Das religiöse Riehen

Christoph Peter Baumann

Vom reformatorischen Dorf über den Pietismus zur heutigen pluralistischen Kleinstadt, wo trotzdem das Christentum immer noch eine wichtige Rolle spielt.

Entwicklung

Die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde ist mit grossem Abstand die älteste Religionsgemeinschaft in Riehen. Bereits am 22. August 1528, also noch vor Basel, entschied sich die Gemeinde Riehen für die Reformation1. Bis ins 19. Jahrhundert war die evangelisch-reformierte Kirche die einzige organisierte Religionsgemeinschaft. Noch 1811 gehörten 96,9 Prozent der Richcner Bevölkerung dieser Kirche an2. Seither ging die Mitgliederzahl sukzessive zurück. Aber noch im Jahr 1950 bildete die Gemeinde immer noch eine komfortable Mehrheit von beinahe drei Viertel der Bevölkerung. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ging die Mitgliederzahl rasant zurück auf 56,6 Prozent im Jahr 1980 und auf nur noch 28,16 Prozent im Mai 2009. Die Kirchgemeinde Riehen-Bettingen ist in die vier Gemeindekreise Dorfkirche Riehen, Andreashaus, Kornfeld und Bettingen aufgeteilt. Trotz der massiv gesunkenen Mitgliederzahl ist es dieser Kirche gelungen, eine Volkskirche zu bleiben, die ausser Gottesdiensten viele andere Aktivitäten anbietet3. Die römisch-katholische Kirche war während längerer Zeit aus Riehen verschwunden. Erst 1811 sind Katholiken mit 1,2 Prozent statistisch erfassbar4. Seither nahm der Anteil der Katholikinnen und Katholiken durch Wanderungszuwachs stark zu. Am 19. Februar 1899 feierten sie in der ihnen überlassenen ehemaligen Friedhofskapelle an der Mohrhaidenstrasse 34 die erste Messe seit der Reformation. 1950 war die Zahl der katholischen Riehener auf 21,7 Prozent gewachsen und erreichte zwanzig Jahre später den Zenit mit 30,1 Prozent. Seither erleidet die römisch-katholische Kirche in Riehen das gleiche Schicksal wie die evangelisch-reformierte Kirche und hat heute noch 3756 Mitglieder, also 18,24 Prozent.

Heute ist die Pfarrei St. Franziskus Riehen-Bettingen trotz der geschrumpften Mitgliederzahl eine eigenständige, lebendige Pfarrei mit vielen Aktivitäten für alle Alter5.

Nicht nur begann in Riehen die Reformation vor Basel, sondern es entwickelte sich hier im 18. Jahrhundert mit dem Pietismus eine besondere Art der Frömmigkeit, die noch heute Nachwirkungen zeigt6. Der Pietismus wird auch als «Reformation der Reformation» bezeichnet7. Christian Friedrich Spittler (1782-1867) war eine der massgebenden Persönlichkeiten, der unter anderem das Diakonissenhaus und die Pilgermission St. Chrischona gründete. Dem Pietismus ging es um den Einzelnen. Statt theologische Lehrsätze auszufeilen, arbeitete der Pietist praktisch im Schulwesen und in sozialen Unternehmungen. Sein Glaube, die Bekehrung oder Wiedergeburt genannte persönliche Annahme von Jesus Christus, gab seinem Leben ganz neue Möglichkeiten8. Ein wichtiges Anliegen war die Seelsorge. In kleinen Gruppen trafen sich Menschen, um ihren per sönlichen Glauben zu leben und geraeinsam zu beten. Es war keineswegs die Absicht, der evangelisch-reformierten Kirche Mitglieder abzuwerben. Treffen fanden oft nach dem kirchlichen Gottesdienst statt.

Ein weiterer Förderer des Pietismus in Riehen war Niki aus Ludwig Reichsgraf von Zinzendorf (1700-1760), der Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine. Diese Gemeinschaft war einige Jahrzehnte in Riehen. Obwohl die Brüdergemeine bald nach Zinzendorfs Tod aus Riehen verschwand und ihr Domizil bis heute in Basel hat, waren manche Auswirkungen bleibend. Aus dem Pietismus entstanden mehrere Freikirchen und Werke.

