Ganz Frau

Lukrezia Seiler-Spiess

Wie sehr sich die Stellung und das Selbstverständnis der Frau in den letzten 125 Jahren verändert haben, zeigt die Geschichte des Frauenvereins Riehen.

Als vor 125 Jahren der Riehener Frauenverein gegründet wurde, gab es in unserer Gemeinde, so wie überall in der Schweiz, viele arme Menschen. Familienväter, die erkrankten, Witwen, die mit ihren Kindern allein dastanden, oder einsame alte Menschen konnten auf keinerlei Unterstützung zählen. Sie mussten sich entweder selber irgendwie durchschlagen - oder sie wurden armengenössig, ein schweres Schicksal in einer Zeit, in der arme Familien auseinander gerissen, Kinder bei fremden Leuten verkostgeldet und Betagte im Armenhaus ihrer Heimatgemeinde mehr schlecht als recht untergebracht wurden.

Initiative Riehener Frauen erkannten diese Not und beschlossen, gemeinsam für bedürftige Mitbürger zu nähen und zu stricken und diese Gaben an Weihnachten zu verschenken. Es entstand ein «Hülfsverein» und ein «Armenverein». Laut einem alten Protokollheft schlössen sich diese beiden Vereine 1878 zusammen und dieses Jahr gilt denn auch als Gründungsjahr des Frauenvereins Riehen. Als Präsident amtete Pfarrer Johann Gottlieb Linder und nach ihm die Pfarrherren Ludwig Emil Iselin und Karl Brefin. Erst 1946 wurde das Präsidium den Frauen selber übergeben, und zwar den Pfarrfrauen Madeleine Pfendsack-Hoch (von 1946 bis 1959) und Aletta Schubert-Vischer (von 1960 bis 1978). Trotz dieser starken Verbindung mit der Kirchgemeinde trug der Verein im ersten Jahrhundert den neutralen Namen «Frauenverein Riehen». Ab 1977 hiess er «Reformierter Frauenverein Riehen» - vielleicht zur Unterscheidung von der inzwischen gegründeten Frauenvereinigung St. Franziskus - und 1994 kehrte er zum ursprünglichen Namen zurück.

Während beinahe hundert Jahren bildete die direkte, praktische Hilfe die zentrale Aufgabe des Frauenvereins. In verschiedenen «Kränzchen» trafen sich die Frauen allwöchentlich. Sie nähten - in den ersten vierzig Jahren unter der strengen Aufsicht von Marie Wenk-Marder, die als Handarbeitslehrerin grossen Wert auf Exaktheit legte Bettjacken, Nachthemden, Kinder- und Herrenhemden und strickten Strümpfe und Socken. 1939 entstand auch im Kornfeldbezirk ein Arbeitskreis.

Im Laufe der Zeit wurden die Bettjacken durch hübsche Schürzen und Blusen ersetzt und in den Strickkränzchen entstanden Pullover und bunte Mützen. Vor Weihnachten wurden die Wünsche bedürftiger Familien und Einzelpersonen abgeklärt, Pakete zusammengestellt und diese im Dorf verteilt. Dass diese öffentlich zur Schau gestellte Wohltätigkeit von den Beschenkten oft als beschämend empfunden wurde, zeigt ein Protokolleintrag aus dem Jahre 1961, der besagt, dass «die Pfarrfrauen bei der Verteilung nicht ganz beliebt sind, da jedermann sie kennt und dann weiss, wer vom Frauenverein unterstützt wird». So konnten die Pakete künftig in den Pfarrhäusern abgeholt werden.

