Reinhardt - bitte übernehmen Sie

Rolf Zenklusen

Christoph Schudel hat Ende November 2001 die Druckerei und den Verlag der «Riehener-Zeitung» der Friedrich Reinhardt AG verkauft. Für Reinhardt ist die übernahme eine gute Ergänzung.

«Es ist fast schwieriger, eine Firma loszuwerden, als eine zu gründen», sagt Christoph Schudel, früherer Inhaber der A. Schudel Et Co. AG in Riehen. Ende November 2001 hatte er seine Druckerei und den Verlag der «RiehenerZeitung» an die Basler Friedrich Reinhardt AG verkauft. Freimütig redet Christoph Schudel über die Gründe des Verkaufs. Er sei dieses Jahr 60 Jahre alt geworden und habe sich aus der Firma zurückziehen wollen. Seine Kinder hätten andere berufliche Ziele verfolgt, ein Nachfolger aus der Familie sei somit nicht in Frage gekommen.

Der Versuch, einen Geschäftsführer anzustellen, der den Firmenchef entlastet hätte, schlug zweimal fehl. «Unsere Ansprüche an einen Geschäftsführer waren wohl zu hoch», begründet der Chef. Der Verkauf der Firma sei somit die logischste aller möglichen Lösungen gewesen. «Ich wollte nicht langsam in der Firma alt werden, noch einige Jahre <ausplämpern> und nur noch die Früchte von früher ernten», erklärt Schudel.

Er hatte sich den Verkauf der Firma nicht leicht gemacht und zusammen mit den Mitarbeitern nach sinnvollen Lösungen gesucht. Im Juni 2001 wurde ein Kadermeeting einberufen: Man zog sich gemeinsam mit einem externen Berater zu einer Retraite zurück. überlegt wurde ein Management-Buy-out; das heisst, dass einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Firma gekauft und weitergeführt hätten. Doch nach einigen Monaten habe man sich entschlossen, diese Idee fallen zu lassen. «Das finanzielle Risiko war den Mitarbeitern zu gross und sie trauten sich die Selbstständigkeit nicht zu», berichtet der frühere Firmeninhaber.

Christoph Schudel war naturgemäss stets in Kontakt mit Kollegen aus der Druckerei- und Verlagsbranche. So kam es, dass eines Tages Ruedi Reinhardt Interesse an der übernahme der Firma A. Schudel Et Co. AG signalisierte. «Wir haben ein akzeptables Angebot von der Friedrich Reinhardt AG erhalten. Wir haben an sie verkauft, weil sie eine Firma mit ähnlichen Strukturen wie unsere ist. Ausserdem ist die Friedrich Reinhardt AG seit Generationen verwurzelt und verfolgt in etwa dieselbe Ausrichtung wie wir», führt Schudel aus.

Die Friedrich Reinhardt AG erhielt auch deshalb den Zuschlag, weil sie bereit war, gleichzeitig die Druckerei und den Verlag der «Riehener-Zeitung» zu übernehmen. Andere regionale und auswärtige Grossbetriebe hatten Interesse an der A. Schudel Et Co. AG angemeldet. «Ein Angebot darunter war verlockend», erzählt Schudel.

Allerdings umfasste dies nur den Kauf der Zeitung ohne die Druckerei. Er hätte nichts dagegen gehabt, wenn der lokale Marktführer die «Riehener-Zeitung» übernommen hätte. Im Sinne der Bevölkerung und der Gemeindebehörden sei es wohl besser, wenn die «Riehener-Zeitung» unabhängig bleibe, betont Christoph Schudel.

Die Friedrich Reinhardt AG hatte vor allem Interesse an der «Riehener-Zeitung». Aber auch im Druckereibereich werden sich die Riehener Druckerei und ihr neues Mutterhaus nicht konkurrieren: Die Druckerei der Firma Reinhardt ist eher im Verlagsgeschäft tätig, druckt also Bücher, Broschüren und Zeitschriften auf grossen Maschinen, während die Druckerei von Christoph Schudel ihre technischen Einrichtungen auf Maschinen im mittleren und kleineren Format konzentriert hat, um anspruchsvolle Prospekte und Werbebroschüren zu drucken. So ist die übernahme der Druckerei von Christoph Schudel für die Friedrich Reinhardt AG nichts anderes als eine sinnvolle Ergänzung.

«Alle 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden von der Friedrich Reinhardt AG übernommen und die Strukturen bleiben weitgehend erhalten», sagt Christoph Schudel. Insgesamt gesehen ist er mit dem Verkauf zufrieden: «Es war nicht einfach, aber wir haben eine ideale Lösung für den Fortbestand der Firma gefunden.» Natürlich schwingt in diesen Worten ein bisschen Wehmut mit, denn immerhin war die A. Schudel Et Co. AG ein traditionsreiches, fast hundertjähriges Unternehmen.

