Zum Gedenken an Paul Hulliger

Eduard Wirz

Ein reich erfülltes Leben endete am 24. August 1969; Paul Hulliger ist kurz vor seinem 82. Geburtstag gestorben. Ich rufe mir sein Bild in Erinnerung.

 

Wann bin ich ihm zum erstenmal begegnet? Natürlich in einem Schreibkurs, in welchem wir mit seiner Schrift, der Hulliger-Schrift, vertraut gemacht wurden. Ich weiß noch, mit welcher Hingabe er seine oft kritischen großen Schüler, seine Kollegen in das Wesen, in den Aufbau der neuen Schrift einzuführen versuchte. Ich war damals, ausnahmsweise, ein guter Schüler. Wenigstens lobte er mich, oder er wußte eben aus seinem Schulhalten, daß ein Lob auch einem unbegabten Schüler gut tut und ihn anspornt. Er lobte mich, als er mir bei meinen übungen zusah. Und ich erinnerte mich an die Rundschrift, die ich als Sechstkläßler freiwillig in meiner Dorfschule gelernt hatte. Irgend etwas mahnte mich an die Federhaltung und, ja, an die Bogen.

 

Jahre darauf traf ich Paul Hulliger im Riehener Parlament und hörte ihm, der Mitglied der Sozialdemokratischen Partei war, zu, wenn er mit eindringlicher überzeugung seine Ansicht vertrat. Gerne äußerte er sich zu kulturellen Fragen.

 

Und zum dritten lernte ich ihn als Sammler der Zeugen und Zeichen des verschwindenden Bauerndorfes Riehen kennen. Diese Liebe und Hingabe konnte nur einer aufbringen, der von der Jugendzeit her noch selbst eng mit der Kultur eines Dorfes verbunden war. Was hat Paul Hulliger alles gesammelt! Er hat darüber sorgfältig Buch geführt. Von der alten öllampe bis zum Dreschflegel, von dem reizenden Tintenfaß bis zur Ofenkachel und zur Heugabel, von... Man hat den unermüdlichen Sammler nicht überall verstanden, aber im Grunde war man froh, daß einer da war, dem es um die Zeugen und Zeichen der verschwundenen Dorfkultur ging, der sich an einer formschönen handwerklichen Arbeit freuen konnte, der alten Wirtshausschildern auf die Spur kam, wohl in Erinnerung an seine Fahrten in jungen Jahren, mit dem Velo, durchs Bernbiet, auf denen er, der Abstinent, die schönen alten Gasthauszeichen mit feinem Stift festhielt. Er verfolgte sein Ziel beharrlich, wie nur ein Berner das kann. Er rettete und sammelte für das Dorfmuseum, damit die Nachfahren einst noch sehen könnten, wie man im alten Riehen gelebt hatte. Er mußte um dieses Ziel kämpfen. Leider war es ihm nicht mehr vergönnt, die Sammlung aufzubauen und einzurichten. Wie eifrig war er zum Beispiel dabei, als die alte Taubstummenanstalt, das ehemalige Zaeslinsche Landgut an der Schmiedgasse abgebrochen wurde. Ohne sein Eingreifen wäre wohl die schön bemalte Decke verloren gegangen, die heute ein besonderes Schmuckstück des neuen Gemeindehauses bildet.

 

Und zum vierten lernte ich meinen Freund in der Kommission des Riehener Heimatschutzes kennen. Wie gewissenhaft und sorgfältig war er als Präsident stets auf die Geschäfte vorbereitet. Man achtete auf sein Wort. Vergessen wir endlich nicht seine aufklärenden Artikel in der «Riehener-Zeitung» und seine wertvolle Mitarbeit an unserm Jahrbuch. Wir erinnern nur an seine Arbeit über die Brunnen Riehens.

 

Nun ruht der allzeit Tätige, dem man wohl dankbar bezeugen darf, daß er sich um sein, um unser Dorf verdient gemacht hat. Seinen Angehörigen entbieten wir unser herzliches Beileid.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1969

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