Riehens Wälder werden wieder wertvoller


Milena Conzetti 


Holznutzung für das Portemonnaie


Nun aber zurück zum Riehener Wald beziehungsweise zum Erlös aus dem Holzverkauf. Natürlich bringt der Verkauf der dicken, geraden Stammstücke von Eiche und Ahorn, sozusagen der ‹Filets›, viel mehr ein als gehackte Buche. Für sehr hochwertiges Stammholz, das beispielsweise als Furnier verwendet werden kann, erzielt Revierförster Wyss mehr als 2000 Franken pro Kubikmeter. Pro Jahr wird aber nur eine Handvoll solcher Stämme aus dem Riehener Wald verkauft. Für einen Kubikmeter krumme Buche gibt es bloss 75 Franken, für gehackte 46. Der steigende Bedarf an Energieholz, der geringe Arbeitsaufwand für seine Ernte und Bereitstellung sowie die Nutzung aller Baumteile rechnen sich aber am Schluss. So schliesst die Forstrechnung in Bezug aufs Kerngeschäft seit der Inbetriebnahme des Basler Holzkraftwerks jährlich mit einem knappen Überschuss von 15 000 bis 20 000 Franken ab. Das positive Resultat kommt dank moderner Arbeitsverfahren, der unfallfreien Leistung der Forstequipe und der Lehrlinge sowie Beiträgen für die Jungwaldpflege und Erträgen aus der Bewirtschaftung von Wäldern im Auftrag anderer Waldeigentümer zustande. Dank Computer und entsprechenden Programmen ist zudem die Logistik viel einfacher geworden. 


 

Bewirtschaftung nachwachsender Wälder


Im ganzen Revier wächst jede Sekunde die Holzmenge eines Würfels mit 4,5 Zentimeter langen Kanten nach. In einer Stunde macht das bereits einen Würfel von fast 70 Zentimetern Kantenlänge. Oder anders ausgedrückt: Pro Jahr wachsen auf jeder Hektare Wald ungefähr 8 Kubikmeter Holz nach. Davon werden aber nur 6 Kubikmeter genutzt. Weil mehr nachwächst, als geerntet wird, könnte die Forstequipe noch öfter zur Säge greifen, ohne den Wald zu gefährden: 500 Kubikmeter Holz – etwa 330 Bäume – könnte sie jährlich mehr schlagen, ohne die Nachhaltigkeit aufs Spiel zu setzen. 


Die Bäume werden natürlich nicht aufs Mal am gleichen Ort gefällt. Drei Viertel der Riehener Waldfläche wird nach dem Dauerwald-Prinzip bewirtschaftet. Das bedeutet, dass nur ausgewählte Bäume oder Baumgruppen aus dem Bestand geerntet werden. So entstehen keine grossen Freiflächen und unterschiedlich alte Bäume verschiedener Arten wachsen nebenei-nander. Nur wo die Forstequipe Licht liebende Eichen oder andere seltene Baumarten pflanzt, beseitigt sie den alten Baumbestand ganz. 10 Hektaren Wald werden als Waldreservat speziell (Mittelwald ‹Im Kaiser›) oder gar nicht (Totalwaldreservat Horngraben) gepflegt. 


 

Die Nähe zur Stadt mit vielen Erholungsuchenden und die Trinkwasseraufbereitung der IWB in den Langen Erlen prägen die Ziele für die Bewirtschaftung der Wälder im Forstrevier Riehen-Bettingen mit. Nur 40 Prozent der Revierfläche dienen vorrangig der eigentlichen Holznutzung. Auf den anderen 60 Prozent trifft die Forstequipe auch spezielle Massnahmen für die Besucherinnen und Besucher, für den Natur- und Trinkwasserschutz. Dazu gehören zum Beispiel der Unterhalt von Grillplätzen und Wegen, die Besucherlenkung und Waldrandpflege. Grosse Maschinen wie der Vollernter – eine Forstmaschine, die in einem Arbeitsgang fällt, entastet und einschneidet – werden in den stark besuchten Waldgebieten nur zurückhaltend eingesetzt. Diese Einschränkungen und Mehraufwendungen zugunsten der Erholungsuchenden und des Naturschutzes entschädigen die Gemeinden. Auch die sorgfältige Kommunikation in Bezug auf Holzschläge ist ein wichtiger Mehraufwand. Wenn sich das gewohnte Waldbild durch Fällarbeiten ändert, kommen Emotionen hoch, weiss Revierförster Wyss. Er informiert deshalb frühzeitig und offen über Schläge und zeigt, wie zum Beispiel die Artenvielfalt oder der Jungwuchs vom lichteren Wald profitieren. Die Holzschläge werden auch im ‹Kantonsblatt Basel-Stadt› publiziert. 


 

Naturnahe Holznutzung für Artenvielfalt und Waldgesundheit


Neben wirtschaftlichen Aspekten und der Pflege des Waldes als Naherholungsraum spielen bei seiner Nutzung auch Überlegungen zur Artenvielfalt eine wichtige Rolle. Gerade Mittelwälder mit ihrer mosaikartigen Struktur von hellen und schattigen Bereichen sind besonders artenreich. In typischen Mittelwäldern kommen bis zu 55 Vogelarten vor, 16 Arten, darunter der Mittelspecht, haben sich gar auf diese Kulturwaldform spezialisiert. Auch im Hinblick auf den Klimawandel ist eine breite Palette von unterschiedlichen Baumarten wichtig. Die prognostizierten längeren und wärmeren Trockenphasen sowie intensivere Niederschläge verlangen den Bäumen viel ab. Nur eine grosse Vielfalt vermag Ausfälle einzelner Baumarten zu verkraften. In Riehen wird diese Vielfalt gehegt und gepflegt. Zum natürlicherweise vorhandenen Baumnachwuchs werden Eichen, Mehlbeeren, Speierlinge und weitere seltene Baumarten gepflanzt, die relativ gut mit Wärme und Trockenheit umgehen können. 


 

Für einen stabilen Wald ist die Holznutzung äusserst wichtig. Denn mit der Zeit führt die Unternutzung des Waldes zu einer ungünstigen Altersstruktur der Bäume und zu einer Überalterung des Waldes. In einem stabilen Wald kommen kleinräumig alle Alterstufen von Bäumen vor, denn so klappt der Generationenwechsel. Kommt noch dazu, dass die alten Bäume weniger vital sind und bei Stürmen eher umstürzen als die jungen. Die Klimaveränderung wird voraussichtlich mehr Stürme bringen – Zeit also, den Wald zu verjüngen! Allerdings werden mit höheren Temperaturen wohl auch die Frosttage abnehmen – das ist ungünstig für die Fällarbeiten wegen der Gefahr der Bodenverdichtung durch die schweren Forstmaschinen. Der Klimawandel ist also nicht nur eine grosse Herausforderung für die Tier- und Pflanzenarten, sondern auch für die schonende Holzernte.


 

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2012

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