Mehr Wärme dank Zusammenschluss

Richard Grass

Durch den Zusammenschluss von drei bestehenden Wärmeverbunden kann die Geothermieanlage in Zukunft doppelt so gut genutzt werden.

 

Eyjafjallajökull, der Vulkan auf Island, hat mit seinem Ausbruch im März 2010 nicht nur den Flugverkehr in Europa temporär stark eingeschränkt, er hat uns auch wieder bewusst gemacht, welch extrem hohe Temperaturen im Erdinnern herrschen. 99 Prozent der Erdmasse sind heisser als 1000 Grad Celsius. Bohrt man die Erde in Riehen an, so steigt die Temperatur pro 100 Meter Tiefe um mehr als 3 Grad Celsius an.

Diese natürliche Erdwärme wird mit der Geothermiebohrung am Bachtelenweg erschlossen: Aus einer Tiefe von 1540 Metern wird 65 Grad heisses Wasser gefördert und im Wärmeverbund als Energiequelle genutzt. Seit 1994 funktioniert die Geothermieanlage sehr zuverlässig. Dank ihr konnten jährlich 1300 Tonnen Erdöl eingespart werden. Bereits im Jahre 2001 machten sich die Verantwortlichen der Gemeinde zusammen mit dem Ingenieurbüro Gruneko AG Basel Gedanken dazu, wie diese erneuerbare und emissionsfreie Energieform noch besser genutzt werden kann. Eine Studie mit dem Namen «Riehen Plus» zeigte, dass die Nutzung der Erdwärme auch ohne zusätzliche Bohrungen verdoppelt werden könnte.

Wärmeverbunde statt Einzelheizungen

Vor 20 Jahren wurden in Riehen drei mittelgrosse Fernheizungen aufgebaut. Diese liefern über ein Leitungsnetz in die angeschlossenen Gebäude warmes Wasser zur Raumheizung und Warmwasseraufbereitung. Damit konnte eine Vielzahl von erdöl- oder erdgasbetriebenen Einzelheizungen ersetzt werden. Hinter den drei Wärmeverbunden standen jeweils unterschiedliche Träger und Beweggründe. Als Erster nahm 1989 der Wärmeverbund Riehen Dorf, ein Werk der Gemeinde, seinen Betrieb auf. In den ersten Jahren wurde er ausschliesslich mit Erdöl betrieben, seit 1994 wird er zur Hälfte mit Erdwärme gespeist. Zusätzlich wird mit Erdgas in Blockheizkraftwerken Wärme und Strom erzeugt. Erdöl wird nur noch bei sehr grossem Wärmebedarf eingesetzt. Im Jahr 1990 wurde der Wärmeverbund Niederholz in Betrieb genommen. Trägerin war die im Vorjahr gegründete Niederholz AG. Dahinter standen drei Eigentümer von grösseren überbauungen im Quartier, die Nyfag AG Binningen, die Basler Lebens-Versicherungsgesellschaft und die Wohngenossenschaft Niederholz. Die Wärme wurde hier mit erdgasbetriebenen Blockheizkraftwerken und Gas-/Ölkesseln erzeugt. Auf die gleiche Weise funktionierte der Wärmeverbund Wasserstelzcn, welchen die Industriellen Werke Basel (IWB) 1993 in Betrieb nahmen.

 

Eine bessere Nutzung der Geothermie wurde als wichtiges Ziel im Energiekonzept der Gemeinde Riehen aus dem Jahr 2000 festgehalten. Ging man damals noch davon aus, dass dazu weitere Bohrungen notwendig wären, so zeigte die Studie «Riehen Plus» im folgenden Jahr einen alternativen und kostengünstigeren Weg auf. Der jährliche Wärmeertrag würde sich verdoppeln - so das Resultat der Studie - wenn die bestehenden Verteilnetze zusammengeschlossen und die Leistung der Förderpumpe der Geothermieanlage von 18 auf 22 Liter pro Sekunde erhöht würden. Dank dem Zusammensehluss erhöht sich der Wärmebedarf im Sommer. In dieser Jahreszeit stand bisher die Geothermieanlage wegen geringem Wärmebedarf oft still. Dank erweitertem Fernwärmegebiet würde die Laufzeit der Geothermieanlage somit über das ganze Jahr massiv zunehmen.

