Ruderfreak und Breitensportler

Rolf Spriessler-Brander

Der nationale Spitzenruderer Mathias Lampart und der vor allem im Breitensportbereich sehr erfolgreich tätige Ski- und Sportclub Riehen erhielten den Sportpreis der Gemeinde Riehen für das Jahr 2006.

 

Mit Mathias Lampart und dem Ski- und Sportclub Riehen hat die nach zehn Jahren Tätigkeit neu formierte Riehener Sportpreisjury unter dem Präsidium von Katrin Leumann einen aktiven Spitzensportler und einen Verein, der sich speziell dem Breitensport verschrieben hat, als Preisträger ausgewählt. Damit setzt sie die Tradition fort, den Riehener Sportpreis nicht als Auszeichnung für die absolut beste sportliche Leistung zu vergeben, sondern sportliche Perspektiven und die Arbeit für den Breiten- und Jugendsport zu honorieren.

Als Mathias Lampart in jungen Jahren im Turnverein Riehen Leichtathletik betrieb, deutete wenig darauf hin, dass aus ihm einmal ein guter Athlet werden könnte. Er kam zwar regelmässig ins Training, war aber scheu, hatte wenig Selbstbewusstsein und war auch sportlich nicht besonders gut. Im Rudersport entwickelte er dann aber einen zuvor nicht vermuteten Ehrgeiz. Mit gewissenhaftem Training verbesserte er sich stetig und gewann im Dress des Basler Ruder-Clubs im Sommer 2000 in der Nachwuchskategorie U23 zusammen mit Benjamin Hänzi an den Schweizer Meisterschaften die Silbermedaille im Leichtgewichts-Doppelzweier. Im Jahr 2001 wurde das Duo U23-Schweizer-Meister im leichten Doppelzweier. Das waren Mathias Lamparts erste Erfolge als Ruderer.

Seit 2001 hat Mathias Lampart an jeder Ruder-SchweizerMeisterschaft der Elite mindestens eine Medaille gewonnen. So kamen bisher drei Silber- und sieben Bronzemedaillen zusammen, alle im Doppelzweier und Doppelvierer. Als Skiffier, also im Einzelboot, erreichte er schon mehrmals den Final und verpasste einen Podestplatz teils nur knapp.

 

Mathias Lampart ist ein Mann der Tat, ein Praktiker. Das zeigt sich in seiner Berufswahl - er absolvierte eine Lehre als Mechaniker - und das zeigte sich schon früh in der Art und Weise, wie er trainierte - körperlich hart, aber in vernünftigem Mass, regelmässig und gewissenhaft.

Auch im Erfolg blieb Mathias Lampart bescheiden. Und aus Dank für alles, was ihm der Rudersport in seiner Jugend gegeben hatte, begann er sich schon früh für seine Vereinskollegen einzusetzen. So wurde er schon bald Trainingsleiter beim Basler Ruder-Club.

Schweizer Meister bei der Elite war Lampart bis heute noch nie. Und doch stand er auch bei den «Grossen» schon einmal ganz zuoberst auf dem Podest. Im Jahr 2003 nahm Mathias Lampart nämlich an den «Police and Fire Games», den Weltspielen der Polizei- und Feuerwehrleute, teil. Die Ruderregatten dieser Grossveranstaltung fanden auf dem Olympiakanal in Barcelona statt. Und dort gewann Mathias Lampart die Goldmedaille im Skiff. Das war in der Saison nach dem Wechsel Lamparts vom Basler Ruder-Club zum Ruderclub Blauweiss Basel. Dort tat sich Lampart wieder mit seinem früheren Bootspartner Benjamin Hänzi zusammen, der schon vorher vom Riehener Rheinufer zu Blauweiss auf der Birsfelder Kraftwerkinsel gewechselt hatte.

Nachdem Hänzi Ende 2004 endgültig vom Leistungssport zurückgetreten war, fand Lampart in Basel keinen Leichtgewichtsruderer mehr, mit dem er ein Boot hätte bilden können. Deshalb suchte er den Kontakt zum Seeclub Zürich, einem in der Schweiz führenden Klub im Leichtgewichtsrudern. Unter der Leitung von Seeclub-Cheftrainer Bernhard Stomporowski, dreifacher Ruder-Weltmeister, und dessen Frau Katrin Rutschkow-Stomporowski, ehemalige Olympiasiegerin, machte Mathias Lampart im Winter 2004/2005 ungeahnte Fortschritte und erregte mit seinen Testergebnissen noch vor Beginn der Saison 2005 die Aufmerksamkeit des Schweizer Nationalcoaches. In Essen bestritt er seine erste internationale Regatta.