Die Notwendigkeit der Hilfe aber bestand noch lange. So hiess es zum Beispiel 1966 im Protokollheft: «Bettwäsche wird überall sehr benötigt» und ein paar Jahre später finden sich auf der Geschenkliste Unterwäsche, Strumpfhosen und Pullover für Kinder, Nachthemden und Bettwäsche. In den 60er-Jahren wurden alljährlich noch über hundert Pakete verteilt. Doch zehn Jahre später änderte sich das sehr schnell: Die ausgebauten Sozialwerke und die direkte Hilfe durch die Fürsorgerinnen während des Jahres machten die Weihnachtspäcklein überflüssig. Sogar eine seit Jahren beschenkte Berggemeinde teilte freundlich mit, dass sie das Weihnachtspakt der Riehener Frauen nicht mehr nötig habe. So verlagerte sich die Weihnachtsbescherung in den folgenden Jahren auf süsse Grüsse, die an Einsame und Betagte verteilt wurden. Ganze Berge von Gutzi buken die Frauen und verteilten sie in den Alterssiedlungen.

Die Näh- und Strickkränzchen wurden aber nicht aufgehoben; ihre Arbeiten fanden an den Bazaren, welche nun gross in Mode kamen, reissenden Absatz. Das Zusammensein in den Arbeitskreisen bedeutete für viele, gerade ältere Frauen eine Bereicherung des Alltags, wie dies zum Beispiel im Jahresbericht 1976 ausgedrückt wird: «In beiden Gruppen ist eine fröhliche, gemütliche Atmosphäre und alle freuen sich auf das gemeinsame Schaffen am Donnerstagnachmittag. Wir teilen Freud und Leid miteinander und hoffen, dass wir auch ein bisschen helfen können.» Erst 1989 wurde der letzte Arbeitskreis mangels Teilnehmerinnen aufgehoben. Die traditionelle Aufgabe des Frauenvereins war zu Ende gegangen, aber viele neue Aufgaben warteten.

Wenn die Grossmütter fehlen

Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich in Riehen vieles. Die Bevölkerung wuchs innert zweier Jahrzehnte von 8000 auf 20000 Einwohner - die alte Dorfgemeinschaft, in der jeder jeden kannte, existierte nicht mehr. Nicht nur alte Menschen vereinsamten, sondern auch junge Mütter, die keine Verwandten in Riehen hatten, welche gelegentlich ihre Kinder hüten konnten. «Die Grossmütter fehlen», stellte der Frauenverein fest und eröffnete 1962 im alten Gemeindesaal einmal wöchentlich eine Hütestube, welche in Spitzenzeiten bis zu 55 Kinder aufnahm.

In den alten Räumen durften die Kinder nach Herzenslust herumtollen. Als das Gebäude 1975 zum Haus der Vereine umgebaut wurde, verlor die Hütestube ihren Platz und wurde aufgehoben: «Sie war nicht mehr nötig», schrieb Aletta Schubert in ihrem Bericht über das erste Jahrhundert des Frauenvereins, «Nachbarinnen hatten gelernt, diese Hilfe unter sich auszutauschen.»

Aber die Kinderbetreuung blieb dem Frauenverein bis zum heutigen Tag ein wichtiges Anliegen. Nicht mehr «hüten» wollte man die Kinder, sondern sie sinnvoll beschäftigen. Unter dem Namen «Kinderfähre» entstand 1975 eine Art Werktags-Sonntagsschule, betreut von jungen Mädchen unter dem Patronat des Frauenvereins. Bald zeigte sich, dass diese Aufgabe die Schülerinnen und Studentinnen zeitlich überforderte, und so übernahm eine Gruppe initiativer Frauen die Arbeit, nicht mehr im Sinne einer Sonntagsschule, sondern als Spiel- und Basteltreff. Seit nunmehr 28 Jahren haben unzählige Kinder Bastelkurse, Kochkurse und Spielnachmittage in der Kinderfähre verbracht.

Besonders erfolgreich ist bis heute das Weihnachtsbasteln: An vier Nachmittagen verfertigen Kinder im Primarschulalter schöne, brauchbare Geschenke für ihre Angehörigen. Die Bastelnachmittage, die unter Mithilfe vieler Mütter durchgeführt werden, finden im Meierhof, in der Kornfeldkirche und im Pfarreiheim St. Franziskus statt 400 Kinder nahmen in den vergangenen Jahren jeweils daran teil. Man kann sich vorstellen, welch minuziöse Organisation dies verlangt! Auch das Kerzenziehen, das seit über zwanzig Jahren alljährlich im Keller des Pfarrhauses angeboten wird, weckt die Kreativität der Kinder. Ein Team des Frauenvereins überwacht die Nachmittage, an denen grosse und kleine Wunderwerke in einer friedlichen, vorweihnachtlichen Atmosphäre entstehen.