Neben der Wirtschaftlichkeit sprachen aber auch ökologische Argumente für den Zusammensehluss. Durch die Nutzung von Erdwärme können grosse Mengen an fossiler Energie eingespart werden. Schon vor dem Zusammensehluss reduzierte sich der jährliche C02-Ausstoss im Gebiet des Wärmeverbunds Riehen Dorf um über 4000 Tonnen. Nach dem Zusammenschluss können rund 9000 Tonnen C02 pro Jahr vermieden werden. Dies entspricht beinahe dem C02-Ausstoss aller im Jahr 2009 in Riehen immatrikulierten Personenwagen.

Mehr Erdwärme ohne zusätzliche Bohrungen

Um den Zusammensehluss der drei bestehenden Wärmeverbunde zu realisieren, mussten zunächst die Eigentümer der Wärmeverbunde Niederholz und Wasserstelzen für das Projekt gewonnen werden. Während sich die Niederholz AG rasch begeistert zeigte, überwog bei den IWB am Anfang die Skepsis über die Wirtschaftlichkeit eines gemeinsamen Betriebs. Umfangreiche Berechnungen, die allerdings auf vielen Annahmen basierten, konnten schliesslich auch die IWB zum Mitmachen bewegen. Bald zeichnete sich eine gemeinsame Trägerschaft der Gemeinde Riehen und der IWB ab. Die Aktionäre der Wärmeverbund Niederholz AG lehnten zwar eine Beteiligung ab, übertrugen der neuen Trägerschaft aber unentgeltlich ihre gesamte Anlage.

Am 24. September 2009 unterzeichneten Gemeindepräsident Willi Fischerund Gemeindeverwalter Andreas Schuppli für die Gemeinde sowie der Geschäftsleiter der IWB, David Thiel, mit Geschäftsleitungsmitglied Heinrich Schwendener für den Kanton Basel-Stadt die Gründungsurkunde der Wärmeverbund Riehen AG. Als Aktienkapital brachten die IWB und die Gemeinde ihre bestehenden Wärmeverbunde als Sacheinlage ein. Die Aktien sind im Verhältnis 87,5 Prozent (Gemeinde) zu 12,5 Prozent (IWB) verteilt. Die Geschäftsführung hat die IWB auf den 1. Januar 2010 im Mandat übernommen.

Der Weg zum Zusammensehluss

Für den Zusammenschluss der Fernwärmenetze und für den Ausbau und die Erneuerung der Heizzentralen investiert die Wärmeverbund Riehen AG in den nächsten Jahren 17 Millionen Franken. Das Kapital für diese Investitionen erhält die Aktiengesellschaft nicht von der Gemeinde oder den 1WB, sondern sie besorgt es sich bei privaten Geldinstituten. Der Kanton unterstützt das Projekt mit einem Förderbeitrag von 4 Millionen Franken. Die restlichen Kapital- und Betriebskosten müssen durch die Einnahmen aus dem Wärmeverkauf erwirtschaftet werden.

Ausblick

Damit möglichst viele Liegenschaftseigentümer ihre Gebäude an den Wärmeverbund anschliessen können, wird in den nächsten Jahren das Leitungsnetz in die Gebiete Gotenstrasse/Im Hirshalm und Rüchlig erweitert. Ziel ist es, dass in den neuerschlossenen Gebieten mindestens 60 Prozent aller Liegenschaften an die Fernheizungen angeschlossen werden können. Im Jahr 2010 sind rund 400 Liegenschaften an den Wärmeverbund angeschlossen, für weitere 65 liegen unterzeichnete Verträge vor.

Die Hälfte der produzierten Wärme wird zurzeit aus Erdwärme gewonnen. Für den Rest wird nach wie vor Erdgas und zu einem kleinen Teil Erdöl benötigt. Als langfristiges Ziel möchte die Wärmeverbund Riehen AG auch diesen Teil mit erneuerbarer Energie abdecken. Liegt die Lösung im Holz oder einer weiteren Geothermiebohrung? Werden die Fernwärme Basel und der Wärmeverbund in Riehen je einmal zusammengeschlossen? Weitere Kapitel zur umweltfreundlichen Wärmeversorgung in Riehen warten noch darauf, geschrieben zu werden.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2010

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