Ob die «Vereinigung Evangelischer Wähler» - die heutige «Evangelische Volkspartei» - auch ein Nachhall des Pietismus ist, müsste noch untersucht werden. Die VEW verstand sich bei ihrer Gründung nicht als Partei, sondern als freier Zusammenschluss Interessierter zur politischen Diskussion und Aktion. «Der Name VEW/EVP weist darauf hin, dass sie sich der biblischen frohen Botschaft des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung verpflichtet weiss9

Das Problem mit den Statistiken

Anglikanisch0,1530
Buddhistisch0,3572
Christkatholisch0,1736
Christkatholisch, ausgetreten0,1735
Dissident0,036
Evang. Freikirchen und Gemeinschaften0,70145
Evangelisch-lutherisch0,57118
Evangelisch-reformiert28,165797
Evangelisch-reformiert, ausgetreten15.973287
Griechisch-orthodox0,80164
Israelitisch0,1429
Israelitisch, ausgetreten0,1326
Moslem2,65545
nicht bekannt4,18860
ohne Konfession14.983085
Römisch-katholisch18,243756
Römisch-katholisch, ausgetreten10,602183
übrige Konfessionen1,84378
Zeugen Jehovas  0,1736
Total Personen  100,0020588
Ausgetreten, nicht bekannt oder ohne Konfession46,039476

 

Nachdem oben schon einzelne statistische Gegebenheiten aufgeführt worden sind, soll diese offizielle Statistik des Statistischen Amtes Basel-Stadt die heutige Situation beleuchten.

Die Statistik ist erklärungsbedürftig. Vor allem die zusammenfassende Zahl «Ausgetreten, nicht bekannt oder ohne Konfession» lässt den Schluss zu, dass beinahe die Hälfte der Bevölkerung in Riehen areligiös ist.

Unterschiedslos werden hier jene gezählt, die aus einer der öffentlich-rechtlichen Kirchen ausgetreten sind, sowie jene, die die Angabe nach der Religionszugehörigkeit verweigert haben. Wie bei unseren Recherchen in den Kantonen BaselStadt und Basel-Landschaft zu erfahren war, verweigern auch viele freikirchliche Christen entsprechende Angaben. Die Minderheit derjenigen, die einen östlich-religiösen Weg gehen, gibt normalerweise auch keine Auskunft.

Die Zahl von 145 Mitgliedern der «Evang. Freikirchen und Gemeinschaften» ist auf jeden Fall viel zu tief.

Alle Freikirchen zählen nur die getauften, erwachsenen Mitglieder. Manche Freikirchen kennen nur eine informelle Mitgliedschaft oder verweigern jede Auskunft darüber. Eventuell sind auch einige Mitglieder von Freikirchen in der Rubrik «übrige Konfessionen» erfasst. Nach Schätzungen von Inforel haben etwa 900 Menschen in Riehen ihre «geistige Heimat» in einer der Freikirchen. Während bei den Muslimen nach dem Bekenntnis gefragt wird, gilt bei Christen nur die offizielle Mitgliedschaft in einer Kirche, speziell Grosskirche. Eigentlich müsste es entsprechend eine Rubrik geben «christlich, nicht gebunden10».

Die wenigen Hindus in Riehen sind unter den «übrige(n) Konfessionen» erfasst. Diese Statistik bestätigt aber doch die Tendenzen der Veränderung, weg von der Homogenität und der zunehmenden Abkehr von den grossen Kirchen.

Freikirchen11

Riehen ist reich an evangelischen Freikirchen. Die «Chrischona Gemeinde St. Chrischona» und die «Freie Evangelische Gemeinde Riehen» (FEG) gehen auf den Pietismus zurück. Die FEG wurde 1913 als «Verein für Gemeinschaftspflege und Evangelisation» gegründet, verstand sich als erweiterter Arm der evangelisch-reformierten Kirche und gab sich erst in den Sechzigerjahren freikirchliche Strukturen12.

