Zum Gedenken an Marcel Werndli

Theo Schudel

Mein lieber Freund, «Darf i e offe Wort mit Ihne rede ... ?»

Noch heute klingen Deine Worte in meinen Ohren, als Du an jenem strahlenden Sommertag im Jahre 1946 zum erstenmal in meinem «Lädeli» standest und Dich über Riehen, seine Bewohner und speziell über die Drogerie Weibel an der Rößligasse erkundigtest. Präzis, knapp und klar waren Deine Fragen, und ich wußte: «Dä Ma set e mer z'Rieche ha.» Und Du kamst. Am 26. Dezember 1946 hieltest Du mit Deiner lieben, tüchtigen Frau Einzug an der Rößligasse. Für Riehen war dies ein Glückstag und für mich ein echter Freudentag.

Weißt Du noch, wie dörflig, heimelig Riehen damals noch war, mit seinen etwas verschlafenen, nuschigen Verkaufsläden, wo die neuesten Dorfgeschichten — und was passierte nicht alles! — lebhaft gehächelt wurden? Da saß doch der «Chrischonabrueder» am Ladentisch und ließ sich das «Zvieri» schmecken. Die Kinder der flinken Ladenbesitzerin schwitzten über den Schulaufgaben (oh, diese Lehrer, wissen Sie, was acht «Hüffeli» Rechnungen und so ein Aufsätzchen bedeuten?). Die Schule war auch ein ausgiebiges Thema für Frau Löliger, die eben ein Briefbögli und einen Umschlag dazu braucht.

Ja, Lieber, so war es damals. Aber die rastlose Zeit ließ sich auch in Riehen nicht aufhalten, und es mußte etwas geschehen. So saßen wir im Freundeskreis zusammen, und daraus erwuchs die Interessengemeinschaft Riehen «IGR». Wie hast Du Dich mit echter Begeisterung dafür eingesetzt. Ganz speziell aber galt Deine Liebe auch dem Männerchor Riehen und seinen kulturellen Aufgaben.

Aber auch die Gemeindepolitik interessierte Dich sehr. War es da verwunderlich, daß Du sehr bald in der Dorfpartei ein wichtiger Mann wurdest? Dein konziliantes Wesen, Dein offenes Wort hat nie verletzt, auch wenn die Meinungen scharf auseinandergingen. Dein gründliches Wissen suchte nicht den Kompromiß, sondern das Verstehen. Deine glänzenden, organisatorischen Talente blieben nicht verborgen, und so wurdest Du schon nach wenigen Jahren Präsident des Basler Drogisten Verbandes. 1959 wurde Dir das ehrenvolle, schwere Amt des Zentralpräsidenten des Schweizerischen Drogistenverbandes anvertraut. In dieser hohen, einflußreichen Stellung hast Du Deine ganze Persönlichkeit selbstlos und zielbewußt eingesetzt. Wieviel hat dieser starke schweizerische Wirtschaftszweig Dir zu verdanken!

Trotz all Deinen großen Erfolgen und Ehren, die Dir zuteil wurden, bist Du doch immer Dir treu geblieben. Deine echte, tiefe Anteilnahme an allen menschlichen Freuden und Leiden hat Deine Freunde, Kollegen und Kunden, alle, die mit Dir zusammenkamen, tief beeindruckt. So bist Du mir und vielen hier in Riehen und in der ganzen Schweiz zum Vorbilde geworden, und dafür möchte ich Dir danken.

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1964

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