Riehener Mundart oder Mir häi aliwil die erschte Chirsi gkha

Brigitta Kaufmann

Riehener Mundart, gibt es das? Ja, es gab sie - und sie klang nicht so, wie wir es uns vorstellen würden.

«Jetz sy's drno fufzig Johr sit ass d'Riechemer Sekundarschuel gründet worden isch. Und wenn ich my Läbesbild überlueg, so sy's haltgrad die Partien uss sälberZyt, über die n ich nitohni Verwylen ewäg ehumme.»

Schreibt hier ein Baselbieter über die Riehener Sekundärschule? Nein. Mit diesem Satz beginnen die Jugenderinnerungen des in Riehen aufgewachsenen Carl Tanner (1864-1927). Sie sind unter dem Titel «Vor fufzig Johre. Am Afang vo dr Riechemer Sekundarschuel (Riechemerdütsch)» im Juni 1923 in mehreren Folgen in den «Basler Nachrichten» erschienen.

Anders als Baseldeutsch

Heute ist es zwar schwierig, in Riehen eine Mundart zu hören, die sich von dem unterscheidet, was in der Stadt Basel und auch in den grenznahen Gemeinden des Kantons Baselland gesprochen wird. Bei einigen wenigen älteren Riehenerinnen und Riehenern lassen sich aber noch deutliche Spuren der ursprünglichen Riehener Mundart heraushören. Denn Tatsache ist, dass sowohl in Riehen wie in Bettingen bis in die 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts eine deutlich andere Mundart gesprochen wurde als in der Stadt Basel.

Leider wurde im Sprachatlas der deutschen Schweiz (SDS)1 Riehen wie ein Quartier der Stadt Basel behandelt und keine Erhebung vorgenommen. Das kann im Nachhinein nur bedauert werden, umso mehr, als zum Zeitpunkt der Erhebungen (um 1950) viele Riehenerinnen und Riehener noch den ursprünglichen Dialekt gesprochen hätten. So stehen uns heute leider keine systematischen Untersuchungen zur Riehener Mundart zur Verfügung. Glücklicherweise gehört aber Bettingen zu den im SDS untersuchten Gemeinden und erste Vergleiche mit den Text- und Tonbeispielen aus Riehen zeigen, dass die Mundarten der beiden Gemeinden weitestgehend übereinstimmten.

Zwar wird die Riehener und Bettinger Mundart heute kaum mehr gesprochen, es existieren aber recht zahlreiche schriftliche Quellen, in denen Riehenerinnen und Riehener in ihrer angestammten Mundart über Erlebnisse aus vergangenen Zeiten berichten. Auch wurden Gedichte im «Riechemer Dialäkt» verfasst, zum Beispiel noch in den 90-Jahren des 20. Jahrhunderts von Sämi Schudel.2 Sodann hat Johannes Wenk-Madoery in den 70er-Jahren diverse Gespräche mit damals bereits älteren Riehenerinnen und Riehenern geführt und diese auf Tonband aufgenommen.3 Auch dort ist noch deutlich die Riehener Mundart zu hören. Und schliesslich durfte ich ein Gespräch mit Emil Löliger-Bertschi (geb. 1911) führen, dessen Riehener Dialekt trotz langer Auslandaufenthalte noch nicht ganz verschwunden ist.

Die Situierung der Riehener Mundart Robert Schläpfer schreibt in seinem Werk über die Baselbieter Mundarten in einem kurzen Schlusskapitel zu Bettingen, dieses spreche «denselben Dialekt wie das Baselbiet. (...)».4 Innerhalb der verschiedenen Baselbieter Dialektausprägungen lasse es sich aber nicht genau zuordnen: «Bettingen steht auffallend in der Mitte zwischen den beiden Baselbieter Teilräumen (Birseck und östliches Baselbiet), indem es sich einmal zum einen und einmal zum anderen schlägt.»5

Man fragt sich allerdings, weshalb Riehen und Bettingen sprachlich so sehr vom Baselbiet geprägt sind, wo sie doch zumindest geografisch eine ebenso offensichtliche Nachbarschaft zu den umliegenden badischen Gemeinden haben.

