Wie aus Altem etwas Neues wurde

Fritz Largiadèr

Das Haus von Frau Marie Wenk-Brütsch an der Oberdorfstraße 57 habe ich auf Seite 11 des Riehener Jahrbuches 1966 kurz und etwas pessimistisch besprochen. Jetzt stellt sich heraus, daß zur gleichen Zeit die Rénovations- und Umbaupläne für Herrn Andreas Wenk-Henriksen durch Herrn Karl Bürgenmeier eingegeben worden waren.

Man führte die weitreichenden Arbeiten in den Jahren 1966 und 1968 durch. Heute stehen sie bis auf Kleinigkeiten vor dem Abschluß. Zuerst mußte nicht nur die selbständige Dreizimmerwohnung am Westende, sondern auch der baufällige Dachstuhl, sowie der nördliche Stallund Schopfanbau abgebrochen werden. Denn das Raumprogramm erforderte außer der Zusammenziehung und Neueinteilung des Wohnhauses einen neuen nördlichen ökonomieflügel für Garagen-, Werkstatt- und Lagerräume.

Bevor wir näher auf die frühere und jetzige Gestalt eingehen, sei dem Leser das Wichtigste über die wechselnden Hausbesitzer mitgeteilt. Es erfolgt dies unter der freundlich erlaubten Benützung des in Arbeit befindlichen Historischen Grundbuches von Riehen: Im Jahr 1503 Erste urkundliche Erwähnung, (Zeit der Gotik!), vermutlicher Besitzer Simon Schmid;

1551 und 1557 Besitzer Hans Schmid;

1632 Besitzer Jakob Schmid und Georg Müry;

1739 Besitzer Heinr. Senn und H.U. Unholz;

1796 Besitzer Antistes Hieronimus Falkeisen, ein großer Kunstsammler ;

1807 Baubeschrieb: «teils in Mauern, teils in Riegeln»;

1814 Lehensmann ist Theobald Schäublin;

1837 Aquarell 32 x 24 cm, im StABS. Widmung: «Meinem hoch- und wertgeschätzten Herrn Gönner Antistes Hieronimus Falkeisen, ehrerbietigst gewidmet. Verfertiger: aufgenommen in Riehen von P. Toussaint 1837.» Nach   1837 Besitzerin Anna Stücklin;

1864 Besitzer Jakob Stücklin;

1877 Besitzer Andreas Brütsch-Vögelin ;

1914 Besitzer Erbengemeinschaft Brütsch;

1919 Besitzer Jakob Brütsch-Ottenburg;

1949 Besitzerin Lina Brütsch-Ottenburg. Photo von F. Largiadèr anno 1960, siehe Abb. 1;

1962 Besitzerin Marie Wenk-Brütsch ;

1966 Besitzer Andreas Wenk-Henriksen. Was die frühere Gestalt bis 1965 angeht, so dürfen wir sicher sein, daß die ältesten Teile, wie die äußere hölzerne Wendeltreppe und das noch vermauerte Fensterchen auf der Nordseite der östlichen Kammer im Parterre auf die gotische Zeit von 1503 zurückgehen. Einen Vollkeller unter dem östlichen Haupthaus gab es nie. Im Parterre des Haupthauses befand sich gegen die Straße die Stube mit dem Kachelofen, dahinter die Küche und hinter derselben ein kühler Vorratsraum, alle nur 2.20 m hoch. Die Laube in kräftigem Holzpfosten- und Unterzugswerk war der Küche und dem Vorratsraum vorgelagert. Die verschalte und überdeckte Wendeltreppe an der Nordostecke ist auf dem Aquarell von 1837 deutlich sichtbar und bildete den einzigen Zugang zum 1. Stock, wo sich verschiedene nur 2.20 m hohe Schlafzimmer befanden. Der Ostgiebel war noch 1837 über dem Estrichfenster verbrettert, 1960 (siehe Abbildung 1 des Verfassers) nicht mehr. Das ca. 4.75 m hohe Tenn schloß sich westlich an die Wohnräume an.

