noch heute ist mir der Geschmack dieser Feinheiten gegenwärtig, und wenn ich durch irgendwelche Gelegenheiten zum Genuss von Malaga, Madeira und ähnlichem kom me, so werde ich im Geiste in jenes «Kabinettli» versetzt, wo mein verwöhnter Gaumen diese Herrlichkeiten zum ersten Male kostete.

Nicht nur dieses «Kabinettli» ist verschwunden. Viele alte und kranke Bäume mussten gefällt werden und sind zum Teil nicht mehr ersetzt worden, so eine Rosskastanie und eine seltene Rosmarinkirsche. Der in den dreissiger Jahren dieses Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Bau der Villa «im Bifang» angelegte Garten auf dem ehemaligen Rebgelände enthält dafür wieder einige sehr schöne Gehölzarten, japanische Fächerahorne zum Beispiel, grossgewachsene Föhren, Hainbuchen, Trompetenbäume und einen Gingko biloba.

Die Sarasinschen Güter

Der Sarasinpark ist neben dem Wenkenhof der grösste öffentlich zugängliche Park auf Riehener Gemeindegebiet. Entstanden ist er aus dem etappenweisen Zusammenschluss der einstigen Landgüter Le Grand (im ehemaligen ökonomiegebäude ist heute die Gemeindegärtnerei untergebracht), Elbs-Birr (heute Musikschule) und Werthemann-Stähelin. Das Areal zwischen Baselstrasse, Rössligasse und Inzlingerstrasse umfasst etwa 34000 Quadratmeter und weist einen schönen alten Baumbestand auf. Die Entstehung des Parks und der Landgüter ist gut dokumentiert und in der Arbeit von Fritz Lehmann und Lucas Frey beispielhaft und ausführlich geschildert worden.26) «Auf fast allen Seiten von hohen Mauern eingefasst, erschliesst sich der Besitz nur von innen her, und auch hier bedarf es eines kundigen Führers, um in dem heutigen Zustand ursprüngliche Anlage und Wachstum, die Vorstellungswelt seiner Schöpfer und das künstlerisch und kunstgeschichtlich Wertvolle zu erkennen», heisst es da in der Einleitung. Dieser Satz ist heute noch so gültig wie vor einundzwanzig Jahren, als er geschrieben wurde, mit zwei Unterschieden allerdings: Der Zugang zum Park vom Parkplatz an der Gartengasse, auf einem Weg hinter der Musikschule ist leichter (wenn man ihn kennt), und die soeben renovierte Orangerie zeigt wenigstens ein künstlerisch bedeutsames Element der einstigen Gartenanlage.

Und doch: es ist schwierig, den Zusammenhang dieses riesigen Parks einigermassen zu erfassen. An der ausgedehnten Fläche allein kann es nicht liegen - mir scheint, ein Satz von Fürst Pückler-Muskau in seinen «Andeutungen über Landschaftsgärtnerei» von 1834 trifft den Sachverhalt:27) «...wenn der Park eine zusammengezogene idealisierte Natur ist, so ist der Garten eine ausgedehntere Wohnung... Es ist schlechterdings ein Ding der Unmöglichkeit, einen grossen ausgedehnten Park so zu pflanzen, dass er ausgewachsen ganz dasselbe Bild wie früher nur in verändertem Masstabe biete, und das ganze denn als für immer im rechten Verhältnis zueinander stehend betrachtet werden könne - denn Natur lässt sich so genau nicht berechnen.»

Der erste Gartenplan des Le Grand-Guts stammt aus dem Jahr 176628) und zeigt, perspektivisch gezeichnet, die Gebäude mit dem Ehrenhof und als Grundriss den Garten: Symmetrisch auf die Mittelachse des Herrenhauses ausgerichtet, folgen sich die quadratischen und rechteckigen Parterres von Süden nach Norden, unterbrochen von einem (heute verschwundenen) grossen rechteckigen Bassin mit Springbrunnen. Eine Alle bis zur Baselstrasse betont die Axialität der Anlage. An der Ecke Inzlingerstrasse/Baselstrasse befindet sich ein «Cabinet» (ursprünglich ein Rebhäuschen), an der Mauer entlang der Baselstrasse ein «Perspectiv» und ein «Lusthaus samt beiliegendem Garten und dem Weg.»

Vom Elbs-Birrschen Garten gibt es einen ersten Plan29) von 1801, der noch die französische Anlage zeigt mit den symmetrischen Beeten, die um zentrale Springbrunnen gruppiert sind. Weiter gibt es bereits eine Rundschaukel und eine Kegelbahn.