Hierzu macht Ernst Beck in seiner Untersuchung zu der oberen Markgräfler Mundart einige sehr aufschlussreiche Bemerkungen.6 Er unterscheidet nämlich nicht nur zwischen der oberen und der unteren Markgräfler Mundart, wobei die obere die Amtsbezirke Lörrach und Schopfheim, die untere den Amtsbezirk Müllheim umfasst, sondern er grenzt die obere Markgräfler Mundart weiter ab gegen die «Dinkelberger Mundart». Die Abgrenzung zum Markgräflerischen zieht Beck wie folgt: «Die Grenze liegt zwischen: Dinkelberger Mundart : Wyhlen, Bettingen, Riehen, Stetten, Adelhausen (dazu gehört das Gehöft Ottwangen), Nordschwaben und,-Markgräfleriseh: Weil, Tüllingen, Lörrach, Brombach, Müsingen, Wiechs, Oberdossenbach, dazu die Sprachinsel Grenzach.»7

Die Unterschiede zu den umliegenden Markgräfler Gemeinden sind gemäss Beck zum Teil politisch und konfessionell erklärbar: «Die Dinkelberger Mundart wird im Gebiet zweier vorderösterreichischer Besitzungen, nämlich der Deutschordenskommende Beuggen und der Herrschaft Rheinfelden (seit 1805 an Baden) gesprochen, ferner in Stetten, das zur Herrschaft Rötteln gehörte, dessen Kirche jedoch dem Kloster St. Blasien zustand, in Inzlingen, einem Besitz des Stiftes Säckingen, der aber seit 1409 bezüglich der hohen Gerichtsbarkeit Rötteln unterstand.../ Alle diese Gebiete waren im Gegensatz zu den anderen Gemeinden katholisch geblieben und dieser Unterschied war stärker als die spätere politische Aufteilung des Gebiets an die Amtsbezirke Lörrach, Schopfheim und Säckingen. Das erklärt aber nicht die Zugehörigkeit von Riehen und Bettingen zur Dinkelberger Mundart: «Warum in den Dörfern Riehen und Bettingen, die doch schon seit dem 12. Jahrhundert von den übrigen Ortschaften des Dinkelbergs politisch getrennt sind, dieselbe Mundart wie in diesen gilt, ist mir unerfindlich. Die Tatsache ist umso auffälliger, als doch das benachbarte Grenzach, trotz der schwierigeren Verkehrsverhältnisse, die Mundart des politisch zugehörigen Gebiets teilt.»'' Die von Ernst Beck Anfang des letzten Jahrhunderts gemachten Beobachtungen lassen sich im übrigen noch heute bestätigen: Im Südwestdeutschen Sprachatlas setzen sich die untersuchten Dinkelberger Gemeinden Inzlingen und Adelhausen bei vielen sprachlichen Phänomenen von umliegenden Markgräfler Gemeinden wie Lörrach oder Weil ab.

Auch wenn also einige Fragen offen bleiben müssen, so ist doch bemerkenswert, dass weder der Rhein noch die Landesgrenze im Fall der Dinkelberger Mundart eine Sprachgrenze gebildet hat, und es zeigt sich einmal mehr, dass Mundarten anderen Regeln folgen als die Politik.

Typisches der Riehener Mundart Nach diesen eher theoretischen Ausführungen zur Riehener Mundart sollen nun anhand von Textbeispielen deren Eigenheiten aufgezeigt werden. Der auf dieser Seite abgedruckte Textausschnitt aus den Jugenderinnerungen von Carl Tanner (1864-1927) macht deutlich, wie sehr sich die ehemalige Riehener Mundart vom Stadtbasier und auch vom heute in Riehen gesprochenen Dialekt unterscheidet.

's isch im Summer gsi und am e Mittwuche, z'Mittag also kai Schuel. 's Röschertsimmis Simmeli het vo's Grauwilers in dr Freie Strass e Gärnli voll Rauchwürst und Chlöpfer müesse mit heim nä. Dr Eger Emil het en begleitet, 's isch im Chisistrich gsi, und statt dr Strass no sy sie mitenander dur's Niederholz. Und richtig, bald häi sie e Baum gfunde, wo sie dr Versuechig nit häi chönne widersteh. Sie häi ihri Schuelseck und das Gärnli voll Würst unterm Baum in d'Härdöpfelstude gleit, und - husch,husch! - sy sie beid drinn obe gkhockt und häi nach Herzenslust Chirsi gschnabuliert.

