Von Formen und Strukturen fasziniert
Franz Osswald
Der Riehener Maler Hans Ackermann überlässt in der Malerei nichts dem Zufall - seine stets gegenständliche Malerei ist durchdacht und komponiert.
«Schulmeisterlich». So habe jemand seine Bilder qualifiziert, erzählt Hans Ackermann. Er steht in seinem Atelier im Gundeldinger-Quartier und lächelt verschmitzt. In gewisser Weise ist die Einschätzung ein Volltreffer, wirkte Hans Ackermann doch über 30 Jahre an den Riehener Landschulen als Zeichen- und Werklehrer.
Unverkennbar ist indessen Hans Ackermanns Neigung zu geometrischen Formen und einem strengen Aufbau seiner Bilder. «Miisterlibilder» nennt er selbst eine Werk-Serie, die aussieht, als hätte man sie aus einem Stoffkatalog herausgerissen. Und genau von dort stammen die Motivideen, die uns auch an den Anfang seines künstlerischen Schaffens führen.
Ein «Musterknabe»
«Bei uns zu Hause war es üblich, dass Hemden und Anzüge noch von einem Schneider nach Mass angefertigt wurden. Das war in den 30er- und 40-Jahren des letzten Jahrhunderts. Aber auch für Vorhänge und andere Stoffprodukte gab es Musterbücher mit schier unzähligen Beispielen was Farbe, Form und Oberfläche anging». Hans Ackermann war von diesen «Müsterli» fasziniert, «ja, sie haben mich geprägt» - diesbezüglich war er ein richtiger «Musterknabe». Die neueren Werke, die «Müsterli»-Bilder haben ihren Ursprung also in seiner Kindheit - eine Begeisterung für Form und Struktur, die bis heute ungebrochen blieb.
Hans Ackermann hatte in seiner Kindheit das Glück, einen Vater zu haben, der auf der Materialverwaltung arbeitete. So war es nämlich kein Problem, ihn mit Farbstiften, Papier und Gummi zu versorgen. In seinen Eltern fand er gute Förderer seiner Talente. Schnell wurde erkannt, dass Hans künstlerische Fähigkeiten besass. «Ich war kein kleiner Picasso», sagt er und lächelt mit Schalk, «nein, ich habe einfach sehr sorgfältig gemalt.» Diese Eigenschaft sollte ihm ein Leben lang erhalten bleiben. In seiner Jugend kam schliesslich die Freude am Basteln dazu, ganze Schiffsmodell-Flotten entstanden nach dem genauen Vorbild - auch hier war Hans Ackermann auf saubere Arbeit bedacht.
Die berufliche Ausbildung führte ihn zum Primarlehrerdiplom, das er im Kanton Baselland erwarb. Das Rüstzeug dazu erhielt er an der damaligen «Evangelischen Lehranstalt» in Schiers im Kanton Graubünden. Hier kam Hans Ackermann nebst den Ferienausflügen im familiären Kreise intensiv mit der Bergwelt in Kontakt. Eine Liebe, die in seinem Schaffen Spuren hinterlassen sollte. Zurück in Basel besuchte Hans Ackermann die Gewerbeschule Basel und anschliessend das Lehrerseminar Basel. 1955 schloss er mit dem Diplom für Schreiben, Zeichnen und Handarbeit ab. Fortan vermittelte er sein Wissen und Können vielen Generationen von Schulkindern in Riehen - Ackermann war in den drei Jahrzehnten seines Berufslebens in allen Schulhäusern der Landgemeinde tätig.
Planung und Vorstudien Nebst dem Schuldienst widmete sich Hans Ackermann der Malerei. Anfangs dominierten noch Aquarellbilder, die Entwicklung ging aber mehr und mehr hin zur ölmalerei, wobei auch Farbstifte, Tusche und Mischtechniken nicht fehlten. «Mit Acryl habe ich nie gemalt, das trocknet zu schnell». Und wieder erkennt man in dieser Aussage seine Neigung zur Genauigkeit; schnelle Würfe sind seine Sache nicht. Die Werke sind genau geplant und vorbereitet, oft mit zahlreichen Vorstudien; ja, sie sind komponiert.