Im folgenden Winter reduzierte Mathias Lampart sein Arbeitspensum bei der Kantonspolizei Basel-Stadt auf 80 Prozent, wobei er seine Arbeitszeiten so legen konnte, dass er einige Tage pro Woche in Zürich trainieren und die restlichen Tage in Basel arbeiten konnte. In Basel trainierte er weiterhin beim RC Blauweiss, bei dem er auch das Amt des JHS-Coaches innehat. Nun rückten für Mathias Lampart internationale Ziele ins Zentrum.

Im Mai 2006 bestritt Mathias Lampart zusammen mit Marco Senn sein erstes Weltcuprennen. Das Duo überzeugte vor allem im Hoffnungslaufund belegte im C-Final des leichten Doppelzweiers den vierten Platz. Damit qualifizierte sich das Duo für den Weltcupfinal 2006 auf dem Rotsee bei Luzern. Allerdings beschloss dann der Verband kurzfristig, aus den beiden besten leichten Doppelzweiern der Schweiz einen Leichtgewichts-Doppelvierer zu bilden. Trotz guter Leistung wurde das Boot aber nicht für die Ruder-Weltmeisterschaften 2006 in England selektioniert.

Diese Nichtselektion und vor allem die Art und Weise, wie der Verband mit seinen Athleten umgegangen sei, habe ihn frustriert, sagt Lampart, und der Riehener war drauf und dran, den Bettel hinzuschmeissen und nur noch hobbymässig weiterzurudern. Doch obwohl er sein Arbeitspensum wieder auf 100 Prozent steigerte, trainierte er - nun wieder ganz in Basel - konsequent weiter. Und weil die Leistungen nach wie vor stimmten, schaffte er zusammen mit fünf weiteren Ruderern des Seeclubs Zürich den Sprung in ein Doppelviererprojekt mit dem Ziel, sich für die Ruder-Weltmeisterschaften vom August 2007 in München zu qualifizieren. Auf dem Weg dorthin gewannen sie - als einziges Leichtgewichtsboot - an den Ruder-Schweizer-Meisterschaften 2007 auf dem Rotsee nur knapp hinter dem Junioren-Nationalteam die Silbermedaille bei den schweren Doppelvierern. Schliesslich wog aber die verletzungsbedingte Absenz eines Leistungsträgers am Weltcupfinal im Juli auf dem Rotsee zu schwer und die WM-Qualifikation gelang nicht.

Bekam Mathias Lampart den Riehener Sportpreis als Anerkennung für seine sportlichen Erfolge und im Hinblick auf eine mögliche WM-Teilnahme, so besteht das Verdienst des Ski- und Sportclubs Riehen darin, den Breitensport in hervorragender Weise zu propagieren und zu betreiben. Viele der rund vierhundert Vereinsmitglieder sind Fitnesssportlerinnen und Fitnesssportler, die in regelmässigen Trainings an ihrer Ausdauer arbeiten und zu einem grossen Teil immer wieder an Laufsportveranstaltungen und Volksskilangläufen mitmachen. Neben Lauftraining, Walking, Gymnastik, Radtouren und im Winter Skilanglauf bietet der Verein einund mehrtägige Longjoggs an, Dauerläufe in gemächlichem Tempo über lange Distanzen. Der Verein hat schon so manches Mitglied praktisch von null so weit aufgebaut, dass es einen Halbmarathon oder sogar einen Marathon problemlos durchstand. Die Teilnahme an den Halbmarathons in Freiburg im Breisgau und in Heidelberg, die Reise an den Grand Prix Bern, die Teilnahme am Basler Ekiden-Staffelmarathon mit rekordverdächtig vielen Teams und die obligaten Fahrten an den Engadin-Skimarathon haben Tradition und auch gewagtere Dinge wurden schon realisiert wie die Reise einer grösseren SSCR-Delegation an den New York Marathon oder die Teilnahme von SSCR-Teams am Giga-thlon. Hier steckt viel Aufwand und Herzblut drin.

Dabei gibt es den Ski- und Sportclub Riehen streng genommen eigentlich erst seit 14 Jahren. Gründungsdatum ist der 4. Juni 1993. Doch die Wurzeln des Vereins reichen bis 1932 zurück. In jenem Jahr wurde innerhalb des Turnvereins Riehen eine Skiriege gegründet. Die Initiative ging von TVR Ehrenmitglied Ernst Lais und von TVR-Freimitglied Wilhelm Fackler aus. Die Skiriege machte zunächst mit gut organisierten Alpintouren auf sich aufmerksam.