Doch - mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten - und der Bammert schritet schnell. Das isch diesmol nit dr Dümmer gsi. Er het sich nit lang eryferet, die Vögel machen abezcho, näi! Er het eifach das Gärnli voll Würst gno und isch drmit furt gloffe. Und richtig! Das het gwirkt. Schnäller als dobe sy die Chirsischelme dunde gsi, und beidi im Bammert noche. I säge, «beidi»; denn dr Eger Emil hätt jo eifach uff die anderi Syte chönnen uf und drus. Näi, er isch mit em Simmeli em Bammert noche. Und hauptsächlig sym Bitten und Bätte het's dr Simmeli z'verdanke gkha, dass dr Bammert barmherzig worden isch und ene das Gärnli voll Würst wieder umme gä het, süst hätt sich währli dr Simmeli uff s Heigo nit bruuche z'freue. Dr alt Röschertsimmi hätt em wohrschynlig dr Näpi zeigt.

Ausschnitt aus: «Vor fufzig Johre» von Carl Tanner, in den Basler Nachrichten im Juni 1923.  Nehmen wir zum Beispiel die Verben haben, sein und wollen: Mrhäi, mrsy, mrwäi heisst es in Riehen, wenn es in Basel mr hän, mrsin, mr wän tönt, ein erster deutlicher Hinweis auf die grosse Nähe zum Baselbiet - und zum Dinkelberg, weisen doch Inzlingen und Adelhausen auch diese Konjugationen auf.

J.P. Hebel hingegen benutzt in seinen alemannischen Gedichten das markgräflerische «mer henn»: «Merhenn's Lamento öbbe gseh un gehört, wie's in de Berge ehracht, un ängste g ha die ganzi Nacht» (in: Der Schmelzofen).

Dies kann als Hinweis dafür gelten, dass Hebels Gedichte zwar durchaus alemannisch sind, aber eben zur Markgräfler und nicht zur Dinkelberger Mundart zu zählen sind. Emil Iselin in seiner «Geschichte des Dorfes Riehen» war zwar noch davon überzeugt, dass die Hebel'sche und die Riehener Mundart quasi identisch sind. Er schreibt darüber: «... noch jetzt, wo doch die alte Riehemer Aussprache ziemlich abgeflaut ist, kennzeichnet sich die Ortssprache deutlich und unzweifelhaft als die alemannische Sprache des Wiesentals (...) Dass der Ortsdialekt früher noch mehr als heute mit dem durch Hebel bezeugten Alemannischen übereinstimmte, beobachtet man am besten an der Aussprache alter, ortsansässiger Leute. Diese reden von <Grumbirei nicht von <Erdäpfel>, von iStufelräbe> nicht von ótoppelrübem...»'0 Dass Markgräflerische Elemente wie eben die Grumbire auch in der Riehener Mundart anzutreffen sind, kann aber auch andere Gründe haben: Bis ins 20. Jahrhundert war der Anteil von Markgräfler Frauen, die nach Riehen heirateten, beträchtlich (auch bei den Einbürgerungen stammten jeweils mehr als die Hälfte der Eingebürgerten aus dem Badischen). So kann die Grumbire durchaus auch auf diesem Weg in die Riehener Mundart gerutscht sein, denn grundsätzlich gehört die ganze Nordwestschweiz und auch die Dinkelberger Mundart ins «Härdöpfel-Gebiet» (vgl. Abbildung links) Riechemerchropfli Ein anderes Merkmal teilt aber die Dinkelberger mit der Markgräfler Mundart, auch hier aber in deutlicher Abgrenzung zu Basel: das tief im Rachen gebildete «ch». Im Hebel' sehen Gedichtausschnitt chracht's und bei Carl Tanner lesen wir von Chirsi, Chlöpfer, chönne, und das Partizip von haben schreibt er gkha und von hocken gkhockt, worin sich auch wieder dieser harte ch-Laut verbirgt. Im Stadtbasier Dialekt werden diese Wörter mit einem g- oder k-Laut ausgesprochen: Kirsi, Glöpfer (oder genauer mit Entrundung Glepfer) usw. In Riehen war diese «ch-Lastigkeit» aber stärker ausgeprägt als z.B. in Weil und gab damit immer wieder Anlass zu Hänseleien. So schreibt Carl Tanner über einen Ausflug mit seiner Klasse nach «Wil»: «Aber wo mrvurWil sy, häi sieh e paar l/Viier Buebe nöchberligs gmacht und häi bald agfange Schwyzerchalber und Riechemerchropfli ustäile, und sie häi drzue uff die bekannti Art d'Füscht an Hals gläit und gsäit: iVo Riächchäb» Hier machen sich die «Wiler Buebe» einerseits lustig über die häufigen Kröpfe in Riehen, die wegen Jodmangels aufgetreten sind (auch Chropfheimer war ein Riehener übername), andererseits ist der Hohn auch auf die Sprache bezogen: Alle Schimpfwörter enthalten den ch-Laut und in «Riäch-chä» wird er noch besonders hervorgehoben.

