Musik als Ausdruck der Lebensfreude

Kornelia Schultze-Weber

Die Musikerin Edith Habraken erhielt am 7. Mai 2008 den Riehener Kulturpreis verliehen. Edith Habraken vereinigt in idealer Weise künstlerisches Schaffen und pädagogisches Wirken.

 

Edith Habraken erblickte am 4. August 1965 in Haarlem, Niederlande, das Licht der Welt. Seit sie acht Jahre alt ist, spielt sie die Trommel. Nach ihrer eigenen Aussage spielen in Holland viele Kinder die Trommel, weil jedes Dorf stolz ist auf seinen Trommelverein, aber natürlich finden nicht alle Kinder darin ihre Berufung fürs Leben.

Mit 18 Jahren studiert sie klassisches Schlagzeug am Konservatorium in Amsterdam und trommelt in ihrer Freizeit weiter. Die Welt der klassischen Symphoniekonzerte auf den grossen Bühnen der Welt lernt sie kennen und schätzen, muss aber bald feststellen, dass dies nicht ihre Musikwelt ist. So kehrt sie nach Auftritten mit dem «Noordholland Symphonie Orchester», dem «Konzertgebäude-Kammerorchester Amsterdam» und der «basel sinfonietta» den grossen Orchestern wieder den Rücken zu. Sie spezialisiert sich lieber auf ihre Lieblingsinstrumente wie zum Beispiel die Trommel und die Marimba.

Diese Liebe und die Neugier zur Trommel bringen sie im Jahre 1988 zum ersten Mal nach Basel. 1991 bleibt sie dann, dank Trommelfieber und der grossen Liebe, in Basel hängen. Seit 1994 wohnt sie mit ihrer heute fünfköpfigen Familie in Riehen.

 

Die Schlaginstrumente

Schlaginstrumente und ihre Töne üben seit Urzeiten einen grossen, sinnlichen Zauber auf den Menschen aus. Schlaginstrumente werden in zwei Gruppen eingeteilt: Instrumente mit unbestimmter Tonhöhe wie Trommeln, Gong, Triangel usw. und Instrumente mit bestimmbarer Tonhöhe wie Pauke, Marimba, Xylophon.

Schlaginstrumente lassen sich aber auch unterteilen nach Art der Klangerzeugung: in Selbstklinger (Idiophone) wie Xylophon und Marimba und in Membranophone, Instrumente, bei denen der Klang durch Membrane erzeugt wird wie zum Beispiel bei der Trommel und der Pauke. Ein Schlagzeug ist ein Instrumentalensemble mit Instrumenten aus beiden Klanggruppen, auch Perkussion genannt.

Eine Trommel ist ein zylindrisches Schlaginstrument, dessen beide Seiten oben und unten mit einer Membran bespannt sind. Gespielt, das heisst geschlagen, wird nur eine Seite, der Zylinder dient als Klangkörper.

Die Marimba, auch Marimbaphon genannt, gehört zur Familie der Xylophone, mit der Eigenheit, dass die Töne über Holzklangstäben entstehen. Die Marimba ist ein Instrument, das die Menschenseele seit ihrer Urgeschichte berührt. Die Ursprünge dieser Instrumentengruppe reichen nach Afrika, vielleicht weiter zurück nach Indonesien, bis zum ersten Menschen überhaupt auf unserer Welt. Heute gilt die Marimba als Nationalinstrument von Guatemala und anderen Ländern Südamerikas.

Marimba ist überdies sehr verbreitet und beliebt in Japan. Die zurzeit berühmteste Marimbaspielerin der Welt ist eine Japanerin und unter den weltweit zwanzig besten Spielern finden wir Edith Habraken.

Die Musikschule SMEH

Edith Habraken ist ein Mensch, der zwar hauptsächlich für, aber nicht von der Musik alleine lebt. Sie lebt von und mit anderen Menschen, sie ist ein Familienmensch, ein Kindernarr. Wie können die beiden wichtigen Lebensinhalte «Perfektion der Percussion» und etwas «Machen mit Menschen» zusammengebracht werden? Ihre Antwort darauf ist nahe liegend und einleuchtend: Seit ihrem 17. Altersjahr gibt Edith ihr musikalisches Wissen als Lehrerin in verschiedenen Organisationen weiter. Bei uns in der Region war sie aktiv in Fasnachtscliquen, an der Knabenmusik Basel und an der Musikschule Rheinfelden/Kaiseraugst. 1997 eröffnet Edith Habraken, noch schwanger mit ihrem dritten Kind, ihre eigene Musikschule.