Im westlichen Nebenhaus befand sich gegen die Straße der Halbkeller, dahinter die Küche mit Vortreppe, sowie die innere Treppe zu den drei Zimmern im 1. Stock. über diesen war der verlängerte Dacbstuhl gegen das Haupthaus (ohne Brandgiebel) offen, ein Beweis dafür, daß sich beide Hausteile stets im gleichen Besitze befanden. Daß das Nebenhaus den jeweiligen Großeltern diente, wie im Bernbiet das für sich stehende «Stöckli», ist möglich, aber nicht bewiesen. Es kann sich ebensogut um die Wohnung eines verheirateten Knechtes gehandelt haben. Sie war zuletzt an einen Dritten vermietet. Wenn auch undeutlich, ist das Nebenhaus erstmals auf dem Aquarell von 1837 sichtbar. Die hochstämmige Tanne im Vorgarten existierte noch 1958. Toussaint war ein «peintre naïf», dem die Perspektive viel Kopfzerbrechen machte.

Die heutige Gestalt hat durch die Freilegung des Fassaden-Fachwerkes sehr gewonnen. Logischerweise wurde das Fachwerk am Nebenhaus weitergeführt. Im Haupthaus gibt es auch heute keinen Keller. Im Parterre wurde die ursprüngliche Höhe von 2.20 m belassen und die Stube in zwei Kammern unterteilt, wobei der defekte Kachelofen nicht mehr zu retten war. Die Küche dient jetzt als Magazin und der Vorratsraum dahinter als Eßraum des Personals. Die äußere Wendeltreppe harrt noch der Verschalung und überdachung und führt nun zum Büro im 1. Stock. Das Tenntor gegen die Straße blieb erhalten, wobei der mittlere Hilfsflügel als Haustüre dient. Im Vorderteil des Tenns befindet sich der geräumige Hausflur, links der saubere Gasheizungskessel und rechts die neue Schachttreppe zum 1. Stock. Die hintere Hälfte des Tenns wurde zur Werkstatt- und Lagerhalle geschlagen. Anstelle des Halbkellers befindet sich die geräumige, jetzt um weitere 1.75 m bis auf die Westgrenze gebaute Garage. Im Hintergrund steigt die Differenztreppe zur Werkstatthalle an. Im ersten Stock hat eine geräumige Fünfzimmerwohnung und das Büro Platz gefunden. Auf der Straßenseite befindet sich die obere Laube in Holzkonstruktion, als sympathisches Gegenstück zur alten Holzlaube im Parterre. Ohne das Niveau des neuen Satteldaches zu erhöhen, war es möglich, die Räume des 1. Stockes 2.50 m hoch zu machen (siehe Abbildung 2 von Herrn Willi Biel in Riehen). Bleibt noch die neue, mit Parterreflur und Garage korrespondierende Lagerhalle gegen Norden zu erwähnen, die zum Teil durch Oberlicht, zum Teil durch zwei Kipptore beleuchtet ist. Das Flachdach korrespondiert mit dem Boden des ersten Stockes, die hintere Hälfte befindet sich bereits unter dem Niveau des ansteigenden Gartens und konnte somit angepflanzt werden.

Alles in allem handelt es sich um eine wohlgelungene Renovation, Sanierung und Modernisierung. Wir wollen hoffen, daß dieser Idealismus bei den Besitzern der wenigen noch erhaltenen wertvollen Bauernhäuser Nachahmung findet und möchten darauf hinweisen, daß der private Riehener Heimatschutz über bescheidene, von der Gemeinde gespeiste Mittel verfügt, um bei zeitiger Anmeldung und Prüfung durch den Vorstand symbolische Subventionen oder Anerkennungsprämien auszurichten. Man lasse sich nicht von vorneherein entmutigen, wenn Drittpersonen oder Behörden ein Haus als baufällig erklären oder die Bewohnbarkeit aus sanitären Gründen oder wegen einer ungünstigen Baulinie absprechen. «Wo ein Wille ist, da ist ein Weg!»

Die zentrale Arbeitsbeschaffungsstelle von Basel-Stadt, welche auf Antrag der öffentlichen Denkmalpflege kantonale Subventionen ausrichtet, kann jedoch nur für unter Denkmalschutz stehende oder sich in der violetten Zone (sogenannte Altstadtzone, vom La-Roche-Gut bis zum Glöcklihof) befindliche Objekte in Anspruch genommen werden.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1969

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