Die Post zu Riehen

Werner Schär

Das Postwesen gilt heute allgemein als ein Zweig der Staatsverwaltung. Dies war durchaus nicht immer der Fall. Auf dem europäischen Festland garantierten die städtischen Botenposten schon seit dem Mittelalter eine gewisse regelmäßige Botschaften-Vermittlung. Mit der Errichtung einer Reitpost von Brüssel nach Wien im Jahre 1516 durch Franz von Taxis begann das moderne Postwesen. Doch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gingen die dezentralisierten und zum Teil privaten Postanstalten an den Staat über — eine Entwicklung, die in der Gründung des Weltpostvereins vom Jahre 1878 in Paris ihre Krönung fand.

Von einer eigentlichen Postverbindung mit Riehen kann erst seit den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gesprochen werden. Gewiß bestanden schon seit alten Zeiten regelmäßige Verbindungen, vor allem mit der Stadt, wo die alten Grundherren ihre auch für Riehen zuständigen Verwaltungsstellen hatten: St. Blasien etwa, das seit 1113 über größere oder kleinere Besitzrechte in Riehen verfügte, oder das Kloster Wettingen, das seit dem 13. Jahrhundert einen großen Teil der Riehener Besitzrechte verwaltete. Diese Botschaften dürften wohl durch reitende Boten übermittelt worden sein. Die im Jahre 1591 erbaute, den «Bifang» direkt durchschneidende Landstraße, die «strass, so zum wiesenthal gadt », stellte eine direkte Verbindung zwischen Basel, Rie~ hen und Lörrach her. Wann eine regelmäßige Postverbindung zwischen diesen Ortschaften aufgenommen wurde, ist unbestimmt, doch steht fest, daß schon im Sommer 1845 eine Pferdepost bestand.

Die rund 1400 Einwohner, die Riehen in dieser Zeit aufwies, dürften diese Postverbindung wohl nicht allzusehr belastet haben. Immerhin wurde am 1. Juli 1845 im Gasthaus zum Rössli eine erste Postablage mit Briefschalter geschaffen und der Rößliwirt F. R. Völlmy mit deren Verwaltung betraut. Es erfolgte nun eine regelmäßige tägliche Postzustellung in Riehen und Bettingen.

Am 1. Januar 1849 ging das kantonale Postwesen an den Bund über. Bei der auf den 1. April 1854 vorgenommenen Umwandlung der Postablage in ein eigentliches Postbüro wurde Frau A. M. Völlmy-Degen als Posthalterin gewählt; sie versah dieses Amt bis zum 31. Oktober 1857.

Es scheint, daß das Amt des Posthalters in Riehen damals nicht besonders begehrt — oder aber nicht allzu lukrativ — war, wechselten doch in den nächsten Jahren die Riehener Posthalter in rascher Folge. So versahen das Amt:

1.11.1857—24.12.1857 Johann Stump

25.12. 1857— 4.8. 1858 Johann Unholz

5.8.1858—31.5.1859 Daniel Wiedmer

1.6.1859—31.1.1860 J. J. Gysin

1.2.1860—30.6.1860 J. J. Surbeck

1.7.1860—30.4.1861 Ed. Schneble, Zolleinnehmer

1.5.1861— 1.10.1863 Jos. Meyer, der dann aber suspendiert und entlassen wurde.

Am 1. Dezember 1863 wurde Joh. Vögelin zum Posthalter gewählt, der nun über 30 Jahre die Geschicke der Riehener Post leitete. (Nach seiner Demission am 31. Oktober 1895 wirkte Frau A. M. Vögelin noch ein Jahr, bis zum 31.10. 1896, als Posthalterin.) In dieser Zeitspanne vergrößerte sich der Postbetrieb ganz beträchtlich. Nachdem bereits im Jahre 1861 in Riehen und Bettingen zwei tägliche Postzustellungen eingeführt worden waren und ab 1862 in Riehen gar dreimal täglich die Post vertragen wurde, mußten nun auch für das Postbüro größere Räumlichkeiten gesucht werden.

