Sporttrends – Chancen und Herausforderungen

Christian Lupp

Sport hält nicht nur jung und fit, Sport kann auch jung sein – dann spricht man von einem Trendsport. Solche Sportarten werden sogar in Riehen ausgeübt, dem Ort, der vor wenigen Jahren schweizweit mit der Meldung für Aufsehen sorgte, dass hier – mit einem Bevölkerungsanteil der Rentnerinnen und Rentner von rund 26 Prozent – die älteste Bevölkerung der Schweiz lebe.

Der Altersdurchschnitt der Riehener Bevölkerung ist selbst für schweizerische Verhältnisse sehr hoch. Eine solche Alterspyramide bringt man nicht unbedingt mit Trendsportarten und vielen jugendlichen Sporttreibenden in Verbindung. Aber der Schein trügt: Ein Blick auf die aktuellen Mitgliederzahlen der Riehener Sportvereine zeigt, dass Kinder und Jugendliche in vielen Vereinen eine bedeutende Rolle spielen. Insgesamt liegt ihr Anteil bei fast 40 Prozent, in einigen Vereinen sogar deutlich über 50 Prozent, und damit klar über dem Bevölkerungsanteil dieser Altersgruppe von rund 20 Prozent. Tatsächlich sind sieben von zehn Riehener Jugendlichen in einem Sportverein aktiv, was im kantonalen Vergleich ein Spitzenwert ist.1 Die Gemeinde Riehen versucht, den organisierten Kinderund Jugendsport als sinnvolle Freizeitbeschäftigung seit Jahren zu unterstützen, indem sie in ihrer Fördertätigkeit genau dort einen Schwerpunkt setzt. Das ist auch in den «Richtlinien für die Vergabe von Beiträgen im Bereich Sport der Gemeinde Riehen» explizit festgehalten. Dass der Anteil der Juniorinnen und Junioren über alle Sportarten – trotz wachsendem Freizeitangebot – seit Jahren prozentual und auch in absoluten Zahlen stabil bleibt, ist deshalb sehr erfreulich. Über die Jahre sind allerdings Verschiebungen zu beobachten: So wuchs zum Beispiel in den letzten zehn Jahren das Kampfsportangebot in Riehen deutlich und stösst heute auf grosses Interesse bei Jugendlichen.

TRENDSPORT AUSSERHALB UND INNERHALB DER TRADITIONELLEN SPORT(INFRA)STRUKTUREN
Oft ist der Sportverein auch Türöffner für weitere sportliche Aktivitäten der Jugendlichen. Nach einigen Jahren im Fussball- oder Turnverein schnuppern viele auch in anderen Sportarten. Oder sie beginnen sich für Sportarten ausserhalb der Vereinsstrukturen zu interessieren. Dort gibt es auch spannende Disziplinen zu entdecken, die häufig weniger von langjährigen (Vereins-)Traditionen geprägt sind. In diesem Zusammenhang spricht man oft von Trendsportarten, wobei die eine oder andere ehemalige Trendsportart später eine Entwicklung zuerst zur Rand- und dann zur Breitensportart durchmacht. Ein klassisches Beispiel hierfür ist Unihockey, das als ehemaliger Trendsport heute ein fester Bestandteil des Riehener Vereinssportangebots ist. Andere Trends wie das Mountainbike-Fahren entwickeln sich in zwei Richtungen: in eine freie Szene und in neue Sektionen bestehender Vereine. Der MTB-Trend ist ein gutes Beispiel dafür, wie die öffentliche Hand von solchen Entwicklungen gefordert wird. Je mehr Anhängerinnen und Anhänger eine neue Sportart findet, desto lauter wird der Ruf nach eigenen Anlagen – beziehungsweise der Nutzungsdruck auf bestehende Anlagen oder in diesem Fall den Wald verstärkt sich. Mit der Ausschilderung der Mountainbike-Route und dem Bau von Single-Trail- Abschnitten im Riehener und Bettinger Wald wurde eine Lösung gefunden, einer jungen Sportart Platz einzuräumen und sie gleichzeitig zu ‹kanalisieren›. Andere Trendsportarten wie Inlineskaten oder Parkour – das möglichst effiziente und elegante Überwinden von Hindernissen wie Treppen, Mauern und anderem mit den Fähigkeiten des eigenen Körpers – lassen sich noch einfacher ermöglichen. Sie kommen vielfach mit dem aus, was ihnen der öffentliche Raum bietet. Auch in Riehen gibt es einige junge Parkour-Interessierte, für die die Mobile Jugendarbeit auch schon Workshops organisiert hat. Eine organisierte Riehener Interessengruppe oder einen Verein gibt es für diese junge Sportart aber (noch) nicht.