Die «Regiogemeinde Riehen» entstand um 1983 aus grenzüberschreitenden Kontakten zwischen Christen in Riehen und dem nahen Deutschland. Diese Gemeinde unterscheidet sich kaum von anderen evangelischen Gemeinden. Seit 1993 befinden sich die Räumlichkeiten der Gemeinde an der Lörracherstrasse 50 in Riehen.

Die «Christliche Gemeinde in Basel» (CGB) ist eigentlich nur durch den Versammlungsort mit Riehen verbunden. Sie entstand 1996 aus der Brüderbewegung von Darby, war bis 2005 in Basel, schloss sich mit einer anderen Freikirche zusammen und hat seither den Sitz in Riehen. «Ist Gott rund?», fragte die Gemeinde anlässlich der Fussball-EM mit einem Flyer und lud dazu ein, eine Fussballbibel zu beziehen. übrigens ist auch der römisch-katholische Laientheologe Christoph Schneider Fussballfan13. Im gleichen Gebäudekomplex bei der Habermatte ist eine weitere Freikirche, die «New Covenant Fellowship (NCF)/ Neue Testament Gemeinde» beheimatet. Der englischdeutsche Doppelname hat seinen Grund: Die Gemeinde ist mehrsprachig. Die Gottesdienste werden simultan englischdeutsch gehalten respektive übersetzt. Weitere Ubersetzungen in bis zu sechs Sprachen sind keine Seltenheit. Mit dem «NCF Church Eglise Bus» werden Asylbewerber von der Bundesempfangsstelle abgeholt und wieder zurückgebracht. Die Geschichte der «Neuapostolischen Kirche Riehen» begann bereits 1913, als sich der Apostel Friedrich Bock in Riehen niederliess. Im Verlauf der bald hundert Jahre in Riehen hatte die Gemeinde mehrere Lokale. Seit 1998 dient die jetzige umgebaute Kapelle an der Fürfelderstrasse 100 den rund 200 Mitgliedern als Gottesdienst- und Versammlungshaus.

Religiöse Lebensgemeinschaften Religion, die nicht am Sonntag nach dem Gottesdienst an der Kirchentür aufhört, Glaube als etwas Ganzheitliches, Verbindliches, dies suchen immer noch einige Menschen. 1852 gründete Christian Friedrich Spittler das Diakonissenhaus Riehen, um in die Not der Zeit hinein das Evangelium mit Wort und Tat zu bezeugen. Als Antwort auf die Missstände in der Krankenpflege und in der Betreuung anderer Notleidender entsteht in Riehen eine kleine Lebens-, Glaubens- und Dienstgemeinschaft von jungen Frauen - Diakonissen -, die die ersten Patientinnen in ihrem Haus zur Pflege aufnehmen. Später gründeten sie das Spital Riehen. Sie nennen sich Diakonissen, Dienerinnen, weil sie sich an Jesus Christus, dem Urdiakon, orientieren und in seinem Namen sich den Mitmenschen zuwenden.

In den letzten fünfzig Jahren ging die Schwesternzahl zurück, der Sozialstaat übernahm viele der früheren Aufgaben; 1973 wurde das Spital an die Gemeinde Riehen abgetreten.

Der Auftrag ist geblieben und will immer neu konkretisiert werden: «Zeichen der Hoffnung setzen durch unser gemeinsames Leben, Beten, Arbeiten - heute mehr im Dienst der Gastfreundschaft, Seelsorge, Fürbitte.» Kürzlich hat die Gemeinschaft den Namen geändert oder, besser gesagt, ergänzt: «Kommunität Diakonissenhaus Riehen». ähnliche Ziele und Wege geht das «Diakonissen-Mutterhaus St. Chrischona», das 1925 gegründet wurde. Dieses Haus entstand aus der Pilgermission'4. Die «Missionsdominikanerinnen von der HL Katharina von Siena von King Williams Town» sind Dominikanerinnen, die über Südafrika wieder nach Europa gekommen sind. Von 1969 bis 2005 führte die Gemeinschaft in Riehen das Alters- und Pflegeheim Dominikushaus.