Auch in Basel, schreibt Tanner, seien die Riehener Buben bisweilen gehänselt worden: «Vo de Basler Schüeler und vo de Lehrer sy sie öppen e mol e chli g fugst worde wägen ihrer plumperen Art und Sproeh.» Nun, es war eben die Sprache eines Bauerndorfes, gemächlicher gesprochen und vor allem an der Aussprache, aber manchmal auch an der Wortwahl oder der Satzstellung zu erkennen. Ein Beispiel aus dem oben zitierten Text von Carl Tanner: «süscht hätt sich währli dr Simmeli uff's Heigo nit bruuehe z'freue.»

Lautliche und andere Eigenheiten – Das allmähliche Verschwinden

Im geschriebenen Text nicht erkennbar ist jeweils die andere Lautung der Vokale und Konsonanten. Hierfür waren die Aufnahmen von Johannes Wenk-Madoery sehr hilfreich. Deutlich ist beispielsweise die andere Positionierung des «1». In der Riehener Mundart wird das «1» eher hinten im Gaumen gebildet, was ihm einen kehligen Klang gibt, zu vergleichen etwa mit der englischen Aussprache im Wort «well». Auch das Wort «ich» wird nicht wie im Baslerischen mit einem langen, hellen «i» ausgesprochen, sondern eher wie das «i» im baseldeutschen Wort «Hirt». Das «r» wird gerollt, ist also ein so genanntes «Zungen-r» und kein baslerisches «Zäpfchen-r».

Sodann geht man in Riehen eben nicht in d'Kirche, sondern i d'Chille (auch hier tönt das «1» schön kehlig), man ist bi bis deheim und isst öisi Chirsi (manchmal auch eusi geschrieben oder euseri/öiseri), oder Ches und Brot, man geht nach Inzligke, Bettigke oder Tülligke, und zwar geht man dorthin uufe und nicht uffe und unterscheidet zwischen zwee Manne (männliches Nomen), zwo Fraue (weibliches Nomen), zwöi Chind (sächliches Nomen). Immer ist aliwil, auch heisst o, und der Bürgermeister ist der Burgimeischter, und zwar mit der Betonung auf dem Wort Meischter.

Auch «entrundet» wird in einigen wenigen Fällen, aber nur bei «ti»: nimme, Hiehner, aber: Brülle für Brille, hüt, Chüngel usw. Doch all das war «sälbismol» (damals) und ist heute in Riehen kaum mehr zu hören.

Bereits 1923 schreibt Emil Iselin, die Riehener Aussprache sei schon «ziemlich abgeflaut»12. Dass diese Entwicklung bis in die 50er-Jahre laufend weiterging und dann in den 70er Jahren allmählich dazu führte, dass die Riehener Mundart ganz verschwand bzw. nur noch an wenigen einzelnen Wörtern erkennbar ist, hat ihren Grund in der Riehener Bevölkerungsentwicklung. 1920 hatte Riehen etwas über 4000 Einwohnerinnen und Einwohner, im Jahr 1955 waren es schon fast 15000 und 1975 knapp 21000. Die Zuwanderung war also enorm, die seit jeher ansässigen Riehener Familien eine kleine Minderheit geworden. Das musste sich zwangsläufig auf die Mundart auswirken, umso mehr als ein Grossteil der Zugezogenen aus Basel selbst kam. Die alte, aus dem bäuerlichen Milieu herkommende Mundart konnte sich gegen die städtischen Einflüsse nicht halten und so verschwanden ihre typischen Merkmale: Bereits in den 50er Jahren findet sich in vielen Mundartbeiträgen neben dem typischen Riehener si hei das Baslerische si hän; zum Teil finden sich im selben Satz beide Formen: «Emol im ene schöne Winter, hei zwei so Luusbuebe gfunde, die schmali Schliffi der Baslerstross noh tieg für dr gross Adrang nimme länge, was hei si gmacht, die hän sich nit an Gmeinrot gwändet und ihn bittet, er mög en lisbahn irichte, nei churzentschlosse hän si z'obe zwüsche idunkel und gsesch mi nit> d'Zäpfe vo de beide Brünne bi der Chille und an de Dreikönige ufezoge und Träg lo leerlaufe...»"

