Item ein Hoffstatt nidwendig dem kilchhoff

Fritz Lehmann

Aus der Geschichte des Hauses Baselstrasse 23 Nach rund lOjährigem Bemühen um eine sachgerechte Renovation — mit einem Aufwand von ungefähr 1,6 Millionen Franken — präsentiert sich unser Haus, eine der markanten Liegenschaften der Riehener Baselstrasse, in neuem Glanz. Das wohlgelungene Werk verrät uns kaum et was von dem jahrelangen Ringen um eine allen Interessen angemessene Lösung.

Es ist eine gewohnte Erscheinung, dass sich bei einem solchen Objekt mehrere legitime Interessen gegenüberstehen, auf der einen Seite etwa der Eigentümer mit dem berechtigten Anliegen, Aufwand und Ertrag seiner Altbauliegenschaft in ein annehmbares Verhältnis zu bringen, auf der anderen Seite die öffentliche Hand mit ihrem Auftrag, die Einhaltung der Gesetze zu überwachen. Weniger gewohnt sind wir das Gegeneinander widersprüchlicher öffentlicher Interessen, die ein Bauvorhaben um ein Jahrzehnt verzögern können — mit allen Kostenfolgen für die Betroffenen.

In unserem Fall ging es der Gemeinde Riehen um die Erhaltung des alten Dorfbildes in der Baselstrasse; sie wünschte, dass das Haus in seinen alten Aussenmauern und mit seinem hohen Dach unverändert bleiben sollte, wozu der Eigentümer durchaus bereit war. Der Kanton, vertreten durph das Baudepartement, verlangte dagegen die Zurücknahme der Fassade auf die 1898 festgelegte gerade Baulinie oder, wenn der alte Zustand beibehalten werde, eine schriftliche Erklärung des Eigentümers, dass er bei einer allfälligen Strassenerweiterung die Abbruchund Wiederaufbaukosten übernehme. Zur übernahme einer derartigen Verpflichtung war der Liegenschaftsbesitzer nicht ohne weiteres bereit; er erwartete, dass zunächst die betroffenen Behörden sich über die Prioritäten ihrer gegensätzlichen Forderungen einigten. 1976, sieben Jahre nach Einreichung der generellen Bauvorlage, war diese Einigung noch nicht erzielt.

Der Vorstoss einer dritten Behörde brachte dann die Angelegenheit wieder auf die Tagesordnung. Die staatliche Basler Denkmalpflege stellte den Antrag, die Liegenschaft unter Schutz zu stellen. Der Eigentümer lehnte ab, da er prinzipiell bereit war, das Haus zu erhalten, nicht aber gewillt, den Vorstellungen der Denkmalpflege in allen Einzelheiten zu folgen. Der Regierungsrat schloss sich seinen Argumenten an.

Die Baubewilligung wurde schliesslich 1977 erteilt; 1978 konnte der Umbau endlich in Angriff genommen werden. Nun zeigte sich, dass die Erhaltung der überhohen alten Bruchsteinmauern besondere statische Konstruktionen notwendig machten, die nicht unerheblich zu Buche schlugen. Alle Massnahmen im Sinne der Denkmalpflege beanspruchten am Ende ein rundes Fünftel der Bausumme. An diese Mehrkosten leistete der Kanton und die Gemeinde einen Beitrag von je 82 500 Franken.

Im April 1979, ein Monat nachdem das Haus bezogen werden konnte, hob der Regierungsrat die Baulinie von 1898 auf und ersetzte sie durch eine Baufluchtlinie. Der ominöse Revers wurde zurückgegeben.