Ackermanns Arbeiten lassen sich in drei Motiv-Gruppen unterteilen: Bilder mit Naturmotiven, solche mit geometrischen Formen, Werke, in denen sich beides vermischt, und Fasnachtshelgen. Ein Beispiel für Tiermotive sind seine grossflächigen Schlangenbilder, in denen mit Farbe und Form gespielt wird. In einer anderen Serie mit Tiermotiven spielt er auch mit dem Blick der Betrachtenden, handelt es sich doch um regelrechte Suchbilder. Ackermann nutze in seiner Malerei die ganze Farbpalette vom zurückhaltenden Schwarz-Weiss von Tusche und Bleistift über die dezenten Pastelltöne des Aquarells bis hin zu grellen Farbtönen in öl oder Buntstift. Seine Motive bleiben aber immer konkret. «Realistisch und naturnah», so bezeichnet Ackermann seinen eigenen Stil.
Mit eigenen Augen sehen
Dem kann man ohne Wenn und Aber beipflichten. Viele seiner Bilder zeigen Berge, Gletscher und Felspartien. «Jahrelang war ich als Knabe in Sommerlagern auf der Alp Morgenholz im Glarnerland (...) und als Lehrer später in zahlreichen Schulkolonien und Arbeitslagern an manchen Ecken unseres lieben Schweizerlandes», schreibt Hans Ackermann in seinem Aufsatz «Wie ich zur Bergmalerei kam». «Fels- und Eisstrukturen sind für mich eine Augenweide. Das wechselnde Licht des Tages und die jahreszeitlich bedingten Veränderungen bieten Ansporn und Schwierigkeiten zugleich, wie denn überhaupt die Pleinairmalerei eine immerwährende Herausforderung darstellt.»
Und damit spricht Ackermann einen weiteren wichtigen Punkt seines Schaffens an: nie würde er etwas malen, ohne es vor Ort gesehen zu haben. «Man muss einen Eindruck der Landschaft erhalten, Lichtverhältnisse kennen, Farben und Formen studieren - und wenn möglich, gleich an Ort und Stelle malen.» Nur wenn dies nicht möglich war, hat er nach einem Augenschein, der nie fehlen durfte, mit Fotos gearbeitet. Dieses Vorgehen hat seinen Blick für interessante Motive und Perspektiven geschärft. So passierte es einmal, dass er sich für einen bestimmten Bildausschnitt entschieden hatte - das Dorf Sevgein (Seewis) mit markantem Kirchturm in den Bündner Bergen. Später kam ihm eine Postkarte in die Finger, die genaue dieses Motiv darstellte - wohl kein Zufall.
Bergmaler-Gilde und Fasnachts-Cliquen
Zur Gilde der Schweizer Bergmaler stiess Hans Ackermann über eine Ausstellung im Verkehrshaus Luzern. An manch einer Ausstellung der Gilde nahm Ackermann teil, oft wurden seine Bilder auch in den Katalog aufgenommen. Auch wenn die Bergwelt eines seiner bevorzugten Arbeitsgebiete ist, so stellt es doch nur einen Teilbereich dar. Als Basler und in Riehen wohnhafter Künstler verbrachte er manche Stunden im Laternenatelier des Dupf-Clubs. Für diese Clique malte er insgesamt 16 Laternen. Dass er sich auch gleich noch um die Kostüme kümmerte, erstaunt keineswegs - «Stoffmüsterli». «Wir malten im Tramdepot - der Dupf-Club war eine <Drämmler-Clique> - wo es feucht und lärmig war, weil die Tramzüge abgespritzt wurden. Die Bedingungen waren zwar nicht immer ideal, die gemeinsamen Stunden aber stets eine Freude», erinnert sich Hans Ackermann gerne. Gelernt hat Ackermann die Kunst des Laternenmalens übrigens von keinem Geringeren als von Max Sulzbachner.
Mit den Jahren nahm nicht nur die Zahl der Ausstellungen zu, sondern auch die Anzahl Bilder. Im Atelier im Gundeli stehen sie in Reih und Glied und stellen doch nur einen kleinen Teil aller Werke dar - der Rest befindet sich im Haus in Riehen. Zahlreiche Bilder befinden sich in Privatbesitz im In- und Ausland, in der Emil Sutter-Stiftung Grindelwald oder im Alpinen Museum Bern. Hans Ackermann ist ein «schaffiger» Künstler. «Ich hatte nie Schaffensphasen und Ruhephasen. Ich bin eigentlich immer am Malen». So kommt er denn auch jetzt noch regelmässig in sein Atelier. Seine Freude am Malen hat nie gelitten. Vielleicht auch deshalb, weil Hans Ackermann mit seinen Bildern nie das Zeitgeschehen kritisch darzustellen versuchte. Gesellschaftskritische Züge sind seinen Bildern fern. Sein Realismus beschränkte sich auf die Art der Darstellung von Motiven, die nur eines soll: «die Betrachtenden erfreuen und anregen».