Riehen durch Kinderaugen gesehen

Rolf Spriessler-Brander

verfügt: Riehen hat keinen Kinder- und/oder Jugendrat, keine offenen Versammlungen für Jugendliche und keine regelmässigen Bedürfnisabklärungen bei Kindern und Jugendlichen. Allerdings stellt sich in diesem Zusammenhang schon die Frage, ob dies überhaupt dem Bedürfnis der Riehener Jugend entspricht, denn ein Jugendrat scheiterte vor noch nicht allzu langer Zeit am fehlenden Interesse. Sehr viele Kinder und Jugendliche verbringen viel Freizeit in den zahlreichen Riehener Sport- und Kulturvereinen und wollen sich vielleicht darüber hinaus gar nicht mehr engagieren. Und die ‹unorganisierte› Jugend wird von der Mobilen Jugendarbeit erfasst, die in Riehen recht intensiv tätig ist und sich auch für die Anliegen der Jungen einsetzt.

 

Wenn die Jungen konkret zu einem Thema befragt werden, dann sprudelt es durchaus. Das zeigte sich zum Beispiel, als das Kinderbüro Basel einen Workshop zur Gestaltung von Wohnstrassen durchführte, in dessen Rahmen phantasievolle Strassenmodelle entstanden. Das ‹HillChill›, ein jährlich stattfindendes Open-Air im Sarasinpark, geht auf eine Jugendinitiative zurück. Und die Kinder- und Jugendbefragung, die die Gemeinde Riehen im Hinblick auf das Unicef-Kinderlabel durchgeführt hatte, förderte viele interessante Ideen und Eindrücke zutage. Insgesamt 109 Kinder im Alter zwischen vier und zehn Jahren wurden befragt, beteiligt waren die Kindergärten Glögglihof und Wasserstelzen sowie je eine Primarschulklasse der Schulhäuser Hinter Gärten, Erlensträsschen, Niederholz und Wasserstelzen. Von den Kindern aus dem Dorfzentrum kam der Wunsch nach mehr Freizeitmöglichkeiten. Turnhallen sollten bei schlechtem Wetter oder in der kühlen Jahreszeit als Indoor-Spielräume geöffnet werden, hiess es da zum Beispiel. Viele Kinder haben Respekt oder sogar Angst vor dem Verkehr, fordern verkehrsfreie Zonen, mehr Fussgängerstreifen – auch in Quartieren mit Langsamverkehr – und weniger Baustellen. Viele wollen endlich wieder ein Schwimmbad, beklagen das Littering, sind gegen Luftverschmutzung oder Schmierereien. Und auch an die Älteren wird gedacht – die Kinder wünschen sich schöne Orte für die alten Leute, aber vielleicht nicht gerade neben dem Freizeitzentrum Landauer, denn der dortige Lärm könnte die alten Leute unnötig stören, heisst es da etwa.

 

Die Anregungen der Kinder und eigene Überlegungen führten zu einem Aktionsplan, den Gemeinderat und Verwaltung nun innerhalb von vier Jahren umsetzen wollen. Das ist Bedingung, damit Riehen längerfristig ‹Kinderfreundliche Gemeinde› bleiben kann. Nach zwei Jahren hat die Gemeinde einen kurzen Zwischenbericht vorzulegen, innerhalb von vier Jahren ist der Aktionsplan zu verwirklichen und im Hinblick auf eine zweite vierjährige Label-Periode wäre dann ein neuer Aktionsplan zu erarbeiten. «Um Kinderfreundlichkeit muss man sich immer wieder bemühen», betont Elsbeth Müller im Namen der Unicef. Es gehe nicht zuletzt darum, alle Vorhaben auch aus der Kinderperspektive heraus zu beurteilen. Und schliesslich blieben die Jugendlichen ja nicht dieselben und so änderten sich die Bedürfnisse der Jugend ständig.

 

Der Aktionsplan der Gemeinde nennt einige konkrete Projekte und umfasst neben drei übergeordneten Massnahmen 24 Einzelmassnahmen. So will die Gemeinde Indoor-Spielräume realisieren, Turnhallen an Sonntagen öffnen (‹Open Sundays›), mehr kulturelle Angebote für Kinder schaffen, die Schulwege durch bauliche Massnahmen sicherer gestalten, neue Jugendtreffs ermöglichen und die Pausenhöfe in Zusammenarbeit mit den betroffenen Schülerinnen und Schülern neu gestalten. Kindertheateraufführungen an Riehener Schulen sollen gefördert und in Zusammenarbeit mit Privaten soll ein Jugend-/Kinderkino-Projekt aufgebaut werden. Viel erhofft man sich vom Umbau des bisherigen Bezirksmagazins des Werkhofs beim Freizeitzentrum Landauer. Dort soll ein Jugendtreff inklusive Band- und Gruppenräumen mit Konsumationsmöglichkeit entstehen. Dadurch würde im Hauptgebäude Raum frei, der neu genutzt werden könnte. Das Tagesferienangebot soll erweitert werden. Auch die Elternbildung und -beratung soll verstärkt werden. Und ganz wichtig sei, die bestehenden Angebote bekannter zu machen und miteinander zu vernetzen, betont Gemeinderätin Maria Iselin.

 

Klingt lässig, nicht? – Viel Glück!

 

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2011

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