Von Häusern, Höfen und Gärten im Sarasinschen Landgute

Lucas Frey

Riehen war bis zum Ersten Weltkrieg der bevorzugte Sommeraufenthaltsort der alten Basler. Von den rund 15 Landgütern, die sich in unserer Gemarkung befanden, wurden zwei abgebrochen, drei gehen wohl dem gleichen Schicksal entgegen, sechs sind privat und vier in öffentlichem und halböffentlichem Besitz. In absehbarer Zeit wird unser neues Riehener Spital auf dem Areal des großen Sarasinschen Landgutes entstehen. Die zwei hier besprochenen Landgüter sind vom Abbruch bedroht. Möge dieser Artikel dazu beitragen, die Schönheit von Park, Hof, Häusern und Orangerie bekannt zu machen.

Das Le-Grand-Gut

Am obersten Ende der Rößligasse, in Nr. 67, liegt unbeachtet, verträumt und teilweise schon am Zerfallen der Le-Grand-Hof. Hohe Mauern und ein undurchsichtiges Brettertor verwehren den Vorübergehenden jeden Blick in den Hof und auf dessen Gebäulichkeiten. Durchschreiten wir jedoch das Tor, so fällt uns sofort das kleine Herrenhaus in die Augen. Seine vier breiten, hohen Aufbauten, die das Helmdach unterbrechen, schmücken den kleinen Hauskubus wie Türmchen. In einiger Entfernung stehen zwei ökonomiegebäude senkrecht zur Straße. Sie bilden zusammen mit zwei kleinen Gebäuden längs der Straße, der Mauer gegen die Straße und derjenigen gegen den Garten einen rechteckigen Hof.

Die ganze Anlage ließe sich nur richtig übersehen, wenn wir die beiden großen Linden, einige höhere Büsche und Sträucher entfernen und die Terrasse mit ihren Einbauten und verglasten Wänden abbrechen würden. Einen Schmuck des Herrenhauses bilden auch die an allen vier Ecken emporlaufenden Lisenen, der den Stockwerkboden betonende sichtbare Gurt und das Wappenrelief Elbs-Birr von 1694/95 an der Gartenfassade. Die einzige Haustüre öffnet sich gegen den Garten und liegt in einer der vier Fensterachsen. Ungewöhnlich für eine so symmetrische Gesamtanlage ist die gerade Zahl der Fensterachsen. Die Mittelachse wird durch die Aufbauten bestimmt.

Das Haus mißt 9x12 m im Grundriß. Dreiviertel der Fläche ist unterkellert, ein starker Holzpfosten trägt das Kellergebälk. Bis 70 cm starkes Mauerwerk umschließt das Erdgeschoß, das 4 Räume und das Treppenhaus enthält. Im 1. Stock finden wir 5 Räume und das Treppenhaus. Hier jedoch ist die Außenwand durch verputzte Holzriegel gebildet. Im Dachgeschoß sind die 3 Kammern und das Treppenhaus von je einem Dachaufbau belichtet. Die Lisenen bestehen im Erdgeschoß aus Sandstein, im Obergeschoß aus Holz. An kunsthandwerklich beachtenswerten Gegenständen finden wir über der Haustüre ein Oblicht-Gitter mit den verschlungenen Initialen A. L„ im ersten Stock drei geohrte Türen und als letzten Rest eines einst vollständig bemalten Zimmers einen gemalten, farbenfrohen Deckenfries.

Die ökonomiegebäude bestehen aus zwei Flügeln; Scheune und Stall im Norden entsprechen Remise und Dienerwohnungen im Süden. Beide Flügel sind mit hölzernen Rundbogen, hölzernen Schlußsteinen, Holzpilastern und Holzkapitellen geschmückt. Diese hölzernen Elemente sind aber nicht nur Schmuck, sondern sie tragen die verzierten Mauerpfetten und damit das Dachgebälk.

Scheune und Stall liegen unter einem großen, hohen verkrüppelten Walmdach. Die reich gegliederte Fassade wird durch drei Achsen, die durch die drei Lukarnen gehen, bestimmt. Das hölzerne Tenntor liegt in der Mitte. Die äußeren Achsen gehen durch die verglaste Türe zur Orangerie, die von je einer verglasten Rundbogenöffnung flankiert ist und durch die hölzerne Stalltüre, die von je einer vermauerten und einer unvermauerten Rundbogenöffnung zu Stall und Durchfahrt begleitet ist. Diese Türachsen sind halb so groß wie die Rundbogenöffnungen.