Eine andere Form der Kinderbetreuung, die Mütter heute suchen, sind Spielgruppen für Drei- bis Fünfjährige. Einzelkinder oder Kinder aus Quartieren, in denen sich nur wenige Spielkameraden finden, können hier erste Schritte in die Gemeinschaft Gleichaltriger wagen. Der Frauenverein nahm diese Idee auf und gründete 1985 die Spielgruppe «Schnäggehüsli». Zuerst an der Schlossgasse, später im Berowergut wurden die Kleinen an einem oder zwei Halbtagen pro Woche betreut. Nach zehn Jahren, als der Raum im Berowergut nicht mehr zur Verfügung stand, löste sich die Spielgruppe vom Frauenverein.

Gesucht: Neue Aufgaben!

Als die traditionelle Weihnachtsbescherung überflüssig geworden war, suchte der Frauenverein neue soziale Aufgaben: «Wir wollen mit wachem Herzen und offenen Augen die Not in verschiedenerlei Gestalt sehen», notierte die Aktuarin 1962 im Protokollheft. Nach einem Vortrag des Vorstehers der Vormundschaftsbehörde Basel tauchte die Idee auf, in Riehen ein Heim für Lehrtöchter und Schülerinnen, die nicht zu Hause wohnen konnten, zu gründen. Mit Begeisterung übernahm der Frauenverein diese Aufgabe, suchte ein Haus, verhandelte mit Behörden und Geldgebern und erwirtschaftete an grossen Bazaren einen beachtlichen Beitrag an die Baukosten.

Lange, mühsame Verhandlungen mit Geldgebern und Behörden, welche eine Verdoppelung der ursprünglich vorgesehenen Heimplätze verlangten, verzögerten und verteuerten den Bau, sodass das Lehrtöchterheim an der Schlossgasse erst 1972 eröffnet werden konnte. Es bot 22 jungen Mädchen eine freundliche Wohnatmosphäre. Doch in der langen Planungsphase hatte sich vieles verändert; junge Frauen suchten nicht mehr die Geborgenheit eines Heimes, sondern Autonomie und Freiheit. Immer häufiger wurden dem Lehrtöchterheim von den Fürsorgebehörden junge Mädchen zugewiesen, die sozial gefährdet waren und intensiver Betreuung bedurften, was sehr grosse Anforderungen an das Leiterteam stellte. Nach zwanzig Jahren, in welchem das Haus an der Schlossgasse vielen jungen Menschen nicht nur Obdach gewährt, sondern ihnen auch geholfen hatte, einen eigenen Weg zu finden und sich in die Gesellschaft zu integrieren, sanken die Belegungszahlen immer tiefer, sodass sich der Frauenverein entschloss, das Heim nicht mehr weiterzuführen. Es konnte an die GAW (Gesellschaft für Arbeit und Wohnen) vermietet werden, welche es bis zum heutigen Zeitpunkt zu ähnlichen Zwecken verwendet.

