Mi schönschtes Konzärt

Theo Schudel

Joo, s'isch scho meh als fufzig Johr. Domols, wo dr Eger Migger, e dorfbekannte Schpänglermaischter no mäng Zwaierli Schlipfer glüpft het. Er isch e Original gsi, wie's nit viili git und wie si als wie sältener wärde. Dr Eger Migger, dä het alle Lüte du gsait, niemerem Sie, sogar em Herr Pfarrer. Aber aigetlig wött i jo gar nit vo ihm brich te, scho meh vo sim Wärkschtatthof, do mien mer schnäll iine luege.


Das isch e gwüss drissig Meter lange, rächteckige Hof gsi. Dr Boode als betonniert, kai Unchrütli het do chönne wachse. Drunter si tiefi Chäller glääge. Ringsume het's Hüser gha. Links het är im erschte Schtock gwohnt, unde isch dr Muetter ihre Laade gsi. Denn het em Migger si Wärkschtatt agschlosse. Hindedra isch d'Wöschchuchi cho und d'Schöpf, wo dr Migger sini Blächer, dicki und dünni in grosse Platte ufbiige gha het. Rächts si Chammere gsi mit schwere Iisetüre. Do drinn haigs ebe Chemikalie, Karpid, Schwarzpulver, Menning und so Züg. Denn si em Vatter sini Papierlager und d'Wärkschtatt cho. Und, über all däm hai mir gwohnt.


Was alles isch in dä Hof ine gschtopft gsi, was alles isch do drin umepurzlet: verbühlti Badwanne, Chupferchessi, alti Chänel, Blächer, Fässer us lise, Fässer us Zink. Was me het wolle, isch do umegläge an Röhre für Gas- und Wasserlaitige. Churzum, e rächts Buebeparadiis.


Zu eusere Wohnig im erschte Schtock het en alti Holzschtäge uufe gfiehrt in e langi Laube. D'Schtäge und d'Laube si in der ganze Lengi mit emene Blächdach überdeckt gsi. — Und was für ais! — Chupferbläch hets kha, verzinnkti, gwöhnlig iisigi und roschtigi, churzi und langi, sonigi die hän vorne wiene Vorhang kha. Settigi wome het chönne abechlappe um Platz z'schaffe für d'Schittli und d'Wälle amene lange Sail in Eschtrich uufe z'zieh.


Linggs, wie gsait, isch im Migger si Wärkschtatt gsi, e langgschtreckte, aischtöckige Bau mit emene Flachdach. Klar, wie das bimene zünftige Schpänglermaischter si muess, isch o das Dach ganz mit Bläch abdeckt gsi. All Johr het är ufe miese go löte, fligge, mache und flueche. Irged ais, und immer wieder het's Wasser dr Wäg ins Huus und nit in Chänel gnoo. Also, so viil Bläch, Chupfer, Badwanne, Chanel, Röhre und Fässer hets do urne kha. Und all das Züg, das ebe, isch mi erschtes Orcheschter, mi grosses Inschtrumentarium us dr Buebezit gsi.


Doch jetzt wai mer zerscht emol ins Huus goo. Vo dr Laube isch me in e dunkli, aber blitzblank suberi Chuchi cho. Rächts, näbe dr Tür isch e riisige Schüttschtai uff dicke Zimäntpföschte gschtande. Die hai wie runzligi Elefantebai usgseh. Dä Schüttschtai isch nonig us glänzigem Chromschtahl gsi, bhüetis o, sonigs hets no gar nit gäh. E ordelig ruche, rote Sandschtai isch es gsi. Die ainti Site isch scho ganz abgwetzt, vo all dene viile Mässer, die a däm Schtai abzöge worde si. Drno das grossi Tropfbrätt und hindedra, im dunkle Egge, e mächtig, schwarzes Ofeloch. In däm Ofe het mi Muetter no über dr ganz erseht Chrieg s'Brot bache, und uff e Sunntig, wenn sie Mähl kha het, e feine, luftige Gugelhopf, oder Dampfnudle. Näbed em Ofe isch dr Härd gschtande, e iisigs Unghür, das im Winter ganzi Wäll vo Schittlibiigene verschluckt het. Denn d'Tür in Schtube, näbedra s'Chuchischänschterli, e ghaimnisvolli Wält. Mir Buebe aber hai gwüsst wo dr Zuckerchandis schtoht und im Vatter sini domoligi Schpezialität, düürti Banaane. Die het är chönne verschtecke, so guet wie är het wolle, mir Buebe hai si ails no gfunde. Wenn o die Chuchi dunkel und fiecht gsi isch, gschmöckt hets drin inne no viile Chrütli, Düftli und Sache. E ganz e aiges Aroma. S'isch mer ails, s'chrüselemers no hüt in dr Nase.