Die Remise ist nicht so reich gegliedert. Zwei äußeren Rundbogen folgen gegen die Mitte je eine Achse mit hochstehendem, rechteckigem Fenster und darüberliegendem Rundfenster, eine hochgezogene Türöffnung und nochmals eine Rechteck-Rundfenstereinheit. Die Remise ist auch schmäler als die Scheune. — Längs der Straße liegen angebaut an Remise und Scheune je ein einstöckiges Gebäude mit Mansardendach.

Der Ehrenhof, die verbleibende Fläche zwischen den Häusern und der Trennmauer zum großen Park, ist heute mit zwei Rasenbeeten, zwei hohen Linden, einem Gemüseplätz und einem großen Kiesweg ausgefüllt. Vor Zeiten waren Linden und Gemüseplätz nicht vorhanden, dagegen schmückten den Hof Beete, die mit geometrischen Blumenmustern bepflanzt waren. Die symmetrisch verlaufenden Wege waren mit kleinen, beschnittenen Buchsbäumchen verziert, die mit Orangenbäumchen abwechselten. In einer Ecke führt ein Louis-XV.-Brunnen ein wenig beachtetes Dasein.

Baugeschichte

Von den vier ältesten Urkunden, die Fritz Lehmann, dem ich hier für seine selbstlose Mithilfe danken möchte, im Staatsarchiv über unser Landgut gefunden hat, besagt eine, daß Abraham Legrand am 30. Jan. 1692 vom Bürgermeister und Rat der Stadt Basel das Recht erhält «in seine neuerbawte Behausung zu Riehen für eine Röhren Bronnwasser, Eines Helblings groß in seine Kosten laiten und führen zu lassen.» In verschiedenen Ansätzen hat Abraham Le Grand sein Landgut vor diesem Brunnbrief zusammengekauft, so nachweislich in den Jahren 1687 und 1688. Das Wappenrelief Elbs-Birr ist irrtümlicherweise hierher versetzt worden. Es gehört ans Nachbarhaus.

Die Hausgeschichte einer Liegenschaft kann sehr oft nicht mit Urkunden und Plänen belegt werden, aber das Haus selbst kann uns Antwort auf gewisse Fragen geben. Wir wollen in Gedanken eine Rekonstruktion des ursprünglichen Hauses von 1688 versuchen und gewisse «modische» Zierarten vom Hause entfernen. So befreien wir das Dach von seinen großen Zier-Aufbauten, das Riegelwerk des ersten Stockes vom Verputz und das Mauerwerk von den steinernen und hölzernen Lisenen. Natürlich ist die große Terrasse mit ihren verglasten Einbauten, die im letzten Jahrhundert entstanden ist, schon lange in Gedanken abgebrochen worden. Dieses so zurücktransformierte Haus mit Riegelwerk im 1. Stock und beidseitigem verkrüppeltem Walmdach ähnelt einem kleinen Bauernhaus. Fachwerkhäuser waren in Riehen, im Markgräflerland und im Elsaß die übliche Bauart. Ich erinnere an die Riegel des «Sängerstübli» (1745), das Hinterhaus des Wettsteinhauses (1651), des Gasthofes «Drei Könige» (Metzgerei ACV) und des ehemaligen «Ochsen». Unser ursprüngliches Landhaus ähnelte wohl am meisten dem mittleren Gundeldingerschlößli, das heute Thomas-Platter-Haus genannt wird.

Zu dem um 1688 erfolgten, ursprünglichen Bau von Abraham Le Grand-Eglinger gehören folgende Bauteile. Die drei aus dem 17. Jh. stammenden Türverkleidungen im 1. Stock, die beiden großen straßenseitigen, mit Mittelpfeilern geschmückten Erdgeschoßfenster, die gerade Zahl der Fensterachsen sowie die bemalte Stube im 1. Stock, denn das Nordwestzimmer war einst vollständig ausgemalt. Noch heute ist an der Decke ein ca. 25 cm breiter farbiger Streifen zu sehen. Auf dunklem Grund sind mit leuchtenden Farben große, schwere Früchte und Blumengirlanden gemalt. An den Wänden waren mit sicherem Pinselstrich holländische Ideallandschaften dargestellt. Dieses Zimmer ist um 1700 entstanden. Es stammt vermutlich vom Basler Maler J. J. Huber.