Die Firma war 1908 von Albert Schudel, dem Grossvater von Christoph Schudel, als Binderei und Papeterie gegründet worden. Bald wurde der «Anzeiger von Riehen und Schopfheim» ins Leben gerufen, nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Zeitung umgetauft in «Anzeiger von Riehen und Bettingen».

Die heutige «Riehener-Zeitung» verzeichnet höhere Abonnementszahlen als andere Gemeindeanzeiger - sie versorgt immerhin über 60 Prozent der Haushaltungen von Riehen und Bettingen. Bei den Abo-Zahlen gab es gemäss Schudel in den letzten Jahren nur kleine Einbrüche - dasselbe gilt für die Menge der Inserate, die in etwa konstant geblieben sind. Der gute Draht zu den Gemeindebehörden, die damit zusammenhängende finanzielle Abgeltung für Veröffentlichungen der Gemeinde und die stetige Unterstützung des Riehener Gewerbes seien wichtige Faktoren für den Erhalt der «Riehener-Zeitung», die in den letzten Jahren nie grössere Defizite geschrieben hat, sagt Schudel.

Auch wirke sich die Gemeindeautonomie positiv für die «Riehener-Zeitung» aus; die Identifikation mit der Gemeinde sei dadurch grösser.

Was bringt die Zukunft? Unter dem Namen A. Schudel Et Co. AG wird weiterhin der Verlag der «Riehener-Zeitung» und des Telefonbuchs von Riehen vereint sein, dieser Bereich steht unter der Leitung von Alfred Rüdisühli. Die Schudeldruck AG ist neu eine selbstständige Tochter der Friedrich Reinhardt AG, als Geschäftsführer wurde Stephan Brode eingesetzt. «Mittel- und längerfristig ist keine Zusammenlegung der beiden Druckereien geplant. Wir wollen beide Druckereien weiterentwickeln - uns nicht gegenseitig konkurrieren, sondern ergänzen», bestätigt Ruedi Reinhardt, Verwaltungsratspräsident der Friedrich Reinhardt AG und damit auch der A. Schudel Et Co. AG und der Schudeldruck AG.

Die «Riehener-Zeitung» ist laut Ruedi Reinhardt eine gute Ergänzung des Verlagsprogramms. Der Familienbetrieb verfolgt das Ziel, vermehrt Periodika herauszugeben. So erscheinen schon heute der «Birsigtalbote» (Anzeiger für die Gemeinden Oberwil, Therwil, Bottmingen und Ettingen), die Quartierzeitungen «Santihans-Bott» und «Stadttambour» (Basel West) sowie «Mozaik» (Kleinbasel) unter dem Dach der Friedrich Reinhardt AG.

Durch die übernahme der «Riehener-Zeitung» könne die Zeitungssetzerei besser ausgelastet werden. Das heisst aber nicht, dass sich in Riehen etwas ändert. Das engagierte Team der Redaktion verbleibe selbstverständlich in Riehen, denn nur so sei der direkte Kontakt zu den Menschen von Riehen und den Institutionen, Vereinen, Parteien usw. im Dorf möglich. Auch die Inserateabteilung soll im Dorf bleiben, weil gemäss Reinhardt die Riehener Inserateverkäuferinnen «hervorragende Beziehungen zur Kundschaft haben und viel persönliches Engagement zeigen. So lange es so gut funktioniert, gibt es in Riehen keine änderungen.»

Bei der Strategie der «Riehener-Zeitung» will der neue Chef ebenfalls wenig ändern, nur weiterentwickeln. Die «Riehener-Zeitung» soll ein abonniertes Blatt bleiben mit einer Grossauflage, die einmal pro Monat in alle Haushaltungen verteilt wird. Wichtig sei, dass die «Riehener-Zeitung» politisch, kulturell und vereinsmässig gute Dienstleistungen erbringe.

Für Ruedi Reinhardt ist die übernahme «ein wichtiger Entwicklungsschritt». Mit den neuesten übernahmen (neben der «Riehener-Zeitung» zum Beispiel den Opinio Verlag) möchte die Friedrich Reinhardt AG ihr Engagement für das lokale und regionale Geschehen in Kultur und Gesellschaft verstärken. Reinhardt: «Damit soll ein Gegengewicht zur Globalisierung geschaffen werden, was einem zunehmenden Bedürfnis entspricht.»

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2002

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