Hesch in d'Stube wolle, do hesch d'Fiess miese lüpfe über die hochi Schwelle. Denn aber hesch e mächtige Ruum vor dr kha, wenigschtens isch's mer als Bueb eso vorcho. S'Prunkschtück isch dä schöni, grossi Chachelofe gsi. Wie ne alti Ritterburg isch är do gschtande mit sine Wehrgäng und Zinne. Die warmi Chunscht drvor si sicher d'Schtubene vo de Burgfreulein gsi und d'Oferöhrli mit de Messingtürli, do si d'Vorrotschamere und d'Gfängnis gsi. Jetzt zwar het me in dene warme Schlupflöcher d'Schtaiseck und dr vorig Aichlekaffi ufgwermt.


In dr Mitti isch dr Tisch gschtande mit viile Schtiehl drum ume. über em Tisch die alti, haimeligi Gaaslampe. He, wenn de hesch wolle lääse, do hesch denn scho miesse grad unders Liecht sitze, so dimmerig isch es gsi. Aber es het mi dunkt, kai Schtube haig so öppis warms, so öppis haimeligs kha. wie die Schtube i däm alte Chlapf, mit däm chrumme, löcherige Linoleumbode.


Dr Tisch isch deckt gsi, immer so für acht bis zäh Lüt. Zunderscht, dort isch mi Platz gsi. Die Grosse, die hai schpöter gässe. Dr Vatter isch no in dr Wärkschtatt gsi, d'Muetter im Lade. Domols, als chline

Bueb han i, sobalds dunklet het, ins Bett miese. Mini grössere Gschwüschterti si spöter undere. He, i bi halt gar e grings, nüteligs Bürschtli gsi. Do also, uff mim Schtuehl bin i gsässe und ha gwartet bis d'Marta cho isch mit dr grosse Schüssle voll haissem Griespäppi. Klatsch hets gmacht, wenn si mit em grosse Schöpflöffel aim e Portion vo däm wisse Ziment in Täller kläbt het. Denn no zwai, drei Löffel öpfelmues drzue, e Tasse haissi Milch und e Schtückli Brot, das isch domols eso s'Znachtässe gsi.


Chum Bueb, het d'Marta gsait. Si het mi an dr Hand gnoo, s'isch dur d'Chuchi zrugg gange in di hinteri Chamere. Do si zwoo grossi Bett gschtande. Im erschte het d'Marta gschlofe — s'Dienschtmaitli, wie me dozmol gsait het, die liebi, gueti, bravi Marta, — und ins anderi, do hets si mi ine gschteckt. Schpöter si denn mini Gschwüschterti cho und si o no under die Decki gschloffe.