Neben dieser Aufgabe engagierte sich der Frauenverein in den 80er-Jahren besonders für betagte Menschen, die nicht so sehr unter materieller Not als vielmehr unter Vereinsamung litten. Lise Schillinger-Landolt, Präsidentin von 1978 bis 1988, stellte die Tätigkeit des Vereins unter das Motto: «Hilfe leisten - Gemeinschaft fördern». Zusammen mit einer Gruppe bot sie im Landpfrundhaus regelmässig eine Beschäftigungstherapie an, welche von den Betagten freudig begrüsst wurde. Auch Spiel- und Singnachmittage und das Altersturnen fanden grossen Anklang. In der Alterssiedlung Dreibrunnen wurde diese Arbeit fortgesetzt mit dem monatlichen «Dreibrunnenhock», in dem sich die Bewohnerinnen und Bewohner beim Singen, Spielen, Plaudern und bei dem obligaten Zvieri näher kennen lernen konnten. An Ostern verteilten Mitglieder des Vereins zudem süsse Grüsse an die Bewohner der verschiedenen Altersheime und Alterssiedlungen - ein Brauch, der auch heute noch durchgeführt wird und der den Besucherinnen immer wieder zeigt, welch grosse Einsamkeit das Leben vieler Betagter überschattet.

Eine Gründung aus jenen Jahren, die Patientenbibliothek, findet bis zum heutigen Tag guten Anklang. Jeden Montag nachmittag erfüllen Mitarbeiterinnen dieser Gruppe im Gemeindespital Riehen Bücherwünsche der Patientinnen und Patienten. Das Angebot an Büchern ist gross und vielseitig, wichtig sind aber auch die Gespräche, die sich bei den Besuchen ergeben.

Neben diesen eigenen Aktivitäten unterstützte der Frauenverein stets andere soziale Werke. Die 70er- und 80er-Jahre waren eine festfreudige Zeit in Riehen! Dorffeste, Meierhoffest, Bazare, Santiglausfescht, Rohbaufest Wendelin - all dies waren Gelegenheiten zum fröhlichen Beisammensein und zum Geldverdienen. Der Frauenverein verkaufte Produkte seiner Näh- und Strickgruppen, betrieb Kaffeestuben, verzierte Lebkuchenherzen und buk Grättimannen und konnte ansehnliche Erträge an andere Institutionen überweisen. Die Bazare und Feste zeigten aber auch, wie viel Organisationstalent und Kreativität in den Frauenvereinsfrauen steckte.

Kreativität, Wissen und Spass Eine neue Generation war herangewachsen, Frauen, die Lust hatten, mehr aus dem häuslichen Kreis herauszutreten, Neues zu lernen, Eigenes zu schaffen und damit vielleicht auch ein wenig Geld zu verdienen. Der Frauenverein griff diese Tendenz auf und setzte sich zum Ziel, neben dem traditionellen sozialen Engagement «den Frauen zu Selbstständigkeit und Selbstsicherheit zu verhelfen und ihnen Mut zu machen, ihre Eigenart, Begabung und Kreativität zu entwickeln», wie Lise Schillinger im Jahresbericht 1983/84 ausführte. So wurde 1983 das «Lädeli» an der Baselstrasse 9 eröffnet, in welchem die Erzeugnisse vieler Hobbykünstlerinnen und Bastlerinnen in Kommission genommen und von freiwilligen Mitarbeiterinnen verkauft wurden. «S'Lädeli» entwickelte sich bald zu einem beliebten Treffpunkt, wobei nicht nur die ausgestellten Waren, sondern auch kleine Ausstellungen und eine gemütliche Kaffeeecke die Besucher anzog.

Die vielen Kurse und Veranstaltungen, die der Frauenverein im Laufe der folgenden Jahre anbot, zielten ebenfalls in die Richtung, Wissen und Kreativität seiner Mitglieder zu fördern. Ein erstes interessantes Programm unterbreitete ab 1979 die Arbeitsgruppe Politik, welche Begegnungen mit Politikerinnen, Besuche von Gemeinderats- und Grossratssitzungen und Diskussionen zu aktuellen politischen Themen anbot. Das Frauenstimmrecht war ja erst wenige Jahre alt und für viele Frauen stellten die Mechanismen der direkten Demokratie noch Neuland dar.

1990 übertrug die Gemeinde Riehen dem Frauenverein die Organisation der Freizeitkurse im Brünnlirain. Nun erweiterte sich die Palette der Kursangebote enorm. Neben den traditionellen Näh- und Kochkursen florierten Anleitungen zum Porzellanmalen, Patchwork, Ostereier verzieren und vieles mehr. Kurse zum Umgang mit dem Computer, zu Selbstverteidigung und Autoreparaturen zeigten, auf welche neue Gebiete sich die Frauen vorwagten. Gegen Ende des Jahrzehnts schlief das Interesse aber ein; nur die Sprachkurse blieben bis heute im Programm.