Soziale Dienstleistungen der Religionsgemeinschaften Religionsgemeinschaften haben eigentlich neben den theologischen auch seelsorgerliche und diakonische Aufgaben. So hat die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde eine sozial-diakonische Mitarbeiterin, die römisch-katholische Pfarrei St. Franziskus einen Sozialdienst. Auch die Freikirchen haben in der einen oder anderen Form Sozialdienste oder helfen spontan, wo es nötig ist. Alle diese kirchlichen und freikirchlichen Dienste stehen Menschen mit Problemen zur Verfügung. Daneben gibt es in Riehen mehrere eigentliche religiöse Dienstleister.

Das Missionswerk Janz-Team wurde 1954 durch den Kanadier Leo Janz gegründet. Seit 1958 gibt es einen Verein in der Schweiz, der 1969 seinen Sitz von Basel nach Riehen an den Waltersgrabenweg 7 verlegte. Von Riehen aus unterstützt das Janz-Team bestehende Kirchen und Gemeinden bei ihrer Arbeit mittels Seminaren für Mitarbeitende, Bibelwochen und Lager für Jugendliche.

Im Bildungsbereich arbeitet auch die «Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel». Am 3. Februar 1970 wurde dem damaligen Verein (heute Immanuel-Stiftung) die staatliche Genehmigung zur Eröffnung und Führung «einer vom Staat und von der Universität unabhängigen Lehrstätte zur Ausbildung evangelischer Pfarrer» erteilt. Der ursprüngliche Name (bis zum 3. Juli 1994) war «Freie EvangelischTheologische Akademie Basel» (FETA). Als Vorbild dienten bibeltreue Fakultäten (z.B. in Aix-en-Provence) und andere freie theologische Hochschulen (Niederlande, USA). Am 4. Oktober 1970 wurde die Hochschule eröffnet. Eine weitere christliche Bildungsinitiative war in Riehen. Die «Christliche Bekenntnisschule» (CBS) bot von 1991 bis 2006 Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder nach staatlichem Lehrplan im christlichen Geist schulen zu lassen. Seit dem Sommer 2006 gibt es nur noch die «Freie Christliche Schule Liestal». Eine neue «Christliche Schule Riehen» (CSR) und ein christlicher Kindergarten sind in Vorbereitung. Ganz anders geartet sind die Dienstleistungen, die von «OT, Offene Tür - Christlicher Verein für Lebenshilfe» geleistet werden. Bereits seit 1954 gibt es den Verein «Offene Tür», der auf christlicher Basis Häftlinge betreute und sich um aus dem Gefängnis Entlassene und ihre Angehörigen kümmerte. 1983 beschloss OT, das Fischerhus in Riehen zu mieten und dort eine Lebens- und Therapiegemeinschaft für verurteilte Drogenabhängige, Straffällige und Entlassene auf verbindlicher Glaubensbasis einzurichten. Ein Jahr später wurde das Fischerhus in Riehen unter der Leitung von Pfr. Christoph Meister und dem Schreinermeister Ernst Kipfer und ihren Familien eröffnet.

Das Alters- und Pflegeheim Dominikushaus feiert dieses Jahr sein vierzigjähriges Bestehen. Es wurde von «Missionsdominikanerinnen von der HL Katharina von Siena von King Williams Town» 1969 gegründet. 2005 mussten sich die Ordensfrauen aus Altersgründen weitgehend aus dem täglichen Betrieb zurückziehen. Seither wird das Dominikushaus von der selbständigen «Stiftung Dominikushaus» weiterhin auf christlicher Basis geführt. Der tägliche Gottesdienst in der eigenen Kapelle, Tischgebete und Seelsorge durch den eigenen katholischen Seelsorger sind wichtige Elemente.

Zusammenleben der christlichen Gemeinschaften Obwohl der Vatikan nur die römisch-katholische Kirche als richtige Kirche anerkennt, bestehen zwischen den beiden grossen Kirchen keinerlei Berührungsängste. Sie pflegen den ökumenischen Kontakt und die Zusammenarbeit, wobei die gemeinsamen Aktivitäten nicht mehr so intensiv gepflegt werden, wie dies in den 1970er- und 1980er-Jahren noch der Fall war.