Die SMEH, Schlagzeug- und Marimba-Schule Edith Habraken, startet im Herbst 1997 mit dreissig Schülerinnen und Schülern und mit Edith Habraken als einziger Lehrkraft. Schon nach kurzer Zeit sprach es sich herum, dass die Schüler viel lernen und gleichzeitig viel Spass haben. Die Schule wuchs sehr schnell auf die heutige Zahl von neunzig Schülern, unterrichtet von acht engagierten Lehrkräften. Edith Habrakens Rezept für den Erfolg ihrer Schule: Musik ist in ihrer ganzen Fülle stets präsent und sie ist das verbindende Medium zwischen den Menschen. In der Schule wird eine hohe Qualität von Musik angestrebt. Der Weg dazu führt über die Freude am Musizieren und das Wohlfühlen des einzelnen Kindes. Musik als perfekter Ausdruck kommt erst an zweiter Stelle. Das Hauptziel vom perfekten musikalischen Ausdruck soll auf positivem Weg mit viel Humor, für die Schüler fast wie nebenbei, erreicht werden.

Edith und ihre Lehrer stecken sehr viel Energie und Kraft in die Beziehungsarbeit mit den Schülerinnen und Schülern. Sie fördern damit nicht nur die Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler, sondern fördern ganz nebenbei die Sozialkompetenzen der Schüler untereinander. Die Schüler sollen sich rundum wohl fühlen in der Musikschule, auch und vor allem gerade, wenn sie einmal nicht so viel üben konnten. Fehler machen dürfen alle, aus Fehlern lernen können alle und Fehler in einer Gruppe auffangen zu können, darf und muss auch gelernt sein.

Das Soloprogramm Jeder Schüler kann etwas gut und anderes weniger gut: Die Lehrkräfte fördern das Gute und hacken nicht zu viel auf dem weniger Guten herum. Ebenso sind sie für überraschungen im Einzelunterricht, im Ensemble und sogar an den Vorführungen besorgt. Nichts muss perfekt sein: Die Schüler müssen nicht und sie müssen nicht alles richtig machen. Nur Freude und Spass an der Musik, das dürfen sie beim Musizieren nie vergessen.

Für Edith als Lehrerin heisst das Motto im Umgang mit den Kindern: «Es muss immer möglich sein.» Im Lehrerinnenalltag heisst das, dass sie das Lernen mit den Instrumenten nicht einem strikten, freudlosen Arbeitsbegriff unterstellt, sondern dass sie dabei der Freiheit des Augenblickes genügend Spielraum lässt. Was natürlich trotz allem heisst, dass üben und Durchhalten wichtig sind und dass Ziele und Ergebnisse nicht zu vergessen sind.

Die Musikerin Edith Habraken verkörpert ja selber die hart errungene Meisterschaft, kombiniert mit Leben und Leichtigkeit. Sie selber bietet ihren Schülerinnen und Schülern in vorbildlicher Weise Ansporn und Anspruch gleichzeitig. Höhepunkte im Schuljahr sind die Konzerte im Stadtcasino Basel und die Organisation und Teilnahme am «Singeasy» in Riehen. Ein Wochenende im Spätsommer blüht das Dorfzen Edith Habraken weiss, dass sie eine ausgezeichnete, eine perfekte Musikerin ist. Theorie und Qualität hat sie am Konservatorium à fond gelernt. Sie ist schon lange auf der Suche nach ihrem richtigen Platz in dieser, in ihrer Musikwelt: Zu ihrem 40. Geburtstag, im Jahr 2005, hat sich Edith einen lange gehegten Lebenstraum erfüllt und sich ein Soloprogramm für die Theaterbühne geschenkt.

