Im Bann der Jasskarten

Toprak Yerguz

Mitte Juli fand die Sendung «Donnschtig-Jass» des Schweizer Fernsehen erstmals in Riehen statt.

 

Riehen wird mit vielem in Verbindung gebracht, aber das Jassen gehörte bisher nicht dazu. Das änderte sich am 8. Juli 2010. An jenem Abend fand in Rheinfelden die erste «Donnschtig-Jass»-Sendung des Sommers statt. Mit dabei war ein Jassteam aus Riehen, das gegen Röschenz antrat. Damit nicht genug: Die Jasserinnen und Jasser aus Riehen setzten sich dank klugem Spiel und ein bisschen Kartenglück gegen die Röschenzer durch. Nach den Spielregeln des «Donnschtig-Jass» sicherte sich Riehen damit das Recht, Gastgeber der nächsten Sendung zu sein. Eine Woche später folgte der Höhepunkt: Am 15. Juli durfte sich Riehen zur besten Sendezeit am Schweizer Fernsehen präsentieren. Der Parkplatz beim Gemeindehaus, schon lange zuvor als Austragungsort ausgewählt, verwandelte sich in eine Festhütte. Für einmal war der Platz nicht von Autos besetzt, sondern von Festbänken, Gastrozelten und zahlreichen Kameras und Belichtungsanlagen. Um das Jasszelt, in welchem die beiden Walliser Gastgemeinden Simplon Dorf und Visp um den Sieg spielten, waren die Festbänke strahlenförmig angelegt. Die erfahrenen Fernsehmacher bewiesen damit eine gute Nase: Selbst die am weitesten entfernten Bänke hatten noch freie Sicht auf das Geschehen im Zelt. Für alle andern wurde das Geschehen auf zahlreichen Monitoren übertragen.

Am Donnerstagmittag, als die ersten Proben für die Sendung liefen, begann sich die Anlage langsam mit Besuchern zu füllen. Trotz des Sieges eine Woche zuvor blieben aber Zweifel, ob der «Donnschtig-Jass» in Riehen genügend Besucher anlocken könne. Als dann Moderatorin Monika Fasnacht während der Probe Riehen dem Kanton Basel-Landschaft zuordnete, fragtesich mancher, ob diese Sendung ein Erfolg würde.

Die Zweifel wichen, als die Sendung langsam näher rückte. Kurz vor Beginn waren fast alle Plätze besetzt. Der Funken, der eine Woche zuvor mit dem Sieg in Rheinfelden gezündet worden war, vermochte in Riehen tatsächlich eine kleine Euphorie zu entflammen. Der Gemeindeparkplatz war der Ort, an welchem man sich traf an diesem Abend: Hier sah man, hier wurde man gesehen. Vier von sieben Riehener Gemeinderäten machten dem Anlass ihre Aufwartung, dazu zahlreiche Einwohnerräte.

Kurz vor Sendebeginn sprachen Nicole Strahm-Lavanchy vom Verkehrsverein Riehen und Gemeindepräsident Willi Fischer ein paar Grussworte im Namen des Organisationskomitees und der Gemeinde Riehen. Strahm-Lavanchy liess sich vom ländlichen Charme der Sendung inspirieren und begrüsste die Gäste in einer Riehener Sonntagstracht. Auch der Dorfschmied Ernst Lemmenmeier und die Sportlerin Katrin Leumann verliehen dem «Donnschtig-Jass» eine Riehener Note. Leumann durfte die Sendung mit Monika Fasnacht eröffnen und präsentierte zwei Goldmedaillen, die sie am Wochenende davor an den Mountainbike-Euro- pameisterschaften gewonnen hatte. Lemmenmeier erzählte den Fernsehzuschauern etwas über Riehens Vergangenheit.