Unter den Argumenten, die der Eigentümer gegen die Unter-Denkmalschutz-Stellung seiner Liegenschaft vorbrachte, seien hier diejenigen aufgegriffen, die sich auf die Baugeschichte des Hauses beziehen. Er machte, u.E. mit Recht, geltend, dass es «in den letzten 200 Jahren viele bauliche Veränderungen erfahren (habe), die jeweilen Ausdruck ihrer Zeit waren» und nicht recht einzusehen sei, warum nicht auch «die Handschrift unserer Zeit auf unseren ererbten Wohnstätten stehen (solle, so) wie diejenige unserer Vorfahren heute noch abzulesen» sei.

In der Tat verrät schon ein flüchtiger Blick auf den so schön renovierten Baukörper, dass hier nicht mehr der Bauernhof von 1769 — wenn wir der Jahreszahl über dem Eingang zum Gewölbekeller folgen — in seiner ursprünglichen Form vor uns steht. Der hohe Wohntrakt passt auf keinen Fall zur alten Scheune, die noch am grossen Rundbogen ihrer alten Einfahrt an der Baselstrasse erkenntlich ist. Er wird erstmals 1864 in einer Schätzung für das Brandlagerbuch als «Behausung (mit) 2 Stockwerk in Mauer 10.000 Fr.» beschrieben, was als Behausung mit zwei Stockwerken über dem Erdgeschoss verstanden werden will. In den älteren Brandlagerbüchern fehlt dieser Hinweis, während er für das angebaute Nachbarhaus Baselstrasse 21 schon 1819 gegeben wird. Unsere Annahme, dass das Wohnhaus erst nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgestockt wurde, bestätigt sich bei einem Vergleich der Brandschatzungen von 1807-64.

Im ältesten Brandlagerbuch wird unter der Nr. 182 das Haus «in Stockmauern, mit Ziegeln gedeckt» noch auf 4.000 Franken geschätzt. 1830 lesen wir «Behausung in Mauer mit Ziegeldach 4.500 Fr., woraus mit der neuen Währung des Bundesstaates von 1848 6.400 Franken werden. Der Sprung auf 10.000 Franken in der Schätzung von 1864 erscheint zu gross, um ohne grössere bauliche Veränderungen erklärbar zu sein; es liegt nahe, die Auf Stockung des Hauses als Anlass der Werterhöhung anzusehen.

Bauliche Veränderungen sind nicht nur am Wohnhaus abzulesen. Auch die ehemalige Scheune, die in auffälligem Kontrast zu ihren zweistöckigen Nachbarn steht, muss bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts verändert worden sein. Die Jahreszahl 1817 im Rundbogen der früheren Tenneneinfahrt an der Baselstrasse dürfte nicht nur von einem Besitzerwechsel Zeugnis ablegen, sondern von einer Erweiterung der Scheune und einer Anhebung des Scheunendaches, die vor dem Umbau unserer Tage noch deutlich sichtbar waren.

Dafür, dass Handänderungen häufig von Umbauten begleitet waren, besitzen wir ein besonders schönes Zeugnis in Gestalt einer detaillierten Rechnung aus dem Jahre 1898. Damals berechnete der Maurermeister Daniel Gassler, vertreten durch Th. Seckinger, «Herrn Louis LöligerPlattner, Küfermeister Dahier» Fr. 816,48 für einen Wohnhausumbau. Der Grossvater der heutigen Eigentümer hatte das Haus in jenem Jahr neu erworben und in einem ersten Anlauf die Wohnungen umbauen lassen, um seiner jungen Frau ein schönes Heim zu bieten. — Der Ku riosität halber seien aus der Rechnung einige Taglöhne zitiert: für Maurer im Sommer Fr. 5,50, im Winter Fr. 5,00, für Handlanger Fr. 3,80 bzw. Fr. 3,50.