Im Jahre 1866 wurde das Postbüro Riehen nach der Baselstraße 20, dem damaligen Restaurant Drei Könige verlegt, und 1875 an die Baselstraße 46, der Handlung Weber-Unholz (heute Einkaufszentrum N. und J. Wenk). In diesem Haus war auch das Zollamt Riehen untergebracht (s. Abbildung 1). Im Jahre 1886 dislozierte das Postbüro Riehen nach der Baselstraße 38, dem späteren Restaurant Tramstübli.

Im Jahre 1894 schließlich kaufte Posthalter Joh. Vögelin das Haus Baselstraße 57, in welchem nun die Riehener Post eingerichtet wurde. Sein Nachfolger übernahm die Liegenschaft und erstellte im Jahre 1902 einen Neubau. Die Post wurde bis zur Fertigstellung desselben vorübergehend im Gasthaus zum Rößli untergebracht. Das alte und das neue Haus Baselstraße 57 zeigen die Abbildungen 3 und 4.

Auch Johann Vögelins Nachfolger, der ehemalige Wirt, Landwirt und Zollangestellte Leopold Maritz, betreute die Riehener Post über 30 Jahre lang. Nachdem er sein Amt als Posthalter am 1. November 1896 angetreten hatte, wurde er 1912 zum Postverwalter gewählt und verwaltete dieses Amt bis zu seiner auf den 31. August 1928 erfolgten Pensionierung. Während seiner Amtszeit wurden viele Neuerungen eingeführt.

Kurz vor Beginn der Amtszeit von Posthalter L. Maritz wurde der Zustelldienst gänzlich vom Bürodienst getrennt. Die zunehmende Bevölkerung und die immer größer werdende Menge der zu verteilenden Postgüter verlangte ab 1896 schon den Einsatz von zwei Briefboten, die täglich viermal durchs Dorf gingen.

Es ist recht interessant, die Zahl der täglichen Postzustellungen zu verfolgen. So wurde die Post ausgetragen: fünfmal täglich viermal täglich dreimal täglich zweimal täglich, während die damals noch üblichen Sonntagszustellungen ganz eingestellt wurden Montag bis Freitag zweimal täglich und samstags dreimal dreimal an allen Werktagen.

 

Auch auf dem Gebiet der Postvermittlung traten in diesen Jahren einige wichtige änderungen ein. In den Frühzeiten der Riehener Post hatte der Post-Omnibus Basel—Lörrach die tägliche Postbeförderung garantiert. Aber bereits am 7. Januar 1862 wurde diese Aufgabe der Bahn Basel—Schopfheim übertragen. Täglich wurden fünf Botengänge an die Bahnstation organisiert — im Jahre 1896 waren es schon deren neun pro Tag. Die 1908 erstellte Straßenbahn von Basel nach Riehen erbrachte ab dem 2. November 1914 eine weitere änderung in der Postvermittlung: die Post wurde nun durch Fourgon ab Basel und per Tram statt per Bahn spediert.

Die Verbindung mit Bettingen wurde ebenfalls ständig verbessert. Während 1861 täglich nur eine Postzustellung in Bettingen erfolgte (ab 1875 waren es deren zwei pro Tag), wurde am 1. Juni 1885 eine eigene Postfiliale Bettingen geschaffen, welche nun für die Zustellungen und Botengänge in diesem Dorf verantwortlich war. Erleichterung fand die Verbindung mit Bettingen im Oktober 1926, als der dortige Posthalter sein Privatauto für die Postbeförderung zur Verfügung stellte. 1933 konnte dieses durch ein Postauto von Riehen und ab 1940 durch Postauto und Autobus der BVB ersetzt werden.

Als Nachfolger von Leopold Maritz wurde auf den 1. September 1928 Emil Schäfer als Verwalter gewählt; er hatte sein Amt bis zu seiner Versetzung in die Postfiliale 7 in Basel im Jahre 1934 inne. Emil Schäfer war bekannt als begeisterter Alpinist und populärer Kleinbasier. Seit 1912 gehörte er den drei Ehrengesellschaften an, seit 1925 als Vorgesetzter E. E. Gesellschaft zur Hären. Auch der Basler Liedertafel hat er mehr als ein halbes Jahrhundert als ausgezeichneter Tenor und als langjähriges Vorstandsmitglied die Treue bewahrt. Kurz vor seinem 82. Geburtstag hat er nach längerer Leidenszeit ein gnädiges Ende gefunden.