Als Tüpfelchen auf dem i wurde die gelungene Sendung von einem Wetter begleitet, das Riehen im Glanz der Abendson- ne erscheinen Hess. Die in der Wettervorhersage als «mög- lich» eingestuften Regenschauer blieben fern. Nach einer Stunde «Donnschtig-Jass» aus Riehen war klar: Das Projekt war ein voller Erfolg. Ganz nebenbei trug die eigentlich völ- lig apolitische Sendung des Schweizer Fernsehens auch zur Diskussion über ein Dorfpolitikum bei: Staunend nahmen die Festbesucher die Schönheit des Gemeindeparkplatzes ohne Autos wahr. Noch um 22 Uhr wähnte man sich an die- sem Abend auf einer mediterranen Piazza. Man sass in der schwülen Wärme der anbrechenden Nacht, hörte Musik und unterhielt sich bis spät nachts. Die Debatte um den Parkplatz wurde in den folgenden Wochen weitergeführt, unter ande- rem im Einwohnerrat, wo der ein Jahr zuvor an der Urne verworfene Vorschlag einer Tiefgarage als Ersatz wiederauf- genommen wurde.

Was letztlich für Riehen ein unterhaltsamer Abend und wertvolle Werbung in eigener Sache war, ist dem unermüd- lichen Einsatz eines sechsköpfigen Organisalionskomitees zu verdanken. Nicole Strahm-Lavanchy, Hansruedi Bärtschi, Lukas Buholzer, Fredi Hammann, Fredi Käppeli und Urs Denzler hatten sich für die Idee eines «Donnschtig-Jass» mit Riehener Beteiligung begeistern können und an die Durch- führung des Anlasses geglaubt. Von der Anmeldung beim Schweizer Fernsehen bis zum erinnerungswürdigen Abend auf dem Gemeindeparkplatz war es aber ein steiniger Weg. Als Erstes mussten die Verantwortlichen des Fernsehens von den Qualitäten der Riehener Bewerbung überzeugt werden. Der Wenkenpark wurde als vorgeschlagener Austragungsort abgelehnt, der Gemeindeparkplatz erhielt hingegen von den Produzenten gute Noten. Nachdem technische Fragen wie Infrastruktur oder Zufahrtswege geklärt waren, erhielt Riehen die Zusage für die Sendung in Rheinfelden. Obwohl nicht sicher war, wer sich für die Austragung qualifizieren würde, musste die Sendung sowohl in Röschenz und Riehen geplant werden. Beide Gemeinden wussten, dass der Verlierer umsonst geplant haben würde.

Nach der Zusage veranstaltete das Riehener Organisationskomitee ein Qualifikationsturnier int Bürgersaal. Zum Turnier fanden sich aber mit Mühe und Not nur gerade 24 Jasserinnen und Jasser ein, die um einen Platz im Team spielen wollten.

In der Kategorie Jungjasser, einer von drei vorgegebenen Kategorien (Frauen, Männer, Jugendliche), nahm sogar nur das Geschwisterpaar Yanick und Joelle Roth teil. Die beiden nahmen diesen Umstand gelassen hin: «So wissen wir wenigstens, dass sicher einer von uns qualifiziert sein wird», kommentierte der zwölfjährige Yanick. Er hatte letztlich etwas weniger Glück als seine um zwei Jahre jüngere Schwester Joelle, die Riehen in Rheinfelden vertreten sollte. Sie wurde begleitet vom Jasskönig Eduard Gomez, Sieger der Qualifikation, von der besten Jasserin Rosmarie Bucher und vom Telefonjasser Hans Emmenegger, zweitbester der Qualifikation. Als Ersatzjasser war Walter Maeschli bestimmt.

«Es hätten sich noch mehr Jasser melden können», sagte Hansruedi Bärtschi zur eher mageren Teilnahme der Riehener, «aber die Gefahr, am Fernsehen zu versagen, hielt viele von der Qualifikation ab.»

Diesem hohen Druck hielt das Jassteam Riehen stand: Es war dafür besorgt, class den Röschenzern am Jassteppich das Nachsehen blieb. Und spätestens seit den zwei Sendungen im Juli 2010 weiss jetzt jeder, dass es auch in Riehen Leute gibt, die das urschweizerische Kartenspiel bestens beherrschen.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2010

zum Jahrbuch 2010