Es kann nicht Aufgabe dieses Aufsatzes ein, eine vollständige Baugeschichte des Hauses Baselstrasse 23 zu schreiben; sie muss Berufeneren überlassen bleiben. Wir wollen uns vielmehr den uns bekannten Anfängen der Liegenschaft zuwenden, über die uns vom 16.—18. Jh. relativ wenige Nachrichten, seit dem 19. Jh. reichlicher werdende Zeugnisse zur Verfügung stehen. Was uns im folgenden beschäftigen wird, ist also nicht mehr ein bestimmtes Gebäude, sondern — wie im Titel bereits angedeutet — die Hofstatt, auf der dieses Gebäude, unser Haus Nr. 23, steht und seine Vorläufer gestanden haben. Alle Jahreszahlen aus der älteren Zeit beziehen sich demnach auf das gesamte Hofgelände einschliesslich zugehöriger Gärten und nicht etwa auf die heute stehenden Gebäude. «. . . nidwendig dem kilchhoff 1503» bedeutet nichts anderes, als dass uns der Zufall aus dem Jahre 1503 die erste Nennung einer Hofstatt an dieser Stelle erhalten hat, die mit grosser Wahrscheinlichkeit schon sehr viel länger existierte, und dass selbstverständlich zu dieser Hofstatt alle Baulichkeiten eines Bauernhofes gehörten, nur nicht gerade die heute sichtbaren.

Dem Leser sei empfohlen, an dieser Stelle die Planunterlagen zur Riehener Dorfgeschichte von 1972 zur Hand zu nehmen, um sich ein Bild von der Lage unserer Liegenschaft machen zu können. Die vor dem Haus vorbeiführende wichtigste Verkehrsader des alten Dorfes sowie die Nähe der Kirche und des Kirchhofes, die mit ihrer Umgebung ursprünglich eine «Kirchenburganlage» bildeten, sind die bestimmenden Elemente und sprechen für die Bedeutung des Anwesens. Benutzen wir den Plan «Grundherren und Eigentümer von Abgaben auf Liegenschaften im Dorfkern Riehen» sowie den «Vergrösserten Ausschnitt» aus diesem Plan, erhalten wir eine ganze Reihe weiterer Informationen, etwa aus der transparenten Deckpause die heutige Parzellennummer A 8 (Parzelle 8 in Sektion A), aus den farbigen Plänen die Parzellennummern des ältesten Katasters von 1825, nämlich die Nr. 70 für die Gebäude und 65 bzw. 63 und 69 für die heute zu dieser Liegenschaft gehörenden Gärten. Die wichtigste Information vermitteln uns indessen die Farben selbst. Sie verraten uns, dass die Anwesen Baselstr. 21—27 sowie Kirchstr. 1 zur Grundherrschaft des Klosters Wettingen gehörten, die Gärten mit den alten Parzellennummern 63 und 69 zum (Meier)hofgut, und die Nachbarliegenschaften in Richtung Basel dem Kloster St. Blasien, genauer gesagt seiner Propstei Berau zinspflichtig waren. Wichtig ist diese Information insofern, weil wir der schriftlichen Hinterlassenschaft dieser Grundherren die meisten älteren Nachrichten über unsere Liegenschaften verdanken. In regelmässigen Abständen wird das Grundeigentum dieser Herrschaften auch nach der Reformation immer wieder neu aufgenommen, die Besitzverhältnisse bereinigt — daher der Name 'Berein' für diese Register, die uns zum Glück vollständig erhalten sind. Ebenso sorgfältig führte man über die jährlichen Einnahmen Buch, wobei leider die Zinsrödel nur ausnahmsweise auf uns gekommen sind. Die Bereine liefern jeweils eine genaue Beschreibung der Grundstücke nach Grösse, Nutzungsart, Lage und Anwändern; selbstverständlich erfahren wir auch den Namen des Inhabers, der dem Grundherrn den jährlichen Zins abzuliefern hat. Zu den Besonderheiten der älteren Bereine gehört die Zusammenfassung mehrerer Grundstücke — meist eine Hofstatt, sodann Matten, äcker, Reben, Bünden und Wald — zu einer Trägerei, für die ein Träger insgesamt zinspflichtig ist, ob er nun die einzelnen Stücke selber nutzt oder nicht; in der Regel ist er der Inhaber der Hofstatt, in unserem Fall zahlt ihm ein anderer einen sogen. 'Inzins'. Die Inhaberschaft von damals beinhaltet weit mehr Rechte als heute. Der jeweilige Inhaber darf seinen Besitz veräussern, wobei freilich im allgemeinen jede Handänderung mit einer Abgabe an den Grundherrn verbunden ist.

