Jugend und Sport im Jubiläumsjahr

Kurt Schaubhut

Das Jahr 1972 war geprägt von den Feiern der 450jährigen Zugehörigkeit Riehens zu Basel. In den Rahmen dieser sich über das ganze Jahr erstreckenden Festlichkeiten und Anlässe war auch der Sport eingebettet. Neben der erfolgreichen aktiven Teilnahme der sporttreibenden Vereine am Dorffest standen die eigentlichen sportlichen Aktivitäten dieses Jubiläumsjahres ganz im Zeichen der Jugend.

Es ist für jede Gemeinde von wesentlicher Bedeutung, ob sich auch ihre Jugend in ihr zuhause fühlt. Für eine Gemeinde wie Riehen, gekennzeichnet durch ihre geographische Lage an der Landesgrenze und den Sog der Kantonsstadt Basel — man denke nur an den Fussball — ist es besonders wichtig, ihrer Jugend die Möglichkeiten zu bieten, ihre Interessen innerhalb der Gemeinde zu finden. Ein ganz entscheidender Einfluss kommt dabei dem Sport zu. Die sportlichen Anlagen, die der Jugend und der Bevölkerung zur Verfügung stehen, sind hier von aktueller Bedeutung, aber auch die Sportvereine erfüllen eine wichtige Funktion. Ihr «Image», ihre Leistungsfähigkeit, gesellschaftliche Anziehungskraft sowie der Geist, der in ihnen wohnt und von ihnen ausgeht, sind mitbestimmend dafür, ob sich die Jugend in ihnen und damit auch in der Gemeinde zuhause fühlt. Wie viele Gemeinden gibt es, die diesem Gesichtspunkt zu wenig Aufmerksamkeit schenken, die die Jugend sich selbst überlassen, so dass sich Jugendliche letztlich sagen müssen: «Hier gibt es keine Möglichkeiten, kein Verständnis für uns; wir müssen uns anderswo umsehen.»

Die Einweihung der renovierten Sportanlage «Grendelmatte», über die wir im Jahrbuch 1972 berichteten, ist ein Zeichen dafür, dass man in Riehen diesen Anliegen gegenüber aufgeschlossen ist. Man darf die Augen aber nicht davor verschliessen, dass leichtathletische Anlagen und Spielfelder für Fussball nur ein Teilobjekt innerhalb dieses Komplexes sein können. Vieles fehlt noch. Erwähnt seien hier nur das Schwimm- und Hallenbad sowie eine Mehrzweckhalle, die der permanenten Hallennot steuern soll. Positiv darf vermerkt werden, dass Riehens sporttreibende Vereine mit wenigen Ausnahmen es verstanden haben, den sportlichen Anliegen der Jugend gerecht zu werden, ihnen hier Heimat zu bieten und damit auch einen wertvollen Dienst im Interesse der Gemeinde zu erfüllen.

Konkreter Ausdruck der Synthese Jugend und Sport bildete im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der «Tag der Jugend», der am 2. September weit über 1000 Buben und Mädchen auf der Grendelmatte zum sportlichen Wettkampf vereinigte. Ist es nicht irgendwie symbolisch, dass die Jüngsten, die noch unbeschwert und unbelastet vor ihrem Leben stehen, ihr Fest mit der Frische und Unberührtheit des jungen Morgens begannen, den die Sonne mit ihrem Glanz erfüllte, als das Dorf noch still und verschlafen sich vom Eröffnungstag des dreitägigen Dorffestes erholte?

Wenn wir den Gesamteindruck dieses Jugendtages wiedergeben, so darf man — ohne in Superlative zu verfallen — sagen: es war einfach begeisternd. Es war — und hier darf das oft missbrauchte Wort in seinem ursprünglichen Sinn Verwendung finden — eine Olympiade der Riehener Jugend. Eine Olympiade allerdings ohne festlichen Ein- und Ausmarsch, ohne «Treppchen» für die Sieger, ohne Fanfaren und ohne Fernsehaufnahmen, ja selbst ohne Festansprache. Aufgewogen aber wurde all dies durch das Feuer, das hier auch ohne Schale brannte, durch die jugendliche unbekümmerte Freude und Begeisterung, durch den Einsatz von Mädchen und Buben, die zum Teil noch nie einen Weitsprung, einen Lauf oder einen Wurf absolviert hatten, und — was mit am meisten beeindruckte — durch den neidlos spontanen Beifall und die Anerkennung, die alle bei den Siegerehrungen den jeweiligen Ersten ihres Jahrganges zollten.