In Basel drängt sich eine zentrale Frage auf: Wie tönt die Trommel ausserhalb von Frau Fasnacht? Für Edith lautet die Frage auch: Wie kann eine Marimbasolistin mit einer Trommelvirtuosin verschmelzen, um etwas noch Besseres entstehen zu lassen? Zusammen mit dem Regisseur Tom Ryser ist sie dieser Frage nachgegangen. Die Antwort haben sie in der Mischung von Klassik, Schauspielerei und Schlaginstrumenten wie Kesseltrommel, Schlagzeug, Marimba und Trommel nacheinander oder miteinander, verbunden mit Witz, Humor und Perfektion, gefunden. «Edith Habraken on Tour», so heisst das kurzweilige Soloprogramm von Edith Habraken, das sich seit seinen Anfängen sanft entwickelt und das sich heute noch sehen und hören lässt. Trommelschläge sind nach dem Genuss des Programms definitiv nicht mehr reserviert für die «drey scheenschte Dääg» der Basler.

Die Musikprojekte

Das Komponieren

«Les Muséiques» 2008 im Kirschgartenmuseum: Zwischen filigranen Möbeln aus vergangenen Zeiten der Basler Bürgerhäuser und unter einem imposanten Kronleuchter entführte Edith Habraken die Zuhörer in eine heutige Klangwelt der Marimba. Als Person schien sie wie ein engelhaftes Wesen zwischen den Klängen zu verschwinden und liess die Zuhörer in kurzer Zeit eine Reise um die Welt und durch wunderbar duftende Blumengärten machen.

Grosse klassische Orchester sind nach eigenen Erfahrungen nicht die Musikwelt von Edith Habraken. Sie fühlt sich wohler in kleineren, wechselnden Gruppierungen mit Musikern aus allen Stilrichtungen. Sie probiert gerne immer wieder etwas Neues aus, auch in Kombinationen mit Theater- und Tanzgesellschaften. Dazu hat sie vor Jahren zum Beispiel das heute nicht mehr existierende «Marimba Art Ensemble» gegründet. Aktuell macht sie mit beim Projekt «Frauen trommeln hier und dort». Mit ihrem perfekten Spiel, dem Zusammenspiel mit anderen Frauen aus verschiedenen Kulturen zeigt sie uns Zuhörern ohne Zweifel, dass die Trommel ein Instrument ist, das eine universelle Musiksprache spricht.

Internationale Projekte mit Giora Feidmann und Leo Eto unterstreichen ihre derzeitige musikalische Ausrichtung. Auftritte im Fernsehen und Konzerte am Radio zeigen die grosse Beliebtheit und Vielfalt der Ausnahmekünstlerin Edith Habraken.

Einmalige Kompositionen Les Cent Tambours 1990 Basel Und zwischen-inne fliesst dr Rhy s Drummle fangt nit erseht bi de Grosseltere-n-aa Gwäägolero Umbau, Vorwärts Marsch 1994 Marimba Pizza Tzigana Red Note Lars der Eisbär Jubiläumskomposition für 100 Tambouren VV 1992 für 100 Tambouren, 600 Johr Gross- und Glaibasel, ein Arrangement Theaterstück für Kinder über die Geschichte der Trommel

Edith Habraken macht alles im Leben mit Haut und Haar oder gar nicht. Wenn sie für ihre Schule nicht die richtige Musik findet, komponiert sie die Stücke selber für sich und ihre Schüler. Auch im jetzigen Fasnachtsrepertoire hat sie Spuren hinterlassen.

 

1993 Charivari für Tambouren, Schlagzeug und Flamencotänzerin Charivari, Choreografie für Bühnenarbeiter Arrangement für Marimbaensemble und Schlagzeug für Marimbaensemble für Marimba solo, nach dem gleichnamigen Kinderbuch 1997 Trommelmarsch 2000 Trommelmarsch 2005 Trommelmarsch Trommelstimme für Fasnachts- oder Jazzformation Trommeltext zu Fasnachtsmarsch, 1. Preis Kompositionswettbewerb 2003 Charivari Trommelsolo

Trommelmärsche Lieber dr Wurm S'Dalbeloch Dr Revoluzzer Bäre Blues Armagnac Trommelvortrag Odyssee

staltung «Charivari» macht sie mit, als Trommlerin läuft sie an der Fasnacht mit und als Instruktorin hilft sie mit, das Niveau der Trommler hoch zu halten.