S'isch scho dunkel gsi in dr Chamere. D'Marta het mi abzöge, gwäsche und ins Bett gschteckt, denn het si über mir s'Chrüz gschlage, het e paar Värs gmurmlet, vo dr Maria und vo gebenedait und — i waiss nümme was alles. Sie isch gange. Jetzt hani vo dr Fuessete unde ufe dä fein warmi Chirsischtaisack gänglet und hanen uff e Buch glait. Das isch öppis wunderbars gsi, wenn die warme Schtai so vo alle Site abeghuschelet si, und die Wermi, wo das usgschrahlt het, e sone Wermi wies nur bimene Chirsischtaisack git. S'Schönscht aber isch gsi, wenn d'Marta mir no e haissi Bettfläsche, dick igmacht imene sone buselige Stricksack, under d'Decki gschmugglet het. Nüt wäg dr Chelti, nai, Bettfläsche het für mi e ganz e anderi Bedütig kha. Het me nämlig s'Ohr druff glait, dort in dr Nöchi vom Verschluss, denn het mes ghört, ganz fin hets gsütterlet. Wenns aim denn glückt isch, dä hart zuegschrubti Verschluss, e Millimeter oder zwee z'verschiebe, denn het das afo schaffe, dampfe, schtampfe und mache wie ne fürigi Locki. Und so bin ich denn mit minere Bettfläsche durch di ganzi Schwiz gfahre. Herrlich isch das gsi! Aber me het miesse ufpasse, weme nume e bitzeli z'wit drüllt het an däm Verschluss, het dr Motor versait, und es isch fertig gsi. Wohrschinlig bin i denn igschloofe bevor i z'Winterthur oder z'Bümpliz acho bi.


Wenns denn langsam em Friehlig zuegange isch und die erschte Gwitter cho si, — öppis schöners hani in mim Labe nüt erläbt. Domols, i mim grosse Bett, näbed dr Marta ihrem, do wo's die alte Blächdächer gha het, chupferigi und iisigi, roschtigi, chini und grossi, Badwanne und Röhre, Fässer und all das Züg, dort e Gwitter z'ghöre im warme

Bett ighuschelet, wo me sich so wohl, so geborge, so dehaim gfühlt het. Wie das aagfange het. Die erschte grosse Tropfe, ganz fin uf de grosse und chlaine Blächdächer. Bing, bum, däng, ding, dong, bim, bom heds gmacht in alle Töne. Die ganzi Buebefantasie het sich dri ine höre chönne. Und was het si ghört! Was für e Riichtum isch do über aim ine broche. Vo Minute zu Minute het sich das gschtaigeret. S'isch gsi, wie wenn dr Rubinstain am Klavier sitzt und e mächtig Orcheschter ihn beglaitet. I glaub, i mim ganze Läbe hani nie meh so schöni Konzärt ghört, wie die Konzärt, dort bim Eger Migger uff sine Blächdächer, Badwanne, Iisefässer und Chupferchessi. I ha hüt no Haimweh no dene unvergässliche Gwitterkonzärt. Die ganzi Fantasie, die ganzi Buebechraft het chöne dri schtröme. Wo e Konzärt erschtande isch — in aim — und aim durchdrunge het, mit ere sone Chraft, dass me dermasse erfüllt gsi isch und nit gnueg het chöne höre und immer wiider neus erfahre het. Joo, so isch's domols gsi, bim Eger Migger.


«Zum Riechemer Dialäkt»


Zum 450jährigen Jubiläum hat kürzlich ein Basler Regierungsrat festgehalten, dass die Riechemer sehr eigenwillige Leute seien. Dies zeigt sich ganz speziell im «Riechemer Dütsch».


Der Riechemer Dialekt hat sich wesentlich und ganz bewusst vom städtischen «Baseldytsch» abgesetzt. Sein tiefer Klang verrät das bäuerliche Oberbaselbieterische, vermischt mit dem benachbarten Alemannischen. Das alte Riechemer Dütsch ist das wohlklingende Alemannisch, wie es Johann Peter Hebel sprach und schrieb. Wahrscheinlich ist der Riechemer Dialekt ursprünglicher als das heutige helle Baseldytsch.


Leider geht aber auch dieser so ausdrucksstarke Dialekt durch das grosse Wachstum der Gemeinde verloren — und es dürften schon heute nur noch wenige Riehemer sein, die bewusst und gekonnt diese heimelige Sprache sprechen.


Meine Erzählung klingt in der Sprache, wie wir sie als Buben in den 20er Jahren gesprochen haben. Doch schon zu jener Zeit stellten wir fest, dass das damalige Riechemer Dütsch der Alt-Riechemer noch dumpfer klang als unsere Bubensprache.


Th. Schudel

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1972

zum Jahrbuch 1972