Abraham Le Grand (der Enkel) war der Besitzer des Landgutes von 1741 bis 1773. Dieser erbaute mit seinem Bruder und Geschäftspartner Franz den «Goldenen Löwen» in der Aeschenvorstadt (Fassade seit 1964 in der St.-Alban-Vorstadt). Im Staatsarchiv finden wir eine Schätzimg des Le-Grand-Hofes aus dem Jahre 1760. Ein von J. G. Enkerlin (Geometer) 1766 aufgenommener Plan des ganzen Landgutes zeigt uns die in der Schätzung erwähnten Gebäude im Grundriß und in der Perspektive. Wir stellen mit Erstaunen fest, daß sich die Anlage des Ehrenhofes, das Herrenhaus und die beiden Flügel der ökonomiegebäude bis heute nicht verändert haben. Wir erfahren, daß der heute noch vorhandene Louis-XV.-Brunnen damals schon im Hofe stand. In der Scheune hinter dem Bauernhaus befand sich eine Trotte. Neben dem Einfahrtstor zum Ehrenhof, im westlichen vorspringenden Flügel der Remise, war ein Vogelhaus untergebracht. Das ganze Landgut wurde von einer Längsachse beherrscht. Diese ging von der Mitte des Herrenhauses senkrecht nach Westen, Richtung Tüllingerberg, und endete an der Baselstraße in einem «Perspective» genannten Kabinett.

Auf das Abschlußgitter, das den Ehrenhof vom Garten trennte, folgte ein rechteckiger Springbrunnen von ca. 12x12 m Ausdehnung. Gegen Osten erstreckte sich ein großer Baumgarten, gegen Westen eine Matte mit einem Bienenhaus, westlich folgte der Küchengarten. Hinter dem Küchengarten verbreiterte sich das Gut um das Doppelte, und die Hauptachse wurde von Matten und äckern sowie zwei großen Obstgärten flankiert. Ganz im Westen an der Baselstraße, da, wo heute noch ein Keller tief in die Erde gegraben ist, stand ein «Lusthaus». Auch ein Rebhäuslein an der Straßengabelung Baselstraße-Inzlingerstraße finden wir aufgezeichnet.

Auf dem im Jahre 1786 aufgenommenen Plan von Riehen ist das große Bassin verschwunden. Beim Verkauf des Le-Grand-Gutes im Jahre 1812 wird ausdrücklich auf die im Plan von 1766 angegebenen Größen und Flächenmaße verwiesen. Das Gut besaß also 1812 immer noch die gleiche Ausdehnung.

Das Elbs-Birrsche Landgut

An der Rößligasse Nr. 53, dort, wo die Oberdorfstraße senkrecht von ihr abzweigt, steht hinter offenen Gitterstäben unser Landhaus. Es ist sehr hoch, zweistöckig und trägt ein verkrüppeltes Walmdach. Regelmäßig verteilte Fensterachsen schmücken seine Fassaden. Gegen die Straße sind es deren drei. Die mittlere Achse wird durch eine Türe und eine doppelläufige, in den Garten führende Treppe betont. Ein barockes Gitter mit typischen Louis-XV.-Ornamenten ziert diese Treppe. Gegen Norden und Süden blicken pro Stock je zwei Fenster. Gegen Süden führt eine steinerne Treppe mit bogenförmigen Trittplatten in den Garten zu drei alten Platanen. Vom Hof her, der im Norden liegt, betritt man das Haus. Zwei Lukarnen, die Terrasse und die Veranda auf der Hofseite sind neueren Datums. Gegen Westen setzt sich das Haus in zwei Anbauten fort, der nördliche ist einstöckig und unterkellert. Eine begehbare Terrasse bildet ihren oberen Anschluß. Ihr neueres Schutzgitter wird von einem kurzen, barocken Stück mit der Initiale «H» unterbrochen. Der südliche Anbau ist zweistöckig und ca. 11 m lang. Er enthält heute im Erdgeschoß einen Salon und endet in der Veranda. Das Holzwerk der Fenster und Zimmertüren stammt aus der Barockzeit, vereinzelt aus dem Biedermeier. In beiden Parterreräumen gegen Süden soll eine mit hell- und dunkelbraunem Rankenwerk bemalte Holzbalkendecke aus dem 17. Jh. unter der Pavatexdecke verborgen sein. Das geräumige Sommerhaus, das eine große gewendelte Treppe enthält, liegt gegen Nordwesten. Im ehemals einräumigen Keller stehen drei schön gearbeitete Holzsäulen, die das Erdgeschoßgebälk tragen. Dieser Raum erinnert in allem an einen Weinkeller.