Ein herrliches, einmalig farbiges und beglückendes Bild, wie gerade die Kleinsten, die erst seit einem Jahr die Schulbank drückten, mit grösstem Eifer an ihre Aufgabe gingen und zum Teil mit Leistungen aufwarteten, die manchem Vater oder mancher Mutter kaum geglückt wären. Ein buntes, faszinierendes Bild bot auch die Vielfalt der Sportkleidung, vom Badehöschen bis zum modernen Sportdress, barfuss oder mit Sportschuhen. Hier ging es nicht um äusseres, sondern um das Mitmachen. Und alle Kinder, die wir nach ihrem Pensum befragten, was ihnen am meisten gefallen habe an diesem Tag, antworteten impulsiv, es sei toll, dass sie so ohne Zwang im Kreise ihrer Kameraden einfach mitmachen konnten. Ein weiteres, was nicht unbedingt zu erwarten war: die Disziplin aller Teilnehmer, die es den Organisatoren leicht

Kat. F (7-8 ].) Knaben60 mWeitspr.  Ballw.  P.
1. Weber Patrick10,92.7640.25919
2. Marti Konrad9,82.9928.30900
3. Manser Philipp10,23.2628.59897
Kat. F (7-8 ].) Mädchen    
1. De Min Franziska10,63.4215.57951
2. Kähli Susanne10,73.1014.10819
3. Rückel Sandra11,02.8517.75813
Kat. E (9-10 ].) Knaben    
1. Weber Oliver9,53.8040.30892
2. Notz Christian9,63.5840.00833
3. Müller Andreas9,53.6732.38733
Kat. E (9-10 J.) Mädchen    
1. Treuer Christina9,53.8526.931003
2. Dorette Friedlin10,03.0534.14879
3. Lavagetti Graziella10,43.4531.83877
Kat. D (11-12 ].) Knaben    
1. Keller Samuel9,44.4041.85981
2. FiechterBeat9,63.9350.81973
3. Waldmann Andreas9,23.9541.35951
Kat. D (11-12 ].) Mädchen    
1. Käser Cornelia9,14.3438.501330
2. Barth Claudia9,63.9641.381206
3. Mordasini Dolores9,14.1029.891170
Kat. C (13-14 ].) Knaben 80 m Weitspr.   Kug. 4 P.
1. Keller Christoph10,35.6310.171456
2. Wenger Peter10,25.059.241134
3. Paganin Franco10,64.509.081134  
Kat. C (13-14 ].) Mädchen60 mWeitspr.  Ballw.  P.  
1. Gerber Beatrice8,54.7543.201586
2. Häner Eveline8,83.8449.051438
3. Oetros Carmen8,64.2436.101383
Kat. B (15-16 ].) Knaben80 mWeitspr.  Kug. 5P.  
1. SchaubReto10,05.469.211454
2. Senn Daniel9,55.158.451426
3. Soltermann Daniel11,04.5610.111187
Kat. B (15-16 ].) Mädchen80 mWeitspr.  Kug. 4P.  
1. Zimmermann Heidi11,44.366.821181
2. Friedlin Sabine10,74.204.901125
3. Basler Vera11,94.097.621107

machte, dieses Fest der Jugend so reibungslos und pünktlich durchzuführen.

1256 Riehener Buben und Mädchen beteiligten sich am «Tag der Jugend». Diese Zahl bedeutet erfreulicherweise, dass mehr als die doppelte Anzahl Schüler und Schülerinnen an diesem Sporttag teilgenommen hat, als dies an den bisherigen, jährlichen Schülersportfesten der Fall war. Freilich sind damit noch lange nicht alle Jugendlichen erfasst; viele, allzuviele stehen der so wichtigen körperlichen Schulung noch fremd und ablehnend gegenüber. Gewiss, nicht jeder ist für Sport prädestiniert, die Veranlagungen und Neigungen sind glücklicherweise verschieden. Es sollte aber unser Bemühen sein, jedem Kind das Bewusstsein nahezubringen, dass irgendeine sportliche Betätigung — und sei es auch nur 5 Minuten Gymnastik zuhause — kein Luxus, sondern für seine Gesundheit und sein körperliches Wohlbefinden eine Notwendigkeit ist. Beobachtete man aufmerksam die verschiedenen Wettbewerbe am «Tag der Jugend», so konnte man unschwer feststellen, dass Kinder, die bereits irgendwie sportlich tätig waren oder aus einer dem Sport positiv gegenüberstehenden Familie stammten, eine wesentlich bessere Haltung und Leistung zeigten. Anderseits sah man Schülerinnen und Schüler, die so unbeholfen und erschreckend steif wirkten, dass sie einem leid tun konnten. Besonders deutlich wurde dies in den Disziplinen Ballweitwurf und Weitsprung, aber auch im einfachen Lauf. Oft genug mussten Kampfrichter helfende Hinweise geben, wie ein Ball zu halten und zu werfen oder wie zu springen sei. Gerade heute, wo ein hoher Prozentsatz von Kindern Haltungsschäden und andere Entwicklungsfehler aufweist, die auf mangelnde körperliche Bewegung zurückzuführen sind, kommt einer sportlichen Betätigung besondere Bedeu tung zu. Hier erfüllen die jährlichen Schülermeisterschaften und die Arbeit in den Jugendabteilungen der Vereine einen stillen, oft kaum beachteten Dienst an der Gesundheit und der körperlichen Entwicklung der Kinder. Aufgabe der Eltern ist es, auch ihrerseits der sportlichen Betätigung ihrer Kinder vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken.