Veranstaltungen auf kulturellem und geselligem Gebiet aber wurden mehr und mehr beliebt. War früher die alljährliche Vereinsreise der Höhepunkt des Vereinsjahres, so stehen heute Besichtigungen, gemeinsame Theaterund Konzertbesuche, Tagesausflüge und Wanderungen, Museumsbesuche und mehrtägige Auslandreisen auf dem Programm und finden grossen Anklang. Viele Frauen schätzen diese gemeinsamen, gut organisierten Veranstaltungen und finden hier Gelegenheit zu Gedankenaustausch und Geselligkeit.

Das Zentrum an der Baselstrasse Im Jahre 1995 mietete der Frauenverein unter der Leitung von Dorette Gloor-Krayer, Präsidentin von 1988 bis 1999, grosse, helle Räume an der Baselstrasse 15 und konnte nun zum ersten Mal in einem eigenen Zentrum neue Ideen verwirklichen. Im ersten Stock zog die Kinderkleiderbörse ein, die - wie schon der anfängliche Betrieb im Glögglihof gezeigt hatte - eine Lücke im Riehener Angebot für junge Familien schloss. Hier können Mütter die Kinder- und Babykleider, die zu klein geworden sind, in Kommission geben und ihre Kinder neu einkleiden. Auch Kinderwagen, Bettchen, Spielsachen und Sportgeräte wechseln die Besitzer. Ein Team von Mitarbeiterinnen nimmt die Waren entgegen, etikettiert, präsentiert und verkauft sie und rechnet darüber ab - eine riesige Arbeit, die ehrenamtlich geleistet wird. Schon 1996 konnte im Jahresbericht vermerkt werden: «Unser Kundenkreis, der sich stetig erweitert auch über die Landesgrenze hinaus, beweist, dass wir mit unserem Angebot einem grossen Bedürfnis entsprechen.»

Im untern Stock richtete sich bald darauf die Brockenstube ein. Viele Gegenstände aus Privatbesitz und aus aufgelösten Haushaltungen wurden und werden auch heute der Brockenstube geschenkt; ein engagiertes Team beurteilt und schätzt die Waren und arrangiert sie geschmackvoll. Manch eine Trouvaille findet sich hier. Mit einer Kaffeeund Bücherecke und mit der Mercerie, die aus dem ehemaligen «Lädeli» übernommen wurde, wird das Angebot abgerundet. Es herrscht eine fröhliche Atmosphäre im Zentrum - die Begeisterung und das Engagement der vielen Mitarbeiterinnen wirkt ansteckend. Alle Arbeit wird ehrenamtlich geleistet, sodass es möglich ist, mit den Verkaufserträgen die Mietkosten zu decken und alljährlich Zuwendungen an wohltätige Institutionen auszuzahlen. Darüber hinaus leisten Brockenstube und Kinderkleiderbörse einen sinnvollen Beitrag zum Thema Recycling.

Dorette Gloor umschrieb die neue Ausrichtung des Vereins im Jahresbericht 1996 wie folgt: «Heute ist es nicht mehr die Aufgabe des Frauenvereins, durch direkte Hilfe materielle Not zu lindern [...]. Die heutige Generation von Frauen hat andere, nicht weniger wichtige Bedürfnisse: neue Kontakte knüpfen, um einer Isolation entgegenzuwirken, Verständnis unter den Generationen fördern durch gemeinsame Aktionen, anderen Zeit schenken, Anerkennung finden in einer gemeinnützigen Aufgabe - dies sind einige der Anliegen, welche heute gefragt sind. [...] Dank unserem Zentrum hat der Frauenverein auf lange Zeit hinaus die Möglichkeit, neue Aufgaben der jungen und älteren Generation sofort in die Tat umzusetzen.»