Der Zugang zum Keller liegt unter der heutigen Küche. Er bildet einen breiten Kellerhals. Sein Boden wie der des Kellers ist gepflästert. Der Keller mißt 10x9'/2 m im Grundriß, das Erdgeschoß lOxll'/s m.

Baugeschichte

Das Baujahr verkündet das am Le-Grand-Hause angebrachte Sandsteinrelief mit den beiden Wappen der Gründer Elbs-Birr und dem Spruch: «Ao. 1694 u. 95 jst die Gebäu durch Gottes Hilf von Daniel Elbs gebauwen.» Zu diesem ursprünglichen Haus gehörte der ungedeckte Kellerhals und der Keller. Im großen Keller befanden sich Weinfässer und die Trotte. Im Erdgeschoß können wir aus der Gründerzeit noch die barock bemalte Balkendecke und im Westen den alten Hauseingang finden.

Die Tochter des Erbauers, die Witwe des Meisters Hans Jacob IselinElbs, verkaufte das Haus 1752 an Samuel und Dorothea Heusler-Burckhardt. Die neuen Besitzer gingen unverzüglich an die Ausgestaltung des Landgutes. Sie zogen den damals in Basel berühmtesten Architekten zu. Von Joh. Jac. Fechter (1717—97) befindet sich ein signierter Erdgeschoßgrundriß für Haus und Garten im Staatsarchiv, der 1752 gezeichnet wurde. J. J. Fechter ist der Architekt der «Sandgrube», des «Wildtschen Hauses» am Petersplatz, dreier Häuser am Münsterplatz usw. Das von ihm stammende Pfarrhaus von Bretzwil ähnelt in der äußeren Hausform unserm Elbs-Birrschen Haus.

Fechter verbreiterte das Haus in Riehen um zwei Meter, er verbesserte so die Proportion der Straßenfassade. Den einen Hauseingang ließ er im Westen. Aber die Mitteltüre mit der Doppeltreppe gegen die Straße stammt von ihm. Die regelmäßigen großen Fenster und ihre Anordnung in starren Achsen wurde 1752 ausgeführt. Das Holzwerk von Fenster und Türen sowie das Gitter an der Treppe gegen die Straße erinnern an jenen Umbau. Neben der Baselstraße 88 steht ein barockes, schmiedeisernes Gitter, das mit Blumensträußen geschmückt ist. Es trägt, wie auch das Gitter am Nordflügel des Hauses, die barock verschlungene Initiale «H», welche auf den Besitzer Heusler hinweist. Jenes Tor bildete ehemals den Abschluß zwischen Hof und Obstgarten. Fechter zeichnet auf seinem Plan die Küche in den Südflügel. Der heute dort eingerichtete Salon stammt aus der Mitte des 19. Jhs.

Der Park des vereinigten Sarasinschen Landgutes

In der Architektur kann in der Mitte des 18. Jhs. ein Abwenden vom barocken Baustil mit seinen üppigen, geschweiften Formen zu einfachen, klaren Kuben des Klassizismus festgestellt werden. Dasselbe geschieht in der Gartenarchitektur. Nur verläuft hier die Entwicklung von den einfachen, geraden Formen der italienischen und holländischen Parterres (die später in Frankreich von Le Nôtre mit großartigen, auf perspektivische Wirkung zielenden Anlagen verbunden wurden) zu den aufgelösten, die natürlich gewachsenen Auenlandschaften nachahmenden Gärten Englands. Das Naturgefühl, dem Rousseau in seinen Schriften Ausdruck verlieh, empfanden alle Menschen der jüngern Generation. Goethe beschrieb eingehend die Anlage, Erweiterung und Ausgestaltung eines Parks in den «Wahlverwandtschaften». Der neue Park von Schwetzingen bei Mannheim wurde von 1777 bis 1804 durch den Gartengestalter Friedrich Ludwig von Sckell angelegt, der auch seit 1789 den englischen Garten in München schuf. Diese kulturellen Strömungen hatten ihre Auswirkungen bis nach Basel und Riehen. Der Gartenarchitekt, der dem Garten des Markgräfler Hofes in Basel von 1792 bis 1804 vorstand und den Garten des Bäumlihofgutes 1802 neu anlegte, war Michael Zeyher, der kurz darauf Gartendirektor in Schwetzingen wurde.