In den nächsten Jahren standen dem Postamt Riehen die nachfolgenden Verwalter vor: 1934—1937 Alfred Pauli Er wurde hierauf als Bürochef nach Basel berufen.

  1938—1947 Karl Schwendimann, der später in Basel 10 arbeitete.

  1947—1961 Emil Kronenberg, welcher hierauf als Verwalter in Basel 5 bestimmt wurde.

  1962—1969 Ernst Felber Er wurde 1969 als Nachfolger von Emil Kronenberg auf das personalreichste Basler Postbüro 5, St. Clara, berufen.

  1969— Rudolf Wild Das wichtigste Ereignis in diesen Jahren war der am 17. Juni 1946 erfolgte Umzug der Riehener Post in den durch Ed. Felder erstellten Neubau an der Bettingerstraße 1. Die PTT schloß mit dem Besitzer des Hauses einen längeren Mietsvertrag ab. Schon nach wenigen Jahren mußte man aber erkennen, daß die neue Post den durch die starke Ausdehnung Riehens bedingten Anforderungen nicht mehr genügen konnte. Für die Postsortierung und für die Briefboten mußte eine Behelfsbaracke geschaffen werden, welche beinahe zur Dauereinrichtung wurde. Der Bedürfnisnachweis für eine neue Riehener Poststelle wurde der Generaldirektion der PTT in Bern bereits 1957 eingereicht. Im Januar 1958 wurde derselbe in positivem Sinne aufgenommen. Seither sind Jahre verflossen, die der Diskussion der Standortfrage, Verhandlungen mit Grundbesitzern und schließlich der Deutschen Bundesbahn, wie auch der Frage der Planung galten.

Es ist interessant, die Entwicklung des Personalbestandes der Riehener Poststelle zu verfolgen: 1912, bei einer Einwohnerzahl von 3494 Personen, arbeiteten neben dem Postverwalter 2 Betriebsbeamte, 1 Lehrling und 5 Briefboten. 1933 mußte die Briefbotenzahl auf 9 erhöht werden, 1948 bereits auf 15.

1970 betrug der Personalbestand auf den Postämtern Riehen 1 und Riehen 2 (Rauracherstraße) 57 Personen, nämlich: 1 Verwalter, 1 Dienstchef, 1 Bürochef, 4 Betriebssekretäre (Geldschalterdienst), 5 Betriebsgehilfinnen, 3 Lehrlinge, 2 Betriebsbeamte (Büroarbeiten im Zustelldienst), 4 Obergehilfen (für den Eildienst und Vorsortieren der Briefe), 4 Paketboten, 24 Zustellbeamte (Briefträger), 5 Zustellbeamte für Ablösungen (Ferien, Krankheiten, Unfälle), 1 Aufräumerin (Putzfrau), 2 Beamte (Verstärkung für Festverkehr) = 57.

Am 1. Januar 1969 übernahm der als Bürger unseres Dorfes mit den Riehener Verhältnissen bestens vertraute Rudolf Wild die Leitung des Postamtes Riehen I. Es ist zu hoffen, daß es ihm vergönnt sein möge, während seiner Amtszeit die Schaffung des seit langem fälligen Postneubaues zu erleben. Der großzügige Plan eines neuen Gebäudes auf dem Riehener Bahnhofareal liegt vor. Die Straßenlinien an der Bahnhofstraße wurden bereits 1969 durch den Großen Rat genehmigt, so daß der Anpassung dieses Abschnittes an die neuen Verhältnisse nichts mehr im Wege steht. Sollten sich bei dem geplanten Postneubau keine Schwierigkeiten mehr ergeben, dürfte mit dem Baubeginn im Jahre 1971 gerechnet werden.

Quellennachweis: Kreispostdirektion Basel: Entwicklung der Postfiliale Riehen. L. E. Iselin: Geschichte des Dorfes Riehen, Basel 1923. Ohmann, Die Anfänge des Postwesens und die Taxis, 1909. Hansrudolf Schwabe, Schaffendes Basel. Andreas Heusler, Geschichte der Stadt Basel, 1957. Paul Burckhardt, Geschichte der Stadt Basel, 1957. Photos: Paul Wenk-Löliger, Riehen.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1970

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