NEUE WÜNSCHE BRAUCHEN PLATZ
Schwieriger präsentiert sich die Situation für die Skater- Gemeinschaft. Nach langen Abklärungen, Befragungen und Vermittlungsgesprächen wurden den jungen Nutzerinnen und Nutzern 2006 die Skate-Elemente bei der Wettsteinanlage mit Stolz übergeben. Seither sind sie, ergänzt um die Halfpipe im Freizeitzentrum Landauer, die bescheidene Riehener Antwort auf den internationalen Skate- und Scooter-Trend geblieben. Auch wenn das Nebeneinander von jungen (und manchmal auch älteren) Skatern, Fussgängerinnen und Velofahrenden nicht nur einfach ist, funktioniert die kleine Skateanlage seither ohne Probleme und wird bis heute rege genutzt. Nachdem das in den Langen Erlen gelegene ‹Pumpwerk›, das gerade auch bei Riehener Skaterinnen, Scooter- und BMX-Fahrern beliebt war, Ende 2015 schliessen musste, wurde der Ruf nach einer richtigen Skateanlage in Riehen aber lauter. Schliesslich verfügen viele deutlich kleinere Gemeinden in der Region über solche Skateparks. Da das Thema auch auf ein gewisses politisches Verständnis und Interesse stösst, fand es Eingang in das Sportanlagenkonzept und das Jugendleitbild der Gemeinde. Die Suche nach einem geeigneten, bewilligungsfähigen Standort erweist sich seither aber als sehr schwierig. Aufgrund von Riehens Siedlungsstruktur gibt es kaum eine Fläche, die wegen der Lärmemissionen genügend weit von den nächsten Häusern entfernt ist und gleichzeitig bebaut werden dürfte. Abklärungen für das Areal Hinter Gärten, eine Fläche am Rand der Sportanlage Grendelmatte und weitere potenzielle Standorte führten entweder zu negativen Resultaten oder frühem Widerstand aus der Nachbarschaft. Die Suche geht weiter, der Fokus liegt nun auf einer Kooperation mit der Stadt Basel. Letztlich zeigt sich an diesem Anliegen, dass jungem Sport ausserhalb der klassischen Vereinsstrukturen und Sportanlagen zwar ein gewisses Verständnis entgegengebracht wird, der Weg zur Etablierung aber auch recht schwierig sein kann.

GUTE UMSETZUNGSBEISPIELE FÜR TRENDSPORTANLAGEN
Dass neue Sporttrends manchmal auch einfacher aufgenommen und umgesetzt werden können, zeigt die Realisation der Calisthenics- oder Street-Workout-Anlage auf der Sportanlage Grendelmatte im Sommer 2019. Auf diesen vor allem bei einem jüngeren Publikum beliebten, frei zugänglichen Outdoor-Anlagen wird in erster Linie mit dem eigenen Körpergewicht trainiert. Indem klassische, auf den Vereins- und Schulsport ausgerichtete Sportanlagen wie die Grendelmatte auch solchen Entwicklungen Platz bieten, können sie neue Sporttrends unterstützen. Gerade in skandinavischen Ländern, vorab in Dänemark, gibt es ausgezeichnete Vorbilder, wie sich junger Sport in Sport- und Schulanlagen und generell im öffentlichen Raum integrieren lässt. Letztlich steht hinter diesen Beispielen die Überzeugung, dass in Gemeinden möglichst viele Flächen für Sport und Bewegung zur Verfügung gestellt werden sollen, auch im Zentrum. Die Durchführung der Disc-Golf-Schweizermeisterschaften2 im und um den Wenkenpark 2013, für die vorübergehend die nötige Infrastruktur aufgebaut wurde, war ein Beispiel dafür, wie sich sogar ein landschaftsarchitektonisches Ausflugsziel mit Trendsport verbinden lässt. Und die zeitlich begrenzte Realisation eines ‹Pumptracks› auf dem Rüchligareal, einer aus Lehm gebauten Buckelpiste zum ‹Radfahren› mittels pumpender Bewegungen mit dem ganzen Körper, zeigte vor wenigen Jahren auf, dass Zwischennutzungsareale auch für Sporttrends ein grosses Potenzial darstellen. Die beliebte Öffnung der Sporthallen des Niederholz- und des Wasserstelzenschulhauses ausserhalb des Schul- und Vereinssportbetriebs sind Beispiele dafür, wie neue Angebote bestehende Infrastrukturen nutzen können und so junger Sport ohne grosse Kosten ermöglicht werden kann. Seit einigen Jahren treffen sich Jugendliche in der kälteren Jahreszeit an Samstagabenden zum Sporttreiben und Chillen in der Sporthalle Niederholz und für Primarschulkinder lädt ein polysportives Programm an Sonntagnachmittagen zum Bewegen ein. Dass es manchmal noch viel weniger braucht, zeigt der Trend der Gartentrampoline. Auf privater Basis sind in den letzten Jahren in unzähligen Riehener Gärten quasi kleine Sportanlagen aufgestellt worden, in denen gehüpft wird und Vorwärts- und Rückwärtssaltos geschlagen werden, was das Zeug hält. Auch wenn mittlerweile erste grössere Freizeitanlagen mit Trampolinen entstehen, zum Beispiel in Münchenstein, finden die meisten Sprünge noch immer im Garten statt. Der nächste Trend steht sicher bereits vor der Tür. Dabei weiss man nie, ob er kurzfristig sein wird – was auch seine Berechtigung hat, werden doch immerhin für ein paar Jahre viele zu Bewegung und Aktivität motiviert – oder ob sich der Trend als festes Angebot etablieren kann. Für die Gemeinde stellt sich immer die Frage, ob und ab wann sie Trends unterstützen soll und wo sie dafür Platz zur Verfügung stellen kann. An diese Fragen geht die Gemeinde Riehen mit der Grundhaltung heran, dass es sich lohnt, Entwicklungen zu ermöglichen.

1 Vgl. Jugendbefragung Basel-Stadt 2017.

2 Beim Disc Golf werden Frisbees mit möglichst
wenigen Würfen in Körbe geworfen.

Diesen Artikel finden Sie im Jahrbuch z'Rieche 2019

zum Jahrbuch 2019