Als klassisch ausgebildete Schlagzeugerin analysiert Edith die Basler Trommelmärsche und das Basler Trommeln wissenschaftlich. Damit will sie den interessierten Baslern und anderen Trommlern zeigen, wie speziell und wie schön das Basler Trommeln ist! Eine weitere Vision aus dieser Arbeit von Edith ist, ein Basler Trommelbuch zu schreiben für Laien, Liebhaber und Lernende.

Lehrbücher Basismethode für rhythmische und melodische Schlaginstrumente Teil I (Band II in Bearbeitung). Aus dem Soloprogramm «Edith Habraken on Tour» gibt es diverse Werke, die zusammen mit dem Regisseur Tom Ryser erarbeitet worden sind.

Diverse weitere Arrangements sind im Alltag der SMEH, der Schlagzeug- und Marimba-Schule, entstanden.

Die Fasnacht Basel und Trommel, da gehört natürlich auch die Fasnacht dazu. Aus musikalischer Sicht hat die spezielle Basler Fasnacht Edith Habraken zu uns gebracht. Seit 1988 engagiert sich Edith Habraken auf verschiedenen Ebenen für die drey scheenschte Dääg: An der Kleinbasler Vorfasnachtsveran Die Bärengesellschaft Als Fremde, als Dazugezogene hat Edith einen freien Blick auf das gesellschaftliche Leben in Basel. Kein Wunder also, dass sie bei der noch sehr jungen Bärengesellschaft, einer neuen Kleinbasier Ehrengesellschaft, Gleichgesinnte gefunden hat. In dieser Gesellschaft, die sich die Integration aller Menschen auf die Fahne geschrieben hat, fühlt sich Edith wohl. Kein Spiel am Ehrentag der Kleinbasier Gesellschaft ohne Musik. Auch die Bärengesellschaft hat ihre Musik für den Bärentag; der Bäre Blues, Melodie von Beery Batschelet, Trommelstimme von Edith Habraken und Text von Daniel Thiriet.

Ein Marsch, der in der klassischen Fasnachtsformation gespielt werden kann oder als richtiger Blues in Jazz Formation.

An drei Mittwochnachmittagen erteilt die begeisterte Trommlerin den Schülerinnen und Schülern aus der ganzen Welt im Bläsischulhaus die «erste Lektion» im «Drummle für d Fasnacht».

Die Erfolgsrezepte von Edith Habraken: 1. Perfektion im musikalischen Ausdruck anstreben 2. Die Liebe zum Instrument hegen und pflegen 3. Etwas richtig tun oder es sein lassen 4. Die eigenen Visionen nie vergessen 5. Ehrlich zu sich selber sein 6. Lebensfreude haben und Lebensfreude weitergeben 7. Mit einer Prise Humor geht alles Der Dank Wir hoffen sehr, dass die Ausnahmekünstlerin Edith Habraken noch einige Visionen verwirklichen möchte in ihrem Leben. Wir sind gespannt, womit sie uns in Zukunft noch überraschen wird, und wir freuen uns auf ihre umgesetzten Träume und ihre positiven, überraschenden Einflüsse auf das kulturelle Leben in Riehen und Basel.

Die Würdigung Mit der Verleihung des Kulturpreises 2007 an Frau Edith Habraken würdigt die Gemeinde Riehen das herausragende künstlerische und pädagogische Schaffen einer vielseitigen Musikerin.

Edith Habraken ist eine Trommelvirtuosin und Marimbaspielerin, die mit ihren Soloauftritten in wechselnden Ensembles durch ihre persönliche Leidenschaft, Kreativität und Virtuosität begeistert. In der von ihr gegründeten Schlagzeug- und Marimbaschule lässt sie, mit didaktischer Originalität und ansteckender Lebensfreude, die Kinder und Jugendlichen die unendliche Welt der Rhythmen und Klänge musizierend erfahren.

Wir danken ihr für die vielen wunderbaren, Lebensfreude versprühenden Stunden, die wir mit ihrer Musik in Riehen erleben durften. Wir freuen uns auf ihre eigenen Solokonzerte, auf noch viele kleine und grosse Konzerte mit ihren Schülerinnen und Schülern auf öffentlichen Plätzen oder im privaten Rahmen. Wir wünschen ihr und natürlich auch ihrer Familie, besonders ihrem Ehemann Daniel Thiriet, für die Zukunft ganz viel Energie für das erfolgreiche Umsetzen der Visionen.

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2008

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