Die Liegenschaften Baselstrasse 21/23 werden in den Wettinger Bereinen unter einer gemeinsamen Nummer geführt, zunächst als No. 80, vom 18. Jh. an als No. 42. Im ältesten uns zugänglichen Berein, dem aus dem Jahre 1503, gehören sie zur Trägerei des 'Lienhart götti' und werden wie folgt beschrieben: «Item ein Hoffstatt nidwenig dem kilchhoff zwüschen peter orab und berower gut stost vor an den bach und hinden an wettinger brüll davon gitt Im fridli diethelin ix ß d»

Was zunächst auffällt ist die Lagebeschreibung «nidwenig» — wohl ein Verschreiber von nidwendig, d.h. unterhalb des Kirchhofes; immerhin bildet unser Anwesen erst die dritte Hofstatt vom Kirchenareal aus gerechnet. Der gleiche Berein beschreibt die erste Hofstatt, das Areal Kirchstrasse 1, als «Hus und Hoff zwüschen dem blatz und peter orab und stost an des lippriesters gut», die zweite als «Hofstatt zwüschen des lüppriesters Hus und der stras und obnen an fridlin diethell». «nidwendig dem kilchhoff» liegt in ganz Riehen nur eine einzige, nämlich unsere Hofstatt, was fast zu der Vermutung verleiten könnte, dass die beiden Nachbarhöfe in Richtung Kirche erst später entstanden seien und im Mittelalter zwischen der Baselstrasse 23 und der Kirche keine weiteren Höfe gelegen hätten. Wenn wir freilich das Wettinger Gut in Riehen nicht als einheitliches Gebilde ansehen, sondern in seinen Anfängen aus verschiedenen Quellen zusammengewachsen, so mag unsere Hofstatt einmal das erste Gehöft eines kleineren adligen Grundbesitzers unterhalb der Riehener Kirche gewesen sein. Der Name blieb, nachdem er seine eigentliche Berechtigung verloren hatte, wurde aber bereits im 17. Jh. zugunsten anderer Bezeichnungen wie «Niden im dorff» und schliesslich «unden im dorff» aufgegeben.

Als besondere Begrenzung der Liegenschaft wird in den Wettinger Bereinen des 16.—18. Jh. alternierend der 'Bach', die Basel- oder Landstrasse angegeben. Ersteres erinnert daran, dass früher durch die meisten Riehener Gassen Bäche flössen, so wie es heute noch in Freiburg im Breisgau der Fall ist.

Der «wettinger brüll», der 1503 als hintere Begrenzung unserer Hofstatt auftaucht, entspricht dem heute noch lebenden Flurnamen 'Brühl', was nach Iselin 'Wässerungsmatte' bedeutet. Er gehörte einst, wie das gesamte Hofgut, ebenfalls dem Kloster Wettingen und wurde vom Meierhof aus bewirtschaftet. So verwundert es auch nicht, dass in jüngeren Bereinen das Wort Brühl durch die Bezeichnung 'Hofgut' ersetzt wird. Den alten Beschreibungen nach wurde damals auch der Hang der Niederterrasse hinter einigen Liegenschaften der Baselstrasse und der Kirchstrasse als zum Brühl gehörig angesehen.

Der Peter Orab von 1503 ist der Nachbar 'einerseits', d.h. der Inhaber der Liegenschaft Baselstrasse 27, die «obnen an fridlin diethell» stösst, an jenen Riehener also, der dem Leonhard Göttin 9 Schillinge für unsere Hofstatt zinst.