Ein Plan von 1811 zeigt denselben Garten nach englischer Manier umgestaltet. Die Springbrunnen, die Spiele und die Pavillons sind an ihren Standorten belassen, aber die barocken Parterres sind aufgelöst und umgewandelt in geschwungene Beete mit dichter Busch- und Baumbepflanzung. Als ob sich der Gartenarchitekt von der Kleinteiligkeit der barocken Beete hätte beeinflussen lassen, sind die neuen Pflanzflächen auch ziemlich klein, und die Wege dazwischen entsprechend zahlreich und kompliziert geführt. Interessant dagegen ist, dass die Lindenallee, die noch heute eine der Hauptachsen des Sarasinparks bildet, bereits angelegt ist.

1812 kaufte der Besitzer des Elbs-Birrschen Gutes den Le Grand-Hof, und wahrscheinlich nach 1836 wurden die Gärten zu einem zusammenhängenden Park umgestaltet. Aus dieser Zeit existieren wiederum Pläne, die stilistisch stark an die Caillat-Zeichnungen von Berowergut oder Iselin-Weber-Gut erinnern. Sie sind allerdings unsigniert, und es scheint sich durchweg um Entwürfe zu handeln. Vergleicht man nämlich mit dem Falkner-Plan von 1869, so sieht man zwar einige Elemente verwirklicht, aber nicht alle. Insbesondere die Grösse und die Form des Weihers, der vor der Orangerie angelegt ist, scheint Gegenstand von Diskussionen gewesen zu sein. Hingegen ist die Gruppie rung der Bäume (sie bedecken eine grössere Fläche rund um den Weiher und an den Rändern des Parks) im einen Entwurf schon ziemlich dem heutigen Zustand entsprechend.

Ein paar weitere interessante Details zu diesen Plänen: Der Weiher scheint ursprünglich als eine Art Waldsee geplant gewesen zu sein; ein Plan zeigt ausschliesslich Nadelgehölz darum herum. Die Parkränder sind dagegen nur Laubbäumen vorbehalten. Die Rasenflächen, die sich vom Weiher aus in nordwestlicher Richtung ausbreiten, sind dagegen kaum bepflanzt. Der Gartenarchitekt hat, so kann man daraus schliessen, versucht, eine ganz bestimmte perspektivische Wirkung zu erzielen. Vom Le Grand-Haus aus blickt man direkt auf ein Wäldchen, dahinter aber auf riesige weite Rasenflächen und ganz im Hintergrund verliert sich die Lindenallee Richtung Norden. Das entspricht genau den Gestaltungsregeln des englischen Landschaftsgartens, wonach das Auge durch den Park «geführt» werden muss und immer Gelegenheit haben sollte, sich an einem Detail «festzuhalten».

Der andere Plan verwirklicht diese Idee auf nicht so überzeugende Art; er ist, wie der im Berowergut ausgeführte, konventioneller. Zwei Weiher sind vorgesehen, der eine vor dem Elbs-Birrschen Haus, der andere direkt vor dem Le Grand-Haus. Trauerweiden umgeben sie. Die Bäume sind nach dem gängigen Schema in elliptische Beete innerhalb der Pleasure-Grounds (Rasenflächen) gepflanzt. Eine interessante Abweichung ist das Rebenbeet in der nordöstlichen Gartenecke, das wohl einen Hinweis auf das Rebhäuschen dahinter geben sollte.

Dieser zweite Plan ist auch Zeugnis für die Schwierigkeiten des Gartengestalters, aus zwei selbständigen Gärten eine Einheit zu bilden. Die Rasenflächen wurden zwar so angelegt, dass die Lindenallee sie asymmetrisch durchschnitt, aber trotzdem hat man vor jedem Herrenhaus das Gefühl, in einem anderen Garten zu sein.

Fotos aus dem 19. Jahrhundert30) zeigen den Park in einem Zustand, der den heute gängigen Ideen natürlicher Gestaltung sehr nahe kommt. Das Elbs-Birrsche Haus ver schwindet beinahe unter mächtigen Linden, und davor breitet sich eine prächtige Naturwiese aus. Die Orangerie ist üppig von Kletterpflanzen überwachsen, am Weiher stehen zwei riesige Pappeln.

Seither haben Gärtnerhände kräftig eingegriffen und aus dem verwilderten romantischen Erholungspark der Diakonissen ist wieder ein wohlgeordneter Park geworden. Ein Park, dessen verborgene Schönheiten sich dem Spaziergänger, wenn er ihn in Musse durchwandert, erschliessen. Leider ist nicht allen Riehenern bekannt, welch herrliche grüne Oase sich entlang der Baselstrasse befindet, und dass sie für jedermann zugänglich ist, hat sich noch nicht überall herumgesprochen. Auch beim gegenüberliegenden Berowergut ist es erlaubt, mehr als nur einen Blick durchs Gittertor zu werfen. Möge dieser Text dazu beitragen, den Riehenern diese ehemals herrschaftlichen Gärten als die «ihren» näherzubringen.

