Musikalische Beiträge der Schule zum Jubiläumsjahr

Heinz Kobel

Am 14. Januar 1972, bei der Feier zur Eröffnung des restaurierten Wettsteinhauses, sangen zwei Realklassen ein Lied aus der Zeit des Dreissigj ährigen Krieges «Bet' Kinder, bet'!» Der Satz für Kinderstimmen und grosses Instrumentarium stammt von Carl Orff. Zum Programmschluss erklang der «Wettsteinmarsch» aus Hermann Suters Riehener Festspiel auf Texte von Albert Oeri. Im Festspiel heisst das Stück «Aufzug der Basler Stadtreiterei», und die Worte zu der allgemein bekannten Melodie seien hier wieder einmal abgedruckt: Gottwilchen, ihr Ritter in glänziger Wehr, Gottwilchen, er sind is e Schutz und en Ehr! 's git anderi Ritter: Der Jomer isch gross, wenn die sich tien tummlen uff unserer Stross! Der Schwöb, die Pandure. der Schwed und Kroat! Der Schwöb, die Pandure, der Schwed und Kroat! die dienen im Teifel, ihr dienen im Staat! Und kemme die Sieche, so haue recht dri, und sterket ich z'Rieche mit Schlipfener Wi!

Die 70 Kinder hatten einige Mühe, sich gegen die akustische Vehemenz der Tambouren und Pfeifer aus der Union Folclorique Suisse durchzusetzen. Sie «hieben» aber tapfer drein, nachdem sie sich vorher durch die Gunst der Gemeinde Riehen bei Weggli und Coca gestärkt hatten.

Mit drei Konzerten, die je zweimal geboten wurden, beteiligte sich die Schule in spezifisch musikalischer Form am Gesamtprogramm der Jubiläumsfeierlichkeiten.

Am 20. und 24. März musizierten die Primarschüler des Schulhauses Niederholz unter Conrad Bertogg. Das Programm umfasste viel Instrumentalmusik, hauptsächlich für eine und mehrere Blockflöten, wobei unter den Komponisten prominente Namen wie Händel, Sammartini und Telemann auftauchten. Der «Singkreis Niederholz» sang einige sehr ansprechende Lieder, und den Schluss des Programms bildete «Die Bettelhochzeit», ein «Spiel zum Singen, Tanzen und Spielen» von Cesar Bresgen. Zweimal war die Aula des Schulhauses Wasserstelzen besetzt, und die Zuhörer konnten sich an der kindertümlichen Echtheit und am eifrig erlernten Können der Schüler herzlich freuen. Besonderen Eindruck machte auch, abgesehen vom Musikalischen, welch ungezwungenes, vertrautes Verhältnis heute die Kinder zu ihrem Lehrer haben und wieviel und wie Gutes die Schüler auch heute noch zu geben imstande sind, wenn es gilt, sich vor einer grösseren öffentlichkeit, ausserhalb der Schule, zu zeigen.

Am 11. und 21. September fand, ebenfalls in der Aula des Wasserstelzenschulhauses, die Aufführung der Primarschüler des «Wassi» statt, zu welcher Karl Schultze mit seiner Klasse 3b und seinem Singkreis ein ausgezeichnetes Programm äusserst sorgfältig vorbereitet hatte. Es wurden 20 Lieder, zum grössten Teil mit Orff-Instrumenten, von Bergese, Langhans, Lau und Ernst Hörler dargeboten, dazu «Der geheilte Patient» nach Hebel als kleine Kantate für Chor, Sprecher und Klavier von Walter Schmid.

In der Riehener Zeitung schrieb Dr. M. Schüpbach u. a. darüber: «Schwer fällt mir, aus dieser Kette von lauter Perlen einige als besonders reizvoll herauszuheben. Dennoch seien erwähnt: Der Kuckuck und der Esel, Auf der Eisenbahn (eine Strophe war der Finnenbahn gewidmet!), 's Lachbiebli, Es sass ein klein wild Vögelein und Ich gehe mit meiner Laterne.

Gerade die beiden letztgenannten Lieder sind herrliche Beispiele für das ideale Zusammenwirken der wunderbaren Orff-Instrumente mit dem Kindergesang. Die klar verständlich gesungenen, von reinen Orffschen Klängen durchwobenen Lieder wurden denn auch mit immer wiederkehrendem Beifall bedacht... Es ist zweifellos ein gutes Omen für den hohen Wert der Musikerziehung, wenn Begeisterung und Begeisterungsfähigkeit so gross sind, dass die Kinder ihrem Lehrer ,verboten' haben, das Programm zu kürzen! Wesentlich dabei ist allerdings das Vorbild: Karl Schultze ...»

