Lob der Langsamkeit

Esther Barandun

Nachhaltige Bewegung war das Ziel der Lokalen Agenda 21 mit dem ersten «slowUp-Tag».

 

Manche halten sich gleich beide Ohren zu, wenn von «mehr Bewegung» gesprochen wird, und andere können das Wort «Nachhaltigkeit» kaum noch hören. Aber Bewegung und Nachhaltigkeit können durchaus auch Spass und Langsamkeit bedeuten. Unsere Ahnen praktizierten Nachhaltigkeit, indem sie Häuser und Möbel für Generationen kauften. Wo entdecken heutige Generationen Nachhaltigkeit und wann erachten sie diese als wichtig, effizient und effektiv?

 

Die Lokale Agenda 21, kurz LA 21, setzt sich im Jahr 2007 mit Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Bewegung auseinander. Ab wann ist ein Nutzen oder ein Gewinn beim Bewegen nachhaltig? Wie lange dauert nachhaltig? Je mehr die Geschwindigkeit in der Fortbewegung dem menschlichen Lebenstempo angepasst ist, desto reichhaltiger und nachhaltiger ist der Gewinn.

Am 16. September, bei strahlendem Frühherbstwetter, wurde der slowUp-Tag zum zentralen regionalen Ereignis. Am Bettag wanderte, pilgerte, spazierte, walkte, radelte und skatete Klein und Gross fröhlich plaudernd auf der abgesteckten Dreiländerroute von Rheinfelden bis Hüningen. Auf ihrem Weg hatten sie Zeit, ihren Augen die schönsten Bilder vorzuführen, tiefer Luft zu holen, Neues zu entdecken, fremden Menschen zu begegnen und sich selber in individuellem Tempo durch drei Länder vorwärts zu bewegen. Am slowUpTag passten die Menschen ihre Fortbewegungsgeschwindigkeit jener der Seele an. So wie damals, als die Sherpas auf einer Expedition im Himalaya plötzlich Halt machten. Es ging bereits gegen Abend und ein Gewitter zog auf. Der Leiter mahnte alle, doch schneller zu laufen, denn in der Dunkelheit und bei Sturm sei es schwierig, die Hütte zu erreichen. Plötzlich setzten sich die Sherpas hin und warteten. Der Leiter fragte erstaunt und etwas genervt nach, was denn los sei. «Wir sind zu schnell gelaufen», antworteten die Sherpas, «unsere Seelen sind nicht mehr mitgekommen. Jetzt müssen wir warten, bis sie uns wieder eingeholt haben.»

Am slowUp-Tag freuten sich auch Natur und Tiere an der motorlosen Stille und am fröhlichen Gelächter. Diese zufriedene Gelassenheit der Vorbeiziehenden erstaunte und beeindruckte sie. An diesem Tag Hessen die Menschen höchstens ihre Sorgen am Wegrand Hegen.

An ihrem Stand in der Schmiedgasse erwartete die LA 21 diese Bettagsbummler und Dreiländerpilgerinnen mit äpfeln und Süssmost. Fröhliche Gesichter und sonnenwarme Herzen strahlten um die Wette. Alle genossen den Gratistrunk. Aktive und passive Besucherinnen und Besucher füllten den Wettbewerb aus, der unter anderem auch nach neuen Ideen der Nachhaltigkeit für Riehen fragte. Viele interessante Anregungen, Meinungen und Vorschläge auf die Frage «Geschwindigkeit ist nicht alles. Was sollte Ihrer Meinung nach in Riehen langsamer vor sich gehen?» kamen so zusammen. Die Sammelkörbchen für den Wettbewerb hingen hoch und konnten nur über kleinere und grössere Leitern erreicht werden. Auf die Gewinnerinnen und Gewinner warteten tolle Preise wie zum Beispiel ein Velo für weitere gesunde Fortbewegung.

Neben dem Stand war ein Bassin aufgestellt, gefüllt mit Wasser, in welchem Kinder nach Herzenslust Wasser verspritzen oder ihre Boote fahren lassen durften. Springseile und Hula-Hop- Ringe wurden rege benutzt. übersprudelnd, ja geradezu begeistert erzählten die slowUp-Teilnehmenden von den Erfahrungen und Begegnungen auf dem Weg. Wie viel neues Wissen hatten sie auf ihrer Velofahrt, Fussreise oder beim Skaten wohl so nebenbei mitgenommen? Wie fühlten sie sich, als sie am Abend mit einem gut durchlüfteten Kopf und angenehm müden Beinen ins Bett fielen, das Herz gefüllt mit der Wärme freundschaftlicher Begegnungen? Ein Tag, der Körper, Kopf und Herz bewegt, wirkt lange nach. Wenn Menschen aus eigener Kraft unterwegs sind, können sie viel erleben und lange davon zehren: nachhaltige Bewegung also!

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2007

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