Mit Friedlin Diethelm begegnen wir dem ersten sicher bezeugten Inhaber des Anwesens Baselstrasse 21/23. Ob er es wirklich bewohnt hat, ist nicht völlig sicher, da er zur gleichen Zeit als Träger einer Hofstatt in der Schmiedgasse erscheint. Seines Zeichens Metzger, scheint er sich noch am Anfang des Jahrhunderts in Basel niedergelassen zu haben, wo er bereits in den 20er Jahren als Bürger erwähnt wird. Seine Frau Anna Dornacher wird 1526 in Riehener Quellen als Reichensteinsche Untertanin gemeldet. Wann 'fridlin diethelin' seinen Hof verkauft, wissen wir nicht. Wir können nur feststellen, dass sich die Hofstatt 1530 in anderen Händen befindet.

Der neue Inhaber heisst Hans Felgenhauer, seine Frau Christiana Schöni, gehört, wie wir erfahren, mit ihren Kindern zu den Markgräfler Eigenleuten. Am Abend des 19. Dezember 1530 sind bei ihnen «viel Eeren wyber zu Liecht gsin». Der Bauer «Päule Werchle» aus dem Nachbarhaus, vermutlich auf dem Areal der Baselstrasse 19, mischt sich unter die versammelten Frauen und belästigt eine Hochschwangere. Daraus entsteht ein Streit, bei dem der offensichtlich nicht ganz nüchterne Werchle den Pfarrer, Riehens grossen Reformator Ambrosius Kettenacker, mit schlimmsten Flüchen und Scheltworten verleumdet. Die Angelegenheit kommt der Basler Obrigkeit zu Ohren. Im Zeichen der jungen Reformation und angesichts der Schwierigkeiten, die Kettenacker in Riehen hat, reagiert der Rat schnell und unerbittlich. Bereits am 25. Januar 1531 wird dem unvorsichtigen Schwätzer die Zunge vom Henker abgetrennt. Am 4. Februar werden die Heilungskosten in den Basler Finanzakten verbucht. — Hans Felgenhauer muss, wohl um den Kauf des Hauses zu finanzieren, eine Hypothek aus dem Kirchengut aufgenommen haben. In den 30er Jahren führt er jährlich 15 Schilling Zins ab. Der erneuerte Wettinger Berein von 1551 nennt ihn noch als Inhaber unserer Hofstatt, der dem Träger Heinrich Göttin 9 s. zahle.

1591 führt der Berein des Klosters St. Blasien, dem zwei Hofstätten auf dem Areal der Liegenschaften Baselstrasse 15—19 zinsen, einen Hans Göttin als Anwänder der oberen Hofstatt an und gibt uns damit den Namen eines nirgendwo sonst überlieferten Inhabers unseres Anwesens. Hans Göttin ist mit der Tochter Barbara des o.a. Hans Felgenhauer verheiratet. Im ältesten Riehener Taufbuch erscheint er einmal als Vater eines 1571 geborenen Sohnes Hans.

Von ihm führen nun keine nachweisbaren Verbindungen zu den Inhabern des frühen 17. Jh., die Angehörige der angesehenen Familie Weinmann sind. Das mag auf der Lückenhaftigkeit unserer überlieferung beruhen, ebenso ist es aber möglich, dass die Handänderung auf dem Weg des Verkaufes vor sich ging. Auf jeden Fall nennt der Wettinger Berein von 1618 «Heine und Barttli wyman» als Besitzer der Hofstatt, wobei Barttli Wyman zugleich Träger und damit Nachfolger von Heinrich Göttin in diesem Amte ist. Nach dem Taufbuch muss es sich um Heinrich Weinmann-Steib und Barth. Weinmann-Fischer handeln; ihre Kinder werden 1601/03 bzw. 1608—25 in Riehen getauft. Das Verwandtschaftsverhältnis zwischen «Heine» und «Barttli» ist ungeklärt. Dagegen können wir Barth.