Neben dieser ökumene gibt es in Riehen die innerevangelische Zusammenarbeit in der «Evangelischen Allianz Riehen-Bettingen». Diese hat es sich zum Ziel gemacht, Menschen mit einer evangelisch christlichen Lebensauffassung lokal und regional zu vernetzen, um so optimal den Gedanken der Allianz und die Gaben der Einzelnen und Gruppen einzusetzen. Der Verein hat ausser etwa 35 Einzelmitgliedern 8 Kollektivmitglieder: Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde, Chrischona-Gemeinde, Freie Evangelische Gemeinde, Regiogemeinde und die Werke: DiakonissenMutterhaus St. Chrischona, Janz-Team, Kommunität Diakonissenhaus Riehen, Offene Tür. Durch das Jahr werden viele gemeinsame Aktionen und Gottesdienste durchgeführt, beginnend mit der Allianz-Gebetswoche im Januar und endend mit dem Adventssingen.

Nichtchristliche Religionen Neben den christlichen Gemeinschaften gibt es eine kleine Zahl von Angehörigen von nichtchristlichen Gemeinschaften. Juden sind in Riehen eine kleine Minderheit. Ein wichtiger Grund dafür ist sicher die Distanz zur nächsten Synagoge. Juden dürfen am Sabbat kein Verkehrsmittel benützen.

1946 wurde das Alters- und Pflegeheim La Charmille von Dr. Levaillant gegründet. 1956 erhielt das Heim eine eigene Synagoge, sodass nicht nur die Heimbewohnerinnen und -bewohner die Gottesdienste besuchen konnten, sondern auch Juden in der Umgebung. Allerdings mussten am Sabbat oft Männer von Basel aufgeboten werden, um den Minjan, also die erforderlichen zehn Männer, zu erreichen. Weil die Räume nicht mehr zu genügen vermochten, wurde der Holbeinhof in Basel gebaut und 2002 eröffnet. Damit fiel in Riehen die Synagoge weg.

Die Zahl der Muslime hat in den letzten dreissig Jahren sehr stark zugenommen. Nach offizieller Statistik waren es im Jahre 1980 erst 39, zehn Jahre später 96, nochmals Jahre später schon 330. Heute leben in Riehen 545 Muslime. Sie haben verschiedene Nationalitäten. Trotz dieser doch recht grossen Zahl gibt es keinen islamischen Gebetsraum. Das hat mehrere Gründe. Obwohl der Islam als eine einheitliche Religion gesehen wird und von vielen Muslimen auch so dargestellt wird, gibt es Unterschiede. So gehört nach Hochrechnungen etwa die Hälfte der türkischstämmigen Menschen der alevitischen Richtung des Islams an. Die Aleviten haben in Basel zwei Kulturzentren. Die übrigen Muslime verteilen sich auf mehrere Sprachen und Nationalitäten. Ausserdem ist bei Muslimen das Gleiche zu beobachten wie bei Christen, nämlich, dass nur eine Minderheit ihre Religion praktiziert. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit klein, dass es in Riehen einen islamischen Gebetsraum geben wird. Trotzdem ist der Islam in Riehen augenfällig präsent. An der Lörracherstrasse 75 befindet sich seit 1978 eine islamische Metzgerei, wo importiertes Halal-Fleisch an Muslime verkauft wird. Ittifak Kasabi heisst die Metzgerei seit 2001, seit der jetzige Inhaber Müfit Gökcinar das Geschäft übernommen hat. Gökcinar ist ein gläubiger Muslim und versteht seine Arbeit als Dienst für die Gemeinschaft der Muslime.

Weitere religiöse Minderheiten gehören einer der asiatischen Religionen Hinduismus oder Buddhismus an. Allerdings sind die Zahlen sehr klein. Für den Buddhismus gibt die Statistik 72 Gläubige an, der Hinduismus taucht in der Statistik nicht einmal auf. Die wenigen Hindus sind wohl unter den «übrigen Konfessionen» erfasst.