Der Ankauf des Le-Grandschen Gutes durch den Besitzer des Birrschen Hauses fand 1812 statt. Frühestens von jenem Datum an, wahrscheinlich aber erst kurz nach 1836, nachdem Hieronymus BischoffRespinger das Gut von seinem Vater geerbt hatte, erfolgte der gärtnerische Zusammenschluß der beiden Güter. Schade, daß es mir bis heute nicht gelang, den Architekten des heutigen Gartens festzustellen. Mit seinen hohen, voll ausgewachsenen Baumgruppen, den ausgedehnten Wiesen stellt er einen Naturpark dar. Vor und zurück schwingt die Grenzzone zwischen Wiesenfläche und Baumgruppe. Folgen wir H. P. Rieder und Th. Laubscher bei ihrem Gang durch den Garten, so finden wir 52 Baum- und Straucharten. Diese lassen sich in 17 einheimische Baumarten mit ca. 115 Bäumen, sieben einheimische Straucharten in 25 Gruppen und in 28 fremdländische Baumarten in 47 Bäumen aufteilen (z. B. Platane, Zürgelbaum, Judasbaum, Tulpenbaum, Perückenstrauch, Schwarzföhre, Götterbaum, Mispelbaum, Weymouthkiefer, jap. Schnurbaum, Silber-Linde, Zerreiche, Geweihbaum, verschiedene Arten von Eiben und Scheinzypressen, Sumpf-Zypresse, Ginkgo). Die Bäume sind über hundert Jahre alt; sie gehören zum ursprünglichen Bestand der damals neuen englischen Gartenanlage.

Südlich des Elbs-Birrschen Hauses finden wir drei Platanen, die auf dem Plane von 1811 eingezeichnet sind. Die damals geplante Allee ist tatsächlich gepflanzt worden und steht noch. Die ersten der 22 Baumpaare werden wohl schon 1811 und die letzten 1812 gesetzt worden sein. Die Allee wird aus Sommer- und Winterlinden gebildet.

Im ganzen Park treffen wir immer wieder das gleiche Unterholz an. Einige damals wachsende Sträuchlein sind zu baumgroßen Gebilden ausgeartet, so Thuja und Buchs. Um dem Garten eine lebendige Bewegung zu geben, das natürliche Gelände einer Auenlandschaft zu schaffen, die gebildet wird von Anschwemmungen und Tälchen eines Flüßchens oder gurgelnden Bächleins, führte man Erde zu Haufen und erstellte künstliche Berglein, Anhöhen, von denen man wieder durch geschlungene Wege zu dem normalen Gartenniveau gelangte. Wir zählen fünf solche Erhebungen. Ganz nahe dem Elbs-Birrschen Haus finden wir die erste. Aus künstlichen Tuffsteinen baute man eine Grotte, aus der damals eine Quelle hervorsprudelte, die in einem kleinen, mit schönen Pflanzen bewachsenen Bassin aufgefangen wurde. Der zweite Hügel enthält den tiefen Keller an der Baselstraße, der 1857 anstelle eines Bauernhauses erstellt wurde. In meiner Kindheit stand dort noch ein Pavillon aus Eisen darüber. Die Aussicht vom Pavillon aus über die Landstraße hinweg ins La-Roche-Gut und darüber zu den Riehener Matten, zum Wiesenfluß und zum Tüllingerberg kann man heute noch genießen. Beim Spazierengehen im Park verweilen wir immer wieder staunend und freuen uns an den Naturgemälden, die sich unsern Blikken nach allen Seiten darbieten.

Der dritte Hügel liegt in der Ecke Baselstraße-Lörracherstraße, wo einst ein kleines Rebhäuslein stand. Auch von dort haben wir eine prachtvolle Aussicht, diesmal jedoch mehr ins Wiesental, zum Schloß Rötteln, zum Zeller Blauen und zum Feldberg.