Weinmann auf dem Areal der Baselstrasse 23 lokalisieren, während Heinrich W. Inhaber des anschliessenden Areals gewesen sein muss. Am 19. Mai 1620 verpfänden nämlich «Bartlin Weinmann, Burger und Einwohner zu Riechen und Barbara Fischer, seine Ehefrau» der Universität ihr «Haus und Hofstatt sambt Scheuren, Gartten zu Riechen gelegen einseits neben fraw Anna Meylerin anderseits neben Heini Weinmann hinden auf das Brüel und vornen an die gass stossendt zinst im Wettinger Ampt 3 schilling» (StABS Univ.-Archiv K7, 93). Frau Anna Meyler ist die Besitzerin der Nachbarliegenschaft Baselstrasse 27; sie ist Tochter des Balthasar Meigel, den wir an anderer Stelle als Begründer des Landgutes Baselstrasse 30 vorstellen konnten; in zweiter Ehe war sie mit dem Weibel Jakob Mettler verheiratet.

1632 nennt der Wettinger Berein bereits andere Inhaber, nämlich Hans Weinmann, in dem wir den 1603 geborenen Sohn des o.a. Heinrich W. und Ehemann der Barbara Schultheiss vermuten— ihre Kinder werden 1637-43 getauft,— und «Bartie Weinmanns erben». Die Aufteilung des Grundstückes dürfte der oben ausgeführten entsprechen.

1638/48 erscheinen als Anwänder zum Areal Baselstrasse 19 Hans Weinmann und Johannes Köbelin, der als Besitzer des Areals Baselstrasse 23 an die Stelle der Erben des Barth. Weinmann tritt. Johannes Köbelin ist Schreiner. Die Kinder aus seiner Ehe mit Barbara Eger werden 1631—53 in der Riehener Dorfkirche getauft. 1658/59 erfahren wir, wieder aus dem Wettinger Berein, dass Hans Jakob Wagner Hans Weinmanns Erben ersetzt hat, während Johannes Köbelin-Eger unverändert im Besitz seines Liegenschaftsanteils ist und dafür fünf Schillinge zinst.

Für die folgenden 80 Jahre schweigen sich unsere Quellen über die Besitzverhältnisse unseres Anwesens aus. Sie setzen erst wieder mit der Erneuerung des Wettinger Bereins im Jahre 1739 ein, erlauben uns allerdings von diesem Zeitpunkt an, genau zwischen den Inhabern der Häuser Baselstrasse 21 und 23 zu unterscheiden. Aus Platzgründen wollen wir uns im folgenden auf letztere beschränken.

Der erste, 1739 genannte, ist Rudolf David-Basler (1671—1751), ein Sattler aus ursprünglich Baslerischem Geschlecht, das widrige Umstände um sein Bürgerrecht gebracht und nach Riehen verschlagen hatte, wo es rasch heimisch wurde und noch heute in dem Namen des Davidsgässchens weiterlebt.

Der Sohn Rudolfs, Johannes David-Wenk(-KleiberFritschin-Brunner), der in erster Ehe mit der Tochter des Kirchmeiers und Geschworenen Phil Wenk-Eger verheiratet ist, verkauft bereits drei Jahre nach dem Tod des Vaters. Der Käufer ist Theobald Wenk der Untervogt.

In der Kaufurkunde vom 4. November 1754 wird die Liegenschaft als «Behausung, Scheüren, Stallung, Trotten, Krauttgarten sammt all übriger Zugehördt und Gerechtsambe» beschrieben. Der Verkäufer darf bis Weihnachten ohne Zins im Haus wohnen bleiben, trägt aber indessen die Verantwortung. Als Kaufschilling werden «700 Pfund Gelts gemeiner landlaüffiger Währung zusammt 2 neuen Thalern Trinckgelt, zahlbar nach verflossenen nächsten 8 Tagen» festgelegt.