Lange war es ein Politikum, ob sich die Skisektion als Teilverein dem Schweizerischen Skiverband anschliessen solle oder nicht. Im Jahr 1937 entschloss man sich zu diesem Schritt in der Hoffnung, so die Wettkampf- und Tourentätigkeit steigern zu können. Da dieses Ziel nicht erreicht wurde, trat man 1943 wieder aus dem Skiverband aus. In späteren Jahren hatte dies zur Folge, dass einige grosse Talente sich aus den Reihen der Skisektion verabschiedeten und sich Vereinen anschlössen, die dem nationalen Skiverband angehörten. So feierten Athleten, die bei der SSTVR gross geworden waren, ihre Erfolge in fremden Farben.

Unter diesem Eindruck kehrte die SSTVR 1970 in den SSV zurück und erlebte seither eine stürmische Entwicklung. Innert zehn Jahren wurde die Mitgliederzahl vervierfacht. Die SSTVR entwickelte sich zu einem eigenen Verein innerhalb des Turnvereins und wurde zum dominierenden Verein innerhalb des Nordwestschweizer Skiverbandes (NSV). Im NSV reihten die SSTVR-Mitglieder Verbandstitel an Verbandstitel und einige Mitglieder traten auch national in Erscheinung. Die SSTVR entwickelte sich zu einem Verein mit regionaler Bedeutung und erweiterte sein Einzugsgebiet über Riehen hinaus bis ins Baselbiet, ins Aargauische und ins Solothurnische. Zuletzt bestand die Verbindung zwischen SSTVR und TVR neben dem Namen nur noch darin, dass die Skisektion mit ihrem Obmann im Vorstand des Turnver eins Einsitz hatte. So bedeutete die Loslösung der Skisektion vom Turnverein im Jahr 1993 eigentlich nur noch den endgültigen Vollzug einer Verselbständigung, die sich über Jahre hinaus entwickelt hatte. Mit der Loslösung erfolgte der Namenswechsel von der Skisektion des Turnvereins Riehen zum Ski- und Sportclub Riehen.

Der SSC Riehen führte den steilen Aufstieg der SSTVR weiter. Neben der eigenen Langlauf-Skischule, die weiter gepflegt wurde, und dem Sommerskiturnen zur überbrückung für die Wintersportler wurde das Trainingsangebot wesentlich erweitert. Vom skisportorientierten Verein entwickelte sich der Verein weiter zu einem Laufsportverein mit Fokus auf lange Strecken. Jogging, Walking und Nordic Walking fanden Aufnahme ins Trainingsangebot. Massgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte Breitensportchef Beat Oehen. Nicht zuletzt ein Verdienst von Werner Ueckert ist es, dass der Verein auch in den Medien immer wieder präsent war. Als eine seiner letzten Amtshandlungen durfte Martin Ackermann den Sportpreis der Gemeinde Riehen aus den Händen von Gemeinderätin Irène Fischer entgegennehmen. Nach Ackermanns Rücktritt übernahm Peter Nyikos das Vereinspräsidium.

Mit dem Chrischonalauf, der seit einem tragischen Verkehrsunfall zusätzlich den Namen Gaetano-Cenci-Gedenklauf trägt, organisiert der SSC Riehen seit Jahren einen Anlass mit hervorragendem Ruf. Der über zwölf Kilometer führende Lauf gehört zu den traditionsreicheren Volksläufen. Mit dem Dorf-Nacht-OL hob der SSCR vor einigen Jahren einen weiteren beliebten Anlass aus der Taufe, mit der Nordic-Walking-Night in Basel folgte ein neuartiger Breitensportanlass und an der Frühlingsmesse Muba sorgte der SSC Riehen dafür, dass Dutzende von Schulklassen auf dem Messeplatz auf Kunsteisbahnschnee erste Gehversuche auf Langlauflatten unternahmen.

Zwar gibt es auch heute durchaus SSCR-Mitglieder, die beträchtliche sportliche Erfolge feiern, das Hauptverdienst des SSC Riehen sah die Sportpreisjury aber darin, dass der Verein den Breitensport in ganz besonderem Ausmass fördert. Zentral ist hierbei ein stufengerechtes Trainingsangebot für alle Vereinsmitglieder - ob jung oder alt, ob leistungsstark oder nicht. Gerade in einer Zeit, da viele Leute sich zu wenig bewegen und falsche Ernährung, Bewegungsarmut und Fettleibigkeit Themen mit grosser Brisanz darstellen, sei es wichtig, niederschwellige Bewegungsangebote zu schaffen. Durch die Einbindung in einen Verein mit grossem Zusammengehörigkeitsgefühl und breitem Sozialleben gelinge es, die Mitglieder dazuzubringen, ihren Körper regelmässig und den eigenen Verhältnissen angemessen zu bewegen.

Die übergabefeier des Sportpreises 2006 fand am Montag, 21. Mai 2007, im Lüschersaal im Haus der Vereine statt.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2007

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