Durch all diese Aktivitäten ist der Frauenverein zu einem eigentlichen Unternehmen geworden, welches an Leitung und Administration grosse Anforderungen stellt. Dies hat den Vorstand während der Amtszeit von Antje HafnerNeetzel, Präsidentin von 1999 bis 2001, bewogen, ein ausführliches Leitbild für den Verein und Pflichtenhefte für die verschiedenen Ressorts auszuarbeiten.

Ideen und Fragen im Jubiläumsjahr Es ist beeindruckend, wie viele Frauen im Laufe der 125-jährigen Geschichte des Frauenvereins Riehen ihre Zeit und ihre Kraft eingesetzt haben, um die vielfältigen Aktivitäten und Ideen zu verwirklichen. Heute zählt der Verein über fünfhundert Mitglieder. Etwa achtzig von ihnen engagieren sich regelmässig und ehrenamtlich in den verschiedenen Ressorts, die weitgehend selbstständig arbeiten. Ohne diesen grossen Einsatz könnte der Verein seine Aufgaben nicht erfüllen. Es wird heute aber immer schwerer, Freiwillige anzuwerben, da viele Frauen neben Berufstätigkeit und Familie sich nicht zusätzlich an einen Verein binden möchten. Die erste Veranstaltung im Jubiläumsjahr, das Podium «Frauen im Spannungsfeld zwischen Beruf, Familie und Freizeit», thematisierte dieses Problem.

Es ist eines der grossen Anliegen der drei Kopräsidentinnen Iris Krieg-Laubi, Ursi Probst-Oesch und Ursula Schulz-Dazzi, die den Verein seit 2002 leiten, neue, jüngere Mitglieder für den Frauenverein zu begeistern und wenn mög lieh zum Mitmachen zu animieren. Durch das vielseitige, zweimal jährlich erscheinende Veranstaltungsprogramm sollen möglichst viele Frauen angesprochen werden - seit neuem gehört ein Kulturklub zum Programm, welcher spontan zu aktuellen Events einlädt, ferner ein Literaturklub, der sich an Leseratten jeden Alters wendet.

Aber nicht nur zum Mitgeniessen und Konsumieren wollen sie die Frauen ermuntern, sondern auch zum Mittragen von Verantwortung für die Allgemeinheit. Im Jubiläumsjahr möchte der Frauenverein seine Aufgaben überdenken und neue Ziele ins Auge fassen - Ziele, welche Frauen zum grösseren Engagement bewegen könnten, die ein berufliches Know-how, zum Beispiel im sozialen, pädagogischen oder kaufmännischen Bereich, mitbringen. «Wir können uns durchaus vorstellen», führen die Kopräsidentinnen aus, «dass der Frauenverein neue Aufgaben im Sinne eines Leistungsauftrages der Einwohnergemeinde in verschiedenen Bereichen übernehmen könnte. Dass dies nur mit einer gewissen Professionalisierung möglich wäre, liegt auf der Hand.» «Wie zeitgemäss sind Frauenvereine heute noch?» diskutierten. Im grossen Markt, der im Dörflern durchgeführt wurde, zeigte der Frauenverein Riehen die ganze bunte Palette seiner Leistungen, Angebote und Produkte und damit seine wichtige Aufgabe im sozialen Gefüge der Gemeinde.

Was immer die Zukunft dem Frauenverein Riehen bringen wird - die engagierten Vereinsmitglieder werden die Herausforderungen anpacken und neue Wege finden gemäss ihrem Slogan «Von Frauen - für Frauen - mit Frauen!».

 

Quellen: Aletta Sehubert-Vischer: 100 Jahre Reformierter Frauenverein Riehen, in Jahrbuch z'Rieche 1978, S. 67 ff. Protokollhefte 1961-1979 Jahresberichte 1979-2002 Gespräche mit Präsidentinnen und Mitgliedern des Frauenvereins Riehen

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2003

zum Jahrbuch 2003