Theobald Wenk-Singeisen (1716—97) der Küfer, Untervogt seit 1749, hat seine Neuerwerbung tatsächlich bewohnt und vermutlich auch grundlegend erneuert. Die Jahreszahl 1769 über dem Eingang zum Gewölbekeller gehört in seine Zeit. Bei der Volkszählung vom 14.—17. September 1774 wird er mit seiner Frau und einer ^jährigen Magd aus Bettingen als Bewohner des Hauses No. 177 aufgenommen. 1793 werden ihm und seinem Sohn im Nachbarhaus je drei Mann Einquartierung zudiktiert. Beide sterben kurz hintereinander, der Vater am 17. Mai 1797, der Sohn gleichen Namens, Theobald Wenk-Schultheiss, Küfermeister und Bauer (1747—97) am 25. September. Das Erbe tritt die Witwe des letzteren an.

Magdalena Wenk-Schultheiss (1752—1845), eine Tochter des berühmten Weibels und Chronisten Joh. Jakob Schultheiss-Wenk, scheint die beiden Liegenschaften Baselstrasse 23 und 27 nicht lange nebeneinander besessen zu haben. Bereits 1807 weist uns das älteste Riehener Brandlagerbuch einen anderen Besitzer unseres Hauses aus, den Alt-Ochsenwirt und Gemeinderat Samuel WenkKraft (1750—1821 ). Er übergibt das Haus schon 1817 an seinen Sohn Johannes Wenk-Wenk (1774-1829), von dessen Wirken die Jahreszahl über der ehemaligen Tenneneinfahrt an der Baselstrasse zeugt.

1830 wird seine Witwe Verena Wenk-Wenk (1782— 1852) als «Wittib» und «Landwirtin» im Brandlager geführt. Ihre einzige Tochter und Erbin heiratet 1829 den Posthalter und Ochsenwirt zu Lörrach, Nikiaus Wilhelm Flury; das erste Kind aus dieser Ehe, der 1830 geborene Joh. Wilhelm Simon Flury, wird von der Grossmutter als Erbe unseres Hauses eingesetzt und erscheint an zwei Stellen, zuletzt 1857, als Inhaber des Hauses Baselstrasse 23.

Frühestens 1858 erwirbt Theobald Stump (1834—62) das Anwesen, nach einer Lesart direkt aus der Erbmasse der Verena Wenk-Wenk. Als er am Nervenfieber in den USA stirbt, verkauft der Vater Theobald Stump-Wenk, den Hochstapeleien seines anderen Sohnes Gustav in Schwierigkeiten gebracht hatten, das Haus weiter. Der neue Eigentümer ist Johann Jakob Basler-Schlup (1816— 80), dem wir die Aufstockung des Wohnhauses, vermutlich in den Jahren 1863/64, zuschreiben.

Nach seinem Tod meldet das Kantonsblatt am 3. Oktober Georg Basler-Basler, am 9. Oktober Friedrich und Jakob Schweizer als Erben.

Von ihnen kauft am 16. Februar 1898 Louis Löliger-Plattner unser Haus, in dem er lange Jahre seine renommierte Weinhandlung betreibt. Fast ein halbes Jahrhundert später übernehmen Schwiegersohn und Tochter, Paul Wenk und Flora Löliger, die Liegenschaft, um sie 1972 wiederum an Schwiegersohn und Tochter weiterzugeben. Der heutige glückliche Umbau ist ihnen zu verdanken. Möge das Haus auch in der Zukunft all seinen Bewohnern ein schönes Heim bieten.

Zusammengestellt nach Beständen des Historischen Grundbuches Riehen sowie nach den freundlichen Angaben der Herren O. Madoery-Wenk, P. Wenk-Löliger und M. Raith.

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1979

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