Daneben finden sich aber noch immer typische Riehener Ausdrücke wie nimme oder Chille.

Ähnliches widerfährt auch der Riehener Konjugation von sein: mrsi oder sie si weicht allmählich dem mrsin oder sie sin. Auch hier finden sich in der übergangsphase beide Formen nebeneinander: «Am schönsehte si halt allewil d'Sunntig gsi (...) Was die Wintersunntige mit der Schneedecki zume ganz bsundere Feschttag für eus gmachthet, sin d'Schlittefahrte gsi, vo de iBasler Herrschaften wie me si domols mit grossem Respäkt g nennt het, wo si als dur euser Dorfin's Wysetal hindere undernoh hän.»"

Auffallend standhaft hält sich öis für uns und öiser für unser. In den schriftlichen Zeugnissen tauchen die Stadtbasier Formen nie auf und bei den von Johannes Wenk-Madoery gemachten Aufnahmen hört man sie ganz selten, wohingegen die Konjugationen von sein und haben recht oft in den Stadtbasier Formen verwendet werden. Auch die Chille bleibt bei den alteingesessenen Riehenerinnen und Riehenern bis heute im Wortschatz und damit quasi im Dorf. Aber Hans Fischer-Schultheiss (1889-1969) hatte schon richtig beobachtet, als er im März 1950 in der Riehener Zeitung schrieb: «I ha scho-ne-paarmol in dim Blettli die Riechemerdütsche Uffsätzli gläse, aber no jedesmol han-i gseh, dass die Artikelschriber doch nimme ganz mit em alte Riechemerdütsch vertraut si.» Und er erklärt gleich, weshalb er glaubt, selbst noch eine verlässlichere Quelle für den echten alten Dialekt zu sein: « 1/1////-/ aber in miner früehste Juged mit-eme-n-alte Vetter und zwo alte Bäsene (alli drei si no in de zwanzger Johre vom letschteJohrhundert gebore gsi) ufgwachse bi, so glaubi darf i scho dr Aspruch erhebe, no ne ziemlig unverfelscht Riechemerdütsch z'schwätze, numme het mi alte Vetter no für Fänschter - Feischter - und für Chänschterli - Cheischterli - gseit, was o mir nimme gläufig ischy5

Diese Äusserungen führen uns eindrücklich vor Augen: jede Mundart lebt mit ihren Sprecherinnen und Sprechern, verändert sich mit ihnen und kann auch mit ihnen sterben - die Riehener Mundart ist nur eines von vielen Beispielen dafür.

Sprachatlas der deutschen Schweiz, Hg. Rudolf Hotzenköcherele, Bern 1962 ff. In diesem mehrbändigen Werk werden die Mundarten der deutschen Schweiz sehr detailreich in Sprachkarten dargestellt. Die Daten wurden mittels Aufnahmen in den einzelnen Gemeinden erhoben. ' Sämi Schudel: Alldäägligs. Gedicht und Värs im Riechemer Dialäkt, Riehen 1991.

Ders.: s Wätterhüüsli. No e Hampfle Värs im Riechemer Dialäkt, Riehen 1994 ■ Ihm sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt für die zahlreichen Materialien und die engagierte Unterstützung.

1 Robert Schläpfer: Die Mundart des Kantons Baselland. Frauenfeld, 1956, S. 232 s ebenda, S.233 6 Ernst Beck: Lautlehre der oberen Markgräfler Mundart, Halle 1926 7 ebenda, S. 16 a ebenda, S. 24 d ebenda, S. 25 * D.L. Emil Iselin: Geschichte des Dorfes Riehen, Basel 1923, S.266 ' «Entrundung» heisst z.B. das im alten Baseldeutsch übliche Verschieben von «ü» zu «i» und von «ö» zu «e»: «hüt» ist «hit», «Vöögeli» ist «Veegeli». Die Riehener Mundart kennt die Entrundung nur in ein paar wenigen Fällen. 'D.L. Emil Iselin: Geschichte des Dorfes Riehen, Basel 1923, S.266 Riechemer Winterfreude. Jugederinnerige vom e alte Riechemer. Riehener Zeitung, 10. Februar 1950. (Hervorhebungen von mir) J ebenda ; Hans Fischer-Schultheiss: «Liebe Blettlischriber», Riehener Zeitung, 3. März 1950

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2004

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