Die letzte Veranstaltung des Jubiläumsjahres war das Konzert der Realschule vom 23. November und 5. Dezember im Saal des Landgasthofes unter Heinz Kobel, das von insgesamt weit über tausend Personen besucht wurde. Es sangen und spielten grundsätzlich sämtliche Realklassen: die ersten Klassen gemeinsam, die zweiten Klassen miteinander und klassenweise, die dritten Klassen zusammen, z. T. mit «Stimmbruchknaben», und die Mädchen der vierten Klassen gemeinsam. Die Begleitung ging von Klavier über Rhythmusinstrumente bis zu grosser Orff-Besetzung. Ein Zyklus von Ringelnatz-Texten, vertont von Günther Kretzschmar, wurde am Klavier begleitet von Joachim Scherrer. Ein szenisches Spiel: «Zirkus Troll» von Eberhard Werdin wurde von einer dritten Klasse durch Frau C. Richard mustergültig einstudiert. F. Degen und E. Meier hatten ein Bühnenbild von einzigartiger Treffsicherheit gestaltet. Den Schluss des über zwei Stunden dauernden Programms bildete eine Folge von 12 Evergreens, wobei alle 450 Realschüler im Gesamtchor sangen. Hans Ackermann hatte zu jeder Nummer farbige «Spots» mit modernen graphischen und formalen Mitteln gestaltet, die in Grossformat mit einem Overhead-Projektor über die Bühnenöffnung projiziert wurden. Die Programmangaben und die Texte erschienen ebenfalls durch Projektion an einer Wand seitlich der Bühne. Die Evergreens wurden von einer Combo begleitet, bestehend aus Ueli Böni, Schlagzeug, Harald Blobel, Elektroorgel, Urs Brunner, Bassgitarre, und Heinz Kobel, Klavier. Hinter den Kulissen, zwischen Bühne und Schulhaus Erlensträsschen, wo die Schüler ihre Auftritte erwarteten, sorgten 17 Lehrer mit Sprechfunkgeräten unter Leitung von R. Ragettli und die Polizei für präzisen und störungsfreien Ablauf dieser Grossveranstaltung.

Albert Schudel schrieb in seiner Riehener-Zeitung u. a. : «Glanzvoller Abschluss des Jubiläumsjahres .. . Eigentlich war es weit mehr als ein Konzert, es war ein musikalisches Fest. . . stehen dichtgedrängt die Jüngsten der Realschüler mit ihren strahlenden Gesichtern auf der Bühne und lassen ein frisch-frohes Morgenlied erschallen ... Drei Lieder aus Israel, die mit vielseitigen RhythmusInstrumenten geradezu mitreissend wirkten .. . Die dritten Klassen eroberten sich gleich mit ihrem ersten lustigen Lied vom Tausendfüssler die Sympathie der Zuhörer oder mit dem köstlichen Nashorn, das küssen wollte, aber auch mit der Steppe Urungu, u. a., begleitet von Querflöte, Xylophonen, Handharmonika und Triangel. Die zweite Real gefiel ganz besonders mit fünf kleinen Kanons, die 3- bis 8stimmig dargeboten wurden .. ., und es ist den Zweitlemern geradezu abzuspüren, dass es von ganzem Herzen kommt, wenn sie schliesslich anstimmen ,Das ist unsre Freud, liebe Leut, dass wir heute miteinander singen.' — Es war auch für die Zuhörer eine reine Freude. Zirkus Troll — grosse Klasse! Man kann den vielen Mitwirkenden nur gratulieren für das ausgezeichnete Spiel... Nach allem, was nun schon zu hören und zu sehen war, haben es die vierten Klassen ■— hier sind es nur noch Mädchen — nicht leicht, an das Gebotene heranzukommen, oder dies sogar zu überbieten. Aber sie schaffen es. Und hier zeigt sich bei anspruchsvollem Gesang, dass Erstaunliches erreicht werden kann ... Die dreistimmigen Lieder von Carl Orff für Chor und Instrumente finden wiederum ein dankbares Publikum .. . Eigentlich wäre jetzt das Programm vollgeladen. Aber nun leistet sich Heinz Kobel mit seinen Mitarbeitern ein unwahrscheinliches Schluss-Bouquet. Was er da mit seinen Kindern unter dem Titel «Audiovisuelles Evergreen-Medley» auf die Bühne und zu Gehör bringt, ist schlechterdings einmalig ...»

Samuel Schudel schrieb u. a. nach der zweiten Aufführung: «Am letzten Dienstagabend war der Saal des Landgasthofes wirklich zu klein, um dem zweiten Besucher-Ansturm gerecht zu werden. Aber dieser glanzvolle Abschluss des Riehener Jubiläumsjahres Hess zweistündiges Stehen glatt vergessen.»

Von den Darbietungen der Realschule mit über 40 Programmnummern besteht — ohne «Zirkus Troll» — eine hervorragende stereophonische Bandaufnahme.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1973

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