Anmerkungen

1) Riehen, Geschichte eines Dorfes S. 277/78

2) Alle Angaben dazu im Historischen Grundbuch Riehen (HGR)

3) Basler Zeitschrift für Geschichte, 1966, Lucas Frey/Fritz Lehmann: Die Sarasinschen Güter in Riehen, S. 165/66

4) Original im Besitz des Diakonissenhauses

5) Siehe Farbtafel II in: Riehen, Geschichte eines Dorfes, S.66

6) do., S. 278

7) HGR

8) Riehener Jahrbuch, 1976, S. 7-17

9) S. 47ff 10) Basilea botanica, S. 165

10a) Ein Gärtner Jean-François Caillat, verheiratet mit Ursula Ecklin, lässt von 1799 bis 1809 Kinder in Basel taufen, vmtl. ein Sohn François oder Franz Caillat, verheiratet mit Ursula Schneider, lässt von 1832 bis 1845 Kinder in Basel taufen. Die Familie bürgert sich 1890 in Basel ein und stammt ursprünglich aus Tartegnin bei Rolle VD. Mitteilung von Herrn Michael Raith.

11) Wie Anmerkung 3, S. 219-222

12) Basilea botanica, S. 208ff

13) Alle Angaben zum heutigen Garten des Berowerguts verdanke ich Herrn Markus Fritz von der Gemeindegärtnerei.

14) Im Gemeindearchiv Riehen wird eine Mappe mit diesen Plänen aufbewahrt 15) Mitteilung von Frau Giovanna Dorigo, heute Verwalterin des Berowerguts, früher ebendort langjährige Hausangestellte der Familie La Roche.

16) Basilea botanica, S. 219-220

17) Iselin, S. 283

18) Villa «im Bifang» von 1934, Schwimmbad von 1955

19) 1831 erwähnt, HGR

20) StABS, Planarchiv

21) Riehen, Geschichte, S. 257. Dort wird sogar die Vermutung geäussert, das Tempelchen stamme von Melchior Berri.

22) Brandlager Nr. E «neues Gewächshaus mit Schieferdach und eine Mauer», HGR 23) Original im Gemeindearchiv Riehen

24) Gemeindearchiv Riehen, unpubl. Band «Das Russingergut»

25) Riehener Jahrbuch 1976, S. 7-17

26) Fritz Lehmann/Lucas Frey: Die Sarasinschen Güter in Riehen, in: Basler Zeitschrift für Geschichte, 1966, S. 158ff und Riehener Jahrbuch 1966, S. 25ff

27) F.R.Cowell, Gartenkunst, S. 234

28) der sog. Enkerlin-Plan, Original im Diakonissenhaus, abgebildet in Riehen, Geschichte, S. 233

29) Pläne von 1801 und 1811 sind im Original im Diakonissenhaus

30) HGR

Literatur

Burckhardt- Werthemann, Daniel: Das Baslerische Landgut vergangener Zeit, in: Jahrbücher des Basler Kunstvereins, 1911 Cowell, Frank Richard: Gartenkunst, Von der Antike bis zur Gegenwart, 1979 Birkner, Othmar: Bauen und Wohnen in der Schweiz, 1850-1920, Zürich, 1975 Das Bürgerhaus der Schweiz, Band 22, Basel-Stadt Erichsen-Firle, Ursula: Geometrische Kompositionsprinzipien in den Theorien der Gartenkunst des 16. bis 18. Jahrhunderts, Diss. Köln, 1971 Heyer, Hans-Rudolf: Historische Gärten der Schweiz, Bern 1980 Iselin, Emil: Geschichte des Dorfes Riehen, Basel 1923 Lehmann, Fritz u. Frey, Lucas: Die Sarasinschen Güter in Riehen, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 66, 1966 Raith, Michael: Gemeindekunde Riehen, Riehen 1980 Reinhardt, Ursula: Riehen, Schweiz. Kunstführer, Basel 1980 Rieder, Marilise, Rieder, Hans Peter, Suter, Rudolf: Basilea botanica, Basel 1979 Riehen, Geschichte eines Dorfes, Riehen 1972 Schär, Werner: Höfe und Landgüter in Riehen, Riehen 1966 Von der Mühll, Johanna: Basler Sitten, Basel 1944, 1969 Wirz, Eduard: Unser Riehen, Riehen 1956 Riehener Jahrbücher 1966,1976 Dieser Artikel beruht auf der Arbeit von Herrn Fritz Lehmann und seinen Mitarbeitern des Historischen Grundbuchs Riehen, die mir ihr unpubliziertes Material in uneigennütziger Weise zur Verfügung gestellt haben. Dafür danke ich ihnen herzlich.

Pläne und weiteres unpubliziertes Material befinden sich im Planarchiv des Staatsarchivs Basel, in der dortigen Bildersammlung, im Gemeindearchiv Riehen (vor allem Berowergut) und in Privatarchiven.

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1987

zum Jahrbuch 1987