Auf einer andern Erhebung steht die Orangerie. Der Gartenkünstler schuf mit diesem Hügel und dem entzückenden Pavillon, mit dem Weiher, der von einer Quelle gefüllt wird, mit den Wegen und dem Brücklein eine romantische Landschaft. Auf diesem Weiher vergnügten sich ehemals die Gutsbesitzer in einem Ruderboot. Enten und Fische tummeln sich noch heute im Wasser und ziehen Kreise in den schönen Spiegel. Die Säulen der Orangerie erzittern im Bild. Blauer Himmel wechselt mit den Kronen der hier besonders prächtigen Bäume. Besonders im Herbst herrscht hier eine üppige Farbenpracht.

Auf jeder dieser Erhebungen gruppieren sich einheimische und fremdländische Bäume. Der Gartenarchitekt hat es verstanden, den Reichtum der Natur an Blattformen, verschiedenen Baumkronen, Blütenarten, ja Düften zur vollen Geltung zu bringen, so daß der Landgutsbesitzer in seinem Garten die Schönheit der weiten Welt erleben konnte. Dieser Park, wie er sich durch 150 Jahre entwickelt hat, stellt in seiner Pracht ein Unikum dar, nicht nur in unserer Gegend, sondern in der ganzen Schweiz. Die seltenen Bäume haben sich in dem milden Klima Riehens zu wunderbaren Solitären ausgewachsen. Die Jahre brachten ihnen nur Gewinn an Größe und an Kostbarkeit.

Die Orangerie im Sarasinschen Park

Hieronymus Bischoff-Respinger baute diesen Pavillon. 1835 konnte die Parzelle gekauft werden. Im Frühsommer 1836, als die Gutsbesitzer für den Sommer aufs Land zogen, konnten sie den fertig erstellten Bau bewundern und einweihen.

Gegen das Elbs-Birrsche Haus zeigt der Gartensaal eine klassisch einfache Fassade. Seine durch 4 Holzsäulen in 4 Fenster und eine Mitteltür gegliederte Längsfront wird von zwei Holzpilastern umrahmt. Das breite, hölzerne Gesims trägt ein flaches Dach, auf dem ein Türmchen steht, das als Taubenschlag eingerichtet ist. Das aus vier Holzsäulen gebildete Peristyl blickt seitlich gegen den Weiher. Auf der entgegengesetzten Schmalseite ist eine hölzerne Eingangshalle vorgelagert. Alle Kapitale sind in unherkömmlicher Weise mit Palmetten geschmückt.

Die klassisch-romantisch inspirierte Geistesströmung der ersten Hälfte des 19. Jhs. schuf diesen kleinen Bau. Der Architekt weihte der Gartengöttin diesen griechisierenden Tempel. Der praktische baslerische Kaufmannsgeist suchte verschämt eine Verwendung für dieses ungewöhnliche Bauwerk und brauchte es im Winter als Aufbewahrungsort der Orangen und Palmenbäume, sommers aber als Gartensalon. Eingang, Gartensaal und Peristyl wurden gemeinsam geplant und gebaut. Die Stellung des Saales vor dem weiten Rasen ist gewollt. Vor 50 Jahren blühten auf dieser großen Fläche Blumen in abgeteilten Beeten, und die in Kübel gepflanzten Orangen- und Palmenbäume säumten die Wege. Damals wie heute sah man vom Haus aus die Orangerie. Die Stellung neben dem Wäldchen und am See erhöht den Reiz unseres Tempelchens.

Wer die Orangerie erbaute, wissen wir nicht. Damals arbeiteten zwei der bekannten Basler Architekten in Riehen. Melchior Berry entwarf 1834/35 das Gemeindehaus, Amadeus Merian führte es 1836/37 aus. Merian baute auch das ehemalige Riehener Schulhaus an der Bahnhofstraße 1 in den Jahren 1838—40. Es ist möglich, daß A. Merian oder vielleicht Christoph Riggenbach, die beide Schüler Prof. Gärtners in München waren, dieses Tempelchen entworfen hat. Sie kommen eher in Frage als Berry, da dessen Bauten eher schwer wirken und nie eine solche Zartheit atmen, wie wir sie bei der Orangerie finden. Sicher stellt der kleine wohlproportionierte Hauskubus in Basels Umgebung eine Rarität dar.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1966

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