Die sportlichen Leistungen, die am «Tag der Jugend» erbracht wurden, waren zum Teil beachtlich. Freilich zählten hier nicht so sehr die Resultate, als vielmehr die Beteiligung und die körperliche Schulung aller. So sollen die Namen der in den betreffenden Kategorien mit Gold-, Silber- und Broncemedaillen ausgezeichneten Schüler und Schülerinnen hier für alle stehen und die Leistungen für sich Zeugnis ablegen.

Im Schulhaus-Fussball-Turnier wurde die Hebelschule vor der Schule Erlensträsschen Turniersieger, während Wasserstelzen den 3. und die Schule Burgstrasse den 4. Rang belegten. Alle Fussballspiele zeigten recht guten Fussball und wurden in einer erfreulich fairen und sportlichen Weise ausgetragen. Dabei konnte man auch feststellen, dass sich unter der Riehener Jugend manch gutes Fussballtalent befindet.

Der «Tag der Jugend» im Rahmen der Riehener Jubiläumsfeierlichkeiten zeigte, dass bei entsprechender Motivation unsere Kinder und Jugendlichen sehr wohl anzusprechen und zu begeistern sind. Die sportliche Seite demonstrierte im weitern, dass es für einen grossen Teil dieser Jugend eine dringende Notwendigkeit ist, sich in irgendeiner Weise sportlich zu betätigen. Gewiss, es findet jedes Jahr ein vom TV Riehen organisiertes Schüler-Sportfest statt, und die Jugendabteilungen der Sportvereine bemühen sich sehr darum, den Kindern vielseitige Möglichkeiten zu bieten. Die Frage aber bleibt: Ist dies ausreichend, tun wir alle genug für die Jugend? Sind wir offen und ehrlich, so können wir diese Frage guten Gewissens nicht mit einem Ja beantworten. Hier einige der Gründe: 1. Ein Grossteil der Gemeinde steht dem Sport, seinen Aufgaben und seinen Erfordernissen gleichgültig und teilnahmslos, ja zum Teil ablehnend gegenüber. Hier wäre von allen zuständigen Stellen eine umfassende Aufklärungsarbeit zu leisten.

2. Die vorhandenen Sportanlagen sind wohl gut, können aber nur einem kleinen Teilgebiet dienen. Die renovierten Anlagen der Grendelmatte haben weit über die Gemeindegrenzen hinaus grosse Anerkennung gefunden. Für wesentliche Gebiete fehlen aber noch die Voraussetzungen. In erster Linie steht hier das Problem eines Hallen- und Schwimmbades. Die sportlichen Möglichkeiten im Winterhalbjahr sind infolge der permanenten Hallennot stark eingeschränkt. Wertvolle und beliebte Spiele können aus diesem Grunde nicht ausgeführt werden, z. B. Volleyball, Badminton, Hallentennis, Tischtennis, Kunstradfahren, Judo, um nur einige zu nennen. Dazu kommt, dass infolge dieser Knappheit viel zu viele Kinder, z. B. oft über 60 Buben oder Mädchen, ihre übungen in einer Halle absolvieren müssen. Wintersportarten wie Eislauf oder Eishockey können nicht oder nur selten betrieben werden. Für Spiele, Fussball usw. sollten den Buben ausserhalb der Grendelmatte in verschiedenen Ortsteilen kleinere Plätze zur Verfügung stehen.

3. Schulsport, Lehrlingssport und Jedermannssport sind noch zu wenig ausgebaut. Für das Jedermannsturnen ohne Vereinszugehörigkeit fehlen weitgehend die Voraussetzungen, da die Grendelmatte und die Turnhallen ausgelastet sind.

Viele der angeführten Probleme sind den zuständigen Stellen bekannt und zum Teil in Bearbeitung, vieles aber steht noch offen. Auf das Erreichte darf man in Riehen gewiss mit Genugtuung zurückblikken. Im Hinblick auf die Lücken, aber auch im Blick auf die Fortschritte anderer Gemeinden, sollte man auf dem Erreichten nicht stehenbleiben, dienen doch diese Anstrengungen unsern Kindern und damit dem Riehen von morgen.

Viele blaue Luftballone trugen die Kunde vom «Tag der Jugend» weit über Riehens Grenzen hinaus. Tragen wir die Erkenntnis, dass Sport und Leibesübungen nicht ein Reservat für wenige sein kann, sondern immer mehr zu einer Lebensnotwendigkeit für alle wird, innerhalb unserer Gemeinde weiter.

 

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 1973

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