Bei den Buddhistinnen und Buddhisten gibt es zwei ganz unterschiedliche Gruppen. Zuerst einmal die Buddhistinnen aus Thailand, die mit einem Schweizer Mann verheiratet sind. Für sie ist der Wat Srinagarindravaram in Gretzenbach im Kanton Solothurn der religiöse Versammlungsraum. Für Eurobuddhistinnen und -buddhisten, also Menschen aus dem Westen, die den Buddhismus als ihren neuen religiösen Weg gewählt haben, gibt es in der Region mehr als zehn Möglichkeiten, sich zu versammeln und ihren Glauben zu leben. Bis jetzt ist aber kein buddhistischer Versammlungsraum in Riehen bekannt.

Die kleine Zahl von Hindus in Riehen setzt sich aus zwei ganz verschiedenen Gruppen zusammen. Die tamilischen Hindus haben in Basel im Dreispitzareal den Tempel, der den drei Hauptgottheiten Ganescha, Parvati und Murugan geweiht ist. Eine tamilische Familie gehört zu den Gründern des 1999 eröffneten «Sathya Sai Zentrum Basel 2». Dieses ist dem indischen Guru Sai Baba gewidmet. Die andere Gruppe in Riehen besteht aus indischen Hindus, vor allem aus Bengalen. Die meisten von ihnen sind seit Jahrzehnten in Riehen. Hier hat der «Elferclub» - ursprünglich waren es elf bengalische Männer - seine Wurzeln. Ihr Anliegen ist es, ihre Religion und Kultur zu pflegen. Ram Mitra ist ein initiativer Mann, der sich sehr dafür einsetzt, dass Inder ihre Religion und Kultur hier leben können. Er ist im Vorstand der Schweiz-Indischen Gesellschaft und hat schon einige religiöse Feste organisiert, davon einzelne in Riehen. In einem eigenen Kellerraum hat er einen Haustempel, wo sich gelegentlich Hindus treffen.

Fazit Riehen unterscheidet sich trotz der Nähe zu Basel durch die immer noch vorhandene Wirkung des Pietismus. Obwohl auch die Kirchen in Riehen nicht verschont geblieben sind von der Austrittswelle, sind die Kirchen, Freikirchen und christlichen Werke massgebliche Faktoren. Die nichtchristlichen Religionsgemeinschaften hingegen erscheinen praktisch nur als Minderheiten in der Statistik, sind aber in der öffentlichkeit kaum präsent.

Literatur Michael Raith: Gemeindekunde Riehen. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Riehen 1988.

z'Rieche. Jahrbuch 2007. Riehen 2007.

Christoph Peter Baumann (Hrg.): Religionen in Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Basel 2000.

www.inforel.ch

Mehrere Beiträge in z'Rieche. Jahrbuch. Verschiedene Jahrgänge.

Fussnoten 1 Michael Raith: Gemeindekunde Riehen. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Riehen 1988. S. 244.

2 Raith 1988. S. 248.

3 Ausführliches findet sich in diesem Buch auf S. 55 4 www.statistik-bs.ch/quartier/wv20/bev/04_T Religion_20_08.pdf.

5 Ausführliches findet sich in diesem Buch auf S. 29 6 Eine ausführliche Darstellung schrieb Michael Raith: Pietismus in Riehen, in z'Rieche 1982. S. 7-31. Alle Zitate stammen aus dieser Quelle.

7 Arthur Meili: Geschichte der FEG Riehen 1. (Auf der Homepage der FEG: www.fegriehen.ch).

8 Raith 1982. S. 10.

9 Schriftliche Mitteilung von Gerhard Kaufmann, ehemaligem Präsident der VEW/EVPRiehen.

10 Christoph Peter Baumann (Hrg.): Religionen in Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Basel 2000. S. 33.

11 Alle diese Freikirchen sind hier ausführlich beschrieben: www.inforel.ch.

12 Ein ausführlicher Text zur FEG Riehen findet sich in diesem Buch auf S. 49 13 Franz Osswald: Glauben ist eine Herzenssache, in: z'Rieche. Jahrbuch 2007. Riehen 2007. S. 114.

14 Siehe dazu: Arlette Schnyder: Pilgersöhne und Frauenrechte, in: z'Rieche. Jahrbuch 2007. Riehen 2007. S. 31-41.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2009

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